Ich warte auf dich von LenjaKa ================================================================================ Kapitel 18: Von Schnapsdrosseln und ihren Gesängen -------------------------------------------------- Nachdem Ári seinen Vortrag über die nächtlichen Ereignisse beendet und Lenja sich sowohl über sich selbst als auch über die Nachricht auf dem Pergament wunderte, beschlossen die beiden Geschwister ihren Onkel Dwalin aufzuwecken. Sie wollten sich die Situation zu Nutze machen und davon profitieren, dass Balin das ganze Schlamassel nicht mitbekommen hatte. Lenja folgte ihren Bruder mit vorsichtigen, langsamen Schritten zu Dwalins Kammer. Sie war darauf bedacht sich nicht allzu schnell zu bewegen, da sie bei jedem noch so kleinen Ruck mit einem leichten Gefühl des Schwindels kämpfen musste. Ihr Bruder war da eher von der konträren Sorte und öffnete die Kammertür ohne eine Vorwarnung. Mit einem Hechtsprung landete der kleine Ári auf dem Bauch seines Onkels. Dwalin rang nach Luft. Durch den Aufprall war der Zwerg aus seinen Träumen gerissen worden und schien für den Bruchteil einer Sekunde erst einmal überlegen zu müssen, wo er sich befand und von welchem Wesen er nun heimgesucht wurde. „Aufstehen, du Schlafmütze!“, rief Ári fröhlich über seinem Onkel thronend. „Bei Aule! Womit habe ich das nur verdient?“, fragte Dwalin wohl eher zu sich selbst als zu seinem Neffen. „Womit du mich verdient hast?“, fragte der kleine Zwergenjunge leicht entrüstet und schob trotzig die Unterlippe nach vorn. „Womit habe ich es denn verdient, dass du und Lenja mich die gesamte Nacht allein gelassen habt, hm? Wenn du jetzt nicht langsam wach wirst, dann kann ich ja Onkel Balin erzählen, wie böse ihr beiden zu mir wart.“ „Ist ja schon gut. Ist ja schon gut, Kleiner“, brummte Dwalin und streckte sich vorsichtig. Jetzt erst schien der Zwerg Lenja im Türrahmen zu bemerken. Sie hatte sich gegen ihn gelehnt, um dort auf ihren wackeligen Beinen Halt zu finden. Mit einem fragenden Blick bedachte er seine Nichte, die zugleich zu begreifen schien. „Es geht schon wieder besser, Dwalin“, meinte die Zwergin und versuchte zu lächeln. „Du siehst aber ein bisschen blass um die Nase aus, Kurze“, entgegnete ihr Onkel und versuchte sich mit Bedacht zusammen mit Ári auf seinem Schoß aufzurichten. „Kann sein. Aber es geht mir wirklich wieder viel besser als noch in der Nacht.“ „Wie bist du eigentlich hier hergekommen? Hat Thorin dich gebracht? Mir war so als ob er mit Ári am Gange war als ich die Tür hinter mir schloss. Das kann aber auch alles eine furchtbare Einbildung gewesen sein...“, bemerkte Dwalin und hing seinen Gedanken nach. Ári hopste wieder auf und ab. Er gab erneut die merkwürdigen Ereignisse der letzten Nacht so detailliert wie nur möglich wieder. Schließlich wollte der Kleine seinen Onkel auf den neuesten Stand bringen. Als ihr Bruder seinen Vortrag beendet hatte, schaute Dwalin Lenja mit einem schiefen Lächeln an. „So so. Dir ist der Alkohol wohl ein bisschen zu Kopf gestiegen, was? Da können wir ja froh sein, dass Ári hier für Recht und Ordnung gesorgt hat, nicht wahr, du edler Ritter?“, sprach Dwalin und knuffte seinen Neffen leicht in die Seite, woraufhin dieser leise zu kichern begann. „Wer musste mich denn zum Trinken verführen, hm? Wer hat mir denn immer einen gefüllten Krug vor die Nase gestellt als der vorherige kaum geleert war?“, begehrte Lenja wütend auf. Dwalin schien sie ärgern zu wollen. Anstatt ihr zu zuhören und sie anzuschauen, alberte er wieder mit Ári herum. „Wir können so froh sein, dass du hier gewesen bist, kleiner Mann. Wer weiß, was deine Schwester, die kleine Schapsdrossel, dem Prinzen in sein Ohr gezwitschert hat. Wer weiß, was die beiden noch für Sachen miteinander getrieben hätten, wenn du nicht dazwischen gegangen wärst und für Sitte und Anstand gesorgt hättest“, sagte Dwalin weiter zu seinem Neffen, der sich jetzt gar nicht mehr unter Kontrolle hatte und zwischen seinem Lachanfall nach Luft rang. „Du bist so ein Spinner, weißt du das Dwalin! Wer ließ mich denn in den Armen eines Fremden?“, Lenjas Stimme wurde bei jedem ihrer Worte schriller. Auch Dwalin konnte sich nun nicht mehr zusammen reißen. Ein lautes und herzliches Lachen entfuhr seiner Kehle. Ári stimmte fröhlich mit ein. Zu allem Überfluss fingen die beiden nun auch noch an sich gegenseitig Luftküsse zuzuwerfen. Keiner schien Lenjas Wut ernst zu nehmen. Sie wollten sie bis aufs Blut reizen. Und das hatten sie auch bald geschafft. „Weißt du eigentlich, Ári, dass die Produktion von Zwerglingen immer mit einem Kuss zwischen einem Zwerg und einer Zwergin anfängt“, erklärte Dwalin seinem Neffen, der eifrig jedes seiner Worte in sich aufnahm. „Was soll das denn nun bedeuten? Hast du deinen restlichen Verstand versoffen? Du bist so...so...“, Lenja war dermaßen wütend auf ihren Onkel, dass ihr die Sprache versagte. Ohne auch nur auf seine Nichte zu achten, sprach er weiter mit Ári: „Du musst dir das in etwa so vorstellen, Kleiner: Die Frau und der Mann saugen sich an den Lippen an. Nach und nach fällt dann ihre Kleidung zu Boden und mit den Kleidungsstücken auch das sich küssende Paar. Und weiß du auch, was dann passiert?“ Der Zwergenjunge schüttelte mit großen Augen seinen Kopf. Dwalin hob triumphierend seine rechte Augenbraue als er weitersprach: „Der nackte Zwerg legt sich auf die ebenfalls nackte Zwergin und dringt in sie ein.“ Ári blinzelte seinen Onkel verwirrt an. Es schien gewaltig hinter seiner kleinen Stirn zu arbeiten. „Aber womit und wo will der Zwerg denn in die Zwergin rein? Ich verstehe das nicht ganz, Onkel Dwalin.“ Mit einem Lächeln auf den Lippen holte Dwalin tief Luft: „Weißt du, Kleiner, wenn die Frau dem Mann so sehr gefällt und sie ihn allein durch ihre Anwesenheit fast um den Verstand bringt, dann wird in seiner Hose etwas steif und was da so hart wird, das ist...“ Dwalin konnte seinen Satz nicht mehr beenden. Lenja wurde das zweideutige Gespräch zwischen ihrem Onkel und ihrem kleinen Bruder zu bunt. Mit einem beherzten Sprung war sie auf Dwalin zu gekommen und hielt ihm den Mund fest mit beiden Händen zu. Mit einem Schalk in den Augen sah er sie von unten herauf an als sie oberhalb seines Kopfes in den Kissen kniete und ihn so zum Schweigen brachte. Ári quietschte vor Überraschung und gleichzeitig vor Freude auf. Er schien auch sofort sein Interesse an der Zwergenproduktion verloren zu haben, denn im nächsten Augenblick schrie er mit voller Hingabe: „Kissenschlacht! Lenja, wir beide gegen Dwalin!“ Seine Schwester ließ den Mund ihres Onkels los und schnappte sich ein Kissen. Sie wusste, dass zwei gegen einen unfair war. Doch nach der ganzen Stänkerei sollte Dwalin sein Fett wegbekommen. Ári schwang auch schon das erste Kissen und warf es in Richtung seines Onkels, der sich gerade noch im rechtzeitigen Moment aus der Wurfbahn retten konnte. Mit zwei Kissen in der Hand versuchte sich Dwalin gegen die Angriffe seiner Nichte und seines Neffen zu retten. Die Schlacht hatte begonnen und forderte schon nach weniger Zeit ihren Tribut. Erst wenige, dann immer mehr Daunenfedern flogen durch die Luft des Raumes. In dem Wirrwarr aus Federn und einer herrlichen Klopperei, staunte Balin nicht schlecht als er das Spektakel von der Tür aus beobachtete. Als er soeben heimgekehrt war, wunderte er sich keines seiner Familienmitglieder in der warmen Stube zu erblicken. Stattdessen vernahm er belustigtes Stimmengewirr aus der Kammer seines jüngeren Bruders, welches von dumpfen Schlaggeräuschen gefolgt wurde. Mit einer Vorsicht und Neugier öffnete er die Kammertür einen Spalt. Er hätte es niemals für möglich gehalten, dass Dwalin nach seiner Geburtstagsfeier bei so guter Laune gewesen war. Lenja musste ihre Aufgabe ohne Mühen erledigt haben. Mit einem zufriedenen Lächeln schaute er noch ein bisschen dem Treiben der drei Krieger zu als ihm plötzlich ein Kissen an seinem linken Ohr vorbei rauschte. Ári hatte versucht seinen Onkel mit dem Kissen zu erwischen. „Hey, das ist unfair! Du hast dich eindeutig bewegt, Onkel Balin“, schimpfte der kleine Krieger. Erst jetzt hatten Lenja und Dwalin den Besuch in der Kammer realisiert. Dwalin ließ das Kissen sinken, welches er gerade seiner Nichte um ihre Ohren hauen wollte und zwinkerte seinem Neffen zu. „Soll ich dir mal zeigen, wie das richtig geht, Ári?“, fragte der Zwerg und warf das Kissen ohne auf die Antwort zu warten in die Richtung, wo just Balin stand. Balin reagierte noch schnell genug und verschwand rasch wieder durch die Tür, durch die er einst gekommen war. Gelächter durchfuhr die Stille hinter dem Holz. Der Zwerg schüttelte den Kopf und verdrehte kurz die Augen. Na ja, immerhin schien alles glatt gelaufen zu sein und die drei hatten ihren Spaß. Er wollte sie auch gar nicht weiter stören. Mit hastigen Schritten verließ er den Ort des wilden Geschehens und nahm am warmen Feuer Platz. In der Kammer ging das bunte Treiben munter weiter. Nachdem Ári zu seinem Leidwesen feststellen musste, dass mit Lenja wohl keine Schlacht gegen ihren Onkel gewonnen werden konnte, schlug er Dwalin einen anderen Plan vor: Lenja sollte ausgekitzelt werden! Nichts bereitete ihrem Onkel größeren Spaß als wenn seine Nichte lachend nach Luft japste und um Gnade flehen musste. Auch wenn ein Außenstehender dies wohl eher nicht nachvollziehen konnte, waren es für Dwalin Momente der Freude. Die Freude seine Nichte dabei zu beobachten, wie sie aus voller Kehle sich vor Lachen schütteln musste. Die Freude, die ihr schon während ihrer Kindheit so leidlich abhanden gekommen war. Die Freude, die ihr einst Ásgrímur genommen hatte. Auch dieses Mal musste Lenja ihren Onkel und ihren Bruder um Gnade bitten. Erschöpft von der letzten Nacht, der Kissenschlacht und dem Gekitzel atmete die Frau umringt von Ári und Dwalin glücklich auf. Keiner sprach. Alle drei lagen ruhig nebeneinander und genossen die Anwesenheit der Anderen. „Du, Dwalin“, durchbrach Ári die Stille. „Was gibt’s, du kleines Ungeheuer?“, fragte der Angesprochene. „Eins kann ich dir aber sagen: letzte Nacht hat Lenja all ihre Kleidung anbehalten und sie hat sich auch nicht an Thorins Lippen festgesaugt.“ Na wunderbar! Fing der Kleine also doch wieder mit dem Thema von vorhin an! „Vielleicht sollten wir ihm ja mal sagen, dass Lenja unglaublich kitzelig ist. Dann klappt das bestimmt auch besser mit dem...wie war das noch gleich? Hartwerden und Einstöpseln?“, sprach Ári links neben Lenja. Von rechts entkam Dwalin ein unterdrücktes Lachen. „Halt jetzt einfach deine Klappe, Dwalin!“, brummte seine Nichte ihm entgegen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)