Wie Blätter aus einem Tagbuch... von Sternenschwester ((OS/Drabbel-Sammlung für OC)) ================================================================================ Kapitel 21: Flieg kleiner, roter Adler - IV - Eine neue Bekanntschaft --------------------------------------------------------------------- Eine neue Bekanntschaft „Und wie geht es dir mit Andreas?“, fragte Elisabeth höflich, während sie mit dem silbernen Löffel in der Porzellantasse rührte. Es war ein angenehm warmer Mainachmittag, insbesondere dann, wenn man in diesem herrlichen Garten vor einer alten Villa im Raum Innsbruck saß, mit Ausblick auf die Berge. „Er gedeiht prächtig.“, war die knappe Antwort der Gastgeberin, welche in ihrem Sonntagsdinderl vor ihnen saß und sie mit einem vorsichtigen Blick bedachte. „Du solltest langsam dennoch daran arbeiten, den Knaben auf das höfische Leben vorzubereiten. Spätestens in einem Jahr würde ich ihn gerne in Wien sehen.“ Die Direktheit in der Stimme des Österreichers räumten jegliche Zweifel hinweg, dass er keinen Widerspruch dulden würde, doch ebenso war klar, dass Agnes für solche Signale unempfindlich war. „Du hast mir gar nichts zu befehlen, Wasserkopf.“ Klirrend stellte sie das zarte Porzellan ab und musterte herausfordernd den anderen. „Du hast ihn mir einst anvertraut, also misch dich nicht in meine Angelegenheiten ein. Außerdem, was soll mein Bub in Wien?“ „Weil du ihn hier großwerden lässt wie einen Bauernbengel…“ Schnell intervenierte Elisabeth, die schon sah, wie sich die Fronten verhärteten. „Weil wir gedacht hätten, Sofia hätte so einen Spielgefährten. Sie sind doch noch beide im gleichen körperlichen Alter und noch so unerfahren.“ Die Haltung der Tirolerin hatte sich durch ihre Worte entspannt, aber der Zorn funkelte weiterhin aus den roten Augen. „Mhm… das wäre eine Idee, es gibt nicht mehr viele junge Vertreter in unseren Zeiten und vor allem in unseren Breitengraden.“ Sie beugte sich vor. „Aber nun zu dir, Richi… ich weiß nicht, ob es dir aufgefallen ist… ICH BIN EIN BAUERNLAND!“ Nachdem sie ihm die letzten Worte unmittelbar zugebrüllt hatte, ließ sie sich wieder zurück in den Gartenstuhl sinken. „Und er ist es auch, also sehe ich nicht ein, warum ich ihn wie eine Hofschranze erziehen sollte.“ „Du weißt, dass ich es nicht so gemeint habe, aber selbst du hast einst eine höfische Ausbildung genossen, Agnes. Auch wenn es leider allzu oft nicht den Anschein hat.“ Roderich stellte die Teetasse auf dem Tischchen ab und richtete sich die Brille, wie immer, wenn er seinen Missmut ausdrücken wollte. „Ermögliche ihm einfach die ordentliche Bildung eines Edelmannes. Mehr verlange ich nicht von dir. Ach übrigens, wo sind die Kinder?“ Elisabeth stellte ebenfalls die Tasse ab und strich behutsam über den Unterarm ihres Mannes. „Wir haben beide zusammen spielen geschickt, damit sie sich näher kennen lernen können. Hast du das etwa vergessen?“ „Ohne Aufsicht?“ Roderich hob erstaunt eine Braue, doch er bekam kaum Zeit, seine Zweifel dem Gegenüber auszudrücken, da schaltete sich Agnes wieder ein. „Hast du denn Angst, ein Lindwurm würde vorbei kommen und sie fressen, Richi? Es sind Kinder, verdammt noch mal, denen muss man die Möglichkeit geben, sich auszutollen und herum zu laufen.“ Das Erzherzogtum wollte eben Einwände erheben, da hörten sie, wie sich jemand mit weinerlicher Stimme näherte. Augenblicklich sprang Roderich auf, als er sah, wie seine Tochter mit verquollenen Augen auf sie zu gerannt kam, während hinter ihr Andreas mit betretenem Gesicht und flotten Schritten folgte. Mit einem Jammern warf sich das Mädchen Roderich in die Arme, während auch Elisabeth aufgestanden war. Agnes indes blieb sitzen und bedachte ihren Schützling mit einem forschen Blick. Andreas wand sich unwohl unter ihrem Blick, starrte starr auf den Boden und hielt die Hände hinter dem Rücken. „Was ist geschehen?“, fragte Roderich völlig verwundert und begutachtete sein Mädchen. Das einst blütenweise Kleid war nun stellenweise von schlammiger Farbe und zusätzlich auch noch nass. Die lockere Frisur der braunen Haare war völlig durcheinander, doch bis auf ein paar Schürfungen fehlte dem Kind nichts. „Der da… wollte unbedingt… am Fluss spielen.“ Unter zwei Schniefern zeigte Sofia auf den Jungen, der dem Blick der älteren Nationen immer noch auswich, als würde sein Blick stattdessen am Boden kleben. „Man kann mit ihr nirgendswohin zum Spielen…“, murmelte Andreas in seinen nicht vorhandenen Bart. „Zur Sache, Bub!“, fauchte ihn Roderich ungehalten an. „Ich habe gedacht, ich könnte ihr den Bach zeigen, nachdem sie nicht auf die Wiese zu den Kühen wollte und auch nicht zu den Schweindeln…“ Der Junge stockte und mehrere schwarze Haarsträhnen fielen ihm ins schmale Gesicht. „Und…“ Nun war es Agnes gewesen, welche das Wort ergriffen hatte, während sie sich würdevoll in ihrem Stuhl aufrichtete und den Kleinen mit einem strengen Blick bedachte. Eine kurze Pause trat ein, unterbrochen nur von dem immer leiser werdenden Schluchzen der jungen Monarchie. „Nun ja, es gibt an einer Stelle einen umgefallenen Baum. Ich bin schon tausendmal drüber gerannt und es ist nichts passiert, ich schwöre es bei der Mutter Gottes….“ „Komm zur Sache, Andi…“, schärfte ihm Agnes von ihrem Platz aus ein, mit einem Tonfall, der weitere Sprechpausen nicht in Betracht zog. „Ich wollte… da nicht drüber… aber er wollte… es unbedingt…“, nuschelte Sofia in den Mantel ihres Vaters, während ihre Tränen immer mehr versiegten. „Nun ja, beim Rübergehen hat sie sich vor einer Kröte erschreckt, ist dann ausgerutscht und in den Bach gefallen…“, beendete der Junge vorsichtig die Schilderung. Roderich wollte schon daraufhin zu einer Standpauke ansetzen, die sowohl an ihn, wie auch an Agnes gehen sollte, doch ein Seufzen hinter seinem Rücken ließ ihn kurz innehalten. Agnes war aufgestanden, um die Gartengarnitur herum gegangen und stellte sich nun zwischen Roderich und Andreas. Eine Weile betrachten sie alle nur stumm, bis sie dem Jungen eine Kopfnuss verpasste. „Man behandelt Maderln mit Respekt und respektiert ihre Wünsche, Bur!“, schärfte sie ihm dabei ein und drehte sich dann zu Roderich, während der Junge mit gequältem Gesicht sich den Kopf rieb. „Und du solltest mir vielleicht mal Sofia für einen Sommer überlassen, bevor du sie völlig wie eine Prinzessin verziehst.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)