The Order of the Assassin von Yukiko-Arakawa ================================================================================ Kapitel 7: Kapitel 7: Gefühlschaos ---------------------------------- „Sie wollen mich doch auf den Arm nehmen. Oder?!“ donnerte der Professor. Mit einem entschuldigenden Lächeln, versuche ich erst gar nicht meinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Ich hatte mich dazu entschieden nicht mehr zu arbeiten, jedenfalls nicht solange meine Familienangelegenheiten nicht geklärt waren. „Es ist nichts Ungewöhnliches dabei, dass einer von uns eine Auszeit nimmt. Ich habe mich dazu entschieden mich einem Roman zu widmen“, antwortete ich ihm seriös. Mir waren in letzter Zeit wirklich ab und zu einige Ideen für einen Roman gekommen, sogar eine Mind-Map hatte ich entwerfen können, also war es nur eine halbe Lüge. Mit blau verblasten Augen starrte der andere Professor mich an. Minuten lang blieb sein Gesichtsausdruck hart, ehe er lächelte und mir die Hand überraschend entgegen streckte. „Sie sind wirklich eine ungewöhnliche junge Dame. Wie alt sind Sie? siebzehn? achtzehn?“ fragte er mich amüsiert. Lächelnd schlug ich die Beine übereinander und lehnte mich zurück. Es interessierte mich was er vorhatte. „Ich bin neunzehn“, antwortete ich dem Älteren. Mit großen Augen sah der Fünfzigjährige mich an. Es war nicht üblich, dass jemand so früh das Studium fertig hatte. Normalerweise war man erst so um die Dreißig fertig, da man eine Menge Fremdsprachen lernen musste. Da ich jedoch die meisten Sprach konnte und auch ein gewisses Talent auf dieser Ebene hatte, blieb dies mir erspart. „Bemerkenswert. Ich hoffe, wir sehen uns wieder. Sollten Sie irgendwelche Hilfe bei ihrer Arbeit brauchen, scheuen Sie sich nicht zu fragen“, bot er mir freundlich an. Verblüfft blinzelte ich den Leiter des Museums an. Ich hatte nur einige Wochen in diesem Museum verbracht, jedoch war Professor Facinelli nicht dafür bekannt so freundlich zu sein. Gerührt erhob ich mich aus meinem Sitz und nahm seine Hand entgegen. „Ich danke Ihnen Professor. Ich hoffe auf ein baldiges Wiedersehen. Bis bald Professor Facinelli.“ „Und? Alles gut gelaufen?“ G fing mich vor dem Museums Eingang ab, bevor ich die Chance hatte jemanden anzurufen. Verwundert sah ich den Rothaarigen an. Seitdem bekannt war, dass Giotto und ich ein Paar waren, ging die rechte Hand meines Freundes mir aus dem Weg. „Ja alles gut gegangen. Ich darf jederzeit wieder kommen…Bist du hier um mich abzuholen?“ fragte ich leise. Aus irgendeinem Grund, fühlte ich mich unwohl in seiner Nähe. Mit einem schiefen Lächeln stieß er sich von dem Baum, an welchem er lehnte, ab und kam mit einen nicken auf mich zu. „Der Boss hat doch heute sein Meeting und wird daher erst spät abends nach Hause kommen“, informierte er mich auf den Weg zum Auto, einem schwarzen Porsche 911, G´s Wagen. Verstehend nickte ich ihm zu und stieg ins Auto. Giotto hatte mir gestern, als ich zu ihm ins Zimmer gezogen war, davon erzählt. Das Meeting mit dem Boss der Baffalo Famiglia war von größter Wichtigkeit und würde darüber entscheiden, ob wir einen neuen Verbündeten hatten, oder einen neuen Feind. Seit Giotto und ich zusammen gekommen waren, waren gut vier Tage vergangen, fünf seit dem meine Familie aus Deutschland zu uns kam. In weniger als drei Wochen, würde ich mich meiner Mutter und ihren Untergebenen stellen. Das piepen meines Handys holte mich aus meinen Gedanken. Mit einem flauen Gefühl im Magen öffnete ich die SMS und begann sie zögerlich zu lesen. 12:38: Noah und ich sind in der Stadt. Möchtest du mit uns ein Eis essen? Erleichtert atmete ich aus, es war nur Mei. Ich hatte mit einer schlechten Nachricht gerechnet, einer Nachricht von Asari, welcher mir vom miesen Ende des Meetings berichtete. „Wer ist es?“ meldete G sich zu Worte. Lächelnd schnallte ich mich wieder ab und stieg aus dem Auto, welches Gott sei Dank noch stand. „Fahr ruhig schon mal ohne mich nach Hause. Ich gehe mich noch mit Mei und dem Kleinen treffen“, rief ich ins Auto und rannte dann in die Innenstadt. Ich freute mich einfach nur unheimlich etwas Zeit mit den beiden zu verbringen, da konnte ich nicht schnell genug rennen. Die Protestierenden Schreie hinter mir, ignorierte ich gekonnt, während ich Meis Nummer eintippte und mir das Handy ans Ohr legte. „Wo genau seid ihr?“ gespannt lauschte ich ihrer Stimme. „Gut. Ich bin gleich da.“ Vollkommen aus der Puste ließ ich mich an dem Tisch meiner Freundin nieder. „Bist du etwa her gerannt?“ hörte ich Meis Frage über meinen rasenden Herzschlag hinweg. Meine Güte! Meine Kondition hatte wirklich um einiges gelitten. Jetzt, da ich nicht mehr ins Museum gehen musste, konnte ich wieder mit meinem Training anfangen. Mit unregelmäßigem Atem nickte ich. Der Weg vom Museum bis zur Eisdiele ´Nevicata´, zu Deutsch Schnee, war recht lang gewesen und ich hatte mich beeilt um zu meiner Freundin zu kommen. „Tantchen, geht es dir gut?“ fragte der kleine Noah besorgt und leckte den Rest Eis von seinem silbernen Löffel. Beruhigend strich ich ihm über den dunklen Haarschopf. „Mach dir keine Sorgen um mich, ich muss nur mehr Sport machen. Entschuldigen Sie?!“ Sofort eilte ein Kellner mit verpickelten Gesicht und zurückgegelten Haaren auf uns zu. Das Jüngelchen schien nicht älter als siebzehn zu sein, kam aber mit dem Selbstvertrauen eines Erwachsenen auf uns zu. „Was kann ich für Sie tun, Bella mia?“ Mussten wirklich alle Typen so früh pubertär sein? „Einen Schokoladenbecher und einen Kaffee mit Milch und Zucker, bitte“, bestellte ich und wand mich dann wieder meinem kleinen Privaten Glück zu, auch wenn eine Person mir fehlte. „Wie kommt es, dass deine Kondition sich so verschlechtert hat?“ fragte Mei besorgt und nippte an ihrem Kakao. Kaffee war meiner Freundin zu wider, selbst mit Zucker und Milch mochte sie ihn nicht. Peinlich berührt sah ich auf meinen Schoß und begann mit meinen Fingern zu spielen. „Ich wollte nicht, dass Giotto und die anderen meinen Erwerb erfahren, also habe ich nichts Unnatürliches gemacht und mich wie eine normale Frau verhalten…dabei habe ich mich wohl etwas gehen lassen. Aber ich schwöre, dass ich mich ab morgen gesund ernähre und wieder mit meinem üblichen Training anfange“, versprach ich hoch und heilig. „Hier Bella mia. Ihr Eis und Ihr Kaffee“, mit einem fetten Grinsen im Gesicht servierte der Bambino mir meine bestellten Lebensmittel und verschwand. Freudig nahm ich einen Löffel von der Sahne des Bechers und steckte sie mir in den Mund. Genüsslich leckte ich den Löffel ab und stellte den Becher zwischen Noah und mir, als ich seinen neidischen Blick sah. Ab den fünften Löffel sah ich auf, da ich mich beobachtet fühlte. Mit einem skeptischen Ausdruck auf dem Gesicht sah Mei zu dem riesigen Eisbecher und dann wieder auf mich. „Ich sagte nicht, dass ich heute damit anfange“, verteidigte ich mich und konnte den Drang nicht unterdrücken ihr die Zunge rauszustrecken. Kopfschüttelnd nahm sie noch einen Schluck aus ihrem Kakao, welcher kalt zu sein schien. „Bist du schon eingecremt?“ fragte ich Noah über das Eis hinweg. Wir alle drei waren bleich, obwohl Mei es schrecklich fand. Zu ihrem Leidwesen wurde sie jedoch nicht braun sondern eher rot. Mit einem kleinen Schokobart sah der Junge auf und lächelte mich strahlend an. „Mama hat mich vor dem Essen eingeschmiert. Müssen wir das jetzt immer machen?“ fragte er wehleidig. Wie gut ich das kleine Kerlchen doch verstand. Die dauerhafte Sonne und die Hitze gingen mir auch langsam auf die Nerven, genauso wie das dauerhafte eincremen von Sonnenspray. Seufzend sah seine Mutter von ihm zu mir. „Ich habe des Öfteren das Gefühl, ich hätte ihn nicht so oft in deiner Nähe sein sollen. Noah, Sonne ist etwas Schönes und lebenswichtiges für den Körper“, belehrte sie ihren Sohn mit strenger Stimme. Sofort fühlte ich mich in unsere Schulzeit zurück versetzt, hatte doch auch ich mir diesen Spruch im Sommer einmal am Tag anhören müssen, wenn ich Glück hatte auch mehrmals. Da es ihr Sohn war, hatte ich keinerlei Recht mich in ihre Erziehung einzumischen, also blieb ich stumm. Mei hatte jedem verschwiegen wer der Vater des Kindes war, selbst mir, und hatte von alleine den Part der Mutter und des Vaters eingenommen. Um meiner geliebten Freundin, ja gar Schwester, zu helfen, hatte ich mich dazu entschieden die Rolle der Großmutter zu übernehmen. Das bedeutete, dass ich Mei unter die Arme griff sobald sie Hilfe brauchte, sei es nun Finanziell oder sonst wie, und Noah verwöhnen durfte, ohne ihn zu einem Verwöhnten Gör werden zu lassen. Wenn ich mir den Jungen so ansah, konnte ich nur sagen, dass wir unseren Job bis jetzt ganz ordentlich gemacht hatten. Pappe satt lehnte ich mich in meinen Stuhl zurück und genoss meinen warmen Kaffee. Irgendwo hatte ich mal gelesen, dass warme Getränke gegen die Hitze halfen. Ob es stimmte oder nicht wusste ich nicht. Ich wusste nur, dass ich nach einer so großen Portion Eis immer etwas Warmes brauchte. „Wie sieht es eigentlich mit deinem Stipendium aus?“ Die Brünette hatte ein wirkliches Talent was die Medizin anbelangte. Bereits in der siebten Klasse, damals waren wir dreizehn vierzehn gewesen, hatte sie es geliebt Medizinische Wälzer zu lesen, während ich lieber irgendwelche Romane gelesen hatte. Um ihr Abitur machen zu können, hatte ich mich öfters um Noah gekümmert, damals war er aber auch ein kleines Würmchen gewesen und leicht zu pflegen. Mit feuerroten Wangen starrte sie geniert auf ihre Hände. „Weißt du…sie wollten keine Alleinerziehende Teenie Mutter haben…“ berichtete sie mit stockender Stimme. Wütend stellte ich die mittlerweile leere Kaffeetasse auf den Tisch und lehnte mich vor um ihr besser in die Augen zu gucken. „Nimm meine Hilfe doch endlich an, du Dickschädel. Du kannst es mir später irgendwann in Raten abbezahlen, wenn dir so viel daran liegt“, fuhr ich sie ungehalten an. Schon vier Mal hatte ich ihr mein Geld für das Studium angeboten. So ein Studium war nicht billig und ich hatte Dank meiner Aufträge genug Geld zusammen gekriegt, um drei Fünfköpfige Familien zu versorgen und das Lebenslang. Leute bezahlten für Spionieren und beseitigen anderer Leute eine Menge Geld, wie ich herausfinden musste. Mit Tomatenroten Kopf nickte sie ergeben. Zufrieden wand ich mich von der Mutter ab und sah zum Sohn, etwas was ich lieber nicht hätte tun sollen. „Hast du den Becher etwa mit dem Gesicht geputzt?“ fragte ich vollkommen ernst nach, denn so sah es auch wirklich aus. Das kleine, runde Gesicht war bedeckt mit allerlei Schokoladen und erschien einen wie eine klebrige Schönheitsmaske, welche man in jeder Drogerie kaufen konnte. Verwirrt sah das Bürschchen mich an und leckte sich einmal um den Mund, so dass ein helles Loch die Maske störte. Entsetzt starrte Mei ihren Zögling an. „Noah! So kannst du doch nicht durch die Gegend laufen! Komm wir gehen auf Toilette und waschen dir Hände und Gesicht“, brauste sie auf. Sofort hatten wir die Aufmerksamkeit des gesamten Ladens, jedoch eher im positiven Sinne. Denn die meisten sahen was los war und schüttelten verständnisvoll den Kopf. Mit einem Entschuldigenden Blick verschwand sie mit ihrem Sohn an der Hand in Richtung der Toiletten. Kaum waren sie verschwunden, konnte ich mich etwas entspannen und mein Gesicht von den ganzen Emotionen befreien. Es tat mit der Zeit wirklich weh dauernd zu Lächeln, aber ich wollte Noah keine Angst machen. „Entschuldige das Warten. Aber ein gewisser jemand, wollte einfach nicht das Wasser berühren“, mit einem süffisanten Blick sah sie auf ihren Sohn runter. Dieser sah wiederum zu mir und machte den Eindruck, als könnte er kein Wässerchen trüben, was jedoch nur Oberflächlich gesehen so war. Der Junge hatte das Talent einen in den Wahnsinn zu treiben und das schneller als das man bis drei zählen konnte. „Was hältst du davon, wenn wir zum Friseur gehen?“ fragte ich anstatt auf ihre Aussage einzugehen. Verdattert sah die junge Mutter mich an, nickte dann jedoch. Anscheinend hatte sie sich wieder an unsere Wette erinnert und es für okay empfunden, dass ich diese Monster endlich loswerden konnte. Es war eher ein Pakt als eine Wette gewesen. Wir hatten abgemacht, dass ich meine Haare erst wieder schneiden würde, wenn ich mich von der Familie loseisen würde, was nun endlich der Fall war. „Gut dann lass uns gehen. Ich habe schon bezahlt“, erzählte ich und stand fröhlich trällernd auf. Ohne auf die anderen zu achten, lief ich los. Ich hatte mich dazu entschieden mir die Haare schneiden zu lassen und ihnen eine neue Farbe zu verpassen. Mit einem breiten Grinsen öffnete ich die Tür des Friseursalons und trat ein. Augenblicklich tauchte ein Mann mit pinken Irokesen und perfekt gezupften Augenbrauen vor uns auf, wobei man sah, dass der Mann eigentlich dunkelhaarig war –sagten seine Augenbrauen jedenfalls-. „Was kann ich für euch Süßen tun?“ Ohne auf seinen nasalen Unterton zu achten, zeigte ich auf mich. „Ich hätte gerne eine fransige Kurzhaarfrisur und eine neue Haarfarbe und sie…“, ich zeigte auf Mei und wartete darauf dass sie etwas sagte. „Ich würde gerne die Spitzen geschnitten haben und mein Sohn sollte auch etwas kürzere Haare bekommen“, gab sie zögerlich von sich, jedoch im perfekten Italienisch. Zögerlich betrachtete der Kerl die beiden und nickte dann, anscheinend ergeben. Mei hatte nicht wirklich viel übrig für ihre Haare, und das zeigten ihre Spitzen auch jedes Mal. Bei mir war das anders. Ich hasste meine Haare, aber diese dämlichen Spitzen wollten einfach nicht sterben. Was Noah betraf, so wucherten seine Haare so schnell wie Unkraut. „Chiara! Kümmere dich bitte um die zwei Mäuse hier. Und Sie meine Süße, kommen am besten mit mir“, gurrte er und zog mich in die hinterste Ecke des Salons. „Wie lang und welche Farbe?“ fragte er sofort. Der Kerl war gar nicht so schlecht, kam gleich auf den Punkt. „Schulterflügel, etwas wild und ein nettes Mahagoni. Was sagen Sie?“ Interessiert besah er sich mein Gesicht und meine Haare. „Ich glaube, Sie haben da etwas Nettes ausgesucht. Ich mache mich sofort ans Werk.“ Vollkommen sicher, dass ich dem Typen meine Haare an vertrauen konnte, schloss ich die Augen und versuchte mich etwas zu entspannen. „So meine Liebe. Wir sind dann hier wohl fertig“, holte die hohe Männerstimme mich aus meinen Tagträumen. Ein Gähnen unterdrücken öffnete ich die Augen und sah in den Spiegel, welchen ich vorher ignoriert hatte. Meine Hüftlangen Haare waren nun auf Schulterflügel länge gestutzt und das dunkle blond hatte sich in ein schönes Mahagonibraun verwandelt, welches sowohl meine helle Haut als auch meine blauen Augen betonte. „Und? Was sagen Sie?“ fragte der Bunte Vogel, plötzlich nervös. Ermutigend tätschelte ich ihm die Hand, welche auf dem Sitz lag. „Ich bin begeistert. Was sagt ihr dazu?“ fragte ich die anderen, welche gerade dazu kamen. Mit großen blauen Augen starrte der Vierjährige von unten zu mir hinauf und streckte seine dünnen Ärmchen in meine Richtung. Kichernd gab ich seiner stummen Aufforderung nach und hob ihn hoch. Neugierig fing er an, an meinen Haaren zu zupfen. „Hübsch“, strahlte er mich an. Es kam nicht oft vor dass er nuschelte, aber wenn es so kam, konnte man ihn einfach knuddeln. Noah war wirklich kein normales Kind, er war viel klüger als die meisten Kinder in seinem Alter und um einiges niedliche, aber ich glaube so sprach jede ´Großmutter´ von ihrem ´Enkel´. Jedoch konnte er mit zwei schon erschreckend gut laufen und mit drei, sprach er schon beinahe fehlerfrei, anders als andere Kinder in seinem Alter. Dankend drückte ich ihn einen kleinen Kuss auf die Wangen und sah zu seiner Mutter. Erschrocken stellte ich fest, dass sie Tränen in den Augen hatte. „Was ist los, Hase?“ fragte ich besorgt. „Wie damals“, war das einzige was ich zu hören bekam. Mit langsamen schritten kam sie auf mich zu und stellte sich hinter mich. Ihre Haare waren ein Stück kürzer als vorher, man würde es jedoch nicht sehen, wenn man sie nicht so gut kannte wie ich. In meiner Schulzeit, hatte ich die Haare immer etwas kürzer getragen. Über die Schulterflügel, waren sie mir in den ganzen zehn Jahren nie gewachsen. Und auch Dunkelblond hatte ich sie selten gehabt. Meine Natürliche Haarfarbe gefiel mir absolut nicht, sie war weder Blond noch Braun, sondern einfach eine hässliche Mischung. Also hatte ich sie mir immer in verschiedene Brauntöne gefärbt. „Schlimm?“ fragte ich zögerlich. Die Schulzeit gehört nun nicht zu den schönsten Jahren ihres Lebens…verständlich. Verwundert blinzelte sie meinen braunen Haarschopf an. „Nein. Nein absolut nicht. Mit den Brauntönen sahst du schon immer niedlich aus“, munterte sie mich auf. Sofort schoss mir das Blut in die Wangen und ich vergrub meine Nase in Noahs weiches Haar, welches nur geringfügig gekürzt wurde. Niedlich? Ich? Ob Giotto das auch so sehen würde? „Bestimmt wird es ihm gefallen. Ihr scheint ja ein Herz und eine Seele zu sein“, gab Mei von sich und warf mir eine Blick á la Darüber-werden-wir-übrigens-noch-reden zu. Schluckend stellte ich fest, dass ich die Frage wohl laut ausgesprochen hatte. Nickend stand ich auf, wobei mein Blick auf die Uhr fiel. „Die anderen werden Hunger haben. Würdest du bitte Vincent anrufen und ihn fragen, ob er uns abholen könnt? Währenddessen gehe ich bezahlen“, wies ich sie an und machte mich auf den Weg zur Kollegin vom bunten Vogel und bezahlte für uns drei, ohne irgendwelche Einwände. Kurze Zeit darauf blieb mein Bruder mit quietschenden Reifen vor uns stehen. Eins der ersten Sachen die er gemacht hatte, war sich ein neues Auto zu zulegen. Als Mitglied des Corvus Clans, stand ihm ein gefälschter Ausweis so wie ein Führerschein zu. Fahrunterricht war ebenfalls Teil unserer Ausbildung, welcher jedes Mitglied ertragen musste. Sich anscheinend richtig cool fühlend, schob er sich die schwarze Sonnenbrille in die Haare und stieg aus um Mei und Noah beim Einsteigen zu helfen. „Die neue Frisur steht dir sehr gut“, schmeichelte er erst Mei, ehe er sich an den Kleinen wandte. „Hattest du heute spaß?“ fragte er als wir alle im Auto saßen und uns auf den Rückweg machten. Die Sonnenbrille saß mittlerweile wieder genauso fest auf seiner Nase, wie meine normale auf der meinigen. Bei der Sonne die ich abbekam, und dass als Beifahrer, war das gar keine so dumme Idee gewesen. Freudig fing der Kleine an von unserem Tag zu erzählen und ließ dabei nichts aus, rein gar nichts. Mit einem milden Lächeln lauschte ich der ungezwungenen Stimme und fragte mich, ob ich wohl auch jemals ein Kind haben würde. Unbewusst driftete ich ab und vertiefte mich in meine Gedanken. Ein Junge wäre toll, mit denen hatte ich, dank Noah, schon eine Menge Übung, außerdem würde er bestimmt aussehen wie sein Vater…Erschrocken kaute ich auf meinem Zeigefinger herum. Würde Giotto überhaupt mit mir zusammen bleiben wollen? Immerhin veranstaltete ich hier gerade ein riesen Trudel und überhaupt war nicht gesagt, dass er ein Kind haben wollte, oder eins mit mir. Siedeheiß sickerte meine Sorge weiter durch meinen Körper. Was, wenn einer von uns beiden nicht überlebte? Ohne Giotto wollte und konnte ich, wahrscheinlich, nicht mehr Leben. „Wenn du nicht gleich aufhörst so ein Gesicht zu ziehen, schmeiß ich dich raus“, raunte Vinc mir dunkel zu. Erschrocken zuckte ich zusammen und drehte mich zu ihm um. Wir waren kurz vor dem Anwesen und anscheinend wollte mein Bruder mich nicht länger hier haben als nötig. Als ich mir sein Gesicht jedoch genauer ansah, fiel mir auf, dass zwischen seinen Augenbrauen eine Sorgenfalte aufgetaucht war. Gerührt lächelte ich in die Gegend und sprang förmlich aus dem Auto, kaum dass es hielt. Das Essen war schnell vorbereitet und das gemeinsame Mahl entpuppte sich als…ungewöhnlich ruhig. Jetzt bereute ich es, dass ich mir immer ein so ruhiges Essen gewünscht hatte. Es war langweilig und absolut bedrückend. Deshalb zogen wir uns auch alle recht schnell in unsere Zimmer zurück. Zu meiner neuen Frisur hatten die Jungs bis jetzt nichts gesagt, es wahrscheinlich nicht einmal gemerkt. Um nicht ganz alleine in Giottos und meinem riesigen Zimmer –er hatte als Hausherr und Familien Oberhaupt die größte ´Wohnung´- ging ich gemeinsam mit Mei und Noah in das ihre. „Ich geh spielen“, gab der Junge von sich und verschwand in dem Zimmer welches er sich ausgesucht hatte. Kaum war er weg, zog meine Freundin mich auf die Couch und warf mir skeptische Blicke zu. Unbehaglich fing ich an hin und her zu rutschen. Hatte sie schon immer diesen alleswissenden Blick gehabt? Oder wollte mir mein eigenes Hirn nur noch mehr Angst einjagen? „Endlich können wir mal ein Gespräch führen, nur wir zwei. Ich kann es nicht glauben, dass gerade du dich mit einem Kerl eingelassen hast. Sagtest du nicht, dass du niemals einen haben wolltest?“ begann sie ihr Verhör auch gleich. Schluckend zog ich meine Beine an mich und quetschte mich in die eine Ecke des Möbelstücks, Mei vor mir dasselbe tuend. Nun konnten wir uns ungehindert in die Augen schauen und es obendrein noch gemütlich haben. „Ich weiß was ich sagte. Aber Giotto ist anders…Er versucht mich nicht zu besitzen oder über mich zu herrschen. Er ist einfach nur…Er“, nuschelte ich verlegen. Es stimmte, die letzten Freunde die ich hatte, waren alle unheimlich eifersüchtig geworden oder hatten versucht mich umzuändern. Natürlich waren es alles Auftragsmörder aus verbündeten Familien gewesen, daher waren ihre Foltermethoden auch umso wirksamer gewesen. „Er scheint wirklich ein ganz besonderer Mensch zu sein. Ich mag ihn auch, immerhin hilft er dir und scheint dir gut zu tun, aber auch als Mensch scheint er okay zu sein. Ich habe dich lange nicht mehr so entspannt gesehen, obwohl uns das schlimmste noch bevor steht“, flüsterte sie leise, doch verständlich. Verwundert sah ich von meinen Socken auf. „Entspannt?“ fragte ich. „Ja entspannt“, wiederholte sie lächelnd. „Vorhin im Auto, was war da mit dir los?“ setzte sie ihr Verhör fort. Dass ich auch nur eine Sekunde glauben konnte, ihren scharfen Blick entkommen zu sein, war wirklich töricht von mir. Mei registrierte immer alles sofort und merkte es sich, solche Sachen konnte sie sich merken. Bei kleineren Dingen hatte sie jedoch Probleme. „Ich habe über Kinder nachgedacht…meine Kinder“, gestand ich geradeheraus. Sie war meine längste und beste Freundin, ihr konnte ich alles anvertrauen. Ungläubig beugte sie sich weiter vor zu mir und sah mir ernst in die Augen, soweit das mit meiner Brille klappte. Fassungslos ließ sie sich nach hinten kippen und fing schallend an zu lachen. „Was ist daran so lustig?“ knurrte ich verstimmt. Diese Reaktion hatte ich nicht erwartet. „Du meinst es ernst. Du bist kaum fünf Tage mit dem Italiener zusammen und schon denkst du über Kinder nach“ kicherte sie und wischte sich beiläufig einige Lachtränen weg. Gekrengt senkte ich den Blick. Ihre Reaktion verletzte mich, mehr als ich für gut befand. Als sie zu merken schien, wie sehr sie mir wehtat, hörte sie auf und setzte sich auf, so dass sie nun auf meinen Knien lehnte. „Sorry, so meinte ich es nicht. Es ist nur merkwürdig. Du wolltest niemals ein neues Leben in die Welt setzten, solange der Clan existierte. Was hat sich geändert?“ Jetzt wo wir darüber sprachen, schossen mir die Tränen in die Augen und ich zog meine Freundin auf mich, so dass ich sie einfach nur umarmen konnte. Würde jemand, der uns nicht so gut kannte, jetzt rein kommen, würde dieser sicherlich denken wir wären gerade beim rummachen. Jedoch brauchte ich Wärme wenn ich traurig war und im Moment rannen mir die Tränen in Strömen die Wange hinunter. „Ich liebe ihn wirklich. Wir sind zwar erst seit kurzem ein Paar, toll fand ich ihn aber schon lange vorher. Ich hatte das Gefühl noch nie! Es ist so komisch. Mir schnürt sich die Brust zu, sobald ich an ihn und irgendetwas Gefährliches denke. Bei den anderen war es zum einen eine Beziehung welche die Verbindungen zwischen den Familien stärken sollte und zum anderen, waren sie mir einfach egal. Weißt du was mir Angst gemacht hat? Ich habe heute wirklich überlegt, dass es toll wäre ein Kind mit ihm zu haben, eine eigene kleine Familie“, schluchzte ich. Das Ganze mit einer Beziehung in der beide sich liebten, überforderte mich. Hatte ich doch alles, von meinem ersten Kuss bis zu meinem ersten Mal, für den Clan geopfert. Besänftigend strich mir meine langjährige Freundin über den Kopf und kuschelte sich noch mehr an mich, wobei das Gewicht ihres Körbers mich beruhigte. „Beruhig dich Sweety. Es ist kein schlechtes Gefühl. Ganz und gar nicht, es ist sogar ein sehr gutes Gefühl. Noah und mich liebst du doch auch, da bereitet es dir nicht solche sorgen…Du bist komisch“, den letzten Satz lachte sie mir strahlend entgegen und schmiegte ihre Wange an meine, so viel es meine lästige Brille zuließ. „Ich sollte mir wirklich wieder Kontaktlinsen zu legen“, krächzte ich. So merkwürdig ihre Worte waren, sie halfen mir dennoch. Mei hatte in einer Weise Recht. Ich liebte sie und Noah auch, zwar anders als Giotto, jedoch lagen diese beiden Arten der Liebe sehr nahe aneinander –hatte ich irgendwo mal gelesen-. Noch eine Weile lagen wir so da, bis die junge Mutter bemerkte wie spät es war und meinte, sie bringe ihren Sohn jetzt ins Bett. „Willst du noch hier bleiben?“ fragte sie leise, so damit ihr Kleiner uns nicht hörte. „Nee, aber danke. Die anderen werden bald zurück sein, da sollte ich vielleicht lieber im Zimmer auf Giotto warten“, schnell drückte ich ihr einen Gute-Nacht- Kuss auf die Wange und verschwand aus dem Zimmer. Eilig lief ich den Flur entlang und verschwand noch schneller im Zimmer. Es war kurz nach neun, jedenfalls sagte das die Wanduhr, und die anderen würden in wenigen Stunden kommen. Kurz dachte ich darüber nach wach zu bleiben und sie in Empfang zu nehmen, doch der Gedanke daran Giotto jetzt zu begegnen wo ich schwach und instabil war, ließ mich beinahe schon ins Bett springen. Krächzend flatterte mein Rabe durch das geöffnete Fenster ins Zimmer und ließ sich auf der großen Kommode gegenüber dem Bett nieder. Solange Noah sich nicht an den großen Vogel gewöhnt hatte, würde er draußen und in diesem Zimmer bleiben, so hatten wir alle es beschlossen. Liebevoll betrachtete ich das anmutige Wesen. „Nacht Abraxas“, nuschelte ich in die warme Dunkelheit und driftete dann in mein eigenes Reich. Ein Reich ohne Probleme oder Sorgen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)