Evenfall von 4FIVE ([Itachi x Sakura | non-massacre AU | dorks to lovers]) ================================================================================ Kapitel 12: Rank Up -------------------   . .     Tsunade warf einen unzufriedenen Blick auf den klaren, blauen Novemberhimmel. Der Dezember würde bald kommen und mit ihm die obligatorischen Diskussionen, die sie in der angespannten politischen Gesamtsituation nicht brauchen konnte. Normalerweise schickte sie Shimura Danzō und Uchiha Fugaku mit ihren sinnlosen Anliegen wieder weg. Wenn zwei der drei mächtigsten Männer des Dorfes jedoch geballt vor ihrem Schreibtisch standen, ernsten Blickes und auf die Erlaubnis wartend, ihre Fehde vor der Hokage weiter ausfechten zu dürfen, hatte sie schlechte Karten, sie ohne Argumentation loszuwerden. Fugaku, dieser Sturkopf, war selbst schuld an dem Dilemma, in dem er sich befand. Er wusste haargenau um Danzōs Unwillen, die Uchihas weiterhin zu unterstützen. Ihm hätte klar sein müssen, dass er jede Anschuldigung auf eine hypothetische Übermacht des zweitmächtigsten Klans in Konoha ummünzen würde. Wie genau der diesjährige Disput angefangen hatte, wollte Tsunade gar nicht erst wissen. Nach den zwei Monaten, die Jiraiya gebraucht hatte, um zu genesen, hatte sie weiß Gott Besseres zu tun, denn zwischen zwei Kleinkindern zu vermitteln, die sich um ein Spielzeug stritten. Wenn diese Kleinkinder nicht Anführer zweier mächtiger exekutiver Gruppierungen gewesen und das Spielzeug nicht die vorherrschende Strafvollzugsgewalt dargestellt hätte. Aus diesem Grund konnte sie nicht einfach ignorieren, was sich vor ihrem Schreibtisch abspielte. Die Diskussion der beiden Männer war inzwischen nämlich zu einem handfesten Streitgespräch geworden, dessen Inhalt sie einige Minuten lang lauschte. »Es nimmt langsam Überhand«, brummte Danzō seinem Kontrahenten entgegen, der mit verschränkten Armen in der Robe seines Klans breitbeinig neben ihm vor Tsunade stand. Sie weigerte sich, den Blick vom klaren Winterhimmel zu nehmen. »Du hast doch keine Ahnung von richtiger Politik, Shimura! Alles was du kennst, sind Korruption und Heuchelei!« »Das ist Verleumdung! Hokage-sama, es ist bewiesen, dass der Uchihaklan das Dorf übernehmen wollte, um einen wahnwitzigen Anspruch der Gründerfamilie geltend zu machen, der niemals vereinbart wurde! Es ist kaum zehn Jahre her, dass man sie bei dem Versuch erwischte –« Tsunade hob ihre Hand und Danzō verstummte schlagartig. Er wusste, dass er zu weit gegangen war. Wenn es etwas gab, das sie nicht duldete, war es die Erwähnung des vereitelten geplanten Übergriffs auf ihren ehemaligen Sensei. »Ich möchte diese alten Kamellen nicht aufwärmen. Vergessen wir nicht, dass es ein Mitglied ebendieses Klans war, das diesen angeblichen Plan meldete. Das Missverständnis wurde damals geklärt und ad acta gelegt.« »Das Missverständnis war ein Mordversuch!«, wandte Danzō ein. Er wurde von einer tiefen, sachlichen Stimme eines neu eingetretenen Shinobi unterbrochen. Tsunade schüttelte wenig überrascht tadelnd den Kopf. Natürlich war er nicht weit, wenn es um die Familie ging. »Ein Mordversuch, für den keinerlei Beweise vorlagen.« Itachi kam neben seinem Vater zum Stehen. Dieser nickte bekräftigend. »Die Ältesten entschieden, den Fall als unglückliche Verkettung von Umständen zu behandeln, nachdem mein Vater unser aller Unschuld beteuerte. Wollen Sie die Beschlüsse der Goikenban infrage stellen, Shimura-san?« »Das steht mir nicht frei.« Was er wirklich darüber dachte, blieb ungesagt, aber nicht unbemerkt. Tsunade schritt ein, ehe die Situation eskalieren konnte. »Mir liegt ein Antrag vor, den Uchihaklan aufzulösen und jedem demnach ehemaligen Mitglied seinen Status abzuerkennen. Hast du etwas dazu zu sagen, Danzō?« Er hielt herausfordernd den Blickkontakt aufrecht, verwies jedoch bloß auf das Dokument, dessen Seiten aufgefächert auf dem Schreibtisch vor ihr lagen. »Meine Argumentation ist detailliert in den einzelnen Punkten aufgeführt, Hokage-sama.« Sie zischte verächtlich. »Deine Höflichkeit kannst du dir sparen. Die Begründungen sind, wie ich annehme, dieselben, die du seit Jahren vertrittst?« Zustimmendes Nicken. Tsunade verbat sich erneutes unprofessionelles Zischen. »Den Klan aufzulösen ist absurd!«, mischte Fugaku sich ein, als er ihr Zögern bemerkte. »Wir sind immer noch Konohas Exekutive. Es würde immense Kosten, bürokratische Ressourcen und Verwaltungsarbeit benötigen, um unsere Arbeit zu ersetzen, die wir nebenbei bemerkt nahezu völlig autark finanzieren. Der Uchihaklan ist ebenso wie der Hyūgaklan fest in Konohas Politik verwurzelt. Gegen den hast du auch nichts einzuwenden, Shimura!« Diesmal zischte Danzō verächtlich, wich jedoch zurück, als Itachis mahnender Blick ihn streifte. Den Mut zu sprechen nahm er ihm leider nicht. »Darin liegt das Problem! Der Hyūgaklan ist in der Legislative in einer beratenden Funktion tätig. Er stärkt die Reihen des Dorfes und bereichert unsere Schlagkraft um ein Vielfaches! Der Uchihaklan hat zusätzlich zu seinem Posten im Entscheidungsgremium auch noch die gesamte exekutive Gewalt inne, die nicht einmal vom Dorf unterhalten wird! Dass ihr keine Kosten verursacht, mag ja für unser Budget vorteilhaft sein, aber wo bleibt dabei die Gewaltentrennung?« »Es gibt keine Gewaltentrennung«, wandte Tsunade ein, verärgert über die Dreistigkeit der drei Männer, sie zu ignorieren. »Ich bin die Gewalt in Konoha, findet euch damit ab. Danzō, du müsstest es besser wissen. Ich werde keinen Klan auflösen, der für mein Dorf derart wichtig ist. Vielleicht gibt es ab und an Spannungen, weil sich gewisse Uchihas –« Sie funkelte Fugaku mahnend an. »– einbilden, sie müssten sich in gewissen Dingen über Konoha stellen. Ich denke da an den Übergriff Orochimarus, bei dem unser ehrenwerter Sandaime getötet wurde, während einige fähige Shinobi einer gewissen Familie sich nahezu vollzählig mit den Zivilisten im Evakuierungskreis befanden. Doch wir alle wissen, wie unsere Klans sind – würde ich diese Eskapaden berücksichtigen, müsste ich jede größere Familie einschließlich unserer geschätzten Hyūgas zerschlagen.« Sie wanderte wieder zu Danzō. »Was die Gewaltenteilung betrifft, so bist du dir hoffentlich darüber im Klaren, Danzō, dass ich zum einen aus ausgleichender Gerechtigkeit nichts gegen deine kleine ANBU-Gruppierung unternehme, die du dir so eng um den Leib hältst – und glaube nicht, dass ich nicht weiß, wozu du sie herangezüchtet hast – zum anderen wurde schon vor über drei Jahren beschlossen, speziell dafür ausgebildete Ninjas außerhalb des Klans in die Exekutive einzugliedern, um das Gleichgewicht aufrecht zu erhalten. Hast du dem etwas hinzuzufügen, Fugaku?« Sie wartete einige schweigsame Sekunden, dann strich sie den Antrag mit einem vorbereiteten roten Pinsel sowie dem gemurmelten Worten 'einfach lächerlich' vor allen Anwesenden durch. »Sonst noch etwas?« »Ja.« Itachi machte einen Schritt nach vorne auf ihren Schreibtisch zu, hinter dem sie sich nachdenklich auf die Lippe biss, als er fortsetzte. Dieser lästige ANBU Captain. »Hokage-sama, hat man etwas von Kakashi-sans Team gehört?« Tsunade wandte ihren Blick über verschränkten Armen erneut aus dem Fenster, das ihr gegenüber der ernsten Mienen in Richtung Tür eine so wohltuende Abwechslung bot. Ihm waren die Gerüchte also zu Ohren gekommen. Die Reformierung der dortigen Spezialeinheit, die neuen Verträge, die Gründung des Neuen Rats. Entweder hatten sie ein großes Informationsleck im Reich des Nebels, oder aber sie versuchten geschickt ihre Machtansprüche zu implizieren. Tsunade seufzte. »Kakashi befinden sich zusammen mit Tenzō, Hyūga Hinata und Hyūga Neji immer noch in Kirigakure. Laut ihren Berichten befindet sich Mizu no Kuni im sozialen Umbruch«, resümierte sie gegen das Fenster, das sie vorsorglich schloss. Sollte die Godaime Mizukage keine perfide Einschüchterungstaktik einstudiert haben, konnte Tsunade nicht sicher sein, ob es in Konoha nicht auch die ein oder andere Sickergrube gab. Es wäre nicht das erste Mal gewesen, dass Menschen, denen sie vertraute, die Prinzipien des Dorfes verrieten. »Unser Problem ist, dass Terumī Mei Hand in Hand mit dem Daimyō des Wasserreichs arbeitet, um die vielen Inseln, die eigentlich ein hohes Maß an Unabhängigkeit gegeneinander aufgebaut hielten, zu einer Einheit formt. Das ist inzwischen nichts Neues mehr und theoretisch könnten wir unsere Leute abziehen. Dennoch bin ich mir nicht sicher, ob andere Leute ihre utopische Versöhnungsbestreben nicht ausnutzen wollen.« »Akatsuki?«, hakte Itachi nach. Er war sichtlich unzufrieden mit ihrer ausschweifenden Antwort. Welch Glück, dass sie Hokage war und er ihr Untergebener. »Akatsuki, Iwagakure, Kusagakure, wer auch immer. Ich bin es leid, es immer wieder sagen zu müssen, aber der einstige Frieden, der zwischen uns herrscht, ist längst zerbröckelt. Es kommt nur mehr darauf an, wie lange der Mörtel die losen Teile noch zusammenhält. Eine freudige Aussicht, nicht wahr?« Sie stieß raues Raunen aus, das ihre Missbilligung bezeugte. »Wenn Terumī – … nun, eher sobald sie ihr Reich zu einem Strang verwebt hat, wird sie über eine Schlagkraft verfügen, die unserer um nichts nachsteht. Mizu no Kuni mag sehr viel kleiner sein als Hi no Kuni, aber sie haben ebenso viele Shinobi wie wir. Brutaler und meuchlerischer, wenn ich mir dieses Urteil erlauben kann. Kirigakure gehört nicht ohne Grund zu den fünf Großmächten, das sollten wir nicht vergessen, bloß weil sich diese Macht einige Jahre lang zerstreut hatte. Sollte sich ihr Wunsch nach Einigkeit innerhalb ihres Landes zu Durst nach territorialer Erweiterung formen, wird sie schnell Verbündete dafür finden. Amegakure unter Akatsukis Kontrolle zum Beispiel, und Orochimarus Anhängerschaft in Otogakure. Nicht zu vergessen Kusagakure, das umringt von Großmächten als Schlachtfeld für unsere Dispute herhalten musste. Seine Nähe zu Amegakure und damit Akatsuki ist kritisch, sollte dieser Pain-sama oder wie sie ihn nennen damit beginnen, uns gegeneinander auszuspielen. Kusa, Kiri und Iwa haben allen Grund, wütend mit uns zu sein. Sollte das jemand ausnutzen, können diese Krisenherde leicht zu einem lodernden Lauffeuer eskalieren.« Itachi schnallte seine Armschiene enger. »Sollen Yūgao, Shisui und ich Yamato-sans Team in Kirigakure unterstützen?« Sie setzte sich, in Gedanken rekapitulierend, was sein Vorschlag für einen Sinn machen würde. Unterstützung war vielleicht vorteilhaft, doch es gab etwas anderes, das ihr Sorgen machte. Solange der Bote aus Sunagakure nicht zurückgekehrt war, wollte sie lieber nicht zu vorschnell handeln. »Nein. Derzeit gibt es nicht viel, das getan werden kann. Ich habe wohl keine Wahl, als ein wenig Öl ins Feuer zu gießen, um uns zumindest einen kleinen Vorsprung zu gewähren. Shizune!«, schallte ihre Stimme lautstark durch die Tür, durch die ihre Schülerin und Assistentin geeilt kam. »Ja, Tsunade-sama?« »Statte dem Krankenhaus und unserer reizendsten Oberärztin einen Besuch ab. Sie soll umgehend zu mir kommen.« . . »Das wird schon wieder.« Sakura zog ihre Hände zurück und richtete ihre verrutschten Kittel. Ihre Patientin vor ihr seufzte erleichtert. Sie für ihren Teil war nicht minder froh, dass diese Untersuchung inoffiziell durchgeführt worden war. Kein Papierkram, zusätzliche Arbeit und vor allem: keine Rechtfertigungsversuche vor Uchiha Fugaku, der immer etwas auszusetzen hatte. »Danke, Sakura-sensei«, sagte Asuka erfreut über diese positive Nachricht. »Wie kam es zu dem Rippenbruch? Du müsstest schon sehr ungünstig gefallen sein.« Das schwarzhaarige Mädchen sog verlegen ihre vollen Lippen ein und schlug den für eine Uchiha ungewöhnlich dunkelblauen Blick unter dichten Wimpern nieder, wobei sie Sakura an Itachi erinnerte. Sie hätte ihn für seine langen, dunklen Wimpern ermordet, wenn sie diese dadurch bekommen hätte. Asuka hatte mit ihrem Aussehen Glück, um das sie sie fast beneidete. Sie war mit ihren mittlerweile dreizehn Jahren groß, athletisch und hatte nicht zu verkennende Ansätze weiblicher Formen. Dies, gepaart mit ihrer makellosen Haut und dem samtenen Haar, machte sie zu einer der begehrtesten Kunoichis ihres Jahrgangs. »Sharingan«, murmelte sie ein wenig verlegen. Dass sie plötzlich schüchtern geworden war, ließ Sakura aufhorchen. »Sharingan?«, wiederholte sie skeptisch. »Lass es mich ansehen. Kannst du es aktivieren?« Asuka nickte, schloss die Augen und als sie sie wieder aufschlug, leuchteten sie statt saphirblau in Scharlachrot. Die Falten um ihre Nase hatten sich vertieft, so wie es immer passierte, wenn jemand das Sharingan benutzte. Ihre weit aufgerissenen Augen entspannten sich nach der ersten Chakrawelle, die sie zur Aktivierung ihres Bluterbes losgelöst hatte. Sakura zückte ihre kleine Taschenlampe, um sich die roten Iriden genauer anzusehen. »Seit wann kannst du es einsetzen?«, fragte sie, konzentriert auf das andere Auge wechselnd. »Seit etwa einer Woche. Wir trainierten mit Tekuno-sensei, als Mitsuki mich angriff. Ich wollte ausweichen, war allerdings zu langsam. In meiner Panik muss ich es wohl aktiviert haben.« Sie senkte beleidigt den Blick. »Okāsan schimpfte, weil ich es erst mit dreizehn konnte, während Itachi-niisan oder Shisui-niisan nicht einmal zehn waren.« Diese Uchihas. An einem Maßstab zu messen, der nahezu unerreichbar war, konnte nicht gesund sein für ein Mädchen ihres Alters. Sakura konnte nicht aus Erfahrung sprechen, dennoch waren die Anforderungen, die seit Jahren an sie gestellt wurden, ein schaler Vorgeschmack auf den Druck, unter dem Asuka stand. »Lass dich von ihr nicht verunsichern, Asuka-chan«, versuchte Sakura sie aufzuheitern. Die Sharingan sahen gesund aus. Mit dieser Feststellung ließ sie ihre Patientin ihr kekkei genkei deaktivieren und zog einen Hocker an den Untersuchungstisch. »Deine Mutter glaubt daran, dass du es irgendwann mit Itachi und Shisui-san aufnehmen kannst. Wie man hört, bist du die neue Hoffnung des Klans. Du wärst es nicht, wenn nicht in deine Fähigkeiten vertraut würde. Außerdem ist es sehr selten, dass Kunoichis das Sharingan nutzen können. Sei lieber stolz auf dich. Wurdest du schon einmal von jemandem deines Alters besiegt?« Plötzlich verfinsterte sich Asukas Blick zu einem tiefdunklen Mitternachtsblau, das unter ihren schmalen Augenbrauen in dem definierten Gesicht funkelten. »Hanabi, diese eingebildete Wichtigtuerin. Sie ist bloß zwei Jahre älter als ich, aber seit sie als Ersatz für Moegi-chan in Konohamaru-kuns Team ist, spielt sie sich auf wie … wie …« »Eine eingebildete Wichtigtuerin?«, komplettierte Sakura lachend. Es war eine betreffende Beschreibung für Hyūga Hanabi. Sechzehn Jahre jung, Chūnin und seit neuestem wohl auch endlich im Besitz einer Erzfeindin. Jeder Uchiha hatte einen Hyūga, der besser war als er selbst – außer Itachi und Shisui vielleicht, die zwar ihre Probleme mit Hyūga Neji haben mochten, in einem direkten Ringkampf aber vermutlich dennoch die Nase vorne hätten. Es war ein zweites Naturgesetz nach dem Nara-Axiom, das immer dann eintraf, wenn ein Rotauge auf ein Weißauge traf. Sie würde niemals diesen Kampf zwischen Neji und Sasuke vergessen, der einfach so auf der Straße entbrannt war, bloß weil jemand jemanden angesehen hatte oder auch nicht. Es war nie geklärt worden, weshalb sie sich geprügelt hatten. »Nicht nur das«, präzisierte Asuka. »Sie ist leider so gut wie sie denkt, aber das gibt ihr nicht das Recht, mich niederzumachen. Beim nächsten Mal werde ich sie in den Boden stampfen.« Sakura konnte nicht anders, als amüsiert zu lachen. Der Tag konnte so schlecht als möglich sein; solange ein Uchiha einen guten Kampf bekam, war es ein guter Tag. »Dieser Kampfgeist ist sehr lobenswert, aber übertreibe es nicht, Asuka-chan. Du musst dich zuerst an das Sharingan gewöhnen. Laut Sasuke ist es in den ersten Monaten sehr schwierig, Dōjutsus aufrechtzuerhalten. Zu allererst solltest du an der Präzision des Sharingans arbeiten, danach kannst du Hanabi-chan immer noch verprügeln. Ach herrje, dass ihr Klans aber auch immer in Rivalitätsmustern denken müsst.« »Itachi-niisan tut das nicht«, belehrte ihre Patientin sie, als wäre Konkurrenzdenken etwas moralisch Verwerfliches. »Ja, ja«, winkte Sakura beiläufig ab. »Itachi hat es auch nicht nötig. Mit wem sollte dieses unverschämt perfekte Genie auch konkurrieren? Manchen Leuten wird diese gerechtfertigte Arroganz, mit der sie andere Leute in all ihrer wahren Tadellosigkeit nahezu mit pathologischem Drang belehren, einfach in die Wiege gelegt.« Dass Asuka sie auf diese Feststellung hin mit gespitzten Lippen und zusammengeschobenen Augenbrauen nachdenklich musterte, entging ihr zuerst, da sie sich ein paar private Notizen zu dem neu erwachten Sharingan auf einem Schmierzettel machte, den sie sicherheitshalber immer mit sich trug. In Wahrheit wusste sie immer noch nichts über die Funktionsweise des kekkei genkeis. Itachi und sie hatten die Nacht am Dangostand vor zwei Wochen damit zugebracht, über alles und nichts zu reden, anstatt zu arbeiten. Sie kam nicht umhin, in warmer Erinnerung daran zu denken. Trotzdem hatte sie seither nichts in dieser Richtung zusammengebracht; die letzten zehn Tage hatte sie mit Naruto und – zu ihrem Leidwesen – Sasuke zugebracht, ihre restliche Freizeit hatte sie für einige wichtige Operationen im Krankenhaus geopfert. »Was ist?«, fragte sie skeptisch, als sie endlich bemerkte, dass sie angestarrt wurde. Asuka verzog grinsend den Mund. »Itachi also?« Verwirrt zog Sakura eine Augenbraue empor. Es dauerte, bis sie realisierte, auf was seine Cousine anspielte. Die fehlende Höflichkeitsform hatte zurecht ihren Argwohn geweckt. Sakura hatte nicht einmal bemerkt, dass sie das Suffix weggelassen hatte. Nachdem Itachi das ihre zuerst hatte fallen lassen, war es ihr gutes Recht, es ihm gleichzutun. Das war gelogen, weil sie Chūnin war und er ANBU Captain, doch das brauchte Asuka nicht zu wissen. »Was läuft da zwischen Ihnen und ihm, Sakura-sensei?« »Nichts. Hör mit diesem schelmischen Gesichtsausdruck auf und gib meinen Behandlungstisch frei, ehe ich es mir anders überlege und deinem Cousin erzähle, dass du unvorsichtig genug warst, dir eine Rippe brechen zu lassen«, befahl sie tadelnd und scheuchte die junge Kunoichi aus dem Behandlungsraum, um nicht Opfer irgendwelcher Fantastereien zu werden. Hoffentlich plauderte sie nicht gerne aus dem Nähkästchen. Glücklicherweise war Asuka viel zu sehr Uchiha dafür. Noch nicht derart stur und selbstbewusst, aber eher schweigsam, sobald es nicht mehr um shinobirelevante Themen ging. Es war etwas, das sie mit ihrem verehrten Cousin gemeinsam hatte. Dieser Fokus auf das Shinobileben. Wie sehr es sie sonst nervte; und wie froh sie heute darüber war. Zwischen ihr und Itachi lief rein gar nichts, was sie tief in ihrem Inneren unzufrieden machte, weil sie wusste, dass sie keine Chance hätte. Er verdiente jemanden, der ihm das Wasser reichen konnte. Mit einem Mal unzufrieden mit der Gesamtsituation, begann sie wahllos den Inhalt irgendwelcher Schubladen zu sortieren. Ärzte waren derlei Dinge betreffend schlampig, sie selbst bildete keine Ausnahme. Sie hatte bloß nichts besseres zu tun als Medikamente neu zu sortieren, sodass sie sie in Zukunft leichter finden konnten. Die wiederhergestellte Ordnung würde für exakt zwei Tage bestehen bleiben, was ihr Unterfangen ziemlich sinnlos machte. »Sakura?« Es war Shizune, die den Kopf in das Behandlungszimmer steckte. Sie war in ihren üblichen kimono gekleidet, was darauf schließen ließ, dass sie außer Dienst war. »Hallo, Shizune-san. Kann ich etwas für dich tun?« Sie nickte bestätigend. »Ja. Tsunade-sama erwartet dich in ihrem Büro. Du solltest dich lieber beeilen, es ist dringend.« Fragend streifte Sakura ihren Kittel ab, um ihn auf den Schreibtisch zu werfen. Sie hatte genügend, auf diesen kam es nicht an. »Was genau ist dringend? Ich möchte lieber vorbereitet sein.« »Das muss sie dir selbst erklären.« Sakuras Gefühlslage schwang in vorsichtige Skepsis um. Etwas an diesem Tag war faul, das hatte sie schon beim Aufstehen gemerkt. Was das war, würde sie schon bald herausfinden. . . Ihre neugierigen Schritte trugen sie schneller als üblich vom Krankenhaus zum Hokageturm, dessen Treppen sie hinaufeilte. Ohne außer Atem zu sein – ihrem früheren Konditionstraining mit Lee sei dank – betrat sie das Büro ihrer Lehrmeisterin durch eine weit geöffnete Tür, die sie hinter sich schloss. Wenn sie Mist gebaut hatte, wollte sie lieber nicht, dass halb Konoha es mitbekam. Die Fenster am Ende des Zimmers waren geschlossen. Tsunade wollte also auch nicht von der ANBU gestört werden. »Sie wollten mich sprechen, Shishō?« »Schön, dass du da bist, Sakura.« Als hätte sie eine Wahl gehabt. »Sehr gerne? Ich frage mich nur, wieso ich es bin. Ist etwas geschehen?« »In der Tat.« Tsunade legte ihre Hände auf der Tischplatte ineinander. Sie behielt es sich vor, hinter dem verschwindend kleinen Aktenstapel sitzen zu bleiben, der ihre sonst so überladenen Tisch merkwürdig groß und leer aussehen ließ. »Ich möchte, dass du mir zuhörst und erst wieder sprichst, wenn ich es dir erlaube. Keine Freudenschreie, Wutausbrüche oder Schimpftiraden. Und kein Einsatz deiner Fäuste, da ich mein Büro vermutlich noch brauchen werde.« Dieser Befehl war merkwürdig. Dennoch nickte Sakura einverstanden. »Gut. Heute Morgen waren Uchiha Fugaku und Shimaru Danzō bei mir, um ihren lächerlichen Streit wie jedes Jahr um diese Jahreszeit auszutragen. Uchiha Itachi war ebenfalls anwesend. Er brachte mich mit einer Bitte, sein Team als Unterstützung nach Kirigakure zu schicken, zu dem Schluss, dass unsere Lage langsam aber sicher kritischer wird, als wir tatenlos hinnehmen können. Aus diesem Grund erhebe ich dich, Haruno Sakura, Kraft meines Amtes, mit sofortiger Wirkung in den Rang eines Jōnin. Herzlichen Glückwunsch.« Nun wusste sie auch, wieso Tsunade ihr jede Reaktion verboten hatte. Ein Tobsuchtsanfall bahnte sich seinen Weg nach oben. Noch vor vier Jahren hätte sie sich gefreut, vor drei oder zwei Jahren ebenso. Doch heute … sie hatte in den letzten Monaten nichts Nennenswertes geleistet. Jiraiyas Rettung fiel aus der offiziellen Bewertung, Empfehlungen ihrer Eltern gab es nicht und auch sonst wüsste sie niemanden, der Tsunade auf die aberwitzige Idee bringen hätte können, sie aus heiterem Himmel in die Elite zu katapultieren, wo sie mit wehenden Fahnen untergehen würde! Sie dachte kurz nach, die wallende Empörung mühsam unterdrückend. »Spuck' es aus, ehe du daran erstickst. Du hast die Erlaubnis, zu sprechen«, bot Tsunade ihr freigiebig an. Länger hätte sie ihr Mundverbot auch nicht ausgehalten. »Danke, Tsunade-sama –« Wie gelogen das war! »– und verzeihen Sie meine Dreistigkeit, aber wieso um alles in der Welt?! Was bringt Sie auf den Gedanken, mich gerade jetzt zu befördern? Was habe ich in der letzten Zeit Herausragendes getan, dass Ihnen genau heute einfällt, mich zum Jōnin machen zu müssen?« »Welch Erdreistung.« Die Hokage lächelte milde, aber ernst. »Ich hätte mir keine geringere Reaktion erwartet. Temperamentvoll wie eh und je; aufmüpfig gegen deine Meisterin noch dazu. Wenn du einem Loblied auf deine Leistungen lauschen möchtest, kann ich es dir gerne vorsingen. Du konntest Akasuna no Sasori töten, Jiraiyas und Mitsukis Leben retten, du hast verhindert, dass Naruto vor einigen Monaten fast das Dorf zerstört hätte und nach allem, was ich sehe und mir meine Jōnin berichten, agierst du klug, schnell und lobenswert auf Missionen. Deine Arbeit im Krankenhaus ist vorbildlich, ebenso wie die auf dem Schlachtfeld, selbst wenn du manchmal nicht den Standards gewisser ANBU entsprechen magst. Ich schätze deine Impulsivität, weil sie dich instinktiv handeln lässt. Das ist deine größte Stärke, die ich seit einem Jahr vermehrt beobachte.« »Danke«, antwortete Sakura höflich. »Sie haben meine Frage nicht beantwortet. Sie sagen, Sie beobachten mich seit einem Jahr. Wieso also jetzt? Ist es, weil ein Krieg bevorsteht? Brauchen Sie eine schlagkräftige Armee? Ich werde nicht stärker, bloß weil mein Rang nun höher ist.« »Dessen bin ich mir bewusst.« Tsunade löste ihre Hände auseinander, stand auf und ging um den Tisch, sodass sie vor ihrer selbstzweiflerischen Schülerin stand. »Trotz allem ist dies der Grund. Wenn ich gekonnt hätte, hätte ich dich schon vor einem Jahr zum Jōnin ernannt. Du hättest es verdient. Aber ich konnte nicht.« Sie seufzte und lehnte sich an die Tischkante. »Bist du dir der wahren Gründe, wozu es diese Unterteilung in Chūnin und Jōnin gibt, bewusst, Sakura?« Sie nickte. Man lernte schon an der Akademie die Unterscheidung der Ränge, die Elite von Mittelklasse abtrennte. Es war ein einfaches Kastensystem. »Das bezweifle ich. Hast du dir jemals Gedanken darüber gemacht, wieso es innerhalb der Ränge Chūnin und Jōnin oft fließende Grenzen gibt? Wieso diese beiden Klassen gemeinsam auf Missionen gehen dürften, Teams aus ihnen gemischt werden und sogar reine Chūnin Teams auf A-Klasse Missionen gehen, während Jōnin manchmal B-Klasse absolvieren?« Erneutes Nicken. »Weil die Teams entsprechend der Fähigkeiten zusammengestellt werden, die der Anforderung der Mission am ehesten entsprechen.« »Das, Sakura, ist der Grund, den wir nennen, wenn man uns fragt.« Tsunades ernstes Lächeln verblasste, als sie die Arme vor der Brust verschränkte. »Eine weitere Frage: hast du dich jemals gefragt, wieso es eine Auswahlprüfung für Chūnin gibt, aber nicht für Jōnin? Ich werde es dir sagen, weil du es nicht wissen kannst. Chūnin grenzen sich von Genin ab. Mit dem Rang der Mittelklasse steigt man vom Eleven zum Ausgelernten auf. Es hilft der Verwaltung dabei, Missionen korrekt zuzuweisen. Doch ab dieser Grenze, die ein Chūnin nach der Prüfung und einem gewissen Maß an Erfahrung überquert, sind derartige Unterscheidungen nicht mehr relevant. Der Grund, wieso wir eine weitere Unterscheidung treffen, ist nicht etwa ein bürokratischer, sondern ein politischer.« »Ich verstehe nicht, Tsunade-sama …« »Es ist im Prinzip sehr einfach. Die Akten von Genin und Chūnin dürften laut den geltenden Regelungen der Friedensverträge von allen Ländern eingesehen werden. Akten der ANBU und Jōninränge unterliegen der Geheimhaltung. Nicht einmal ihre genaue Anzahl ist bekannt. Wer aber sind Jōnin? Das sind Shinobi und Kunoichis mit speziellen Fähigkeiten, die wir nicht gerne preisgeben. Die Länder erheben all jene Ninjas in diesen Rang, die im Besitz von Jutsus sind, die sie geheim halten wollen, um sie den anderen Nationen nicht auszuliefern. Hier geht es nicht nur um Stärke. Es geht primär um besondere Strategien der Vorteilssicherung. Nimm Kurenai als Beispiel. Sie hätte wenig Chancen gegen Inuzuka Kiba, dennoch ist er noch immer Chūnin und sie seit langer Zeit Jōnin. Aber sie ist eine Meisterin in Sachen Genjutsu und kennt einige Illusionen, die sogar Itachi das ein oder andere mal überrascht haben. Verstehst du, auf was ich hinaus möchte?« Sakura nickte vage. Diese ganzen politischen Abzweigungen über alle offiziellen Erklärungen verwirrten sie. »Es geht also darum, diese Akten abzuschirmen, um im Falle eines Konflikts den Überraschungsmoment für sich nutzen zu können?« »Unter anderem«, stimmte Tsunade zufrieden mit dieser Zusammenfassung zu. »Konoha kann mit tröpfelnden Neuernennungen unbemerkt eine Armee aufbauen, ohne dass andere Länder dies mitbekommen.« »Wir formieren also unter dem Deckmantel niedriger Genin- und Chūninaktenzahlen ein schlagkräftiges Heer, während die Akten der ANBU und Jōnin vom Präsentierteller verschwinden? Das schürt doch nur die Krisenherde weiter und ist ziemlich riskant, oder?« Tsunade schüttelte mit der Zunge schnalzend den Kopf. »Wir tun nichts, was andere Nationen nicht auch tun. Hier geht es um strategische Kriegsführung. Tuchi no Kuni wartet doch bloß auf einen Grund, einen Krieg anzuzetteln und Mizu no Kuni fühlt sich stark genug, Allianzen mit ihm zu gründen! Wer weiß, wer die Fäden in der Hinterhand hält. Akatsuki? Orochimaru? Wir müssen auf alles vorbereitet sein. Besser das Feuer schüren, als nackt in einem Flammenmeer zu stehen.« Sakura sagte nichts mehr darauf. Egal ob sie dafür oder dagegen war, es änderte nichts an der Richtigkeit des Arguments. Ihre eigenen moralischen Grundfeste spielten keine Rolle. Es gab bloß eines, das an ihr nagte. »Wieso alle anderen vor mir, Shishō? Lee, Naruto, Neji, Shikamaru, sogar Hinata und Shino vor einigen Wochen. Wieso bin ich Ihre letzte Wahl?« Tsunades Blick verfinsterte sich. Ausweichend schlug sie ihn auf den Boden nieder. »Ich kann verstehen, dass du enttäuscht bist, aber ich kann dir versichern, dass es nichts mit deinen Fähigkeiten zu tun hat. Das bedeutet, es hat in Wahrheit alles damit zu tun. Chūnin gibt es wie Sand am Meer. Iryōnin sind sehr viel seltener. Sie sind heißbegehrt und ihre Akten werden tendenziell häufiger von fremden Nationen eingesehen als die regulärer Shinobi. Es wäre zu auffällig gewesen, etliche Chūninakten verschwinden zu lassen und dabei meine begrenzte Anzahl an Iryōnin zu dezimieren. Ich hatte nicht vor, irgendeinen Iryōnin zu befördern, um Iwa keinen Grund zu geben, misstrauisch zu werden. Doch die neuesten Umstände lassen mir keine Wahl, als dieses Risiko einzugehen.« Sakura hätte zu gerne gefragt, auf welche Umstände ihre Meisterin anspielte. Sie wusste, dass sie keine Antwort erhalten würde. »Ich bedanke mich erneut für Ihr Vertrauen, Hokage-sama«, sagte sie mit einer förmlichen Verbeugung. »Du kannst gehen, Sakura. Ach ja«, rief sie ihr hinterher, »Könntest du Naruto und Sasuke etwas ausrichten?« . . Sunagakures Frühstückstisch war immer reichlich gedeckt, was Shikamaru dieses Exil weit weniger grausam vorkommen ließ, als er eigentlich gewillt war. Vielleicht war es auch Temaris Gesellschaft, die ihn in dieser Einöde zumindest ein bisschen ablenkte. Die ehrenwerte Hokage hatte ihn vor einigen Tagen hierhin verbannt, damit er Kaze no Kuni bei der nächsten Ausrichtung des Chūninexamens behilflich sein konnte. Dies war keine Überraschung, weil er diese undankbare Aufgabe jedes Mal bekam, wenn eine der halbjährlichen Prüfungen anstand. Bloß war er im Normalfall drei Wochen vor deren Beginn im betreffenden Land, nicht drei Monate. Es weckte ungesunde Skepsis in ihm, vor allem, nachdem er von einer Korrespondenz zwischen dem Kazekagen und der Hokage gehört hatte. Man schrieb sich nicht einfach so, um zu fragen, wie das Wetter war. Seiner Theorie, dass sein Aufenthalt etwas mit dieser Korrespondenz zu tun haben könnte, wirkte lediglich der Fakt entgegen, dass er bereits Tage zuvor aufgebrochen war. War er als Wachhund hier abgestellt worden, weil Tsunade Gaara nicht traute? Dass er sich keinen Reim darauf machen konnte – beziehungsweise viel zu viele Hypothesen hatte – schlug ihm aufs Gemüt. »Du bist dran.« Temari sah ihn herausfordernd an, wobei sie sich zurücklehnte und ihren roten obi richtete, der bei ihrem wohlgewählten Schachzug verrutscht war. Elf Minuten hatte sie über die neue Position ihrer auserwählten Shogifigur gebrütet. Er konterte ihre geschickte Attacke binnen zwanzig Sekunden. Temari war, obwohl nicht so schwierig wie Uchiha Itachi oder sein verstorbener Sensei Asuma, sehr viel hartnäckiger. Wo andere aufgaben, wenn sie ihre Niederlage vorausahnten, kämpfte sie mit eiserner Verbissenheit ihre bereits zum Scheitern verurteilte Schlacht. Bei ihrem letzten Duell, das über zwei Stunden gedauert hatte, hatte sie ihn so gegen Ende sogar noch in eine mittelmäßige Bredouille gebracht, die ihn den Sieg hätte kosten können, hätte er nicht mit seinen letzten vier Zügen die Oberhand zurückerobert. Ausgehend von ihrem lauten, unruhigem Charakter hatte er ihr nicht zugetraut, derart verharren zu können. Selbst als er für einen dieser vier letzten Züge über eine viertel Stunde gebraucht hatte, war sie ihm schweigend gegenüber gesessen, ohne sich auch nur zu bewegen, geschweige denn zu sprechen. »Dein Zug, Temari.« Sie beugte sich erneut nach vorne, die Fingerspitzen aufeinander gelegt. Der jetzige Zug ging schneller. Sie hob eine der hinteren Spielfiguren auf, stoppte jedoch, als Schritte den Gang vor dem Frühstückszimmer des Kagegebäudes entlang hallten. Shikamaru sah ihn nur kurz durch den Türspalt huschen, erkannte die Uniform jedoch sofort. Temari hatte ihn ebenso schnell identifiziert. »Konohas Boten sind schnell.« »Das ist ein Eilbote«, korrigierte er, stand auf und trat auf den Flur, an dessen Ende der Eilbote die Treppen nach oben nahm. Er folgte ihm, Temari dicht an den Fersen, deren besorgter Gesichtsausdruck verriet, dass sie über mehr Informationen verfügte, als sie auf seine vorgestrige Frage hin preisgegeben hatte. Als er vor der einen spaltbreit geöffneten Tür des Versammlungsraum anhielt, sah er durch die schmale Lücke gerade noch, wie der Bote dem Kazekagen, der umringt von Sunagakure no Satos Ältestenrat im Plenum stand, sein Transportgut überreichte. Dieser öffnete und las ihn so ungeduldig wie schnell. »Eine derartige Antwort hatte ich erwartet«, sagte er laut an seine Berater gerichtet, ohne den Inhalt der Nachricht zu offenbaren. »Konohagakure no Sato verlangt Details dieser Mission.« »Das ist eine horrend anmaßende Forderung!«, brüskierte einer der Räte sich. »Allianz hin oder her, wir haben eine Entscheidung getroffen, die wir für richtig halten. Konohas Meinung dazu ist nicht von Relevanz!« »Sie wird es werden, sollte der Eskalationsfall eintreffen. Ich war von Anfang an dagegen, dieses Vorhaben zu realisieren. Hokage-sama sichert uns jede mögliche Unterstützung zu, sollten wir uns bereiterklären, sie einzuweihen. 'Allianz hin oder her' halte ich für keine äußerst kluge Argumentation. Sollte es tatsächlich zum Eklat kommen, brauchen wir jede Unterstützung, die wir bekommen können. Ich werde noch heute ein Schreiben mit allen wichtigen Details absenden.« Die jüngere Rätin neben dem Alten erhob sich, um Einwände vorzubringen, wurde jedoch von Gaaras rigorosen Geste unterbrochen. »Ich stimmte dem Vorschlag des Rates zu, weil es zwingende Argumente dafür gab. Sollte dies die richtige Entscheidung gewesen sein, haben wir keinen Vorwurf Konohas zu befürchten. Sollte Hokage-sama allerdings anderer Meinung sein, werde ich ihre Perspektiven ebenso berücksichtigen. Vergessen wir nicht, dass diese Allianz mehr ist, als bloß auf Papier festgehalten.« Shikamaru versuchte jeden Gesichtszug des Kazekagen zu lesen, doch Gaara gab nichts preis. Er wollte bereits nach dem Inhalt des Briefes fragen, als sein Blick auf Temaris besorgtes Gesicht fiel. Gaaras Verteidigung war steinhart wie der gepresste Sand, der ihn berüchtigt gemacht hatte. Seiner Schwester war vielleicht viel eher durch ein geschicktes Ablenkungsmanöver das ein oder andere versehentliche Wort zu entlocken. Dass Gaara keinen nennenswerten Fakt genannt hatte, war Absicht gewesen. Er hatte genau bemerkt, mit welch neugierigen Ohren Shikamaru ihn belauscht hatte. »Wie wäre es, wenn du mir das Dorf zeigst, Temari?« Verwundert runzelte sie die Stirn. Verwundert und skeptisch, besser gesagt. Dass sie ihn sofort durchschaut hatte, war klar, änderte jedoch nichts an seinem Plan. »Jetzt auf einmal? Wenn ich mich recht erinnere, hast es vor ein paar Tagen abgelehnt, als ich dir genau dieses Angebot machte?« »Darf ein Mann seine Meinung nicht ändern?« Temari nickte in seine Richtung. »Ein Mann schon, aber du nicht. Fein, ich bin kein Unmensch. Wenn du denkst, ich würde plaudern, darfst du es gerne versuchen. Wir fangen im Süden bei den Schluchten an und arbeiten uns nach Nordosten hinauf. Dort gibt es einige herrliche Aussichtsplattformen, die man gesehen haben muss. Man kann von dort aus beinahe bis nach Kawa no Kuni sehen.« . . Er hatte milde gelächelt. Nun, wo er auf dem Plateau stand, das vom Flachdach eines hohen Hauses gebildet wurde, verging ihm sein besserwisserischer Tadel. Man konnte tatsächlich fast bis nach Kawa no Kuni sehen. Die ersten Ansätze der Graslandschaften nahe der Grenze waren schemenhaft zu erahnen. Er war sich sicher, dass man an klaren Tagen sogar den ersten Fluss erkennen konnte. »Und ich dachte schon, du verarschst mich«, gab er trocken zu. Temari schnaubte. »Dazu hätte ich sehr viel bessere Methoden. Soll das nun geziemter Smalltalk werden, um mir zu entlocken, was du wissen willst?« »Oh Kami unserer Welt, wie hat sie mich nur durchschaut?« Sein beißender Sarkasmus schrillte schmerzhaft in seinen eigenen Ohren. Er mochte es nicht, sarkastisch werden zu müssen. Bei seiner Gastgeberin verspürte er nur leider fortwährend dieses grausame Bedürfnis dazu. Noch ein paar Wochen hier und er würde sogar zynisch werden. »Wie ist die Lage in Konoha?«, erkundigte sie sich. Ohne ihn anzusehen lehnte sie sich an das Geländer und sah in den klaren Nachmittagshimmel. »Angespannt«, antwortete er vage. »Akatsuki macht uns zu schaffen. Inzwischen haben sie fünf Bijū in ihrem Besitz. Das sind allerdings bloß die, deren Jinchūriki wir tot auffanden. Sie gehen chronologisch vor. Shukaku, Nibi, Isobu, Son Gokū und Kokuō; eins bis fünf. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis Leiche Nummer sechs auftaucht. Wie auch immer sie es schaffen, diese Monster zu extrahieren, sie haben mindestens fünf. Es ist klar, dass wir uns wappnen. Ihr solltet das auch tun.« Temari biss sich auf die Lippen. Beinahe wäre sie auf seine Finte hereingefallen. »Ein netter Versuch, aber er bleibt erfolglos. Die Korrespondenzen zwischen Kage und Kage unterliegen strengster Geheimhaltung. Ich kann dir nicht sagen, um was es geht.« »Das interessiert mich auch nicht«, wandte Shikamaru ein. »Ich will wissen, was für eine Mission Gaara ansprach.« Sie verzog ihre befeuchteten Lippen zu einem schmalen Grinsen, das provokant und neckisch war. Sie genoss es, die Überhand zu haben. »Das, Shikamaru-kun, ist etwas, das du hoffentlich nicht herausfinden wirst müssen.« »Weißt du, wie man Leute wie dich nennt? Anstrengend.« »Du findest alles anstrengend.« Er winkte beiläufig ab, ohne auf die Richtigkeit dieser Aussage einzugehen. »Wir haben unsere Shogipartie noch nicht beendet. Oder hast du Angst, gegen mich zu verlieren?« »Das hättest du wohl gerne.« Zufrieden mit dem, was er erreicht hatte, machte er sich an ihrer Seite auf den Rückweg zum Verwaltungsgebäude.  Zumindest war er klüger als zuvor.   . . Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)