Intrigo e amore von -Amber- (And it's with you that I want to stay forevermore) ================================================================================ Kapitel 17: Ostern in Cambridge - Sorge --------------------------------------- Kieran Kieran nickte dem anderen Mann zu, mit dem Dominico geredet hatte und der sich nun verabschiedete. Er hatte nicht unhöflich sein wollen, aber offenbar war er das auch nicht wirklich gewesen. Dominico schien ihm nicht böse zu sein, ganz im Gegenteil. Auch wenn das Gesicht des anderen neutral aussah, als er sich ihm betont langsam zuwendete, so bildete er sich ein, seine Augen mittlerweile besser zu kennen. Und die hatten den gewissen funkelnden Glanz, den sie schon bei ihrem Geplänkel am Nachmittag gehabt hatten. Und den Unterton, den er nun bei den Worten des anderen wahrnahm, ließ ihn unwillkürlich grinsen. Wie schaffte es dieser Mann nur, dass er das Gefühl hatte, ihm jetzt schon verfallen zu sein - zumindest für diese Nacht. "Wie ich sage-" Doch weiter kam er nicht. Denn seine Aufmerksamkeit wurde auf einen Mann gelenkt, der auf sie zugetreten war und nach Dominicos Becher gegriffen hatte. Irritiert blickte er nach oben, als er fast von der Bank flog und nun seinerseits aufstand, um eben nicht hinzufallen. Und nun konnte er endlich sehen und teilweise auch hören, wer da gekommen war. Denn er verstand zwar kein Wort, aber er hörte den Namen Alessio heraus und erkannte den Kardinal nicht nur wegen der Ähnlichkeit zu seinem Bruder, sondern auch, weil er diesen vor ein paar Tagen ja bereits auf dem Marktplatz mit Dominico zusammen gesehen hatte. Sein Blick wurde kritisch, als der andere zu ihm nickte und irgendwas von "medico" sagte. Soweit verstand er Italienisch, den Rest verstand er kein bisschen. Aber auch Dominico schien kurz eher misstrauisch zu sein. Während die beiden redeten, betrachtete er den Kardinal eingehender. Die Verletzung an der Schulter/Hals Partie war nicht weiter schlimm, aber sie schien eigentlich mit schlimmeren Absichten zugefügt worden zu sein. Eine beliebte Gegend, um einen Dolch tödlich zu setzen. Gleichzeitig wirkte der Kardinal aufgelöst, völlig durch den Wind. Man konnte eins und eins zusammenzählen, dass der andere in einen Kampf verwickelt gewesen war. Und zwar einen auf Leben und Tod - nun und da jener offensichtlich lebte... Er kam nicht dazu, weiter darüber nachzudenken, als Dominico sich ihm zuwandte. Fast hätte er lachen müssen, wenn die Situation nicht ganz offensichtlich mehr als ernst war. Wie schaffte der Mann es, sich auch in so einer Situation, so gewählt auszudrücken? Nun, wahrscheinlich, weil ein Markt viele, sehr viele Ohren hatte. Und nur auf Italienisch hatten sie sicher sein können, dass nichts Falsches an die Ohren der anderen geriet. "Ich stehe Euch ganz zur Verfügung", sagte er nur trocken und blickte Alessio einen Augenblick an. "Ich hole schnell meine Sachen. Mein Pferd steht in Richtung Haupttor." Ohne weiter abzuwarten, bahnte er sich geschmeidig den Weg durch die Menge, so schnell es ging. "Dada, ich werde als Arzt gebraucht. Ich bin morgen wieder bei euch", erklärte er seiner Mutter und griff zu der schweren Tasche mit Arzneien und Verbandszeug, die sie immer dabeihatten, wenn sie einen Auftritt hatten. Auch sie verletzten sich und da war es wichtig, schnell zu handeln. Dann ging er zu Niamh, wo die beiden Brüder bereits warteten. Und nun folgte ein Ritt, den sowohl er, als auch Niamh wohl so schnell nicht vergessen würden. Dominico Noch immer hatte Nico keinen blassen Schimmer, was wirklich vorgefallen war, doch so wie sein Bruder aussah, war es nicht der schlechteste Zeitpunkt den Ort des Geschehens zu verlassen. Kieran schien sich nicht zu zieren, auch wenn dessen Worte ein bisschen zu kühl aus seinem Mund kamen. Nico gefiel diese Entwicklung gar nicht und er hoffte, dass dieser Messdiener nicht so schwer verletzt war, dass Kieran sich die Nacht um die Ohren schlagen musste. Er hoffte, dass sie noch ein wenig Zeit füreinander hatten, zumindest, um ein Glas Wein zu trinken. Vom Sex verabschiedete sich Nico lieber, bevor er deswegen drängelte. Während sie zu ihren Pferden am Wachtor gingen, fasste Alessio die Geschichte noch einmal für Nico zusammen, allerdings wieder auf Italienisch. Es ging Kieran schließlich nichts an. Er berichtete von Fins Diebstahl und unweigerlich musste sich Nico selbst an den Hals fassen. Auch er trug das Familienkreuz, etwas kleiner... aber er trug es immer, nur nicht, wenn er baden ging, da das gute Stück aus Holz war. Familie ging ihnen beiden über alles und damit konnte Nico verstehen, dass Alessio es hatte wieder haben wollen. Die Finte die sein Bruder genutzt hatte, um Fin noch einmal in die Kirche zu locken, war einfach und gleichermaßen genial gewesen. Alessio berichtete, dass Fin bei ihrer gemeinsamen Nacht unfreiwillig Informationen ausgeplaudert hatte, und Alessio daher angenommen hatte, dass Fin kein Einzeltäter war. Heute war er dann eben seinem Helfer oder Anführer begegnet und so wieder an sein Kreuz gekommen - allerdings hatte dieser gewisse Ralph auch einen sehr aufbrausenden Eindruck gemacht und keine Sekunde daran zweifeln lassen, dass er Alessio dafür hasste, mit Fin ins Bett gegangen zu sein. Und jetzt lag eben dieser Ralph tot in der Seitengasse. Alessio spielte es schon etwas herunter - von wegen Ralph sei mehr oder weniger in sein Schwert gefallen. Doch Nico kannte seinen Bruder und wusste, dass der sich - wenn er angegriffen wurde - mehr als nur gut verteidigen konnte. Und sicher hatte er nicht versucht zu vermeiden, dass Ralph in die Klinge hüpfte. Daher... aber bei der Rebellenvorgeschichte war der Mord kein Problem. Niemand hatte ihn gesehen, es war dunkel gewesen - darüber machten sich beide Brüder keine Gedanken. Als sie endlich die Pferde erreichten und das Stadttor passiert hatten, hielten sich die beiden nicht länger mit aufgesetzter Ruhe auf. Die drei Männer gaben ihren Pferden die Sporen und die ausdauernden Tiere der Sforzabrüder flogen förmlich die Straße hinunter. Niamh konnte erstaunlich gut mithalten, aber sie war es gewohnt, immer unterwegs zu sein. Als sie auf dem Anwesen eintrafen, wartete Amadeo bereits und hinter ihm eine Horde von Stallburschen. Nico und Alessio sprangen vom Pferd und Alessio wehrte die überschwängliche Haushälterin ab, die ihm bereits den Umhang abnehmen wollte. Die Pferde wurden sofort eingedeckt und schritt geführt, so dass sie abschnauben und trocknen konnten. Selbstverständlich auch Niamh. Amadeo schloss zu den drei Männern auf die ins Haus gingen. "Er ist noch nicht wirklich aufgewacht, aber sauber. Wir haben frisches Wasser und Verbandsmaterial bereitgelegt. Eine Rippe ist mit ziemlicher Sicherheit gebrochen aber er scheint nicht innerlich zu bluten. Dafür blutet er sonst aus so ziemlich jeder Wunde." Er führte die drei Männer zu dem Gästezimmer in dem Finley auf dem Bett lag. Man hatte Laken unter ihn gelegt, falls er sich einsaute. Bewegen konnte er sich immerhin nicht. Nico warf einen Blick in das Zimmer und rümpfte die Nase. "Ich denke, mich braucht man hier nicht. Mr. Carney, wenn Ihr fertig seid, gebt einfach Amadeo Bescheid, er wird vor der Türe warten. Er bringt euch dann zu mir. Ich werde in der Zwischenzeit nach unseren Pferden sehen." Denn ein Blick hatte Nico gezeigt, dass Fin einfach nur böse vermöbelt worden war... Er starb nicht an Stichverletzungen, also war alles halb so wild. Alessio hingegen hatte nicht vor, die beiden so einfach allein zu lassen. Er legte Umhang und Hemd ab und wusch sich die Wunde selbst an einer Schüssel aus, während er Kieran beobachtete, der zu Finley hinüberging. Seltsam, dass gerade diese beiden Männer, die die Brüder für sich erwählt hatten, hier und auf diese Weise trafen.. Kieran Ein wenig war er schon von der Situation genervt, als er dem Stallburschen die Zügel seines Pferdes in die Hand gab. Zum einen wunderte ihn die gesamte Situation. Was war vorgefallen, dass Alessandro Sforza offensichtlich angegriffen worden ist und nun ein "Messdiener" verletzt bei ihnen zu Hause lag? Und während sie in der Stadt noch so ruhig gewesen waren, hatten sie nach den Toren ordentlich Tempo gemacht, als sei jede Sekunde entscheidend. Erklärt hatten sie ihm aber nichts. Außerdem war er ein wenig genervt, weil er sich den Abend nun mal vollkommen anders vorgestellt hatte. Aber von seinen Vorstellungen zu diesem Abend konnte er sich wohl verabschieden. Er blickte sich etwas um. Das Anwesen war groß und wirkte prächtig, den italienischen Touch, den es hatte, konnte man nicht übersehen. Auch hier herrschte tendenziell das Gehabe, das er vom Hof her kannte, zumindest wirkte die Haushälterin etwas erschüttert, als Alessandro sie abwehrte. Ohne weiter darüber nachzudenken, folgte er den Brüdern, seinen schweren ledernen Koffer mitnehmend, in dem er alles finden würde, was er brauchte, um die meisten Verletzungen zu behandeln. Als Amadeo zu ihnen aufschloss, nickte er diesem zur Begrüßung zu, während jener bereits dabei war, seine Herren zu informieren. Was er zu hören bekam, gefiel ihm nur bedingt. Er nickte zu den Ausführungen betrat schließlich das Zimmer. Ohne weiter auf die anderen Männer zu achten, trat er an das Bett, stellte seine Koffer ab und setzte sich zu Finley ans Bett, um ihm den Puls zu fühlen. Er war sehr flach, die zuckenden Augenlider ließen ihn wissen, dass sich jener offensichtlich noch in einem Kampf befand. Er beugte sich vor und legte seine Lippen auf die Stirn des anderen. Er fühlte sich warm an, aber er hatte noch kein Fieber. Als Dominico sich verabschiedete, blickte er auf, kurz etwas irritiert, dass er von diesem allein gelassen wurde. Aber was sollte jener hier? Er würde ihn wohl ohnehin eher stören. Aber er war auch nicht begeistert davon, mit Alessandro allein gelassen zu werden. Irgendwie mochte er seinen Blick nicht, er kam ihm so geringschätzig vor. Er stand auf und zog sich sein Hemd aus. Es war immerhin eines der besseren, die er besaß, und wollte es nicht gleich einsauen. Als er sah, dass Alessandro dabei war, sich seine Wunde auszuwaschen, schüttelte er den Kopf, griff zu dem Tiegel, den er schon beim König genommen hatte, und trat an den anderen heran. "Wenn Ihr wollt, dass es sich lange hinzieht, dann wascht sie mit Wasser aus", sagte er und betrachtete die Verletzung. "Ansonsten schmiert davon etwas drauf." Er gab dem anderen den Tiegel. "Mir wäre es lieber, wenn Ihr den Raum verlassen würdet" Er sah in den Augen des anderen Mannes die Antwort auf diese Feststellung und hatte ohnehin schon damit gerechnet. "Wenn Ihr unbedingt hierbleiben wollt, setzt euch bitte ruhig irgendwohin." Dann wendete er sich an Amadeo, der an der Tür stand. "Ich brauche frisches, heißes Wasser." Die Schüssel mit dem kalten Wasser und das Verbandsmaterial hatte er bereits gesehen. Dann trat er ans Bett und zog das Leinen zurück, das provisorisch auf den blonden Mann gelegt worden war. Er war entkleidet worden, die Wunden ausgewaschen. Der Brustkorb färbte sich bereits dunkel, an einer Stelle konnte man deutlich den Abdruck einer Stiefelspitze erkennen. Der Schnitt am Bein hatte den jungen Mann Blut gekostet, aber war nicht weiter schlimm. Die Verletzung über dem Auge hingegen, gefiel ihm gar nicht. Er hob einen Arm leicht an, an dem die Schürfwunden sich schon fast geschlossen hatten. Amadeo kam mit dem heißen Wasser, in dem er sich seine Hände wusch. Und dann machte er sich an die Arbeit. Er arbeitete ruhig und gewissenhaft. Eine geschäftige Ruhe machte sich im Zimmer breit. Zunächst widmete er sich dem Schlimmsten, dem Gesicht und Kopf. Er legte auf die Wunder über dem Auge, einen kühlen Verband mit Blutwurz, der das Blut zunächst stillen würde. Später würde er den Verband durch etwas Abschwellendes ersetzten, in der Hoffnung, dass das Auge nicht in Mitleidenschaft gezogen worden war. Im Moment konnte er das nicht sagen, da das Auge so zugeschwollen war, dass man kaum etwas erkennen konnte. Einen ebenso blutstillenden Verband legte er am Bein des jungen Mannes an. Er band einen Ährenverband, der dafür sorgen würde, dass der Schnitt gut wieder zusammenwachsen konnte. Offensichtlich war er von einer scharfen, einer sehr scharfen Klinge zugefügt worden, nichts, was man sonst so auf der Straße fand. ein Blick glitt zu dem Degen, den Alessio mit seinem Umhang ausgezogen hatte. Doch er sagte lieber nichts. Auch die anderen, kleineren Verletzungen am Kopf und im Gesicht versorgte er, bemerkte, dass ihm ganz offensichtlich ein Dolch an den Hals gehalten worden war. Kurz blickte hob er die Augenbrauen, sagte aber nichts. Schließlich widmete er sich dem Brustkorb. Vorsichtig, sehr vorsichtig tastete er die Rippen ab, bis er diejenige gefunden hatte, die definitiv gebrochen waren. Eine war komplett durch, die andere wohl nur angeknackst. So wie der Bruch lag, würde es aber von alleine wieder zusammenfinden. Der Blonde würde zwar noch länger Schmerzen beim Bewegen, beim Atmen haben, aber das war gewöhnlich auszuhalten. "Da war aber jemand sehr leidenschaftlich", murmelte er, während er auf die blauen Flecken etwas Kühlendes draufschmierte. "Solche Verletzungen kommen nicht von einer Wirtshausprügelei. Solche Verletzungen haben Frauen, die ihre Männer angeblich betrogen haben." Er sprach niemanden direkt an, er stellte es einfach nur fest. Dann wühlte er in seiner Tasche und holte eine kleine Kanüle hervor, die er vorsichtig öffnete und Finley unter die Nase schob. "Wach auf", flüsterte er. "Wach auf!" Und tatsächlich flackerten die Augenlieder und kurz darauf öffnete der blonde Mann seine Augen. Kieran lächelte ihn an. "Hallo", sagte er. "Ich bin Kieran, ich kümmere mich um deine Verletzungen." Er strich dem anderen beruhigend über den Arm. "Bewege dich nicht, dich hat es ganz schön erwischt, aber es ist nichts, was nicht wieder in Ordnung kommen würde." Sicher würde den anderen vor allem der Verband an seinem Kopf missfallen, der ihm das eine Auge schloss. "Wie heißt du?", fragte er ihn und gab dem anderen die Zeit, die er brauchte, wieder richtig zu sich zu kommen. Durch die aufgeplatzte Lippe war das Sprechen sicher nicht einfach für den anderen und man hörte ihn nur leise reden. "Gut, Finley!", fuhr er schließlich fort. "Ich werde deinen Brustkorb nun verbinden, dazu musst du dich aber aufrichten. Ich helfe dir dabei, aber es wird dennoch schmerzhaft sein." Er stand auf und positionierte sich neben dem anderen, fasste ihn so, dass er ihm den größtmöglichen Halt geben konnte. "Können wir?" Er wartete auf ein Zeichen des anderen, dann hob er ihn an, richtete ihn auf und stützte ihn mit einem Kissen. Dann verlor er keine Zeit, den Verband anzulegen, um den anderen so schnell wie möglich wieder in eine weniger schmerzhafte Position zu bringen. Schließlich half er ihm, sich wieder hinzulegen und wendete sich Amadeo zu, ihm ein Säckchen reichend. "Braut bitte einen Tee daraus", bat er diesen. Dann griff er zu einer kleinen Flasche. "Ich habe hier ein Mittel, das dir gegen die Schmerzen helfen wird, Finley", sagte er nun und setzet sich wieder zu ihm, um ihm zu helfen, die Tinktur zu schlucken. Dann sah er den anderen kurz an. Mehr würde er nicht tun können, erstmal. Es würde sich noch zeigen, inwieweit jener Fieber bekommen würde. Und es würde noch abzuwarten sein, wie die Wunden verheilen würden. Aber sicher hatte man hier Personal, das sich darum kümmern würde. Finley Wie aus weiter Ferne kamen langsam Stimmen zu ihm zurück. Doch er konnte sie nicht zuordnen, nicht verstehen. Dann spürte er Berührungen. Diesmal anders als zuvor. Sanfter. Leichter. Weit, weit fort. Einen Moment überlegte Finley, ob er zurückkommen sollte, sich den Stimmen stellen sollte. Doch sie waren so dumpf. Und dort, an der blendend hellen Oberfläche, dort wartete nur der Schmerz auf ihn. Viel lieber wollte er in dieser Dunkelheit bleiben und - Ein stechender Geruch drang durch seine Nase in sein Bewusstsein und zerrte ihn mit einem Ruck an die Oberfläche. Der Schmerz war mit einem Mal wieder voll präsent. Finley stöhnte leise. Es tat höllisch weh und er versuchte vergeblich, zurück zu tauchen, doch die Realität hatte ihn fest im Griff. Vorsichtig blinzelte er. Er erkannte nicht viel, da er sein eines Auge gar nicht aufbekam und das andere geblendet wurde. Doch allmählich gewöhnte er sich daran und sah eine Gestalt über ihn gebeugt. Finley musste an Ralph denken und Panik wallte in ihm auf. Doch dann sprach die Gestalt und entweder, seine Ohren hatten einen gehörigen Schaden davongetragen oder es war eindeutig nicht Ralph. Und tatsächlich. Der Mann - denn ein Mann war es - stellte sich als 'Kieran' vor. Seltsamer Name. Unbekannte Stimme. Finley verzog leicht die Brauen. Es tat weh und er ließ es sogleich wieder bleiben. In seinem Kopf kreisten die Fragen. Wo zur Hölle war er? Bei Ralph? Oder hatte dieser ihn zu einem Arzt gebracht? Oder war der Arzt bei ihnen? Oder war es nur irgendein Quacksalber, den Ralph bestellt hatte? Doch zunächst einmal, hatte dieser Kieran eine Frage. Wie er hieß? Das war ja seltsam. Fragte er ihn, weil er es wirklich nicht wusste oder um zu prüfen, ob er noch alle Tassen im Schrank hatte? Doch, wenn er es wirklich nicht wusste, hieß das, dass er woanders gelandet sein musste. Hatte jemand an Ostern doch so viel Erbarmen gehabt und einen Fremden ins Haus geschleppt? Konnte er so viel Glück gehabt haben? Nur, ihn einfach so liegen zu lassen, dass sah Ralph überhaupt nicht ähnlich. "Finley..." krächzte er schließlich hervor, da der Andere scheinbar auf seine Antwort wartete. Erst jetzt spürte er, wie sehr seine Lippen schmerzten. Es war beinahe, als würden sie leicht pulsieren. Gedanklich ging er einen kleinen Systemcheck durch. Das Brennen am Bein musste der Schnitt sein, ebenso wie am Hals. Irgendetwas war quer um und über seinen Kopf gespannt. Sein linkes Auge war zurzeit unbrauchbar und außerdem fühlte es sich dick und wund an. Ansonsten tat sein Körper an allen möglichen Stellen mehr oder weniger weh. Zumindest, bis er es einmal wagte, tief Luft zu holen und er unwillkürlich aufjapste. Ein stechender Schmerz hatte sich quer durch seinen Oberkörper gezogen und Finley hatte das Gefühl, beinahe zu ersticken, als er ganz, ganz langsam die Luft wieder ausblies. Ja, jetzt wusste er, was dieser Kieran mit schmerzhaft meinte. Konnte er ihn nicht einfach hier liegen lassen? Er brauchte diesen blöden Verband bestimmt nicht! Doch es hatte keinen Zweck. Der junge Mann blickte ihn wartend an und schließlich gab der Rebell ein zustimmendes Murmeln von sich. Finley gab sein Bestes, Kieran beim Aufrichten zu helfen, damit es nicht noch mehr weh tat. Natürlich tat es aber trotzdem noch mehr weh. Finley kniff die Augen zu und biss die Zähne zusammen. Nach einer gefühlten Ewigkeit ließ Kieran ihn endlich wieder zurück ins Bett sinken. Dann gab er ihm ein Mittel gegen die Schmerzen. Finley trank es so gierig, als wäre es der Nektar der Götter. Dies war immerhin etwas, für das er wirklich dankbar war und ihm wurde bewusst, dass er sich noch kein einziges Mal bedankt hatte. Immerhin musste er Dankbarkeit zeigen, wollte er die Gunst der Fremden Retter noch etwas länger in Anspruch nehmen können. Alessandro Alessio hatte Kieran ignoriert, seit sie den Raum betreten hatten, nur noch seinem Bruder zugenickt, als der sagte er wolle nach den Pferden sehen. Nico wurde hier tatsächlich nicht gebraucht im Grunde genau so wenig wie er. Doch er würde nicht gehen, denn zur Zeit traute er Fin selbst in diesem geschundenen Zustand zu, eine Flucht zu wagen. Soweit sollte es nicht kommen. Alessio wollte Antworten und dann vielleicht ein kleines Danke für die Rettung, mehr nicht. Und dann würde sich zeigen, was er mit Fin anzufangen hatte. Gerade als er in den Spiegel aufsehen wollte, um die Wunde besser zu sehen, trat Kieran zu ihm und ließ so ziemlich jedes Anzeichen von Höflichkeit vermissen, das es auf dieser Welt gab. Schlimm genug, dass er Amadeo herumkommandierte als sei er der Herr im Haus - er sprach ihn nicht mit dem üblichen "Eminenz" an, wie es Alessio zustand, und bildete sich tatsächlich ein, ihn noch irgendwo an das andere Ende des Raumes verbannen zu können? Alessios Blick wurde noch eine Spur kühler. "Und wenn ich nackt neben ihm liegen und ihn in seinem Zustand rannehmen würde wie die Hengste des Königs ihre Stuten, selbst dann stünde es euch nicht zu, mir zu sagen, wohin ich mich zu begeben habe", stellte er klar. "Ich werde nirgendwo hingehen und mich in meinem Haus dort aufhalten, wo ich mich aufhalten will. Ich werde meine Wunden mit Wasser auswaschen, um Narben davon zu tragen, bevor ich sie mit Salben behandle, so wie ich es schon immer getan habe noch bevor IHR hier aufgekreuzt seid. Ich bin nicht euer Patient, er ist es." Alessio deutete aufs Bett und Kieran hatte ohnehin schon nicht damit gerechnet, dass Alessio ging. Der zog sich ein frisches Hemd an und wusch sich die Hände, ehe er das Haar zurückband und sich dann auf die Gegenüberliegende Bettkante setzte und Fins Gesicht musterte. Er trug schon den hellen Verband um den Kopf, der bei dem Auge sicher nötig war. Die anderen Blessuren waren nun mal entstanden als Fin mit Ralphs Wut Bekanntschaft gemacht hatte. Das schien auch Kieran festzustellen und konnte sich einen passenden Kommentar nicht verkneifen. Ja, Finley sah wirklich vergewaltigt aus. Vielleicht hatte Ralph das sogar auch noch getan, auch wenn Amadeo nichts davon erwähnt hatte. Fin stöhnte gequält als er aufgerichtet wurde und Kieran den Verband anlegte, wurde erst wieder ruhiger als er wieder lag. Amadeo nahm Kieran das Kräutersäckchen ab, doch er rührte sich nicht. Alessios Blick hinderte ihn daran, einfach zu tun was Kieran sagte, und so blieb er einfach stehen. Fin bekam das Zeug eingeflößt und schluckte es, anscheinend froh sich nicht weiter bewegen zu müssen. Kieran "Warum müssen Männer wie ihr immer nur mit ihrem Schwanz denken. Ihr glaubt, nur weil Ihr einen Namen und ein Amt habt, etwas Besseres zu sein. Ihr seid erbärmlich. Und Ihr widert mich an!" - Ja, das hätte Kieran gern gesagt. Das war das, was ihm auf der Zunge lag. Aber er beherrschte sich. Er hielt dem Blick des anderen mit gelassener Ruhe stand, ein nachsichtiges Lächeln lag auf seinen Lippen, während er die Augenbrauen hob und sich nur zu gerne seinem Patienten zuwendete. Er hatte definitiv ein Problem mit solchen arroganten Ärschen, ein gewaltiges. Aber er wollte auch seinen Kopf behalten, also schluckte er lieber und hoffte, diesem Mann in Zukunft nie wieder begegnen zu müssen. Doch in ihm brodelte es. Er war hier um Hilfe gebeten worden. Er hatte gute Lust, einfach seine Tasche zu nehmen und zu gehen. Und beinahe hätte er es auch gemacht, wenn da nicht dieser völlig zerschundene Körper lag, der dringend seine ärztliche Hilfe brauchte. Also hieß es zu vergessen, was für ein Arschloch sich da mit ans Bett setzte. Er tat das für den Jungen - und weil Dominico ihn gebeten hatte, für sonst niemanden. Als er Amadeo die Lindenblüten gab, und dieser sich nicht rührte, blickte er einen Moment verwundert auf, folgte dann dem Blick des anderen zu, Kardinal. Lächelnd schüttelte er den Kopf und versorgte Finley weiter. Er war davon ausgegangen, dass Amadeo ihn unterstützen sollte, seine Arbeit zu verrichten. Dass der Kardinal aus gekränkter Eitelkeit sogar das unterband war wirklich lachhaft. Würde sich der Typ auch so aufführen, wenn einer dieser Arschkriecher aus London hier wäre? Bestimmt nicht. Der Blick vor vier Tagen am Marktplatz war mehr als eindeutig gewesen. In den Augen des Kardnials war er weniger wert als der Mist an dessen Stiefel. Als er mit allem fertig war, blickte er Finley wieder an. "Finley, du musst dich weiter ausruhen, ok? Alessandro Sforza ist hier, möchtest du ihn sprechen?" Alessandro Gerade als Alessio ansetzen wollte, Kieran erneut darauf hinzuweisen, wo in diesem Hause sein Platz war, öffnete sich die Tür erneut und Nico trat wieder ein. Stroh hing vereinzelt in seinem Mantel, er hatte geholfen die Pferde abzureiben und war jetzt fertig. Da es schon recht lange gedauert hatte und Amadeo nicht vor der Türe stand, war er hereingekommen und Alessio sah zu seinem Bruder hinüber, das Familienkreuz wieder um den Hals gelegt. "Und, hat er ihn zu deiner Zufriedenheit behandelt?", fragte Nico, während er den Mantel ablegte. "Ich denke über seine Behandlungsmethoden kann man nichts sagen... wohl aber über das, was aus seinem Mund kommt. Im Ernst, Dominico… damit wolltest du mich schlagen?" Nico sagte nichts. "Er wäre die 10 Pfund niemals wert gewesen." "Diese Entscheidung lag bei mir, nicht bei dir. Deine 10 Pfund liegen zusammengeschlagen in einem Bett… Das kann nicht viel besser sein." Alessio zuckte die Schultern und erhob sich, um sich einen Becher Wein zu holen. "Er war die 10 Pfund wert, bis zu dem Zeitpunkt, an dem er meinte, mich bestehlen zu müssen. Leider kam mir sein... guter Freund zuvor, ihn angemessen zu bestrafen." Dann wandte er sich noch einmal Kieran zu. "Also Mr. Carney, ich habe wohl zu danken für die Behandlung, die ihr diesem kleinen Rebellen habt zukommen lassen. Und ihr habt ganz recht, wenn ihr sagt, dass er aussähe wie eine Frau, die ihren Mann angeblich betrogen hat. Aber das kann nun mal passieren, wenn man sich in das Bett eines Sforza legt." "Lasst uns gehen...", wandte sich Nico leise an Kieran, seinen Bruder ignorierend. Er selbst war mit Kierans unverblümter Art zu Anfang ebenso nicht zurechtgekommen, doch er hatte gehofft, dass Kieran bei seinem Bruder ein bisschen mehr Anstand walten ließ. Naja, Hauptsache Fin ging es besser. Finley Es dauerte etwas, bis er sich sicher war, dass er seine Stimme gebrauchen konnte, als er bemüht laut krächzte: "Danke." Und dann noch: "Wo bin ich?" Doch die zweite Frage hätte er sich anhand der der nächsten Worte Kierans und vor allen der nächsten Geschehnisse, ruhig sparen können. Tatsächlich blieb ihm für einen Moment die Luft weg. "Alessandro Sforza?!" echote er leise und heiser und riss vor Schreck die Augen auf - bzw. das Auge. Um Himmels Willen, natürlich wollte er nicht mit dem Mann sprechen! Wieso zur Hölle war dieser Kerl denn bei ihm?! Doch es wurde nur noch schlimmer. Bevor Finley irgendetwas tun oder sagen konnte, öffnete sich die Tür und ein weiterer Mann trat ein. Finley erkannte seine Stimme nicht gleich, doch es musste der Bruder des Kardinals sein! Der Rebell schloss die Augen als er Alessandro höchst selbst antworten hörte. Übelkeit drang durch seine Kehle. Der Mann war die ganze Zeit schon hier gewesen!? Und so wie es sich anhörte, war er gar nicht mal so weit weg. Die zunächst unterdrückte Panik wallte erneut in ihm hoch. Diesmal allerdings doppelt so heftig. Warum hatte Alessandro ihn eingesammelt und wie? Entweder, er hatte Ralph auch gefangen genommen oder dieser hatte entkommen können. Er hoffte auf das Zweite, doch eine Flucht war in Finleys Zustand ohnehin schlecht möglich. Aber wieso ließ der Kardinal ihn verarzten? Ein Gedanke schoss Finley durch den Kopf, als Alessandro das Wort 'Rebell' aussprach. Natürlich! Wie konnte er nur so blöd gewesen sein! Er und Glück? Das war ja lachhaft! Der einzige Grund, warum er hier war, war, weil er sein großes Maul nicht hatte halten können. Weil er ein Rebell war und weil sie nun wussten, dass Ralph etwas damit zu tun hatte. Und Finley war verletzt und wehrlos. Sie würden ihn aufpäppeln, bis er sprechen konnte und dann foltern, bis er ihnen alles erzählt hatte. Finley wurde abwechselnd heiß und kalt. Mit dem letzten Rest Kraft und Mut, den er aufbringen konnte, wandte er sich an die einzige Person, die freundlich zu ihm gewesen war. "Kieran, lasst mich nicht allein!" wimmerte er, auch wenn er jetzt schon wusste, dass seine Chancen auf das Erhören seines Flehens, gleich null waren. Für einen Moment versuchte er sogar, aus dem Bett zu steigen und hinaus zu laufen, doch nachdem er sich zwei Zentimeter empor bewegt hatte, war der stechende Schmerz so groß geworden, dass er sich widerwillig wieder zurück hatte gleiten lassen. Das war‘s dann also gewesen mit den frohen Ostern. Kieran Als Dominico eintrat, atmete er erleichtert ein. Er wusste, dass er aufgrund seines Verhaltens die Situation hier nicht verbesserte. Aber er sah in keinster WEise ein, diesem Kerl in den Arsch zu kriechen, der ganz offensichtlich eine Teilschuld am Zustand von Finley trug. Alles was recht war, aber da konnte er einfach nicht. Dennoch musste er hier erst einmal fertig werden und begann seine Sachen zusammenzupacken und seine Hände zu waschen, während er hörte, wie Alessandro sich anfing über ihn zu beschweren. Im Ernst Dominico.. damit wolltest du mich schlagen? Er stutzte kurz und blickte kurz verwirrt. Wie meinte der Kardinal das? Er wäre die 10 Pfund niemals wert gewesen. Dass sie über ihn redeten, war mehr als klar, aber was sie da redeten, ließ ihn nun doch aufblicken und Dominico ansehen. Also war er doch nur ein Stück Vieh gewesen, auf dem Marktplatz? Diese Entscheidung lag bei mir, nicht bei dir. Deine 10 Pfund liegen zusammengeschlagen in einem Bett.. das kann nicht viel besser sein. Und ganz offensichtlich ging es um eine Wette. Wer wen wohl schneller oder überhaupt rumbekam? Finley war der, den der KArdinal sich "ausgesucht" hatte? So ging man hier mit Menschen um? Er war die 10 Pfund wert bis zu dem Zeitpunkt an dem er meinte mich bestehlen zu müssen. Leider kam mir sein.. guter Freund zuvor ihn angemessen zu bestrafen. Also hatte ihn zumindest nicht der Kardinal selbst so zugerichtet. War dieser dann von eben jenem "guten Freund angegriffen worden? War diese "gute Freund" der Partner von Finley? Kieran war gerade dabei seine Tasche zu schließen und sie zur Seite zu stellen, als sich Alessio wieder an ihn wandte. Er richtete sich auf und sah dem Mann ins Gesicht. Also Mr. Carney, ich habe wohl zu danken für die Behandlung die ihr diesem kleinen Rebellen habt zukommen lassen. Und ihr habt ganz recht wenn ihr sagt das er aussähe wie eine Frau, die ihren Mann angeblich betrogen hat. Aber das kann nunmal passieren wenn man sich in das Bett eines Sforza legt. "Ich helfe Menschen immer gerne, Eure Eminenz", sagte er mit einem zuckersüßen Lächeln auf den Lippen. "Aber ich glaube eher, dass das nicht nur mit Eurem Namen zu tun hat." Lasst uns gehen... Er blickte Dominico an und nickte, griff zus einem HEmd und zog es sich über. Das was er über dessen Avancen an jenem Abend gehört hatte, hatte er erst einmal zurückgestellt. Er wusste nicht so genau, ob er nun wirklich sauer sein sollte oder nicht. Im Moment tobte alles in ihm, wegen dieses Scheusals, das sich Kardinal nannte. Er wendete sich zur Tür, als er ein Kieran, lasst mich nicht allein! hörte. Und das schlug ein, wie ein Faustschlag in seinen Magen. Hörte er da pure Angst? Hörte er da Verzweiflung. Er schluckte. Würde der Kardinal nun beenden, was der andere angefangen hatte? Würde er ihn tatsächlich schinden? Aber wieso dann die Mühe machen, ihn erst wieder zu flicken? Kieran schloss die Augen, dann drehte er sich noch einmal um. "Ich komme später noch einmal nach euch sehen, Finley!", versicherte er dem Mann und bemühte sich, seine Emotionen zu verbergen. "Und kocht ihm diesen verdammten Tee, in Gottes Namen. Sonst hat er bald ein Fieber, das ihn doch noch verrecken lässt." Letzteres war dann wohl eher für den Kardinal und Amadeo bestimmt, als für Finley, aber er sah Alessandro lieber nicht an. Er wusste nicht, ob er dann an sich halten könnte. Eilig verließ er das Zimmer. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)