Daisuki Onii-chan von abgemeldet (NorwayxIceland) ================================================================================ Kapitel 5: Die Party -------------------- Kapitel 5 Die Party Tage vergingen, die Zeit raste. Nun war bereits der letzte Tag auf der Teddy-Bär-Grundschule und wir hatten bereits vieles erledigt. Auf insgesamt drei Konferenzen hatten wir über Ökologie und Wirtschaft, Migration und Sozialpolitik diskutiert und beraten. Wir beworben die Produkte aus unseren eigenen Ländern und bauten uns einen neuen Kreis von Konsumenten in Deutschland auf. Zwischendurch vertrieben wir uns die Zeit durch wilde Aktivitäten und entspannende Spaziergänge durch die Natur. Und natürlich widmeten wir unsere Zeit auch dem wichtigsten Thema von allen: Der Stärkung der Freundschaft zwischen uns, den nordeuropäischen Staaten. Ich hätte nicht erwartet, dass die Woche doch noch so toll werden konnte. Es war lustig, sich vor dem Bettgehen Geschichten über Trolle zu erzählen oder einfach nur herumzualbern. Kaum zu glauben, dass ich zuerst zuhause bleiben wollte. Der Aufenthalt mit den anderen Nordics war ein sehr großer Spaß. Trotzdem waren mir einige Sache immer noch nicht ganz klar: Was war bloß mit Norwegen los? Warum verhielt er sich in der letzten Zeit so merkwürdig, so geheimnisvoll? Und vor allem: Was war bloß mit mir los? Dieses komische Gefühl, das ich nirgendwo unterordnen konnte. Gehörte es eher in die Kategorie Hass, Wut, Freundschaft oder sogar mehr, beziehungsweise weniger? Wie war es, positiv oder negativ? Ich wusste es nicht. Außerdem war noch etwas faul: England. Die Begegnung mit ihm hatte ich immer noch nicht ganz verdaut. Natürlich ist es nichts schlimmes, wenn man ihm mal begegnet. Aber ich hatte es so verstanden, das dieses Treffen nur für die nordischen Fünf, also Dänemark, Schweden, Finnland, Norwegen und mir geplant war und für niemand anderes. Im Gegensatz zu England hatte ich den angeblichen rumänischen Hausmeister der Schule kaum gesehen. Eigentlich noch nie. Dies verwunderte mich sehr, da ein Hausmeister normalerweise immer ein Ansprechpartner für Probleme (die es glücklicherweise nicht gab), sein müsste. Vor allem in Deutschland, denn da ist ja alles so gut organisiert. Das hatte man mir zumindest so erzählt. Ich lag wieder einmal unter meinem Lieblingsbaum und las meinen Roman. Ich war bereits beim vorletzten Kapitel angekommen, wobei man beachten musste, dass ein Kapitel ungeheuerlich lang war. Gerade war ich an einer Stelle angekommen, an der Miyako ihre nächste vierwöchige Reise nach Island plante. Im Normalfall wären solche langen Reisen in Japan gar nicht möglich, da man sich, als Gegenleistung dafür, dass man so gut behandelt wird, seiner Firma einem gewissen Maximum an Fehlstunden, das nicht überschritten werden sollte, verpflichtet fühlt. Dies war Miyako jedoch egal, denn sie hatte nur noch das Land ihrer Träume, Island, im Kopf. Für einen Moment konnte sie alle Sorgen und unangenehme Gedanken vergessen und sich ganz und gar auf die schönen Dinge des Lebens konzentrieren. Ich liebte diese Stelle. Wenn ich sie las, fühlte ich mich pudelwohl. Umso schlimmer fand ich es auch, wenn ich bei solchen Gedanken und Vorstellungen unterbrochen wurde. „Tut mir leid, falls ich störe, aber Schweden und ich wollten gerne wissen, ob du eventuell Lust hättest, mit uns kurz in den Supermarkt zu gehen und die letzten Sachen für die große Party heute Abend zu besorgen.“ Finnland stand vor mir. Schnell packte ich mein Buch weg und nahm das Angebot an: „In Ordnung, ich komme mit“. Eigentlich hatte ich zum Einkaufen zurzeit gar keine Lust. Wenn Dänemark unbedingt diese Party haben wollte, hätte er doch alleine alles vorbereiten können. Aber da die anderen sowieso schon genug komische Sachen über mich dachten, wollte ich ein bisschen offener und freundlicher wirken. Vielleicht würde diese Einkaufstour ja doch noch irgendwie Spaß mit sich bringen. „Das ist ja schön. Dann sind wir ja zu dritt!“, Finnland strahlte über das ganze Gesicht. Etwas später trafen Finnland, Schweden und ich uns vor dem Eingang der Teddy-Bär-Grundschule, um gemeinsam in den nächsten Supermarkt zu gehen. „Ich freu mich schon so sehr auf heute Abend. Lass uns losgehen“, strahlte Finnland. „Lass uns erst einmal schauen, ob wir vollständig sind“, Schweden zählte uns, obwohl wir nur drei Personen waren. Dann gingen wir los. Nach ungefähr zwei Minuten Fußweg waren wir an einem, für meine Verhältnisse, großen Supermarkt angekommen. Wir betraten ihn. Es waren unheimlich viele Menschenunterwegs. Anscheinend hatten sie alle vor, heute Abend eine Party zu schmeißen. Ohne eine Wort zu sagen folgte ich meinen beiden Freunden mit der Angst verloren zu gehen. Als wir als hatten, was wir brauchten, so schien es mir zumindest, fragte Schweden: „Was meint ihr? Haben wir alles, was wir brauchen?“ Finnland und ich schwiegen. „Mir fehlt noch etwas! Ich hole es eben!“, Finnland erschreckte mich leicht. Und schon flitzte er durch die Gänge des Supermarkts, wobei er mich beinahe umgerempelt hätte. Für einen Augenblick war ich wie gelähmt. Dann sah ich mich um. Erst nach geschätzten fünf Minuten realisierte ich, dass ich allein mit Schweden war. Schweden, er war derjenige, der mich vor ein paar Tagen auf meine mangelnde Konzentration bei der Konferenz angesprochen hatte. Doch bevor ich mir richtig darüber Gedanken machen konnte, sprach er mich schon an: „Island, willst du mir denn nicht mal erzählen, warum du in letzter Zeit so abwesend bist?“ Wieder überkam mich ein leichter Schock. Was sollte ich nur sagen? Ich wollte doch nicht uncool sein. Also stotterte ich: „Nichts. Ich glaube, das ist die Erschöpfung von meiner fiesen Erkältung“. Ich versuchte, cool zu wirken, aber ich glaubte nicht daran, dass irgendjemand anderes in dieser Situation so über mich denken würde. Dann kam zum Glück auch schon Finnland wieder zurück. „Wisst ihr was?“, allein wenn er das sagte, wusste schon jeder, dass er stundenlang am Stück quatschen würde. „Ich wollte nur ein Teil suchen. Dann war es aber so versteckt, dass ich es zuerst gar nicht finden konnte. Ein Glück, dass mir ein Verkäufer schnell zur Hilfe eilte. Und dann sah ich noch etwas ganz aufregendes...“ Als wir den Supermarkt mit Feuerwerkskörpern, Partysnacks, CDs, etc. in unseren vollen Tüten und leeren Geldbeuteln verlassen hatten, war Finnland noch längst nicht zu Ende mit dem Erzählen. So kam es, dass Finnland beinahe 2 1/2 Stunden am Stück plapperte. Zum Glück musste sich das nur Schweden anhören, ich legte mich in der Zeit wieder unter meinen Lieblingsbaum und machte ein kleines Nickerchen. „Aufwachen! Aufwachen!“, Dänemarks laute Stimme riss mich aus dem Schlaf, „In einer Stunde fängt die Party an, willst du dich denn nicht vorbereiten?“ Etwas genervt stand ich auf. Eigentlich hätte ich lieber weiter geschlafen, als mich für die Party fertig gemacht. Aber ich tat es den anderen zuliebe. Außerdem wäre es ja ziemlich uncool gewesen, sich in seinem Schlafsack zu verkriechen, anstatt auf eine Party zu gehen. Also ging ich durchs Schulgebäude zu den Umkleidekabinen der Sporthalle. Dort zog ich meinen bunten Anzug aus dem Koffer und richtete meine Haare zurecht. Ehrlich gesagt sah ich schon ziemlich gut aus. Nach meinem Geschmack zumindest. Ich blickte mich um. Wieder einmal war ich allein. Kein Wunder, die anderen waren schon längst in Raum 205, einem Klassenraum im rosafarbenen Aufgang. Als ich nach circa fünf Minuten frisch gestylt aus der Kabine kam, begab ich mich auch dorthin. Denn dort fand die sogenannte „Mega-Party“ statt. Vor dem Raum hörte ich schon laute Musik. Und zwar sehr laute, nach dänischem Geschmack. Langsam öffnete ich die Tür. Im Zimmer herrschte eine besondere, ja sogar mystische Atmosphäre. Die Musik war ohrenbetäubend laut, bunter Nebel versperrte mir die Sicht und die farbigen Regenbogen-Lichter waren das einzige helle im Raum. Eigentlich war alles wie bei einer normalen Party (Bis darauf, dass Dänemark mal nüchtern war.) Doch irgendwie war etwas anders. Ich wusste nur nicht was. Suchend blickte ich mich um. Dänemark schrie so laut herum, dass ich ihn beinahe hätte verstehen können. Das ist etwas Besonderes bei so lauter Musik. Ich schaute mich weiter um und ging dabei achtsam durch den gesamten Raum. Finnland und Schweden erzählten sich gerade Witze. Es war ein seltener Anblick, Schweden lachend zu sehen. „Nun habe ich ja fast alle gesehen“, dachte ich. Doch irgendeiner fehlte noch. In der fand ich ihn. Norwegen. Es sah so aus, als ob er auf etwas warten würde. Doch was? „Norwegen?“, ich versuchte, ihn anzusprechen, doch er reagierte nicht darauf. „Vielleicht hört er mich gar nicht“, war mein Gedanke. Ich versuchte es nochmal. Diesmal schrie ich ihn an. Doch er reagierte wieder nicht auf mich.Vorsichtig rüttelte ich an ihm. Überraschenderweise gab es auch diesmal keine Reaktion von ihm. Er schien sehr abwesend zu sein, sein Körper war leer. Ja, er war wie tot. Erst später realisierte ich, dass ich wirklich am Körper meines Bruders gerüttelt hatte. Zum Glück hatte mich niemand gesehen. Das wäre auch ziemlich peinlich gewesen. Ich stellte mich auch in die Ecke und tat gar nichts. Eine längere Zeit lang stand ich da und schaute den anderen beim Feiern zu. Doch irgendwann musste ich auf die Toilette. Zuerst versuchte ich, meinen Druck zu unterdrücken, doch er wurde immer stärker und stärker. Und in die Hose machen wollte ich mir auch nicht. Das sähe ja wirklich aus wie bei einem Kleinkind. Unauffällig schlich ich mich aus dem Zimmer. Die anderen hatten sowieso bestimmt vergessen, dass ich überhaupt da war. Als ich die Tür öffnete, erschrak ich plötzlich: Ein junger Mann stand vor mir. Ich kannte ihn nicht, doch er strahlte eine ziemlich mysteriöse Aura aus. „E-Entschuldigung“, stotterte ich, „Sind sie hier der Hausmeister?“. Er nickte. Ich schaute für einen kurzen Moment in seine Augen. Es waren vielleicht nur Bruchteile einer Sekunde, doch diese kurze Zeit reichte, um mir einen Schreck fürs ganze Leben einzujagen: Seine Augen waren rot, wie bei einem Vampir. „W-waren wir zu laut? D-das kann ich regeln!“, vor lauter Angst und Schrecken bekam ich kaum ein Wort heraus. „Das ist nicht schlimm. Ich wollte nur ein bisschen mitfeiern“, er versuchte nett zu klingen, doch irgendwie überdeckte seine schaurige Ausstrahlung alles. Ohne nachzudenken raste ich die Treppen runter zu den Toiletten. Ich hatte kaum noch Mut, mich aufs stille Örtchen zu setzen. Es hätte alles passieren können. Vom Vampirbiss über Hexenzauber bis hin zu einer Überraschung durch blutrünstige Zombies. „So etwas gibt es doch gar nicht“, redete ich mir ein. Dies gab mir wenigstens ein bisschen Mut. Kurz vor den Toiletten sah ich ihn dann: Wie ein Blitz raste er an mir vorbei, es war wieder England. Anscheinend hatte er es sehr eilig. Vielleicht hatte er auch Angst, von mir entdeckt zu werden. Jedenfalls jagte mir sein Erscheinen so einen Schrecken ein, dass mein Urin zu Eis gefror und mir das Blut in den Adern stockte. Es war wie ein Wunder, dass ich überhaupt noch dazu fähig war zu atmen. Wie ein Pfeil raste ich über die Treppen hin zum Raum 205, wo die anderen waren. Als ich dort war, knallte ich die Tür hinter mir zu, sodass es knallte wie bei einem Pistolenschuss. Nun war ich endlich in Sicherheit! Das meinte ich zumindest. Erleichtert, aber trotzdem noch ein bisschen besorgt schaute ich mich wieder um. Ich sah wieder einen grölenden Dänemark, einen lachenden Finnland und einen lachenden Schweden. Nur von Norwegen war keine Spur. Langsam spürte ich, wie meine Sorge etwas wuchs. Trotzdem noch ziemlich versichert suchte ich die Ecke auf, in der Norwegen gerade noch stand. Sie war zwar da, jedoch ohne Norwegen. Nun wuchs meine Sorge wie eine Bohnenstange in die Höhe. Ratlos rannte ich quer durch den Raum, doch Norwegen war wie vom Erdboden verschluckt. „Es war alles meine Schuld“, dachte ich, „Warum war ich nicht von Anfang an nett zu ihm? Es wäre mein größter Wunsch, ihm verzeihen zu dürfen, aber nun ist es vielleicht für immer zu spät dafür“ Langsam aber sicher wandelte sich meine Besorgnis in Trauer um. Eine tiefe, sehr tiefe Trauer, wie ich sie noch nie im Leben gespürt hatte. Nun konnte ich sie einfach nicht mehr zurückhalten. Tränen flossen aus meinen Augen, während die anderen noch nicht einmal bemerkt hatten, dass Norwegen überhaupt fehlte. Voller Trauer setzte ich mich in die Ecke, wo vorher noch mein Bruder gesessen hatte, und ließ meinen Tränen freien Lauf. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)