Evenfall von 4FIVE ([Itachi x Sakura | non-massacre AU | dorks to lovers]) ================================================================================ Kapitel 7: Seven Number Three -----------------------------   . .     Seit Jiraiya vor drei Tagen aus seinem zweiwöchigen Koma erwacht war, versuchte Sakura sich unentwegt vor ihren Schichten bei ihm zu drücken. Sein Kreislauf war durch die verschiedenen Chakren immer noch angeschlagen, seine Konstitution schwach und sein Charakter so derb wie nie zuvor. Sie war ein geduldiger, umsorgender, überprotektiver Mensch, wenn es um ihre Patienten ging, aber irgendwann war jede Grenze erreicht. Jiraiya hatte sie längst überschritten. »Sie sind der schlechteste Patient aller Zeiten, Jiraiya-sama«, zischte sie durch zusammengepresste Zähne, die sie nur deshalb zusammenpresste, weil die Prozedur, die sie durchführte, äußerste Konzentration verlangte. Es war eine nicht gerade standardmäßige Überprüfung des Heilungsfortschritts seiner Tenketsu, von deren dreihunderteinundsechzig sich nur zwei langsamer als erwartet von der Überstrapazierung erholten. Zufrieden mit diesem Ergebnis zog sie ihre Spürfäden aus seinem Körper. »Du brichst mir das Herz, Sakura-chan!« »Passen Sie bloß auf, dass ich Ihnen nichts anderes breche«, gab sie patzig zurück. Es fiel ihr nicht gerade leid, mit einem legendären Sannin zu sprechen wie mit einem störrischen Patienten. Leider war er genau das und Tsunade hatte ihr versprochen, sie nicht zu belangen, wenn diese ein paar neue Blessuren fände. Die Ohrfeige, die sie ihm bei seinem Erwachen gegeben hatte, musste jetzt noch in seinen Ohren schallen, so viel war sicher. Selbst dass sie danach mit unterdrückten Tränen um seinen Hals gefallen war, täuschte nicht über ihre Wut hinweg. Da verstehe einer diese Hokage! »Wie geht es mit mir voran, Sensei?«, fragte Jiraiya neckend. Er hatte es sich zur Aufgabe gemacht, sie sukzessive in verzweifelten Wahnsinn zu treiben, indem er wahlweise ihre Autorität anerkannte, im nächsten Moment jedoch jedweden ärztlichen Rat mit haltlosen Argumenten zurückdrängte. Sakura war in Versuchung, ihm eine Lüge zu erzählen, entschied sich letztlich jedoch dagegen. Sie hatte immerhin einen Eid geschworen. »Besser«, erklärte sie zufrieden auf das Krankenblatt sehend. »Ihr Chakrasystem ist inzwischen wieder einsatzfähig und Ihr Chakraniveau steigt langsam aber sicher, über die Grenzschwelle. Es wird noch ein paar Tage dauern, bis ich Sie guten Gewissens entlassen kann, danach werden Sie aber fit sein wie zuvor.« Jiraiya klatschte erfreut in die Hände. Sein verschmitztes Grinsen reichte bis über beide Ohren. »Habe ich mich eigentlich schon dafür bedankt?« Sie verdrehte die Augen und klemmte die Akte wieder zurück an das Fußende des Krankenhausbettes. »Sehr oft. Shizuka-chan wird dennoch nicht Ihre Pflegerin. Ich werde weiterhin Haya-san damit betrauen. Sie ist äußerst kompetent.« »Aber alt!«, wandte er mit herzzerreißendem Schluchzen ein, das Sakura signalisierte, wie spät es war. Höchste Zeit, ihre Runde fortzusetzen. Jiraiya verlangte ihr immer mehr Minuten ab, als sie eigentlich hatte. Sasuke war mit seinem Team seit zwei Wochen auf einem wichtigen Auftrag im Ausland, Naruto und Sai mit Yamato ebenfalls – Tsunade hatte sie Jiraiya wegen hierbehalten wollen – leider täuschte die Absenz ihrer Stammpatienten mit dem Hang zu kriminell kopflosen Aktionen, die sie auf ihren Behandlungstisch brachten, nicht darüber hinweg, dass Konohas Krankenhaus ausgelastet war wie immer. »Haben Sie noch Fragen zu weiteren Schritten Ihrer Behandlung?«, fragte sie, ihre professionelle Miene sorgsam wahrend. »Nein.« Er schüttelte dankend den Kopf. »Tsunade und Shizune-chan sind mir damit schon reichlich auf die Nerven gegangen. Ich verstehe kein Wort von eurem medizinischen Kauderwelsch. Solange es mir wieder auf die Beine hilft, ist mir alles recht.« Sakura nickte zufrieden und erhob sich. Das komplizierte Gefasel von Iryōnin ging nahezu jedem eingefleischten Shinobi am Allerwertesten vorbei; Heilung war nicht das Prinzip, nach dem man als Krieger lebte. Wenigstens war Jiraiya kein Dummkopf der schlimmen Sorte, oder hatte einfach zu viel Angst vor Tsunades Rache, wenn er ihre Anweisungen ignorierte. Er machte zwar um jede Medizin einen Mordsaufstand, als wäre er ein widersässiges Kleinkind ohne Manieren, machte außer seiner Rebellion gegen jede noch so kleine Pille jedoch wenigstens keine Versuche, sich heimlich zum Training wegzuschleichen oder die Trennkost, die man ihm vorsichtshalber verordnet hatte, mit Ramen zu umgehen. Nicht, dass Sakura da ein konkretes Beispiel nennen konnte … Erleichtert, Jiraiyas Visite hinter sich zu haben, trat sie auf den Gang im vierten Stock, wo wie immer geschäftige Eile herrschte. Schwestern gingen von hier nach dort, Ärzte huschten vorbei, Besucher suchten die Zimmer ihrer zu Besuchenden und inmitten dieses Treibens sah sie zwei braune Zöpfe. »Tenten«, rief sie über die halblauten Berufsgespräche ihrer Kollegen hinweg. Die Angesprochene blieb stehen und drehte sich um. »Guten Morgen, Sakura«, grüßte sie zurück. Sie trug ihre Freizeitkleidung im traditionellen Stil ihrer Familie, was darauf schließen ließ, dass sie schon länger wieder im Dorf war. Soweit Sakura informiert worden war, war gestern Abend ein Team aus den nördlichen Breitengraden Hi no Kunis zurückgekehrt, dessen drei männliche Mitglieder allesamt im Krankenhaus lagen. Tenten lächelte unschuldig. »Ich wollte Neji besuchen.« »Er liegt im zweiten Stock in einem der Mehrbettzimmer. Hyūga Hiashi hat beinahe Shizunes Bürotüre eingetreten, als sie ihm nicht sofort sagen konnte, wo sein Neffe ist.« »Seit sie ihre große Familienvereinigung hatten, sind die Hyūgas doch alle am Durchdrehen. Hast du ein wenig Zeit für Tratsch?« Sie sah flüchtig auf ihre Armbanduhr, die irgendwann stehengeblieben sein musste, denn sie zeigte kurz nach Mitternacht. Wenn das mal kein Zeichen war. »Was ist mit Neji?« Tenten warf ihre Hand nach hinten. »Vergiss Neji. Ich werde ihm später die Leviten lesen. Da denkst du, du kennst jemanden als beherrschten, kontrollierten Menschen, und dann mischt er sich in eine Schlägerei zwischen Lee und Kiba ein, in der es Pudding ging – nein, lass es mich präzisieren: Reispudding. Aufgrund dieser fehlenden ersten Silve fing dieser Streit nämlich erst an.« Sie raunte frustriert. »Männer!« »Das ist eine etwas andere Version als jene, die in den Akten steht.« Sakura runzelte amüsiert die Stirn, beschloss jedoch, nicht weiter darauf einzugehen. Wenn sie offenbaren müsste, weswegen Naruto und Sasuke oder Naruto und Sai oder Naruto und Kiba oder Naruto sich mit irgendjemandem schon einmal angelegt hatte, würde ihre vorgezogene Mittagspause nicht reichen. Sie bestellten sich zwei Tassen schwarzen Kaffee, der zum Widerspruch aller geltenden Krankenhauscafeteriaklischees nicht sonderlich abstoßend schmeckte, und ließen sich auf einem der freien Tische in der Mensa nieder, die mit Besuchern, Patienten und Angestellten gleichermaßen gefüllt war. Oder eher: nicht gefüllt. »Ziemlich wenig los hier, wenn du mich fragst. Ist es immer so im Herbst?«, begann Tenten den harmlosen Smalltalk, den sie anstrebten. Sakura blies eine Strähne aus ihrem Gesicht. »Das hat wenig mit der Jahreszeit zu tun. Es gibt Wochen, in denen viele Missionen ausgeschrieben werden. Konohas Straßen sind nicht minder shinobilos. Drei Viertel sind im Einsatz, der Rest ist hier. Wir sind nicht überbelegt, was an sich ein gutes Zeichen ist, wenn es auch so bleibt, nachdem die Teams zurückgekehrt sind. Die meisten Missionen haben etwas mit Akatsuki zu tun, was die Verletzungsgefahr steigen lässt. Ich rechne nicht damit, die Neuzugänge bloß aufgrund von Pudding behandeln zu müssen.« »Reispudding«, korrigierte Tenten matt. »Da wir von Einsätzen sprechen, hast du von Hinatas Beförderung gehört? Sie wurde vor einigen Tagen nach ihrer Mission mit Shikamaru, Ino und Shino zum Jōnin ernannt. Die Hyūgas bauen langsam an alter Schlagkraft auf. Ihre Schwester wird bereits als baldige ANBU gehandelt, sobald sie in ein paar Monaten ihren siebzehnten Geburtstag feiert. Verdammte Vetternwirtschaft. Ich wette, bloß deshalb ist Hanabi mit Konohamaru-kun zusammen.« Sakura verschluckte sich vor Überraschung an ihrem Kaffee. Nur mit Mühe, Räuspern und Husten konnte sie das kostbare Heißgetränk aus ihrer Luftröhre zurückholen. »Sie ist was? Seit wann ist er nicht mehr mit Moegi-chan zusammen?« »Seit sie ihn für diesen kürzlich zum Chūnin ernannten – wie heißt er noch gleich, dieser Kleine aus dem Aburame Klan. Mit Brille und langen Haaren? – verlassen hat.« »Waren wir damals auch so?«, fragte sie mehr sich selbst als die Kunoichi ihr gegenüber. Soweit sie sich erinnern konnte, hatten sich Beziehungsdramen in ihrer Pubertät auf sehr viel seichteren Ebenen abgespielt. Wenn man sie fragte, hatte ein Ninja unter fünfundzwanzig sowieso nicht an Liebe zu denken. Es sei denn er oder sie hatte vor, seinen Beruf bald an den Nagel zu hängen. Kurzlebige Affären wurden nicht gerne gesehen in einem Dorf, das sich auf Traditionen und Treue berief, was es schwierig machte, einen erst einmal erwählten Partner nicht zu heiraten. Wer würde Ninja werden, wenn er vorhatte, jung zu heiraten? Welch Schwachsinn. »Wir waren brav«, beschloss Tenten für sich selbst. »Auf unser Training fixiert, keine Ablenkungen zulassend – wenn man dem Klatsch trauen kann, dürfte Hanabi sowieso keine Zeit für einen Freund haben. Die Hyūgas müssen dringend ein paar Talente vorweisen, sonst sind sie ihre Vorherrschaft bald los, nachdem nach Uchiha Shisui, Uchiha Itachi und Uchiha Sasuke nun auch Uchiha Izuya bei der ANBU mitmischt, weiß ich wirklich nicht, wie man dabei keinen Knoten in der Zunge bekommen könnte. Da wir gerade davon sprechen –« »Itachi-san?« Sakura brauchte sich die Frage ihrer neugierigen Freundin gar nicht anzuhören. Jeder war scharf auf Informationen über Uchiha Itachi. Er war immerhin ein Phänomen. »Hat dir Ino nicht längst erzählt, wie er so ist? Immerhin war sie es, die sich ihm sternhagelvoll an den Hals geworfen hat.« Tenten unterdrückte schadenfrohes Grinsen. »Ich hoffe, er hat sie ordentlich weggestoßen. Er wäre einer der wenigen, der Ino widerstehen könnte, was ihn mir sympathischer machen würde. Sollte das in irgendeiner Weise helfen.« »Nicht wirklich«, meinte sie mit einer despektierlichen Geste, die sie sofort bereute. Sie wollte nicht zynisch sein, weder vor Tenten, noch vor sich selbst. Ihre Finger schlangen sich enger um die hellgründe Tasse. »Wenn ich ehrlich bin, ist er ein guter Captain. Er spielt in einer anderen Liga als wir. Als Anführer eines ANBU Teams muss er Missionen koordinieren, die ein Niveau haben, das ganz anders ist als das unsere. Das, gepaart mit den Umständen seiner Funktion als Erbe eines nervigen Klans, der sich seit jeher für etwas Besseres hält als die Leute, auf denen sein Ruhm sich in Wahrheit gründet, erklärt wohl seine akribische Verbissenheit, mit der er jeden noch so burlesken Umstand einplant. Du kannst dir nicht vorstellen, welch Schuldgefühle er dir macht, wenn du nicht punktgenau auf ihn hörst. Aber … die Art, wie er sich bewegt …« Unwillkürlich kitzelte ein wunderbarer Schauer der bewundernden Erregung über ihre Arme. »… wie er mit seinen Waffen umgeht, seine Schnelligkeit und die Präzision seiner Angriffe. Das ist ein Level, das meines Erachtens nach sehr nahe an Perfektion grenzt.« Sie zuckte die Schultern. »Aber, was zählt schon eine kleine Kunoichi, die gerade einmal gut genug zum Chūnin ist?« »Er hat dein Selbstvertrauen wirklich angekratzt«, bemerkte Tenten mitleidig. »Du solltest dich nicht mit einem ANBU vergleichen. Das ist eine ganz andere Liga als das, was unsereins anstrebt. Oder willst du zur ANBU?« Sakura schnaubte abfällig. »Himmel, nein! Wenn mir schon der eine Uchiha derartige Herabsetzungen meiner eigenen Wertigkeit beschert, wie soll ich mit dem Rest dieses Vereins zurechtkommen?« Ihr Ton mäßigte sich unwillkürlich in ruhigere Versenkung. »Wer würde schon freiwillig zur ANBU gehen? Ein neuer Tag, ein neuer Mord? Ich habe geschworen, Leben zu retten. Sie mutwillig zu beenden, spricht gegen all meine Prinzipien, auf die meine Fähigkeiten aufbauen. Selbst wenn wir es gerne hätten, wir sind keine gefühllosen Werkzeuge. Ich zumindest nicht.« »Aber Uchiha Itachi?«, hakte Tenten überrascht über diesen Umschwung nach. Was fanden bloß alle an diesem Mann? Ach ja, er war einer der berühmtesten Shinobi seiner Zeit. »Uchiha Itachi«, wiederholte Sakura sehr viel gefasster, »Ist so wie alle anderen Uchihas: wortkarg, überheblich und pseudocool. Wobei man das 'pseudo' in seinem Fall per Definition weglassen kann. Man kann ihm nicht absprechen, dass er eine verdammt gute Figur macht, wenn er andere herumkommandiert.« Zur Behauptung ihrer Meinung, trank sie ihre Tasse in einem determinierten Zug leer. »Haruno-sensei?« Eine dunkelblonde Krankenschwester mit geflochtenem Zopf trat seitlich an Sakura heran, die aufsah und sich zum zweiten Mal an ihrem Kaffee verschluckte. Tenten klopfte ihr mitleidig auf den Rücken. Als sie sah, wer die nervöse Schwester begleitete, begann sie schadenfroh zu grinsen. Sakura würde es ihr irgendwann heimzahlen. Zuvor musste sie die Fassung vor ihrer Mitarbeiterin und Itachi, der exakt vier Schritte hinter dieser stand, wiedergewinnen. Verlegen räusperte sie sich, die Wangen leicht gerötet. »Ja, Aya-san?« »Verzeihen Sie die Störung, Sensei«, sagte diese nicht minder verlegen. »Jemand wartet in Behandlungszimmer sechs. Es handelt sich um einen Sharingan-Fall, deshalb dachte ich, es wäre besser, Sie zu verständigen.« Sakura sah skeptisch an ihrer schmalen Statur vorbei, hinter der Itachi ohne eine einzige Regung wartete. Er war noch uniformiert, aber nicht dreckig, also war er nach der Rückkehr von seiner Mission nicht sofort ins Krankenhaus gekommen. »War ja klar«, murmelte sie zu sich selbst. Typisch Uchihas; seit wann war sie überhaupt zu einer Expertin für Dōjutsus geworden? Und, noch viel wichtiger, hatte sie sich diese Frage nicht schon einmal gestellt? Tief in ihrem Inneren wusste, sie, dass Sasuke in Behandlungszimmer sechs saß und sie verarschen wollte. Widerwilliger erscheinend als sie eigentlich war, skizzierte sie Tenten eine Wegbeschreibung zu Nejis Zimmer, ehe sie Aya ins Erdgeschoss folgte. Itachi blieb zurück, ordentlich in der Reihe vor dem Heißgetränkeausschank angestellt, wie es sich für einen manierlichen Menschen gehörte. »Das nächste Mal, wenn du mich holst, tu es ohne Anhängsel, Aya-san«, brummte Sakura. Im Gehen warf sie sich einen zufällig gewählten weißen Mantel aus ihrem Büro um, für den sie gerne einen Umweg gemacht hatte. Normalerweise mochte sie keine Kittel; sie war Iryōnin, keine normale Ärztin. Wenn es um ein Sharingan ging, war ihr allerdings jedes Mittel recht, das ihr ein wenig mehr Autorität verlieh. »Ich konnte nichts dagegen tun!«, rechtfertigte Aya sich. »Als ich ins Behandlungszimmer zur Routineuntersuchung der ankommenden ANBU kam, verlangte seine Mutter eine Iryōnin und bevor ich losgehen konnte, um Sie zu suchen, bat er mich, ihm die Cafeteria zu zeigen, damit er für Mikoto-san Tee holen konnte.« »Grandios.« Sakura schüttelte den Kopf. Es brauchte ihr nicht peinlich zu sein, dass er ihr halbhohes Loblied auf ihn mitbekommen hatte. Er war Anerkennung gewiss gewöhnt. Sie schob alle Gedanken daran beiseite, um sich ganz auf ihren aktuellen Patienten zu konzentrieren, der mit verschränkten Armen und mürrischem Blick auf dem Untersuchungsbett saß, neben ihm seine Mutter, die böse auf ihn herabfunkelte, als sei dieser Endszene die ein oder andere längere Diskussion vorausgegangen. Sakura unterdrückte aufkeimendes Lachen und räusperte sich unter geheuchelter Entschuldigung. »Gute Morgen, Mikoto-san. Was kann ich für dich tun, Sasuke-kun?« Es war ein aberwitziges Bild, auf dem Mikoto ihrem Sohn sofort das Wort abschnitt. »Als er gestern von seiner Mission zurückkam, hatte sein Sharingan eine grünliche Färbung.« »Grünlich?«, wiederholte sie zweifelnd. »Hör nicht auf sie, Sakura«, mischte Sasuke sich ein, dem es sichtlich nicht passte, ungefragt zu bleiben. »Ich habe ihr schon hundert Mal erklärt, dass es der Lichteinfall war, aber sie will ja nicht hören! Stattdessen schleppt sie mich unnötigerweise hierhin!« »Wie sprichst du mir deiner Mutter?«, tadelten sie und nahm die dampfende Tasse Tee dankend an, die ihr älterer Sohn ihr reichte. Verflucht, Sakura hatte ihn nicht einmal das Zimmer betreten hören! Dass Getränke in einem Untersuchungszimmer in der Regel nicht gestattet waren, ließ sie sicherheitshalber unter den Tisch fallen. Sie wollte nicht noch mehr Reibereien verursachen, als notwendig. »Eine Verfärbung –« Sie sah alibihalber auf den ausgefüllten Anamnesebogen. »– halte ich aus medizinischer Sicht für sehr unwahrscheinlich, Mikoto-san.« »Danke!«, rief Sasuke genervt aus. »Allerdings sollte es durch bestimmte Winkel von Licht auch nicht unbedingt zu einer Reflexion kommen, die andere Leute Farben sehen lässt, die in Sharinganaugen nichts zu suchen hat.« Sie zog einen Hocker an das Bett, um einen allgemeinen Check Up zu starten. Wenn er schon einmal hier war, konnte sie es gleich in einem Aufwisch erledigen. Es dauerte nicht lange, bis sie die Taschenlampe ausknipste und Sasukes Krankenblatt ausgefüllt hatte. »Wenn Sie sofort eine Diagnose haben möchten, Mikoto-san, würde ich auf eine schlichte Netzhautüberspannung tippen. Vor allem bei Dōjutsus kommt es häufig vor, dass die Retina durch kontinuierlichen Durchfluss von Chakra gereizt wird. Ich habe es zwar bislang nur an Fällen bei Byakugan gesehen, aber man kann es wohl pauschal überschlagen: die Augen sind im Vergleich zu unserem Körper natürlich ein extrem kleiner Teilbereich, durch den ein konzentriertes Maß Chakra geleitet wird. Es kann schon manchmal zu Atrophie der dort vorhandenen Zellen führen, was die Netzhaut ausdünnt. Bis sich diese Zellen neu gebildet haben, Sasuke, solltest du deinen Auge eine Pause von Dōjutsus gönnen.« »Wie lange wird es dauern?«, fragte er in hervorstechender Missstimmung über die Bevormundung, die nicht nur von seiner Mutter, sondern scheinbar auch von seinem Bruder ausging. Wie interessant. »Ein paar Tage. Drei, maximal vier. Übertreib' dein Training einfach nicht, dann wirst du keine Schwierigkeiten haben. Apropos, Itachi-san, warst du schon bei der Routineuntersuchung?« »Es geht mir gut.« Das war zwar nicht ihre Frage gewesen, beantwortete diese jedoch nicht minder. Natürlich. Yūgao war bereits gestern dagewesen und Shisui hatte es nicht lange ausgehalten, sich nicht von den hübschen Schwestern umsorgen zu lassen. Mit Sasuke hatte sie nun beinahe alle zusammen, die sie brauchte, um Tsunades Anforderungen zu erfüllen. Ihre Shishou war seit Amegakure derart überreizt, dass sie sich nicht ausmalen wollte, was sie ihr antun würde, wenn sie nicht alle ankommenden Shinobi abhakte. »Setz' dich hin«, befahl sie in ihrem strengsten Ton. Der hatte bisher immer gewirkt. Nicht so bei Itachi. Er blieb neben seiner Mutter stehen, ohne Anstalten zu machen, sich auch nur irgendwie zu bewegen. »Es dauert auch nicht lange«, versprach sie weiter. Nada. Sie brauchte doch nur fünf Minuten, um das letzte leere Blatt auf ihrem allgegenwärtigen Brett auszufüllen! Was zur Hölle waren daran so unglaublich schlimm, dass jeder Shinobi sich aus Prinzip dagegen wehrte? Endlich ging Itachi auf sie zu, nahm jedoch nicht wie gefordert auf Sasukes freigewordenem Bett Platz, sondern ihr das Klemmbrett samt Stift aus der Hand. Seine dunklen Augen lasen flüchtig über die auszufüllenden Kästchen, die von Fachbegriffen nur so strotzten. Nicht minder flüchtig hakte er sie alle ab und gab ihr das 'ausgefüllte' Formular. »Zufrieden?« Sakure war unschlüssig, ob sie lachen oder weinen sollte. Etwas in ihr wehrte sich gegen diese lachhafte Situation, eine andere gab sich damit zufrieden, ein Krankenblatt zu haben. »Ja«, presste sie schließlich hervor. Sie entschied sich gegen die Option, ihre Autorität erneut auszureizen. Seit Amegakutre war ihr die Diskrepanz zwischen ihnen viel zu bewusst. »Gut. Wollen wir Asuka-chan besuchen gehen, Okāsan?« In vollendeter Höflichkeit ließ er seine Mutter vorgehen, Sasuke schlecht gelaunt und Sakura verdutzt zurücklassend. »Wird sie jemals wieder eine Kunoichi sein können?«, wollte er nach einigen schweigsamen Sekunden wissen, in denen sie ihre Zettel neu sortierte. »Das ist sie doch längst.« Sakura lächelte aufmunternd. »Asuka-chans Verletzungen sind nun einen Monat alt und kaum noch spürbar. Ich würde keine konkrete Prognose treffen wollen, aber wenn sie sich anstrengt und ihre Übungen im Therapiezentrum des Krankenhauses jede Woche ordentlich macht, wird sie ihren Arm in spätestens zwei oder drei Monaten wieder vollständig belasten können. Für ihre jetzigen Geninmissionen reicht es allemal und bis zu den nächsten Chūninprüfungen ist sie wieder fit.« Sie schlug ihren Blick unwillkürlich auf ihre Fingerspitzen nieder, die Stimme absenkend. »Übrigens, danke. Ich weiß nicht, was wir getan hätten, wenn ihr nicht aufgetaucht wärt.« »Tsunade-sama schickte uns für genau diesen Fall nach. Wir hatten Glück, dass Itachi ein Viehtreiber ist. Wir mussten zwei Tage lang ohne Pause durchlaufen.« Als sie seinen Blick suchte, waren seine Augen aus dem geöffneten Fenster gerichtet, vor dem sich die Falten des transparenten Vorhangs im leichten Wind aneinanderschmiegten. »Mach dir keine Gedanken um ihn. Er ist ein notorischer Nörgler. Glaub mir, für ihn ist in jeder Suppe ein Haar. Hast du eine Ahnung, wie es ist, mit ihm unter einem Dach zu wohnen?« »Jetzt spring mal von deiner Mitleidsschiene ab, Sasuke-kun«, unterbrach Sakura ihn. Sie verspürte nicht unbedingt das schreiende Bedürfnis nach einem Seelenverwandschaftsgespräch mit ihm. »Tu nicht, als wärst du mein Freund. Du bist immer noch der selbstsüchtige Mistkerl, der nach unserem gemeinsamen Versagen bei der Chūninprüfung plötzlich nur mehr Augen für seinen ach so tollen Klan und seine ach so blendende Karriere hatte und sich nicht einmal mehr die Mühe gemacht hat, sich um seine Freunde zu scheren. Und bevor du fragst: ja, wir sind deswegen noch sauer.« Sie strich ihren Kittel glatt und ging ohne ihn zu Wort kommen zu lassen. Wie sie Sasuke kannte, hätte er sowieso nichts mehr zu sagen gehabt. Dass sie pathetisch und unfair war, war ihr bewusst, aber egal. Er hatte es ja auch irgendwo verdient. . . Ihr Büro war weit leerer als gut für Konoha war. Über den Daumen gepeilt konnte man sagen: je mehr Papierkram, desto besser. Papierkram bedeutete Bürokratie bedeutete Diplomatie bedeutete Frieden bedeute kein Krieg. Im Grunde lief das System nach einem sehr einfachen Grundschema ab, für dessen Wurzeln Tsunade einige Zeit gebraucht hatte. Inzwischen verstand sie, wieso bei ihr immer Unordnung herrschte: sie war Hokage in Friedenszeiten. Dass eine militärische Obermacht theoretisch in Zeiten der Ruhe keinerlei Daseinsberechtigung hatte, kompensierte sie damit, die Oberhand über die Verwaltung zu haben. Darum war sie mit der Arbeit nicht nachgekommen. Es gab während des Friedens einfach zu viel zu tun, das man bürokratisch behandeln musste. Jede Interaktion mit einem anderen Land, jede Missionsanfrage aus dem Ausland musste kopiert, eingeordnet und korrekt abgelegt werden, um allen fremden Verwaltungsorganen die Chance zu bieten, diese Dokumente einzusehen. Die einzigen, die der Geheimhaltung unterlagen, waren jene, die Tsunade nun geordnet vor sich hatte: Berichte von ANBU Teams, die Mission ausgeführt hatten, die nicht im übergeordneten Bündnisinteresse waren, sondern in Konohas Interessensbereich. Dies war Sozialismus in Reinkultur. Und es behagte ihr nicht. Tsunade kaute nachdenklich auf ihrem Daumennagel herum. Yūgao hatte vor einigen Stunden einen schriftlichen Report abgegeben, den ihr Captain in ein paar Minuten mündlich wiederholen würde wollen. Sie hatte nie verstanden, wieso gewisse Regeln existierten – die mündliche Absicherung war eine davon – nichtsdestoweniger verstand Itachi sie hervorragend zu befolgen. Es würde nicht mehr lange dauern, bis er hier auftauchte. Sie spürte, wenn jemand sie mit Dingen nerven wollte, die nicht ihr Hauptaugenmerk verdienten. Das Gefühl war diesmal stärker. Sie schluckte ein Glas Sake zur Beruhigung ihres Magens. Jiraiya, dieser Dummkopf, hatte ihr in den letzten Wochen genügend Nerven geraubt. Grausam, wie quicklebendig er war, wo er doch eigentlich am Rande seiner Kräfte hätte sein müssen. Sakuras Behandlung war bemerkenswert. Sie würde diese Leistung in ihre Akte notieren, die sorgsam auf einem Stapel lag, der immer kleiner wurde, während sich die Ablage daneben immer weiter nach oben rankte. Chūnin und Jōnin waren sortiert darin aufgetürmt. Es würde nicht mehr lange dauern, bis ihre reizende Schülerin auf ihren Aufstieg zur Elite bestünde. Bis dahin musste Tsunade mit aller Kraft versuchen, sie auf dem Chūninstapel zu behalten, um keinen Argwohn bei anderen Ländern zu wecken. Die Zeiten waren heikel; das Wettrüsten hatte mit der scheinbar willkürlichen Ernennung zahlloser Jōnin längst begonnen. Iwa und Kumo waren ebenso wie Konoha und Suna dabei, ihre Reihen zu festigen. »Komm' rein«, sagte sie, den Blick auf ihre aufgehende Tür gerichtet. »Wieso heute wie ein normaler Mensch, Itachi? Wo bleibt die Unart meiner ANBU, durch mein Fenster zu springen, als sei mein Büro ein Taubenschlag?« »Ich komme aus dem Krankenhaus«, erklärte er, ihren trockenen Tonfall in geübterem Maß erwidernd. »Es wäre ein Umweg gewesen, den Turm erst zu umrunden. Haben Sie den Bericht gelesen?« »Nein. Du kannst gerne weit ausholen. Ich höre zu.« Itachi festigte seinen kerzengeraden Stand, den man allen Ninjas beibrachte, wenn sie Bericht erstatteten. Nach einer Zeit begann die Wirbelsäule ob der unnatürlichen Haltung zu schmerzen, jedoch hatte sie ihn noch nie auch nur einen Mundwinkel verziehen sehen. Ebenso wenig wie sie ihn schon einmal in privater Aufmachung erblickt hatte. Irgendwann einmal – wie lange mochte es her sein? Zwanzig Jahre? – als der Uchihaklan, mal wieder, Nachwuchs bekommen hatte, waren sie, Jiraiya und Orochimaru vom Sandaime dazu gezwungen worden, persönlich ihre Glückwünsche zu überbringen. Es war die letzte Gemeinheit, die er ihnen reingedrückt hatte, ehe er seinen Posten an Namikaze Minato übergeben hatte. Es war auch der letzte gemeinsame Auftrag, den sie ausgeführt hatten, ehe Orochimaru Konoha den Rücken gekehrt hatte. Melodramatischer Scheißkerl. Tsunade jedenfalls hatte den damals etwa sechsjährigen Itachi noch gut in Erinnerung, wie er skeptisch über den neugeborenen Izuya gebeugt war. Es war das erste und letzte Mal, dass sie ihn in Freizeitkleidung gesehen hatte. Dies waren wohl die Nachteile, die der Titel Hokage mit sich brachte: man hatte nie Feierabend. Itachi räusperte sich, um zu seinem Bericht anzusetzen. »Yugito-san wurde vermutlich nicht in Kusa no Kuni getötet, wo man ihre Leiche fand, sondern auf einem Pfad durch Yu no Kuni, der vom Hauptreiseweg abweicht. Wir nehmen zumindest an, dass sie dort überwältigt und bewusstlos oder tot zu ihrem Fundort geschafft wurde. In der ganzen Höhle sind keine Blutspuren, aber Restresonanzen von großem Chakraaufwand. Die Annahme liegt nahe, dass Akatsuki dort den Bijū extrahierte und sie entweder aufgrund dieser Prozedur starb oder ihren Verletzungen erlag. Es gibt keine Hinweise, dass sie absichtlich getötet wurde. Wie wir bereits vermutet hatten, haben sie es wohl nur auf die Bijū abgesehen, nicht aber auf die Jinchūriki.« »Die Frage ist, was wollen sie damit?«, warf Tsunade in den Raum, ohne eine Antwort zu erhoffen. »Diese Monster sind stark, aber was bringt ihnen das? Tod, Verwüstung und Weltherrschaft ist zu banal, um als ihr Hauptziel zu gelten. Dazu sind sie viel zu geschickt. Ob sie etwas mit den politischen Entwicklungen zu tun haben?« »Das kann ich Ihnen nicht sagen, Hokage-sama«, antwortete er, »Aber ich kann es herausfinden. Yūgao und Shisui sind bereits wieder einsatzfähig. Wir können noch heute Abend aufbrechen.« Sie machte eine abwehrende Handbewegung. »Ja. Aber ich will dich in spätestens einer Woche wieder hierhaben. Ich erwarte Aobas Team bald zurück und da ich fürchte, dass mir nicht gefällt, was er herausfindet, werde ich zumindest dich für weitere Maßnahmen brauchen. Was ist mit Sasuke? Wurde er verletzt?« »Nein. Über ihn möchte ich gerne noch reden.« »Ach?« Tsunade hob eine Augenbraue. »Ist er nicht gut genug für dein Team, Itachi?« »Doch. Aber ich finde, sein Talent wäre in unserer Konstellation verschwendet.« »Tatsächlich?« Sie hob die zweite Augenbraue. »Und welch andere Konstellation schlägst du vor? Es gibt wenige Shinobi, die mit ihm klarkommen würden. Ich bin schon froh, Yūgao davon abgehalten zu haben, das Team seinetwegen zu verlassen.« An der kleinen Falte, die sich zwischen seinen Augen bildete, konnte Tsunade sehen, dass er davon bislang nichts gewusst hatte. Hoppla. Da hatte sie wohl etwas ausgeplaudert. Itachi ließ sich außer dieser Hautunebenheit nichts weiter anmerken, als er seinen strammen Stand lockerte. »Ich möchte Ihnen einen Vorschlag unterbreiten. Reformieren Sie Team Sieben. In seine ursprüngliche Form.« Tsunade war nahe dran, in schallendes Gelächter auszubrechen, hätte sie nicht gewusst, dass kein Uchiha jemals einen Witz gemacht hatte. Dies war auch kein Witz, dies war ein schlechter Scherz! »Wieso?« »Liegt es nicht auf der Hand? Die Fähigkeiten der drei sind in ihrer Gesamtheit beeindruckend umfassend. Die Schlagkraft von Uzumakis Ninjutsus, Sasukes Sharingan und Schnelligkeit, Sakura-sans Medizinkenntnisse und enorme Taijutsu. Außerdem würde es menschliche Vorteile bringen. Sasuke wäre gezwungen, aus dem Schneckenhaus der Uchihas zu kriechen, in das er sich hat verfrachten lassen, als er das Team verließ. Es läge auch in Ihrem Interesse, ihn eher auf Ihrer Seite zu wissen anstatt der des Klans. Zudem ergänzen sich ihre Temperamente. Sasuke behält die Ruhe, Uzumaki geht das Wagnis ein und Sakura-san ist die Stimme der Vernunft, die das geeignete Mittelmaß dazu findet. Zu dritt könnten sie sich gegenseitig regulieren und es wäre einfacher, die Schlagkraft dieses Teams im Auge zu behalten, wenn sie zusammen sind. Es ist ein offenes Geheimnis in den Kreisen der ANBU, dass die Ältesten und die Funkionäre des Reiches ein wachsames Auge auf die drei haben, weil ihre Parameter langsam aber sicher ein gesundes Maß übersteigen. Den Schwerpunkt zu verlagern, erscheint mir am sinnvollsten. Sie sollten nicht außer acht lassen, wer sie sind.« Tsunade biss sich auf die Lippen, die, je weiter er gesprochen hatte, ein umso beeindruckteres 'o' geformt hatten. Scheinbar hatte Itachi sich seine Argumentation reichlich überlegt. In der Tat hatte er vor allem mit seinem letzten Ansatzpunkt recht. Sein unermüdliches Engagement, zusammengewürfelt mit der chaotischen Sympathie, die er an den Tag legte, und die Macht, die er jeden Tag aufs Neue unter Beweis stellte, machte Uzumaki Naruto, so schwer es ihr auch fiel, diese Tatsache zu akzeptieren, zu einem idealen Kandidaten für den Posten des Rokudaime Hokage. Er hatte das Dorf einst vor Sabaku no Gaara gerettet, hatte ihm anschließend seinen neuen Hokage gebracht und weiß Gott was noch, das ihr auf die Schnelle nicht einfiel. Sakura als seine beste Freundin würde auf der Liste der wichtigen Personen sehr weit oben stehen. Uchiha Sasuke als stärksten Verbündeten dieses Duetts zu sehen war an sich ein Gedanke, den sie schätzte. Dies außeracht gelassen waren Naruto und Sakura außerdem vor allem eines: die bekanntesten Schüler zweier legendärer Sannin. Aufgestockt mit dem berühmten Spross eines mächtigen Klans hätte Konoha mit diesem Trio ein populäres Druckmittel gegen jeden, der das Dorf übers Ohr hauen wollte. Sie dachte da an Iwagakure im speziellen, an den Rest im weiteren Sinn. »Fein. Ich werde sehen, was sich machen lässt.« Sie schloss eine willkürliche Schublade, womit sie Itachi subtil hinauskomplimentierte. Ihr Bauchgefühl hatte sie also nicht betrogen. Wie schaffte dieser Kerl es bloß immer, dass alles nach seiner Pfeife tanzte? Ach ja, er war eine wandelnde Objektivität, die wahre Vorteile erkannte. Besorgt strich sie über die Kante von Yūgaos Missionsbericht. Je eher sie handelte, desto besser. Sie würde gleich nächste Woche ein Experiment starten, wenn sie die drei überrumpeln konnte. Sasuke von den Uchihas abzunabeln war gar keine schlechte Idee. Der Klan begann bereits, sich innerhalb des Dorfes mithilfe der Exekutivgewalt, die sie seit jeher innehatten, autark zu machen. Dann war da noch Itachi. Dass er so gut von ihrer Schülerin sprach, rührte sie auf so vielen Ebenen und brachte sie auf eine wunderbare Idee. Wenn er schon so hervorragend mit ihrer besten Medicnin auskam, würde sie diesen erfreulichen Umstand gleich zu ihrem Vorteil nutzen und Sakura ins kalte Wasser stoßen. Sie wollte doch Jōnin werden, wie sie einst lautstark kundgetan hatte; ein paar Erfahrungen an der Seite des ein oder anderen ANBU konnten da kaum schaden. Wenn sich Aobas Team beeilte, konnte sie ihre begabteste Adeptin vielleicht sogar noch gewinnbringender einsetzen, als sie angenommen hatte. Dass diese soweit war, hatte sie in Amegakure no Sato reichlich unter Beweis gestellt. . . In ihrer Vorstellung lag Naruto schwitzend und keuchend vor ihr, der Kampfgeist aus seinen blitzblauen Augen vertrieben, um Gnade winselnd. In der Realität saß sie im Schneidersitz auf dem trockenen Erdboden des Trainingsgeländes und heilte mit böser Miene einen tiefen Schnitt an ihrem Oberarm. »Es tut mir leid, Sakura-chan«, entschuldigte Naruto sich bereits zum vierten Mal. Er stand mit vor der Brust erhobenen Armen neben Sai, der sich hingekniet hatte, um seine Schriftrollen fachmännisch aufzurollen. »Spar's dir«, gab sie grimmig zurück. Dass Naruto immer brutal war, wenn es um Kämpfe ging, war ihr sehr wohl bewusst. Dass er sie mit einem hinterlistigen Trick abgelenkt hatte – diese verfluchte Oiroke no Jutsu hatte neuerdings auch eine männliche Variante erhalten – würde sie ihm hingegen niemals verzeihen. Noch weniger sich selbst, dass sie sich dadurch hatte ablenken lassen. Sie hatte sich immer schon gefragt, wieso diese Technik funktionierte. Nun wusste sie es. Und sie fand es nicht gut. »Haben wir das Training eigentlich schon beendet?«, warf Sai in den Starrwettbewerb, der zwischen seinen kindischen Teamkameraden entbrannt war. Zwei Schreie waren Sekundenbruchteile darauf zu hören: ein Brüller, als Sakura sich auf Naruto stürzte, und ein ersticktes Quieken, als sie ihn niederriss. Sofort legte er die Hände an ihre Hüfte und warf sie über sich, sodass sie ihren Würgegriff beenden musste. Als sie landete, befanden er und Sai sich bereits in Angriffshaltung. Sie wollten eine Tracht Prügel? Die konnten sie gerne ha – »Haruno-san! Uzumaki-san!« Der Bote, der inmitten ihres Formationsdreiecks auftauchte, wäre um ein Haar massakriert worden, hätten die drei nicht rechtzeitig ihre Attacken gestoppt. Diese Leute waren selbst schuld, wenn sie die Angewohnheit hatten, immer und überall aufzutauchen. »Hokage-sama verlangt nach Ihnen.« Sakura wäre weniger verwirrt gewesen, wenn sie nur nach ihr geschickt hätte. Jiraiya ging es mittlerweile so prächtig, dass er vor einigen Tagen hatte entlassen werden können, aber es hätte sie auch nicht überrascht, wenn er es gleich an seinem ersten Tag in Freiheit maßlos übertrieben hätte. Vielleicht weniger mit Training und Chakraverbrauch, aber halbnackte Frauen und vollgefüllte Sakebecher waren nach Ruhe und Trennkost regelrechtes Gift für den Körper. Dass sie Naruto ebenfalls verlangte, konnte nur eines bedeuten. »Mission!«, trällerte Naruto erfreut. »Wunderbar! Tsunade-obāchan sperrt uns schon viel zu lange hier ein! Echt jetzt, ich habe mir schon Sorgen gemacht, weil sie Shikamarus Team anstatt uns nach Sunagakure geschickt hat.« Dies war in der Tat ungewöhnlich. Dass Sakura längere Zeit im Dorf blieb, war nicht ungewöhnlich. Bei Naruto verhielt sich die Sachlage anders. Seit seinem gemeinsamen Auftrag mit Kakashi, Yamato und Sai, von dem er vor sechs Tagen zurückgekehrt war, hatte Tsunade sich davor gescheut, auf seine nerventötenden Anfragen einzugehen, selbst als er ihr zweimal vor dem Hokageturm aufgelauert hatte. Genau in diesem befanden sie sich bereits nach zwei Minuten, in denen Naruto all sein Tempo zusammengekratzt hatte. Er lief voran die Außenstiegen hoch, öffnete elanvoll die Tür und – stoppte abrupt, sodass Sakura in seinen Rücken lief. »Au, was – Sasuke-kun!« Sasuke schien nicht minder überrascht, die beiden zu sehen. Noch mehr verwunderte allerdings die Tatsache, dass er alleine hier war. Ohne Itachi. Ohne Shisui. In Jōninkleidung. »Was willst du denn hier, Teme?« »Dasselbe könnte ich dich fragen, Dobe.« »Oder«, schlug Tsunade matt vor, die überstehenden Ecken eines Aktenstapels plan klopfend, »Ihr könntet mich fragen, weil ich es war, die euch herbestellt hat. Aus gutem Grund, will ich meinen.« Die beiden Kontrahenten schnaubten widerwillig, wandten sich der Hokage jedoch protestlos zu. Sakura trat neugierig an den Schreibtisch heran, um vorab einen Blick auf eine offizielle Meldung zu erhaschen, deren Schriftzug und Farbe typisch waren für eine bestimmte Art von offiziellem Schreiben, das an alle Nationen im Bedarfsfall verschickt wurde. »Der Yondaime Mizukage verstarb vor vier Tagen«, erklärte Tsunade, ihren vorformulierten Kondolenzbrief über die Todesanzeige schiebend. »Getötet von Akatsuki. Er war, wie uns nun bekanntgegeben wurde, Wirt des Sanbi. Die fünfte Generation wurde bereits gewählt und soll ihr Amt binnen der nächsten Tage antreten.« »Wer ist es?«, fragte Sasuke. »Niemand, der bislang auffällig war. Ihr Name ist Terumī Mei. Kein sonderlich bemerkenswerter Klan, kein besonderes bekanntes Bluterbe, keine spezielle Reputation, aber sie ist jung und unerfahren.« Sakura trat einen Schritt zurück in die Linie, die Naruto und Sasuke mit finsterem Gesichtsausdruck bildeten. Sie wusste genau, auf was Tsunade hinauswollte. »Wenn Akatsuki Yagura-sama getötet hat«, überlegte sie, »Wäre es möglich, dass sie es waren, die Terumī-sama zum Mizukage verholfen haben.« »Nach allem was wir wissen, steht sie nicht unter der Kontrolle von Akatsuki. Man sagt, Terumī Mei sei eine sehr loyale Persönlichkeit. Loyal zu Kirigakure, das unter der Schreckensherrschaft des Yondaime keine sonderliche Bedrohung für uns darstellte. Es war zerrissen und bedingt durch seine vielen verschiedenen Kulturen, wies es nie eine ernstzunehmende Einheit auf, die ins Gewicht fallen hätte können. Ich denke, sie wird versuchen, eine solche Einheit herzustellen.« »Sollen wir den Brief überbringen und spionieren?«, wollte Naruto hoffnungsvoll wissen. Er trat ungeduldig von einem Fuß auf den anderen. Die Hokage wehrte ab. »Dafür gibt es Boten und Spione. Ich möchte, dass ihr euch Kirigakure no Sato zeitversetzt hinter genau diesen nähert und ein Abkommen mit dem Dorf trefft. Es wurde bereits unter der Absegnung der vier anderen Großnationen ausformuliert und muss nur mehr unterschrieben werden. Änderungen sind nicht möglich. Sasuke wird die Argumentation führen, da er als Mitglied des Uchihaklans am ehesten als Autoritätsperson gesehen wird. Sakura und Naruto, ihr bildet die Flanken. Dass Akatsuki inzwischen im Besitz von drei Bijū ist, bedeutet für uns Dörfer eine große Gefahr. Dies ist das Hauptargument. Wir dürfen nicht zulassen, ihnen einen weiteren in die Hände fallen zu lassen. Akatsuki hat Spuren gelegt, denen wir alle blind gefolgt sind. Weiter als bis zu diesem Punkt dürfen wir nicht gehen, wenn wir den Krieg verhindern wollen, in den sie uns führen wollen. Ame no Kuni hat der gebündelten Kraft der fünf großen Shinobinationen nichts entgegenzusetzen. Diesen Vorteil müssen wir um jeden Preis sichern. Ich erwarte euch in zwei Wochen zurück.« Drei Ninjas schluckten. Eine diplomatische Mission von einem Team ausführen zu lassen, das nicht für diese Zwecke ausgebildet worden war, konnte furchtbar schief gehen. Zumal dieses Team in sich ganz und gar nicht jenen diplomatischen Frieden trug, den es bringen sollte. Sakura spürte bereits Narutos Provokation, auf die Sasuke zu gerne eingehen würde, und sie spürte ihre eigene aufkommende Skepsis. Solange sie ihn nicht sehen musste, konnte sie ihren ehemaligen Teamkameraden gut ignorieren. Was sie ihm mit ihrem reizbaren Temperament und ihrer seit seinem Austritt neu dazugewonnenen Kraft antun würde, wenn er auch nur ein falsches Wort ausspuckte, wollte sie sich gar nicht erst vorstellen. In drei Gesichtern, die sich gegenseitig anstarrten, stand nur eine Frage geschrieben: Wie lange würde es wohl dauern, bis der erste blutete?   . . Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)