Ich warte auf dich von LenjaKa ================================================================================ Kapitel 36: Pläne ----------------- Überrascht von ihrer eigenen Tat stand Lenja immer noch vor Thorin. Sie bebte wie zuvor vor Wut und Schmerz über seine kalten Worte. Auch er schien nicht minder erstaunt. Verwunderung stand beiden förmlich auf den Gesichtern geschrieben. „Schäm dich für deine Worte! Geh einfach wieder! Und nimm die beiden Hornochsen mit, die sich meine Onkel nennen“, wandte sich die Zwergin um. „Ich gehe, wann es mir gefällt“, brummte er hinter ihr. „Mach was du willst. Etwas anderes hast du sowieso nie in deinem Leben gelernt. Wenn der vornehme Herr etwas will, dann nimmt er sich ja immer, was ihm beliebt.“ Sie ließ ihn stehen. Sie wollte nicht noch mehr die Aufmerksamkeit der anderen Gäste auf sich lenken. Sie wollte ihrem Bruder und seiner Frau den Ehrentag nicht mit ihren eigenen Problemen vermiesen. Sie wunderte sich über Thorins kaum vorhandene Reaktion. Er hätte allen Grund gehabt sich zu wehren nachdem sie ihn für seine Worte geohrfeigt hatte. Doch er tat es nicht. Er hatte gar nichts getan. Sie nur für einen Bruchteil der Sekunde etwas weicher angestarrt bevor sein stehender Blick wieder Oberhand nahm. Ob er sich selbst für seine Worte schämen konnte? Sie wusste es nicht. Um ehrlich zu sein, wollte sie es auch nicht wissen. Dieser Zwerg war es eindeutig nicht wert, dass sie sich weiterhin über ihn Gedanken machte. Wütend stapfte sie auf ihre Onkel zu. Dwalin konnte ihren Blick sofort deuten, denn er zog bereits den Kopf ein bevor sie sie erreicht hatte. Auch Balin schien nicht mehr so zuversichtlich zu sein, wie zu Beginn der Feier. „Wenn ihr beiden auch nur eine Minute länger mit diesem Idioten in meiner Stadt bleibt als nötig, dann muss ich mir genau überlegen, was ich für Konsequenzen aus der Sache hier ziehe. Falls dies ein seltsamer Versuch sein sollte diesen selbstverliebten Gockel und mich wieder zusammenzubringen, dann weiß ich wirklich nicht, was bei euch beiden in den Oberstübchen vorgeht! Ihr habt doch alle einen Knall!“, zischte sie so leise, wie möglich. „Und für eure Übernachtung könnt ihr euch auch noch einen anderen Schlafplatz suchen. Von wegen, wir lieben dich und Ári wie unsere eigenen Kinder. Einen Dreck habt ihr euch darum gekümmert als meine gesamte Welt in Flammen stand! Ihr seid bei diesem Durinpack geblieben und habt eure eigene Familie ohne weiteres gehen lassen. Vielen Dank!“ Lenja musste gehen. Sie musste ihre Wut in die Beine weiterleiten. Wie schon so oft in ihrem Leben musste Bewegung dafür sorgen, dass sie nicht ihren Verstand verlor. Was hatten sie sich überhaupt dabei gedacht? Als ob eine Hochzeit der beste Ort gewesen wäre alte Wunden wieder aufzureißen! Was ging diesen Dreien überhaupt in ihren hohlen Schädeln vor? Was wollte Thorin denn? Wenn er nicht mit Lenja über die schmerzliche Zeit sprechen wollte, was sollte dann dieser Auftritt? Wollte er sie nach all den Jahrzehnten erneut quälen? Sie genauso quälen, wie sein Erzeuger seine eigene Mutter gequält hatte? Er war wirklich kein Deut besser als Thráin. So sehr er einst in purer Abscheu von ihm gesprochen hatte, war er seiner nun immer ähnlicher als ihm vielleicht bewusst war. Doch was ging ihr sein Schicksal an? Er hatte ihr doch soeben eindeutig gezeigt, was er von ihr zu halten schien. Wütend schmiss sie einen Stein in den Weiher. Sollte er doch so schnell wieder aus ihrem neuen Leben verschwinden, wie dieser Stein vor ihren Augen untergegangen war. ** Trotz des rauschenden Fests war Lenja am darauffolgenden Morgen wieder früh auf den Beinen. Sie hatte am gestrigen Tag versucht so unauffällig wie nur möglich auf der Feier ihres Bruders und Mjölls zu wirken. Es war ihr dank Stúfur dann doch schneller gelungen als sie gedacht hatte. Normalerweise gefiel es ihr nicht unbedingt, wenn der Schmied sie im Stillen anschmachtete. Doch in ihrem Zustand konnte sie sich bald keine bessere Ablenkung wünschen. Er schaffte es sogar, dass sie ihre trüben Gedanken für eine gewisse Zeit verlor. Selbst das Lachen war für wenige Momente zurück in ihr Leben gekehrt. Sie tanzten, sie lachten und alles unter Thorins düsteren Blick. Vielleicht tat Lenja auch all dies, nur um ihn eventuell immer noch ein wenig zu treffen. Sie wollte ihm auch Schmerzen zufügen, genauso wie er sie quälte. Nur tat sie dies nicht mehr allein durch Worte sondern eher durch ihre Taten. Letztendlich war sie dem Schmied mit in sein Zuhause gefolgt. Ein wenig beschwipst, wollte sie an diesem Abend nicht allein heimgehen. Ári hatte nun Mjöll. Nur wen hatte sie? Vielleicht war es doch die beste Idee nicht ihr restliches Leben allein zubleiben? Stúfur zeigte bereits seit Jahrzehnten starkes Interesse an ihr. Warum sollte sie sich immer noch seinem stillen Werben entziehen? So folgte sie ihm in dieser Nacht in seine Kammer. Sie wollte Liebe spüren. Sie wollte begehrt werden. Sie wollte spüren, was es hieß eine Frau zu sein. Nach so langer Zeit wollte sie das Begehren eines Mannes wecken. Sie wollte warme, nackte Haut an der ihren fühlen. Die Hitze der Lust wieder in sich aufsteigen fühlen. All dies fand sie auch im Liebesspiel. Für Stúfur war sie in jener Nacht die Göttin seines ersehnten Verlangens. Auch wenn sie ihn nötigte ein Tierdarm über sein Glied zu ziehen, befand der Zwerg sich im Himmel seiner Wünsche. Lenja wollte die Nacht mit ihm nicht missen. Doch war sie bereits im Morgengrauen aus seinem Lager geschlüpft und heimgekehrt. Ári und Mjöll hatten somit ihre Ruhe genießen können. Mit seiner Frau würde ihr Bruder nun im gemeinsamen Haus wohnen, was Lenja nicht sonderlich störte. Doch vielleicht war es dem frischgebackenen Ehemann doch ganz lieb in seiner Hochzeitsnacht ungestört sein Weib in die Kunst der körperlichen Liebe einzuführen. Nicht, dass seine Schwester vorgehabt hätte, wie einst er, am frühen Morgen neben dem Bett zu stehen und zu fragen, ob denn die letzte Liebesnacht auch erfolgreich gewesen war. Bei diesem Gedanken konnte Lenja ein Schmunzeln nicht unterdrücken. Sie blies den Dampf von ihrem Tee und blickte von der Fensterbank aus hinaus in den Hof. Sogleich wünschte sie sich, dass sie dies lieber unterlassen hätten. Denn ohne einen Hintergedanken sah sie dort ihre beiden Onkel zusammen mit Thorin auf ihre Haustür zu schreiten. Wunderbar! Schon am frühen Morgen sollte es wieder hoch hergehen. Es klopfte bereits. Lenja erhob sich gequält von ihrem Platz und öffnete mit ihrem unfreundlichsten Gesichtsausdruck. „Wir müssen mit Ári reden“, verkündete Balin. „Der ist noch nicht wach. Ihr müsst später wiederkommen, wenn es denn so wichtig ist“, entgegnete die Zwergin und verschränkte die Arme vor ihrer Brust. „Dann warten wir in deiner Stube.“ „Das tut ihr nicht. Niemand von euch betritt auch nur noch einmal mein Haus.“ „Nun stell dich nicht so an, Lenja. Was soll das denn? Du verhältst dich wie ein kleines Kind!“, schimpfte ihr ergrauter Onkel. „Wie ein Kind? Was wollt ihr überhaupt mit dem Spinner hier? Wollt ihr mich zusammen mit ihm quälen?“, polterte Lenja. „Was ist denn los? Was streitet ihr euch in der offenen Tür?“, fragte ein zerknautschter Ári im Morgenmantel. Lenja trat den drei anderen Zwergen aus dem Weg. Hatten die ein Glück, dass ihr Bruder just in dem Moment erwacht war. Sie hätten ihnen sonst ohne ein weiteres Wort die Tür vor der Nase zugeschlagen. Sie nahmen in ihrer Wohnstube Platz. Ári stellte eine Teekanne auf den Tisch, goss sich ein und bot den anderen auch etwas an. „Was gibt es also nun so wichtiges, das ihr euch bereits am frühen Morgen streiten müsst?“, wollte der junge Mann wissen. „Wir brauchen dich“, begann Thorin. „Mich brauchen? Wofür denn das?“ Der schwarzhaarige Zwerg sah kurz zur Seite, wo Lenja Platz genommen hatte bevor er weitersprach: „Wir wollen unsere Heimat zurückerobern. Und für dieses Unternehmen möchte ich dich gewinnen. Wir brauchen einen dritten Fundin in unseren Reihen, wenn wir diesen Drachen aus dem Erebor verjagen.“ „Warte. Bitte nochmal. Ihr wollt den Erebor nach all den Jahren zurückerobern? Wie viele folgen dir? Kommt dir dein Vetter aus den Eisenbergen zu Hilfe? Stellt er ein Heer?“, fragte Ári verwirrt. „Noch steht nicht fest, ob Dáin uns folgen wird. Doch auch ohne ihn, werden wir Smaug besiegen können. Balin, gib Ári den Vertrag!“ Balin reichte seinem überforderten Neffen ein Manuskript. Zugleich begann er zu lesen. Er weitete seine Augen und schüttelte geistesabwesend den Kopf. Lenja konnte ihren Mund nicht mehr halten. Waren sie nun alle vollkommen geisteskrank? „Wenn ihr euch umbringen lassen wollt, dann geht. Doch was soll Ári dabei? Was soll er zusammen mit einem Haufen durchgedrehter Zwerge gegen einen Drachen ausrichten? Oder soll ich euch daran erinnern, dass dieses Ungeheuer ein ganzes Volk von Zwergen aus dem Berg verjagt hat, ohne dass wir etwas dagegen tun konnten? Und nun? Was soll das? Kannst du nicht einmal mit dem glücklich sein, was du hast Thorin? Was willst du dort? Du bist doch bereits König! Auch wenn es nicht der Erebor ist, solltest du nicht immer nach Höherem streben!“ „Halt deinen Mund! Du weißt nicht, wovon du redest! Was weißt du denn von solchen Dingen? Du bist ein Weib und verstehst nichts von Krieg!“, Thorin war von seinem Platz aufgesprungen und funkelte sie an. „Vielleicht hast du recht! Doch Ári versteht genauso wenig von dem! Du bist weder mein noch sein König! Willst du dafür verantwortlich sein, wenn Mjöll ihren Mann verliert? Willst du ihr erklären, dass ihr Gatte bei deinem irrwitzigen Unternehmen sein Leben für nichts und wieder nichts verloren hat? Willst du, dass sich die Fehler der Vergangenheit wiederholen und Unglück über Liebende kommt?“, Lenja war ebenfalls auf den Beinen und beide Zwerge funkelten sich bedrohlich an. Die Luft knisterte förmlich vor Anspannung. Keiner rührte sich. Niemand wusste, was er sagen sollte. Balin und Dwalin tauschten Blicke aus. Doch Lenja sah dies nicht. Alles, was sie erblickte war der kalte Blick ihres Gegenübers. Dann durchbrach Áris Stimme die Stille: „Hier Balin, nimm den Vertrag. Ich habe unterschrieben. Was auch immer du sagst, Lenja, ich werde ihnen folgen.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)