Ich warte auf dich von LenjaKa ================================================================================ Kapitel 9: Vom Suchen und Finden -------------------------------- „Lenja! Lenja, wo bist du? L-E-N-J-A!!“ Abrupt wurde das Zwergenmädchen aus ihrem Schlaf gerissen. Hatte sie sich das eben eingebildet oder war das wirklich die Stimme ihres Onkels? War das Dwalin, der da nach ihr rief? Verschlafen rieb sie sich die Augen. Ári schlummerte immer noch seinen seligen Säuglingsschlaf. Ein Blick nach rechts ließ das Mädchen aufschrecken. Wo war Tauriel? Sie lag doch rechts neben ihr. War sie einfach so ohne ein Wort verschwunden? Wieso hatte sie Lenja nicht geweckt? Hilfesuchend blickte das Mädchen schnell von rechts und links. Sie konnte die Elbin nirgends sehen. Weder zwischen den Bäumen noch irgendwo in der Nähe der Büsche. Wo war Tauriel hin? Oder hatte Lenja sich die Sache nur eingebildet? Bei dem Gedanken tastete sie kurz an ihrem linken Ohr. Nein, das konnte keine Erfindung ihres geschändeten Geistes gewesen sein! Ihr Ohrring fehlte. Also musste Tauriel auch echt gewesen sein! Oder etwa nicht? „L-E-N-J-A!! Hörst du mich, Kurze?! W-O B-I-S-T D-U??“, rief da erneut jemand. Dwalin!! Lenjas Herz machte einen Sprung. Das war wenigstens keine Einbildung gewesen! Was mit Tauriel geschehen war, wusste Lenja nicht. Es konnte jedenfalls nichts Schlimmes gewesen sein, denn davon wäre sie doch auch wach geworden. Am Wahrscheinlichsten war es wohl, dass das Elbenmädchen den Heimweg wieder angetreten war und der neuen Freundin ein bisschen Schlaf mit dem Kleinen nach der gestrigen Odyssee geben wollte. Vorsichtig näherte sich Lenja mit Ári auf dem Arm der Richtung aus der sie die Stimme ihres Onkels vernommen hatte. Sie wusste nicht, ob er allein nach ihr suchte oder ob Ásgrímur dabei war. Ihr Magen zog sich bei diesem Gedanken zusammen. Sie wusste nicht, was ihr Onkel wusste oder vielmehr vermeintlich zu wissen schien. Hatte ihr Vater ihm etwas über die Sache mit dem Küchenmesser erzählt? Oder wie kam Dwalin auf die Idee nach seiner Nichte zu suchen? Lenja beugte sich unter den Ästen nach vorn. Die Sonne war bereits aufgegangen. Es schien ein sehr freundlicher Tag zu werden. Keine Wolke war am Himmel zu sehen. Da entdeckte sie endlich ihren Onkel. Er war nicht allein unterwegs. Ein anderer Zwerg war bei ihm. Er war von ähnlicher Statur wie Dwalin. Doch es handelte sich eindeutig nicht um ihren Vater. Da war sich Lenja sicher. Auch auf die Gefahr hin, dass sie eine gewaltige Standpauke für ihr Verschwinden bekommen würde, musste sie sich nun in ihrem Versteck zu erkennen geben. Sie brauchte Dwalins Hilfe, seinen Schutz. „Onkel Dwalin! Wir sind hier drüben!“, rief das Mädchen als sie einen Satz aus dem Dickicht in die Helligkeit machte. „Gordul! Zum Himmel, wo hast du denn gesteckt? Ich suche dich schon seit Stunden“, schnaufte Dwalin als er auf seine Nichte zukam. „Wie dem auch sei, ich bin froh dich nun endlich gefunden zu haben. Du musst mir unbedingt erklären, was passiert ist! Ich denke gestern Abend an nichts Böses als plötzlich an die Tür gehämmert wird und man mir sagt, dass meine Nichte mit ihrem kleinen Bruder wie von der Tarantel gestochen aus dem Erebor läuft. Wie auf der Flucht müsst ihr wohl dabei ausgesehen haben. Und dann renne ich auf direktem Weg zu deinem Vater, um zu wissen, warum man bei mir hämmert und nicht zu aller erst bei ihm. Und was erwartet mich da bei euch zu Hause? Das totale Chaos in der Küche und dein Vater mit einer fetten Fleischwunde im Oberschenkel. Es sah dort fast so aus wie auf einem Schlachtfeld. Von dir und Ári fehlte jede Spur! Er meinte, du hättest einfach so auf ihn eingestochen und wärst dann fluchtartig davon gelaufen. Also bitte sag mir jetzt, was ich davon halten soll. Lenja, sprich mit mir! Da stimmt doch irgendwas nicht!“ Dwalin war vor seiner Nichte in die Knie gegangen und sah sie fast flehend an. Sie konnte eindeutig Besorgnis in seinen Augen lesen. Doch da war auch noch etwas anderes. Etwas, was sie noch nie bei ihrem Onkel entdeckt hatte. War das da wirklich Furcht? Angst? Um sie oder um das, was sie ihm zu beichten hatte? Glaubte er denn wirklich, dass sie so verrückt war und ihren Vater ohne Grund angriff. Ein Mädchen wie sie? Allein gegen einen Mann? Ihren Vater? Einem erfahrenen Krieger? Lenja holte tief Luft als sie ihrem Onkel tief in die Augen sah. „Irgendetwas ist bei eurem Gespräch mit ihm schief gelaufen, Dwalin! Er kam gestern nach Hause und dann ohne ein Wort, ging er auf mich los! Er beschimpfte mich, schlug mich, drohte mir und trat mir mit seinen schweren Stiefeln in die Rippen. Ich wusste mir nicht mehr zu helfen. Und dann war da das Küchenmesser auf der Arbeitsplatte. Ich musste es doch tun! Ich hatte eine solche Angst. Dann nahm ich Ári und wir liefen um unser Leben hinaus in die Finsternis. Ich dachte, er würde mir auf dem Weg zu dir und Balin auflauern. Deshalb bin ich aus dem Portal raus! Dwalin! Du musst mir glauben! Ich habe so eine Angst vor ihm! Er ist nicht mehr mein Vater! Ich sage dir, das da gestern Abend bei uns daheim war ein Monster!“, sprudelte es nur so aus dem Mädchen heraus. Dwalins Augen weiteten sich. Er holte tief Luft und fuhr sich mit der Hand über den Kopf. Was er dort hörte, hätte er sich nicht einmal in den schlimmsten Träumen ausgemalt. Er riss sich so gut er konnte zusammen und sprach dann zu Lenja: „Wo hat er dich geschlagen? Ins Gesicht? Du hast links und rechts so einen blauen Rand? Hat er dich geohrfeigt?“ Das Mädchen nickte. „Komm, gib Ári mal kurz her. Ich gebe ihn meinem Freund hier. Er wird ihn so lange halten bis ich deine Rippen abgefühlt habe. Keine Angst, er wird ihm nicht wehtun“, sagte der Zwerg und Lenja reichte ihm ihr Brüderchen. Der machte keinen Murks als er sich in fremden Armen wiederfand. „Arme hoch über den Kopf, Kurze!“ Das Mädchen gehorchte sofort. Dwalin begann vorsichtig ihren Rippenbogen abzutasten. Erst links, dann rechts. Er schnaufte auf. „Wie es sich anfühlt, sind zwei, vielleicht auch drei Rippen geprellt. Du kannst deine Arme wieder runter nehmen. Ich fasse es nicht! Dieser Abschaum! Wie konnten wir uns nur so in ihm täuschen?“, die letzten Worte sprach Dwalin eher zu sich selbst. „Du glaubst mir also?“, fragte Lenja vorsichtig leise. Ihr Onkel rang nach Luft. „Natürlich tue ich das! Und Balin wird das auch! Das ist sicher. Da war doch von Anfang an etwas faul an seiner Geschichte! Als ob du so verrückt wärst dich mit ihm aus Jux anzulegen. Und du hast natürlich auch nichts Besseres zu tun als dich erst zusammentreten zu lassen, ihm dann einfach so das Messer in seinen Oberschenkel zu rammen und dann noch aus Langeweile deinen Bruder auf deiner Flucht mitzunehmen. Es tut mir so leid, Kurze! Wir hätten dich vor diesem Schwein beschützen sollen. Doch wer konnte ahnen, dass er in seinem Inneren zu solchen Taten fähig ist!? Leider können wir die Zeit nicht mehr zurückdrehen. Was wir aber können, und da werde ich alles dran setzen, ist ihn für seine Tat büßen zu lassen! Er wird schon sehen, was er davon hat. Du kommst jetzt mit Ári zu mir und Balin. Und wenn du dort in Sicherheit bist, dann werden wir unserem König erst einmal die Augen öffnen, was er da für einen sauberen Krieger hat. Ich werde ihn öffentlich für das anklagen, was er dir angetan hat. Und dann soll er sich beweisen. Es wird sein Untergang sein. Er wird sich wünschen nie geboren worden zu sein! Da bin ich mir sicher! Und nun komm!“ Vorsichtig hob er seine Nichte in seine Arme. Ári schien sich auch nicht in den Armen des anderen Zwerges beschweren zu wollen und so näherten sich die Vier dem Erebor. Lenja hatte ein mulmiges Gefühl in ihrer Magengegend. Ob Dwalin Recht behalten würde? Würde man ihr glauben und Ásgrímur bestrafen? Wo nahm ihr Onkel nur seine Zuversicht her? Das Mädchen wusste nicht mehr, wo ihr der Kopf stand. Erst war ihre neue Freundin spurlos verschwunden und nun wollte Dwalin Ásgrímur öffentlich anklagen. Wenn das mal alles gut ging... ** Lenja hatte so etwas noch nie erlebt, geschweige sich in ihren kühnsten Träumen vorgestellt. Sie konnte sich auch nicht daran erinnern je etwas von einem solchen Vorgehen gehört zu haben. Kaum waren sie in den Erebor heimgekehrt, hatte Dwalin mit ihr und Ári zusammen den König aufgesucht. Es war dem Mädchen etwas mulmig zu Mute, denn sie hatte nie in ihrem Leben den gigantischen Thronsaal betreten. Wenn es nicht um etwas sehr Dringliches gegangen wäre, hätte sie wohl stundenlang staunend die Halle mit all ihren Wandteppichen und prunkvollen Verzierungen betrachtet und immer noch neue Details ausfindig gemacht. Dwalin mit seinem Neffen auf dem Arm und Lenja an der anderen Hand trat vor den Zwergenkönig. Beide verneigten sich vor Thrór, der auf seinem imposanten Steinthron saß. Er betrachtete die Ankömmlinge neugierig und sprach dann zu Dwalin: „Meister Dwalin, was gibt es derartig Dringendes? Wir haben Euch noch nie in einer solchen Erregung gesehen. So sprecht und teilt uns mit, was Euch auf der Seele zu brennen scheint!“ „Ich danke Euch für Eure Zeit, die Ihr mir und meiner Nichte Lenja, Ásgrímurs Tochter, und meinem Neffen entgegen bringt. Ich würde Euch nicht belästigen, wenn es sich in diesem Falle nicht um Leben und Tod handeln würde, mein König“, sprach Dwalin und Lenja konnte die Neugier in des Königs Augen förmlich sehen. „So denn, sprecht frei heraus“, forderte Thrór den Zwerg auf. Dwalin sah dem König bei jedem seiner Worte ins Gesicht. „Ich beschuldige Ásgrímur, einem Eurer fähigsten Krieger, öffentlich seine Tochter am gestrigen Abend misshandelt zu haben. Nur mit viel Glück entkam sie ihrem Schicksal und konnte in die Wälder nahe dem Erebors flüchten. Ich fordere meinen Schwager auf in Eurem Beisein Stellung zu seinem abscheulichen Verhalten zu beziehen. Des Weiteren mache ich mich für dessen Verbannung stark. Es sollte einem jeden Zwerg bewusst sein, dass seine Nachkommen sein größtes Gut ist. Doch Ásgrímur hat letzte Nacht bewiesen, dass dem nicht so ist und eindeutig die Tradition gebrochen. Dafür bitte ich Euch einen Bann über ihn auszusprechen und meinem Bruder Balin und mir die beiden Kinder in die Obhut zu geben.“ Lenja konnte nicht viel in den Zügen des Zwergenkönigs ablesen. Aber eins war eindeutig, er hatte ihrem Onkel sehr aufmerksam zugehört. Plötzlich nickte Thrór und befahl zwei seiner Wachen Ásgrímur zu ihm zu bringen. Er sollte sich zu diesen Vorwürfen äußern, so wie es die Tradition verlangte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)