loving your weak point von Ryoko-san (Wie würdest du dich entscheiden?) ================================================================================ Kapitel 8: Eine zerreißende Erkenntnis -------------------------------------- „Wieso kannst du es dir nicht denken?“ „Ich kann es mir denken, aber-“ „John! Lass mich nicht drum betteln.“ „Oh doch, eine brillante Idee.“ „Verdammt... du...“ ~~~~~ Der Raum schien sich immer mehr aufzuheizen, obwohl die Vorhänge das Innere vor dem grellen Morgenlicht schützten. Die Fenster waren beide verschlossen, doch das allein konnte nicht der Grund für Sherlocks Verhalten sein. Schweißperlen bahnten sich ihren Weg über Sherlocks Stirn und die Haut war leicht gerötet im gesamten Gesicht. John fühlte mit seiner Handrückseite Wangen und Stirn des Jüngeren und erntete ein leichtes Seufzen dafür. „... John“, ächzte Sherlock leise, ohne die Augen zu öffnen oder sich großartig zu bewegen. „Du hast Fieber, mein Lieber“, folgerte der Doktor besorgt und schlug die Decke nun ganz auf die andere Betthälfte zurück. „Unmöglich“, murmelte der Jüngere, öffnete seine Augen nun doch ein Stück weit und atmete tief Luft ein. „Nicht unmöglich. Jeder kann mal Fieber bekommen. In deinem Fall wohl, weil du gestern morgen kein Taxi nehmen wolltest und deinem Körper zu wenig Ruhe gönnst“, widersprach John ihm und sah sich suchend im Raum um. Er brauchte seinen Arztkoffer aus seinem Schlafzimmer, Eis, Tee und ein kühles Tuch. Kurz ließ er den Kränkelnden allein und suchte sich alles zusammen. Als der Blonde gerade alles mit sich genommen und kurz vor dem Kühlschrank abgestellt hatte, hörte er einen Rumms aus Sherlocks Zimmer und konnte sich fast schon vorstellen, was das gewesen war. Er seufzte, verdrehte kurz die Augen und ließ das Eis erstmal Eis sein. An der Zimmertür angekommen, bestätigte sich seine Vermutung: Sherlock hatte versucht, aufzustehen. "Was machst du da bitte?", tadelte er ihn und sah dem Jüngeren dabei zu, wie der sich vor seinem Bett aufzurappeln versuchte, sich hinkniete und sich mit einem Arm am Bett abstützte. "Wonach sieht es denn aus, John!?", murrte er langsam mit tiefer Stimme und hob seinen roten Kopf, um zu dem Arzt aufzusehen, der immer noch unbewegt im Türrahmen stand. Sein Blick versuchte sich im Scharfstellen, doch er konnte John nur verschwommen wahrnehmen. Er kniff die Augen zusammen und massierte sich die Nasenwurzel, als sein Oberkörper auf einmal unkontrolliert nach vorn wankte und beinahe auf die hölzerne Bettkante gestoßen wäre, hätte John nicht blitzschnell reagiert und ihn aufgefangen. "Uhh", kam es von Sherlock, sein Kopf an die Schulter seine Retters gelehnt. "Hey", flüsterte John und konnte nicht verleugnen, dass ihm diese Nähe gerade unendlich gut tat, auch wenn es der unpassendste Zeitpunkt für einen Egotrip war. "Du wirst dich heute ausruhen, Sherlock. Kein Fall, keine Experimente. Nur ausruhen." "...kannnich...keinzeit...", ertönte der Bariton und John spürte das Vibrieren von Sherlocks Stimme an seiner Schulter, an der der Braunhaarige mit seinem Kopf halt gefunden hatte und nun an Johns Hals atmete. Schauer erfassten den Älteren und John schluckte, als ihn die Gänsehaut bis zu seiner Körpermitte hin innerlich erzittern ließ. "Doch, Sherlock", flüsterte er erneut beruhigend und eine Hand strich, ohne dass er sie bewusst dort hingelegt hatte, über den Rücken des Jüngeren. Sherlock war nicht er selbst. Er hatte keine Kontrolle über seinen Körper, seine Worte... er war John ausgeliefert. Er brauchte ihn. Mehr denn je. Er stand auf und zog den Protest murmelnden Sherlock mit sich. Trotz, dass er so groß war, war der Lockenkopf doch erstaunlich leicht. Nicht zu leicht, aber John hätte nicht gedacht, dass er doch die Kraft besaß, ihn relativ unproblematisch aufs Bett zurückzulegen und dass so früh am Morgen. Mit ein paar Griffen hatte er Sherlock das verschwitzte Oberteil ausgezogen und beeilte sich, ein frisches aus dem Schrank zu suchen. Mit müden Augen beobachtete der Detective sein Tun, als John ein sauberes Shirt vor sich hielt und auf Sherlock zukam, seine Arme durch die kurzen Ärmel zog und schließlich seinen Kopf durch den Kragen steckte, bevor er es scheinbar in Zeitlupe über den schwach glänzenden Oberkörper zog. "Gefällts dir?" Was? John hatte sich wohl verhört. Er sah verwirrt auf, wurde im gleichen Moment rot und schlug eilig die Decke über seinen Patienten, ohne auf seine Frage einzugehen. 'Ob es mir gefällt!? Ob ES mir gefällt? Ob... du... mir gefällst? Oh Sherlock... du stellst doch sonst keine so dummen Fragen. Das muss der Fieberwahn sein. Er will mich nur ärgern, ganz sicher. Wie sonst auch.' John kramte mit zittrigen Fingern in seinem Koffer herum, den er schließlich doch aus der Küche geholt hatte, fand das gesuchte Fieberthermometer und wurde von Sherlock mit den Augen verfolgt, als er ihm wieder näher kam, nur um ihm das kleine Röhrchen in den Mund zu schieben. Er ging während der Messung wieder in die Küche zurück, ließ sich auffallend viel Zeit beim Herausdrücken der Eiswürfel in einen Zipperbeutel und kochte währenddessen einen Kräutertee auf. Sherlock so nahe und intensiv bei sich zu spüren und das so unverhofft, hatte Johns Herzschlag innerhalb von Millisekunden ansteigen lassen. Kranke sollte man natürlich nicht ausnutzen, aber der Jüngere war so willenlos gewesen, dass er praktisch alles mit ihm machen könnte. Er könnte über sein Gesicht streichen, seine Lippenkonturen mit den Fingern nachfahren, wenn Sherlock schlief. Er könnte seinen Hals streicheln, seine Brust berühren, über seinen warmen Bauch streichen bis hin zu- "Jaaawn", kam es mürrisch aus dem Schlafzimmer und der Ältere fuhr unwillkürlich zusammen, seufzte kurz, schloss seine Augen und straffte seine Schultern, bevor er mit dem Beutel und der Teetasse wieder in den Raum trat und sich neben Sherlock setzte. "39,1° C, John." Sherlock wedelte langsam mit dem Thermometer vor seinem Gesicht herum und sah den Doktor aus halb geschlossenen Augen an. "Ok. Du bleibst heute im Bett, Sherlock." John drapierte ein weiches Tuch auf Sherlocks Stirn und legte den Beutel mit dem Eis darauf. Den Kräutertee hatte er neben Sherlocks Handy auf seinen Nachttisch abgestellt. "Ruh dich aus, damit das Fieber sinkt." "Keine Medizin?", fragte Sherlock beinahe trotzig, als wäre er gierig darauf gewesen, etwas einzunehmen, um möglichst schnell wieder auf die Beine zu kommen und sah ihn mit Hundeaugen an. "Doch, Bettruhe und Tee. Sollten die nichts bringen, sehen wir weiter. Erstmal will ich sehen, wie dein Körper darauf reagiert, absolute RUHE zu haben." Er sah Sherlock bei seinen letzten Worten durchdringend an. "Hmm", brummte Angesprochener nur, schloss die Augen und atmete ungeduldig tief ein und aus. "Brav", lobte der Doktor, nickte und verließ leise den Raum, nachdem er Sherlocks Handy ohne einen Laut vom Nachttisch mitgenommen hatte. Er konnte nur hoffen, dass Sherlock ein einziges Mal auf ihn hören würde und sich nicht wie ein Kleinkind benahm, dass aus Trotz nicht auf die Mahnungen seiner Eltern hörte und versuchte, herumzutollen. John goss sich mit dem restlichen Wasser einen Tee auf und setzte sich mit der Tasse schließlich an den Wohnzimmertisch zu seinem Notebook mit Blick auf Sherlocks Zimmertür. Er klappte das Notebook auf und holte sein Handy und das von Sherlock aus der Hosentasche. Das schwarze BlackBerry verkündet jedoch weder neue Nachrichten noch schon gelesene Nachrichten, die John von Nutzen gewesen wären. Stirnrunzelnd besah er sich erneut die SMS von Moriarty auf seinem Nokia. 51.5045, -0.0865 2000 - M Was hatten diese Ziffern zu bedeuten? Eine Telefonnummer vielleicht? Geldsummen? Postleitzahlen? Hausnummern? Koor- natürlich, Koordinaten! Das musste der Ort sein, zu dem John Sherlock mitnehmen sollte, um Moriarty zu treffen.  Eilig tippte der Doktor die Ziffern in eine Suchmaschine ein, bekam aber nichts heraus, dass ihn wirklich weiterbrachte. Er tippte die Ziffernfolgen einzeln ein, nichts Brauchbares. Vielleicht Zahlenpaare? Nein. Die Hände hinter dem Kopf verschränkt, ratterte sein Gehirn, während er in die Spalte der Suchmaschine sah, in der die schwarzen Zahlen auf weißem Grund zu verschwimmen schienen. Wie hatten Koordinaten überhaupt auszusehen? Wie lang waren die Ziffern dafür? Ein kurzer Blick auf Beispiele im Internet und John löschte die letzten vier Ziffern, die beinahe schon wie eine Uhrzeitangabe wirkten. 2000. 20 Uhr. 8 Uhr abends? Und mit dem Drücken der Entertaste wurden Johns Augen mit einem Mal groß und glasig. Seine Schultern sackten ein und er starrte ungläubig und mit rasend schnell ansteigendem Puls auf den hellen Bildschirm vor ihm. Er hörte nur noch sein Blut in den Ohren Rauschen. Die Landkarte, die direkt als erstes bei der Suche erschienen war, zeigte die London Bridge an. Mit zittrigen Händen dirigierte John die Maus auf die Lupe, um näher an den grünen Pfeil heranzufahren, der gut sichtbar das Ziel der Korrdinaten anzeigte, und alle Hoffnung schwand, dass nicht dieser eine Ort gemeint war, den John seit ein paar Sekunden als schlimmste Möglichkeit in Betracht gezogen hatte. The Shard. Oh bitte nicht. Er schlug die Hände vors Gesicht und massierte sich die Schläfen, als er schließlich aufstand und sich auf die Couch schleppte. Ihm war plötzlich übel und er fürchtete um seinen Kreislauf, wenn er sich nicht schnellstmöglich hinlegen würde. Die Höhe war eine Sache; schließlich war das Shard seit kurzem das höchste Gebäude in West-Europa mit über 300m. Ihm bereitete allein Sorge, dass Moriarty unberechenbar war und er ihm sogar zutrauen würde, dass er Sherlock oder ihn von der Spitze aus runterfallen lassen würde. Eine grausige Vorstellung und ganz und garnicht nach Johns Geschmack. Und was nicht nach Sherlocks Geschmack war, war die Höhe. Fast schon jammernd wälzte sich John auf der Couch hin und her, keinen triftigen Grund findend, Sherlock dort hinauf zu locken. "Wie!? Wie, wie, wie? Verdammter Moriarty!", fluchte er leise die Decke über sich an. 'Hey Sherlock, ich hab einen neuen Fall für dich. Allerdings ist das Opfer oben im Shard zu finden und Greg braucht deine Hilfe dabei!' Ja, totsichere Strategie, befand Johns innere Stimme ironisch und er setzte sich schließlich auf, krümmte sich nach vorn und legte das Gesicht in seine Hände. Totsicher ja. Und eine Strategie... ja, vielleicht. Vielleicht war es die einzig Logische, Nachvollziehbare für Sherlock. ~~~~~ To be continued... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)