Ich warte auf dich von LenjaKa ================================================================================ Kapitel 17: Katerstimmung ------------------------- Die Tür zu Lenjas Kammer wurde mit ihrem markanten Quietschen geöffnet und kurz darauf wieder geschlossen. Die junge Frau seufzte auf. Noch immer hämmerten ihre Schläfen mit einer unvorstellbaren Wucht. Sie wollte allein sein, mit niemandem in ihrem noch immer desolaten Zustand sprechen. Und schon gar nicht mit Balin. Sie hatte im Moment keine Lust sich für ihr Verhalten aus der letzten Nacht zu rechtfertigen oder vielmehr zu entschuldigen. So versuchte sie sich von der Rücklage, in der sie sich befand, in die Bauchlage zu bringen. Eine wirklich nicht gut durchdachte Idee, wie sie schon Sekunden später feststellen musste. Stocksteif blieb sie mit der Decke über den Kopf liegen. Die minimale Bewegung von eben sorgte dafür, dass ihr ruckartig schlecht wurde. Wer auch immer in ihrer Kammer stand, sollte von Lenjas Willen aus mit ihr schimpfen, sie schelten oder was auch immer ihm beliebte tun können. Hauptsache sie brauchte sich für diese Unterredung nicht zu bewegen. Leise Schritte tapsten um ihr Bett, blieben dann am Fußende stehen. Das Federdeck wurde angehoben und eine kleine Person krabbelte unter ihr entlang, empor zu der jungen Frau, die unter ihr vergebens Schutz gegen den Eindringling suchte. „Ári, was soll das?“, murmelte Lenja erschöpft. Der kleine Zwerg hatte nun ihren Kopf erreicht und gab ihr einen Kuss auf die Wange. „Ich habe Euch soeben wach geküsst, holde Maid“, stellte ihr Bruder fest und schaute seiner Schwester in ihre rot umrandeten Augen. „Vielen Dank, mein Herr. Ich würde es begrüßen, wenn Ihr mich jetzt noch eine Weile in meinem Himmelreich allein lassen könntet“, erwiderte Lenja und drehte ihren Kopf vorsichtig zur Seite um weiter zu schlafen. „Das geht aber nicht“, protestierte der Kleine. „Und warum sollte das nicht gehen? Geh doch einfach Dwalin ärgern. Oder hör Balin zu, wie er über meine Unfähigkeit von letzter Nacht schimpft“, seufzte seine Schwester. „Balin ist doch noch gar nicht wieder da. Und Dwalin“, sprach er weiter und machte eine Pause um das Interesse seiner Schwester zu wecken, „ist vorhin erst nach Hause gekommen.“ Mit einem Ruck war Lenja wach. Was hatte der Kleine da eben gesagt? War er die gesamte Nacht allein gewesen? Und wie kam sie eigentlich heim, wenn Dwalin den Weg erst später wiedergefunden hatte? Sie setzte sich kerzengerade auf und bereute ihre Tat kaum, dass sie sie vollzogen hatte. Sie ließ sich wieder vorsichtig in ihr Kissen fallen. „Ist dir wieder schlecht, Lenjalinchen?“, fragte Ári interessiert. Mit einem Auge schaute sie den kleinen Zwerg an, der über ihr thronte. „Wieso denn wieder? Weißt du etwas, dass ich wissen müsste?“, fragte sie ihren Bruder vorsichtig. Wie auf das Stichwort gewartet, nickte Ári eifrig. Allein vom Zuschauen hatte Lenja das Gefühl, dass ihr langsam aber sich schlecht werden würde. „Du hast gebrochen als ob es keinen Morgen mehr geben würde“, flötete ihr Bruder und begann freudig auf und ab zu hüpfen. „Stopp!! Ich kann mich zwar nicht mehr daran erinnern, aber wenn du so weitermachst, dann haben wir hier gleich wohl denselben Zustand wie letzte Nacht“, brummte die Zwergin. Sofort gehorchte ihr Bruder. Er strahlte sie an. „Willst du denn nun endlich hören, wie du letzte Nacht nach Hause gekommen bist, Schnuppi?“ Ári war förmlich kurz davor zu platzen. Es musste ihn schon den gesamten Tag beschäftigt haben. Nur war keiner, weder Dwalin noch seine Schwester, bis jetzt in der Lage gewesen ihm zu zuhören. „Hm“, antwortete Lenja und hatte ein wenig Angst vor dem, das sie nun zu erwarten schien. „Also“, begann ihr Bruder und setzte eine höchst feierliche Mine auf. „Ich habe ja die ganze Zeit auf dich hier gewartet. So genau weiß ich nicht mehr, wann ich wach geworden bin. Und dann bin ich zu deiner Kammer geschlichen, um zu gucken, ob du schon wieder da bist. Aber du warst weg. Bei Dwalin habe ich auch geguckt. Alles leer. Dann habe ich nachgedacht, was ich so machen kann. Aber du hattest die Eingangstür ja abgeschlossen. Sonst wäre ich euch suchen gegangen.“ Lenja durchfuhr der Gedanke, dass sie wenigstens eine Sache in der letzten Nacht richtig gemacht hatte indem sie dem kleinem Frechdachs den Fluchtweg versperrte. „Und dann konnte ich nicht mehr schlafen. Also bin ich ganz einfach wach geblieben. Ich habe mir in der Küche etwas zu essen gesucht und das dann in der Stube gegessen. Und bevor du jetzt schimpfst: ich habe gar nicht so doll gekrümelt! Von dort habe ich dann auch nach gaaaanz langer Zeit komische Geräusche gehört. Vor der Tür. Das hat vielleicht lange gedauert bis dann die Tür offen stand. Und als ich dann schon losstürmen wollte, um dich und Dwalin zu begrüßen, staunte ich nicht schlecht. Du warst zwar irgendwie dabei, aber der Zwerg, der dich im Schlepptau hatte, war nicht unser Onkel.“ Lenjas Augen weiteten sich ängstlich als ihr leise dämmerte, wer sie da heim begleitet hatte. Wie zur Bestätigung sprach Ári fröhlich weiter drauflos. „Das war Thorin. Ich darf ihn so nennen. Das hat er mir erlaubt. Na ja, er hatte ganz schön Mühe dich hier rein zu bugsieren. So richtig gehen wolltest du ja nun auch nicht. Also hat er dich einfach über seine Schulter gepackt und dich rein getragen.“ Bitte, mache jemand, dass sie aus dem schlechten Traum aufwachen würde! Wie war er bloß an ihren Schlüssel für die Tür gekommen? Schamesröte durchfuhr ihr Gesicht als sie daran dachte, wie er ihre Hüften auf der Suche nach dem Schlüssel berührt haben musste. „Ich habe ihm geholfen, wo es nur ging. Deine Kammertür habe ich geöffnet und die Decke zurückgeschlagen damit er dich in dein Bett legen konnte. Kaum hatten wir dich zugedeckt, da hast du angefangen so komische Geräusche von dir zu geben. Das war richtig gruselig! Ich wusste ja nicht, was das uns sagen sollte, aber der Thorin, der hatte da sofort einen Verdacht. Und er hatte Recht: du musstest alles ausspeien, was du noch kurz vorher in dich hinein gegossen hattest.“ Lenjas Gesicht schien vor Pein zu brennen. Sollte das wirklich stimmen, was Ári ihr da erzählte? „Wir waren ein wirkliche gutes Team, der Thorin und ich. Ich habe deine Haare festgehalten und er hat wie ein großer Krieger den Eimer vor deinen Mund gehalten. Du brauchtest gar nicht mehr zielen. Wir Männer haben dich richtig gut umsorgt.“ Sie schloss die Augen und fragte sich, warum dieser Alptraum nicht vorüber gehen wollte. „Irgendwann warst du nach dem fünften oder sechsten Mal dann auch fertig. Du warst richtig erschöpft. Also haben wir dich allein gelassen. Und dann wussten wir nicht, wie es weitergehen sollte. Balin war ja die ganze Zeit schon nicht da. Du warst zu nichts zu gebrauchen. Und Dwalin fand irgendwie den Heimweg nicht wieder.“ Lenja öffnete wieder ihre Augen und sah, dass Áris Wangen vor Freude leicht gerötet waren. „Und was habt ihr dann gemacht?“, fragte die Zwergin vorsichtig. „Thorin ist hier geblieben. Bis eben!“, und seine Augen leuchteten. „ Er wollte mich nicht allein lassen. Und dann haben wir zusammen Kekse gegessen, er hat mir richtig spannende Geschichten von unseren Urvätern erzählt, wir haben mit meinen Holzschwertern gespielt und ganz viel gelacht. Irgendwann ist dann auch Dwalin nach Hause gestolpert. Der sah richtig müde und zerknautscht aus. Thorin hat ihn gefragt, wo er denn geblieben war. Und Dwalin meinte nur etwas, dass wie „Bin wohl beim Pissen eingeschlafen“ geklungen hat. Ich fand das ja höchst seltsam. Er hat auch gar nicht richtig mit uns beiden gesprochen. Ist einfach an uns vorbei geschlurft und in seiner Kammer verschwunden.“ Lenja blinzelte verwirrt. Der arme Dwalin. Hatte es also auch ihn dahingerafft...eine wichtige Frage brannte noch auf ihrer lädierten Seele. „Und dem Thorin war nicht auch, wie soll ich sagen, ein wenig übel?“ „Nein, Schnupsi! Das hatte mich ja auch gewundert. Also habe ich ihn gefragt. Und dann meinte er nur, dass das alles hartes Training wäre. So ähnlich wie beim Kämpfen, meinte er.“ Also doch, dachte sich die Zwergin. War der wehrte Herr Prinz also doch ein kleiner Trunkenbold? Bei dem Gedanken musste sie unweigerlich grinsen. „Und das Beste überhaupt kommt ja noch, Lenjalinchen. Als der Thorin dann ja meinte, dass das so wie beim Kämpfen wäre, da konnte ich nicht anders und musste ihn dann fragen, ob du dich dann nicht auch verbessern könntest. Du weißt schon, Kondition und so weiter. Er guckte mich dann etwas schief von der Seite an und meinte dann, dass du theoretisch auch eine bessere Trinkerin werden würdest, wenn du regelmäßig dem Suff nachgehst. Und na ja, dann konnte ich nicht anders. Es ist mir irgendwie so raus gerutscht...“ „Was ist dir raus gerutscht?“, fragte Lenja ihren Bruder und hob die Augenbraue. „Schnupsi! Ich habe ihm gesagt, dass du das ganz schnell hinbekommen könntest, wenn du nur wolltest. Weil du ja bereits schon Erfahrung mit dem Erlernen von Jungssachen hast...“ Die Zwergin riss die Augen auf und starrte ihren Bruder an: „Sag mir jetzt ja nicht, dass du es ihm erzählt hast!“ „Na ja, irgendwie doch...“ Mit einem Ruck viel Ári von ihrem Schoß. Sie hatte sich zu schnell aufgesetzt und funkelte den Kleinen wütend an. „Wie konntest du das nur tun? Du bist mein Bruder! Was fällt dir ein mich zu verraten? Wunderbar! Vielen Dank, Ári! Jetzt werde ich das Gespött aller werden.“ Der Junge schüttelte nur den Kopf. „Aber nein. Er fand das richtig beeindruckend als ich ihm alles erzählte. Wie du immer mit Dwalin trainierst. Wie du die Kleider hasst. Wie wir alle zusammen Balin angelogen haben. Und wie stark du bist. Ich glaube, der Thorin findet dich ganz toll. Du solltest ihm auf jeden Fall mal eine ganze Ladung an Keksen backen, wenn du wieder auf den Beinen bist. Die hat er schneller verschlungen gehabt als Dwalin in seiner Höchstform. Und weißt du, was ich glaube?“ „Nein“, murmelte Lenja und fragte sich, wieso der seltsame Traum immer noch nicht vorbei war. „Ich glaube, dass Thorin dich bestimmt mal beim Training besuchen kommt. Der war ja so überrascht am Anfang. Aber dann habe ich ihm ja alles ganz genau erzählt. Und zum Schluss meinte er dann, dass das irgendwie zu dir passen würde. Wie genau hat er mir dann aber doch nicht verraten. Und dann haben wir beide gehört, wie du dich öfter im Bett bewegt hast, weil wir ja die Kammertür einen Spalt offen gelassen hatten falls du noch einmal brechen müsstest. Er meinte, dass du bald wieder hell wach sein würdest. Dann nahm er sich noch ein paar Kekse und verschwand.“ Sollte sie nun lachen oder weinen? Lenja wusste es einfach nicht. „Und bevor er gegangen ist, hat er mir noch das hier für dich gegeben“, sprach der Junge und reichte seiner Schwester ein Stück Pergament. Lenja begann die ersten Runen zu lesen. „Ist das ein Liebesbrief?“, fragte der Zwerg ganz gespannt und hopste wieder auf und ab. „Ári! Lass den Quatsch!“, schimpfte Lenja und drehte sich mit dem Papier in der Hand von ihm weg. In feinen Runen stand dort: "Ich freue mich die Bekanntschaft einer so trinkfesten, starken jungen Dame gemacht zu haben." Hosted by Animexx e.V. 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