Wie Blätter aus einem Tagbuch... von Sternenschwester ((OS/Drabbel-Sammlung für OC)) ================================================================================ Kapitel 8: Bei einem Krügel Bier... ----------------------------------- Bei einem Krügel Bier... 1830 in irgendeiner Spelunke in Bayern Mit einem schon sehr angeheiterten Seufzer ließ Theodor seinen Krug Bier mehr auf den Tisch fallen, als ihn wieder hinzustellen und Roderich war nur froh, dass kaum mehr Bier im Gefäß vorhanden war, das hätte überschwappen können. Warum hatte er sich nur von seinem Bruder überreden lassen, noch einen mit ihm Trinken zu gehen? Entnervt sah er in seinen eigenen Krug, als könnte er dort am Grunde die Antwort finden, die er doch schon längst kannte: Damit sich Theodor an seiner Schulter ausweinen konnte, obwohl er es eher Sundern nennen würde . „Dieser beschißene Preuße…“, murmelte der Bayer in seinen nicht vorhandenen Bart, während der Österreicher sich wünschte, sein Bruder hätte einen, damit er nicht mehr verstand, was der im Suff von sich gab. Roderich wollte ihm eben pflichtbewusst den Rücken tätscheln, da suchten die blau-grünen Augen seinen Blick. „Warum hast du eigentlich nie darauf bestanden, dass die anderen deinen Namen annehmen?“ Roderich sah ihn überrascht an. Er hatte überhaupt nicht damit gerechnet, dass Theodor den Schwerpunkt des Gespräches nun auf ihn zog. Erst runzelte er die Stirn und hoffte, dass der andere sich schnell genug wieder seinem Vergessen widmete, aber der erwartungsvolle Blick ließ ihn einfach nicht los. „Nun ja, gehen wir die möglichen Reaktionen einmal durch…“, begann er dann schlussendlich und drehte seinen Krug Bier in den Händen. „Käthe hätte sich auf das Recht der Älteren berufen und darauf bestanden, wenn wir schon einen gemeinsamen Nachnamen annehmen würden, so sollte es doch ihrer sein.“ Bayern nickte träge und schien so, als würde er diese Schlussfolgerung in seinen alkoholumnebelten Geist wirklich verstehen. „Styria würde mich auf den Grund aufmerksam machen, warum sie einst gerade diesen Namen gewählt hat und vertraue mir, mit Wesen aus dem Alten Volk ist es sehr schwer zu verhandeln.“ „Du hast dich noch immer nicht ganz mit dem Gedanken angefreundet, dass dein Schwager ein Wasserman ist, oder?“ Beschwichtigend wollte Theodor ihm die Hand auf die Schulter legen, aber das österreichische Herzogtum schob sie barsch weg. „Sie sind nicht miteinander verheiratet, sondern nur ein…“, zischte er, wusste aber nicht wie er die Beziehung passend bezeichnen soll. „Ein Liebenspaar?“, kam ihm sein Bruder zuhielfe, aber das war auch nicht ganz das Wort was Roderich für passend hielt oder ehrlicher ausgedrückt, es gefiel ihm nicht, diese Umschreibung in diesem Zusammenhang zu verwenden. „Lebensgemeinschaft“, kam er dann mit sich überein, dass dies das kleinere Übel war. Sein Bruder warf ihm einen zweifelnden, wie auch mitleidigen Blick zu. Roderich ignorierte ihn und wechselte im Thema zu seiner nächsten Schwester. „Salvatria würde mich fragen, ob ich nicht besseres zu tun hätte, als mir über solche Nichtigkeiten den Kopf zu zerbrechen und mir beim Abschied Mir noch einschärfen, eher hören die Raben auf, um den Untersberg zu kreisen, als dass sie ihren Nachnamen aufgibt.“ Er unterbrach sich kurz und nahm einen tiefen Schluck, bevor er weiterredete. „Du kennst sie ja selbst, sie dreht einem dann so die Worte im Mund um, dass man selbst anfängt, an seinem Anliegen zu zweifeln. Außerdem lege ich mich ungerne mit Rupert an.“ „Du hast uns ziemliche Probleme beschert, als du ihr das Vieh geschenkt hast, weißt du das?“, warf Bayern ein, wobei sein Blick bei weitem nicht mehr klar war. „Woher sollte ich als Knabe auch nur erahnen, in was für ein Biest sich das süße Kätzchen von einst verwandeln würde?“, verteidigte sich Roderich und gab seinen Tischnachbarn einen brüderlich gemeinten Schubs. „Auch muss ich gestehen, dass es mich als Bruder beruhigt, sie unter einen solchen Schutz zu wissen.“ Theodor lachte spöttisch auf. „Schutz? Ich würde das eher einen der effektivsten Leibwächter nennen, der mir jemals untergekommen ist, wenn sich dieses Miststück auch meist wie ein eifersüchtiger Liebhaber verhält.“ Wieder drehte Roderich an seinem Krug, musste aber unwillkürlich lächeln. Doch der Augenblick der Zerstreuung dauerte nicht lange, da hakte das Königreich nach. „Agnes!“ Verwirrt hob Roderich den Kopf. „Wie bitte? Ich fürchte, ich habe zwischen Wassermännern und Katern den Faden verloren.“ „Agnes. Wie würde Agnes reagieren?“ Offenbar hatte sein älterer Bruder an diesen Was-wäre-wenn-Fragen Gefallen gefunden und auch Roderich musste sich eingestehen, dass sich bei den Überlegungen, wer wie reagieren würde, sich eine gewisse Entspannung zwischen ihnen ausgebreitet hatte, die er seit seinen Tagen unter Theodors Dach schmerzlich vermisst hatte. Hier waren sie nun einfach Brüder, keine Nationen, oder gar politische Rivalen. Einfach nur Brüder, welche sich, begleitet durch den Alkohol, eine mögliche Realität ausmalten. „Ich glaube, dass kannst du dir gut genug selbst beantworten.“, meinte er dann gut gelaunt, bevor er einen weiteren Schluck nehmen wollte, um dann Augenblicke festzustellen, dass sein Krug leer war. „Nun ja, ich möchte aber von dir hören, wie du es dir vorstellst.“, säuselte Theodor, nicht mehr ganz im Besitz seiner geistigen Kräfte, während Roderich mit dem Krug wedelte, um der Wirtin zu signalisieren, dass sie nachschenken solle. Während diese sich das Gefäß schnappe und hinter die Theke wuselte, stützte sich der Österreicher auf seine Ellbogen und versuchte, sich alle Möglichkeiten einer solchen Situation bildliche vorzustellen. „Mhm…“, nahm er das Wort nicht sehr geistreich wieder auf und starrte dabei unentwegt auf die Maserung des Tisches. Die Wirtin stellte den Krug recht unsanft vor seiner Nase ab und wandte sich den anderen Gästen wieder zu. „Erste Möglichkeit, sie wird mich nur beschimpfen. Zweite Möglichkeit sie wird mich beschimpfen und womöglich handgreiflich werden. Dritte Möglichkeit sie wird mich beschimpfen, handgreiflich werden und mich zum Teufel jagen.“ Er löste seine Augen von der Tischplatte und sah zu seinem Bruder. „Vierte Möglichkeit sie erspart sich das Ganze und hetzt mir gleich alle Riesen von Tirol An auf den Hals.“ Theodor grinste auf eine Art, die er sich im nüchternen Zustand nie erlaubt hätte. „Ja ja, die Riesen. Habe ich dir eigentlich schon einmal erzählt, dass diese mir damals 1808 sehr deutlich klar gemacht haben, dass sie von mir verlangen, Agnes von Münchner Hof zurück nach Tirol zu schicken?“ Roderich schüttelt den Kopf, konnte sich aber die „Art“ vorstellen, wie die Personifikationen der Tiroler Berge ihren Unmut kundgegeben haben. Riesen waren nicht dafür bekannt, diskussionsfreudige Verhandlungspartner zu sein. „Sie haben mir einen wahren Felsbrocken in das Arbeitszimmer meines Jagdhauses gepfeffert.“ Durch den Alkohol belustigt über die Tatsache, dass drei- bis vier Meter große Männer, vielleicht auch Frauen, ihm ihr Anliegen über diesen Weg haben zukommen lassen, genehmigte sich das bayrische Königtum einen weiteren Schluck. Roderich war überzeugt, dass Theodor ohne den Gerstensaft nicht so locker über diese Begebenheit gesprochen hätte. Eine Weile herrschte Schweigen zwischen ihnen, während es rund um sie herum weiterhin heiter zuging. „Na ja, um Abzuschließen, Adelheid würde zuerst zögern und dann Agnes fragen, was sie davon hielte. Und dann kannst du dir ja eine der vorhin genannten Optionen aussuchen.“ Theodor stellte den Krug, welchen er eben bis auf den letzten Tropfen ausgetrunken, wieder auf den Tisch und fuhr sich kurz über den Mund. „Ein wahres Wort…“, kommentierte er dann den Abschluss. „Ach manchmal wünschte ich, Gilbert könnte sich von dir eine Scheibe abschneiden und in solchen Fragen ebenfalls ein solch kompromissbereites Weichei sein, wie du.“ Roderich verpasste ihm einen etwas härteren Knuff in die Seite. „Was heißt hier Weichei? Wer hat sich denn vor 14 Jahren auf Gilberts Vorschlag eingelassen? Theodor Bleischmid, ehemaliger Kreuzweger?“, konterte er dazu säuerlich, während sein Bruder ertappt in seinen leeren Krug starrte. „Nun ja er hatte schlagfertige Argumente.“, nuschelte dieser dann. „Und Roddy, ich würde mich in Zukunft echt vor ihm in Acht nehmen.“ -------------------------------------------- Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)