Daisuki Onii-chan von abgemeldet (NorwayxIceland) ================================================================================ Kapitel 3: Ein schauriger Morgen -------------------------------- Kapitel 3 Ein schauriger Morgen Ich öffne meine Augen. Ich befinde mich in einem sehr dunklen und kalten Raum. Gerade noch kann ich meinen eigenen Körper von der kalten Eisenbank, auf der ich sitze, unterscheiden. Es ist totenstill. Nach einer Zeit erklingt ein merkwürdiges Poltern. Es ist jenes Poltern, welches mich letzte Nacht für einen kurzen Moment aus dem Schlaf gerissen hatte. Zuerst ist es ganz leise. Später wird es immer lauter. Nun höre ich auch leise Schritte, die sich mir langsam nähern. Sie kommen immer näher und näher. Plötzlich erklingt auch noch eine Kettensäge hinter der schweren Eisentür. Es ist grauenvoll. Leute fangen an, sich die Seele aus dem Leib zu schreien. Auch mein Herz bleibt für einen Moment stehen, so fühle ich es zumindest, doch die Schritte kommen trotzdem immer näher. Dann öffnet sich die Eisentür. Eine angst einflößende Person betritt den Raum. Sie gibt keinen einzigen Ton von sich, aber ihr Geruch ist bestialisch. Inzwischen ist mein Gesicht schon tief in den Händen vergraben, ich kann nichts sehen. Langsam hebe ich meinen Kopf aus den Händen. Ich versuche, aufzublicken. Doch noch bevor ich etwas erkennen kann wird mir schwindelig. Sehr schwindelig. Ich spüre, wie ich langsam in mich zusammensacke. Mein Herz rast wie verrückt... Endlich wachte ich auf. Noch immer schlug mein Herz schneller als gewöhnlich. Als ich mich langsam von meinem Alptraum erholt hatte, sah ich mich um. Die anderen Nordics waren schon längst aufgestanden, nur ich lag noch in meinem Schlafsack. Ich erhob mich leise und vorsichtig. Ich wollte so schnell wie möglich zum Frühstück in die Cafeteria rasen, doch da warf ich einen Blick auf meinen Sack. Es sah so aus, als hätten zwei Personen nebeneinander gelegen. Nun erinnerte ich mich: Letzte Nacht hatte sich mein Bruder neben mich in den Schlafsack gelegt. Ohne mir einen Grund zu nennen. Einfach nur so. Eine Zeit lang wurde ich nachdenklich. „Vielleicht ist da ja doch noch mehr dahinter, als nur eine ungewollte Bruderschaft. Was, wenn er mich doch mehr mag, als erwartet?“ Aber spätestens, als Dänemark hinein kam, um mich zu wecken, merkte ich, dass dieser Gedanke reinste Zeitverschwendung war. „Guten Morgen, Island!“, rief er mir zu. „Hast du gut geschlafen? Komm schnell frühstücken, gleich versammeln wir uns noch zu einer Konferenz. Diesmal geht es um die Überfischung der Meere, du musst also unbedingt dabei sein“ Ich nickte und stand nun endgültig auf. Mit dem Nicken wollte ich der Frage „Hast du gut geschlafen?“ zustimmen, obwohl es natürlich eine reine Lüge war. Schon allein die Idee, jemanden danach zu fragen, wie er geschlafen hat, fand ich vollkommen ätzend. Wem geht es denn schon etwas an, wie jemand anderes geschlafen hat? Ich zog mich schnell an und eilte dann zum Frühstück. Diesmal gab es etwas mit Fisch, was eigentlich ganz lecker war. „Das schmeckt ja ganz gut“, lobte Schweden. Finnland und Dänemark stimmten zu. „Wenn du willst, kannst du auch ein ganz guter Koch sein“, meinte Dänemark. Nur ich war der einzige, der nicht zustimmte. Ich ignorierte die anderen. Natürlich hatte es mir auch geschmeckt, aber meine Wut war zur Zeit einfach zu groß. Schon wieder interessierten sich alle wieder nur für meinen „großen Bruder“. Sie lobten ihn, nur weil er ein mal vernünftig gekocht hatte. Wenn ich etwas gekocht hätte, würde es niemanden interessieren. Sei es noch so gut. „Island, ist irgendwas nicht in Ordnung mit dir?“. Schweden drehte sich mit einem fragendem Blick zu mir um. „du siehst mir so nachdenklich aus. Schon beinahe traurig oder sogar ärgerlich“ „Ach, nein. Alles ist in Ordnung“, antwortete ich. „Warum isst du so langsam?“, fragte Finnland. „Schmeckt dir mein Essen nicht?“, fügte Norwegen hinzu. Ich schwieg. Ich hätte diese Frage ganz einfach mit „Ja“ oder „Nein“ beantworten können, doch dazu hatte ich im Moment gar keine Lust. Stattdessen warf ich meinem Bruder einen grimmigen, fast sogar hasserfüllten, Blick zu. „Aber beeil dich, wir warten schon alle auf dich. Gleich wollen wir doch mit unserer Konferenz starten“, machte Finnland Druck. Nachdem ich aufgegessen hatte, gingen wir fünf gemeinsam ins Lehrerzimmer, das wir als Konferenzraum benutzten. Genauer gesagt: Die anderen gingen, ich schlich! Wieso sollte ich mich für eine Konferenz beeilen, auf der ich sowieso nur kritisiert werde. Als ob ich der einzige wäre, der die Meere „überfischt“. Ich fische doch bloß normal und verdiene mein Geld daran. Wie mein Bruder. Doch er wird nie kritisiert, auch wenn er viel mehr Fische umbringt als ich. Während ich langsam durch den Gang schlich, betrachtete ich die vielen Bilder an der Wand. „Die Neuankömmlinge 1. Klasse 2012, das Lehrerkollegium, der Schulleiter, Unser langjähriger Oberbürgermeister Teddy Bär, ...“ Jedes Bild war beschriftet, doch eins stach mir sofort ins Auge: „Max und Moritz Mustermann, die Gewinner des bundesweiten Grundschul-Mathematik-Wettberbs 2006. Zwei Geschwister, Schüler dieser Schule“ „Zwei Geschwister“, allein dieses Wort brachte mich zum Nachdenken, „Alles sind Geschwister. Lebe ich etwa in einer Welt, in der es nur kleine und große Geschwister gibt und alle sich bestens verstehen“ „Hey, warum schleichst du so?“, Dänemark riss mich aus meinen Gedanken. „Bist du krank oder sind deine Gedanken nur woanders? Wenn ja, wo denn? Kann es sein, dass du vielleicht verliebt bist? In wen, in wen? Ich will es unbedingt wissen!“, Dänemark versuchte, mich auszuquetschen. Er hatte nicht die geringste Ahnung, woran ich gerade gedacht hatte. „Bitte erzähl's mir doch, ich sag's auch niemandem weiter! Versprochen. Dänenehrenwort!“ „HÖR EINFACH NUR AUF ZU NERVEN!“, ich schrie ihn regelrecht an. „Lass mich in Ruhe und spiel weiter mit deinen Legosteinen!“. „Wenn du meinst“, sagte Dänemark beleidigt und ging weiter. Als wir an der Tür des Lehrerzimmers angekommen waren, gingen alle, ohne ein Wort zu sagen, durch nur Norwegen hielt mir noch die Tür auf. Ich betrat das Zimmer. Es war hell und auf den Tischen lagen viele Dokumente. An der Wand hingen abwechselnd Stundenpläne, Vertretungspläne, Einladungen zu Bastelnachmittagen und Elternstammtischen und wichtige Termine. Ab und zu war auch mal ein Bild dabei. In der Ecke standen Drucker und ähnliche elektronische Geräte und ein großer Schrank mit Büchern. Ich befand mich in einem Lehrerzimmer, wie es typischer nicht hätte sein können. Alle suchten sich schnell einen Platz am runden Schreibtisch in der Mitte des Raums. Ich war wieder einmal der Letzte, darum nahm ich am Fenster, neben meinem Bruder und Finnland, Platz. Schweigend setzte ich mich hin. „Nun, wie ihr wisst, haben wir uns heute alle gemeinsam hier versammelt, um über ein schwerwiegendes Problem, die Überfischung der Meere, zu beraten“. Mit diesem Satz eröffnete Schweden, der sich als Leiter dieses Treffens ernannt hatte, die Konferenz. „Dieses schwerwiegende Problem geht uns alle an, da speziell einige unserer Runde mit dafür verantwortlich sind, dass heutzutage viele Fischarten vom Aussterben bedroht sind“, Schweden fuhr fort. „Besonders problematisch ist das, was mit dem sogenannten „Beifang“, also den Leben, welche beim Fischen unserer Speisefische mitgefangen wird, geschieht. Deshalb....“ Die einleitenden Sätze waren besonders lang und es war anstrengend, zuzuhören. Ich spielte mit einem Kugelschreiber, der zufälligerweise auf meinem Platz lag. „Nun, wer von euch möchte sich gerne zu diesem Thema äußern?“, unser Leiter Schweden blickte in die Runde. Zuerst mochte sich niemand zu äußern, später meldete sich Dänemark zu Wort. Als erstes begann er mit ein paar einleitenden Sätzen. Darauf folgten wieder lange, langweile Sätze, denen man nicht zuhören konnte. Es war sehr ungewöhnlich für den sonst so lauten Dänemark. „Tut mir leid, falls ich dir damit zu sehr auf den Nerv gehe“, flüsterte Finnland neben mir zu, „Aber bist du sicher, dass mit dir alles in Ordnung ist, Island? Irgendwie hatte Dänemark ja schon Recht. Du wirkst wirklich sehr abwesend auf uns. Ich mache mir doch bloß Sorgen. Bitte sei nicht böse auf mich. Wir meinen es ja alle nur gut mit dir“. „Ist schon gut“, antwortete ich. „Ich weiß, ihr macht euch bloß Sorgen um mich. Aber...“, ich dachte kurz nach, was ich sagen wollte, „...alles ist in Ordnung“. „Wirklich?“, Finnland wunderte sich, „ich habe das Gefühl, dass du grade ein bisschen schwindelst. Bist du sicher, oder gibt es da vielleicht etwas, was du uns nicht sagen möchtest?“ Wieder blieb ich für einen Moment leise und überlegte. „Nun...“, nach einer Weile hatte ich mich entschieden, es zu sagen, „du weißt ja, was meinen Bruder und mich angeht. Eigentlich geht er mir ziemlich auf den Nerv, aber irgendwie... Er ist mein Bruder, mein großer Bruder...“ „Bedeutet das, dass ihr euch jetzt besser versteht? Aber das ist doch schön. Warum macht dich das so traurig?“, meinte Finnland ganz erfreut. „Wirke ich etwa traurig?“, fragte ich ihn. Denn es war wirklich keine Traurigkeit. Die Gefühle, die in mir herrschten waren ganz andere: Wut, Verwirrung, sogar Freude. Aber keine Traurigkeit. Definitiv nicht! Oder vielleicht doch? Noch nie war ich so ahnungslos, wie in diesem Moment. „Also auf mich wirkst du schon ziemlich traurig. Manchmal auf jedem Fall. Manchmal wirkst du auch etwas verträumt, als wärst du in einer anderen Welt. Ich hab's! Du bist äußerlich traurig, aber innerlich glücklich und träumerisch. Du bist so, wie das Eis und die Vulkane bei dir zu Hause. So einen wundervollen Freund wollte ich schon immer haben!“, sagte Finnland leise. „Ja, ja..“, murmelte ich. „Somit erkläre ich die Konferenz zum Thema „Überfischung der Meere und Artenschutz der Wasserlebewesen“ für beendet. Ich hoffe, dass sich die Bestände der Fische und der anderen Lebewesen unserer Meere und Ozeane dieser Welt bald wieder erholen werden. Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit und euer Engagement!“ Diese Worte Schwedens rissen mich wieder in die Realität zurück. Ehe ich mich umsah, hatten schon alle ihre Plätze verlassen. Am Ende waren ich und Schweden es, die den Raum als letztes verließen. „Na da hattet ihr ja eine schöne Unterhaltung“. Schweden erschrak mich etwas. Sein Gesicht sah ziemlich grimmig aus. Das musste zwar nichts zu bedeuten haben, er ist in sozialen Dingen sowieso eher ungeschickt, doch diesmal schien er wirklich ein bisschen verärgert über mich zu sein. „Wieso hast du nicht aufgepasst? Dieses Thema hätte dich doch besonders ansprechen müssen. Egal. Früher oder später werde ich sowieso noch alles von Finnland erklärt bekommen“ Ich sagte nichts mehr. „“ Früher oder später werde ich sowieso noch alles von Finnland erklärt bekommen“ Na toll, nun werden bald alle nordeuropäischen Staaten wissen, wie ich über meinen Bruder denke. Das wird sich dann schnell herumsprechen und im Handumdrehen wird die ganze Welt über mich lachen“ Ich ließ mir zwar nichts anmerken, doch ich war kurz vor dem Heulen. Über der Tür des Lehrerzimmers hing eine Uhr. 11:30 Uhr sagte sie an. Es waren schon eineinhalb Stunden vergangen seit ich aufgestanden war und jetzt. „Je älter man wird, desto schneller vergeht die Zeit“. Meine Gedanken klangen wie die eines alten Mannes. Nun war Mittagspause. Von 11:30 Uhr bis 13:30 konnten wir auf dem Schulgelände machen, was wir wollten. Danach war eine Erkundung der Stadt angesagt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)