Das Picknick von Niekas ================================================================================ Kapitel 1: Das Picknick ----------------------- „Guten Morgen!“, rief Feliks enthusiastisch und öffnete die Tür zu dem Stall, in dem seine Ponys standen. Die vier verschiedenfarbigen Tiere schlugen mit den Schweifen und wackelten mit den Ohren, als sie ihn sahen. Ein schwarz-weiß geschecktes Pony ganz vorn wieherte leise, und Feliks strich ihm lächelnd über die Nüstern. „Guten Morgen, Basia. Hast du gut geschlafen?“ Das Pony namens Basia antwortete nicht, sondern versenkte die Schnauze in seinem Futtertrog, nachdem Feliks ihn großzügig aufgefüllt hatte. Er versorgte auch die anderen Tiere und blieb vor einem grauen in einer Ecke stehen. „Hey, Kaunas. Liet und ich wollen heute einen Ausflug machen. Hast du Lust, mitzukommen?“ Das Pony fraß ruhig weiter, nur die Schecke wieherte erneut. „Ja, Basia, ich weiß. Du bist immer zu allem bereit.“ Mit einem Lied auf den Lippen schloss Feliks die Tür des Stalls wieder hinter sich und ging hinüber zum Haus. Er stampfte den gröbsten Dreck von seinen Gummistiefeln, bevor er die Hintertür öffnete und in die Küche trat. „Liet?“, rief er, während er aus den Stiefeln schlüpfte. „Bist du schon wach?“ Er erhielt keine Antwort. Von den zwei Tellern, die auf dem Frühstückstisch standen, war einer benutzt. Lächelnd griff Feliks nach einer Tasse und goss sich Tee ein. Während er ihn trank und auf seinen Fußballen wippte, warf er einen Blick auf die Uhr. Es war schon später, als er gedacht hatte. „Liet? Soll ich schon mal die Ponys rausbringen, oder willst du helfen?“ Die alte Holztreppe knarrte unter seinen Schritten, als er hinauf stieg. Oben war die Tür zum Badezimmer geschlossen. Feliks wusste genau, dass Toris es nicht mochte, wenn man ins Bad platzte, während er darin war. „Ich habe nämlich gedacht, wir beladen die Ponys, gehen in den Wald und picknicken. Was hältst du davon, Liet? Ich packe schon mal einen Picknickkorb, das kann ich total gut. Du wirst staunen!“ Zwei Stufen auf einmal nehmend sprang er die Treppe hinunter. Er gab sich große Mühe damit, Brote zu schmieren und die am wenigsten zerdrückten Äpfel aus der Obstschale zu suchen. Toris liebte die Äpfel mit den roten Wangen. Als Feliks zufrieden war, deckte er den Korb mit einem karierten Handtuch zu und hüpfte die Treppe wieder hinauf. „Liet? Bist du jetzt fertig?“ Nachdem er einige Male an die Badezimmertür geklopft und keine Antwort erhalten hatte, öffnete er sie und spähte hindurch. Offenbar war Toris fertig. Nasse Fußabdrücke führten von der Dusche zur Toilette, auf deren Deckel feucht und zusammengeknüllt ein Handtuch lag. Feliks schnalzte tadelnd mit der Zunge und ging hinüber, um es ordentlich zu falten. Nachdem er es auf seinen vorgesehenen Haken gehängt hatte, verließ er das Bad wieder. „Wollen wir los, Liet?“ Er durchquerte den Flur und öffnete die einzige weitere Tür auf dieser Etage, die in sein Schlafzimmer führte. Der Raum war recht klein, wirkte aber nicht eng durch die helle Wandfarbe und das Sonnenlicht, das durch das geöffnete Fenster hereinfiel. Das Bett war benutzt und mit einem Sammelsurium an bunten Kissen übersät, an denen blonde Haare hingen. Vor dem Bett auf dem Boden lag eine Matratze, die mit Sofakissen und einer Steppdecke gemütlich hergerichtet war. Die Decke war tadellos glatt gezogen und die Kissen sahen nicht aus, als habe in letzter Zeit jemand darauf gelegen. „Liet?“, fragte Feliks und sah das leere Schlaflager fragend an. „Wollen wir los?“ Einige Sekunden lang lauschte er, dann runzelte er besorgt die Stirn. „Was sagst du? Es geht dir nicht gut?“ Stille antwortete ihm. „Aber wir hatten doch heute so viel vor, Liet! Wir wollten doch picknicken und...“ Die Stille drückte auf seine Ohren, und Feliks schüttelte den Kopf, um sie zu vertreiben. Sie sollte weggehen. „Nein, kein Problem“, beteuerte er. „Natürlich können wir auch hier bleiben, wenn es dir so schlecht geht. Kann ich irgendetwas für dich tun, Liet?“ Er wartete und lauschte seinem eigenen Herzschlag. „Ja, natürlich kann ich das. Bleib hier, ich mache dir einen Tee. Bin gleich wieder da.“ Feliks wartete noch einige Sekunden auf Toris' Antwort, obwohl er wusste, dass er keine bekommen würde. Danach zog er die Tür behutsam zu und ging in die Küche, um einen Tee für seinen Freund zu kochen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)