Selfishness von Caity ================================================================================ Kapitel 1: Konzeption --------------------- »Ich hatte gedacht, Liebe wäre einfach. Man findet die Person, die man liebt, kommt zusammen und ist glücklich. Doch ich musste am eigenem Leib erfahren, dass es nicht immer so ist. Hindernisse, Probleme, all dies stellte sich mir in den Weg. Der Weg, der mich zu meinem Glück führen sollte.« "Clemens, ich glaube kaum, dass Schaaf dich das durchgehen lässt." "Wieso denn nicht? Hat er halt einen Spieler weniger, auf den er aufpassen muss." Ich hörte Per schwer seufzen. Wieso dachte er so negativ? Unser Trainer mochte mich und er würde es sicher erlauben, dass ich ein einziges Mal nicht mit der Mannschaft nach Bremen zurück fahren würde. Gedankenverloren hielt ich ein Glas Wasser in der Hand, wiegte es hin und her. Mal zur einen Seite, mal zur anderen. Und immer, wenn das Wasser drohte, hinauszulaufen, brachte ich das Glas in letzter Sekunde wieder in die Senkrechte. Per neben mir starrte hingegen auf die Mattscheibe vor uns. Die Fernbedienung hatte er fest mit der Hand umklammert und zappte ständig von einem Kanal zum nächsten. Mal war es Schillerstraße, dann Wer wird Millionär? und dann mal wieder CSI: New York. Der konnte sich auch nicht wirklich entscheiden. "Ich glaube das größere Problem wird sein, Piotr davon zu überzeugen, mich bei ihm schlafen zu lassen", griff ich das Thema von eben wieder auf und sah, wie Per bei dem Herumzappen innehielt. Er drehte sein Gesicht zu mir, runzelte etwas die Stirn. Nicht zu sehr, doch es fiel mir trotzdem auf. "Wieso sollte er nicht?", fragte er daraufhin. "Ihr versteht euch doch so gut." War da ein Tick Eifersucht zu hören? Nein, da hatte ich mich verhört. "Ja schon... Aber ich hatte in der gesamten Zeit, in der wir uns kennen, bisher ein einziges Mal bei ihm übernachtet. Und das ist schon Ewigkeiten her." "Einmal ist nicht keinmal." "Das heißt einmal ist keinmal, Per." "Ach ist doch egal", nuschelte er und begann wieder, auf dem kleinen Gerät in seiner Hand herumzudrücken. Ich grinste etwas, er sah es zum Glück nicht. Aber vielleicht hatte er Recht, ich sollte mir nicht so viele Sorgen darum machen. Außerdem, wer konnte mir schon einen Wunsch abschlagen? Wenn ich Piotr einfach nett fragen würde, ob wir nicht das Wochenende zusammen verbringen wollen, würde er bestimmt zusagen. Er braucht bestimmt auch etwas Gesellschaft. Seit er wieder alleine lebt, hat er diese bestimmt nicht mehr so oft wie vorher. Ich nahm einen Schluck Wasser und stellte dann endlich das Glas wieder zurück auf den Nachttisch. Während ich meinen Blick ebenfalls zum Fernseher wandern ließ, entfuhr mir ein Gähnen. Für kurze Zeit verschwamm mein Sichtfeld, aufgrund von Tränen, die mir beim Gähnen immer in die Augen stiegen. Ich rieb mir mit dem Knöchel meines Zeigefingers über die Augen und lehnte mich weiter zurück in die Kissen. "Schlaf doch schon mal", meinte Per plötzlich. Meine Müdigkeit blieb ihm natürlich nicht enthalten. "Willst du nicht auch schon schlafen?", fragte ich hingegen. Er gab nur ein leises "Hm" von sich und drückte zum gefühlten hundertsten Mal auf die Fernbedienung. "Sag mir nicht, dass du noch weiter da deine Zeit verschwenden willst?" Ich nickte zum Fernseher. Schon seit einer guten halben Stunde hatte er es nicht geschafft, auch nur fünf Minuten bei einer Serie zu bleiben. Was bezweckte er damit? Ein weiteres "Hm" ließ mich aufstöhnen. "Na wenn du meinst. Gute Nacht", waren meine letzten Worte, ehe ich die Decke bis nach oben zog und mich auf die Seite drehte. Das Flimmern und die leisen Geräusche des Fernseher störten mich wenig. Der Grund warum ich nicht einschlafen konnte war, dass ich die ganze Zeit sein Gesicht vor Augen hatte. Die dunklen, kurzen Haare. Das strahlende Lächeln. Verdammt! Wie viele Stunden Schlaf dieser kleine Hamburger mir schon geraubt hatte! Ich sollte Schadensersatz verlangen oder aber darum bitten, ihn einzubuchten. Naja gut, das war vielleicht doch zu heftig. Alternativ könnte man ihn natürlich auch in meiner Wohnung inhaftieren. Mit diesem Gedanken und einem leichten Lächeln auf den Lippen schlief ich dann auch endlich ein. ,_.,'*~*',._, "Clemens, aufstehen!... Na los!... Verdammt, jetzt steh schon auf!" "Mhm... was denn?" Widerwillig schlug ich die Augen auf und sah Per vor meinem Bett stehen. Fertig angezogen hatte er die Hände in die Seiten gestemmt und blickte auf mich hinab. Mit einer bestimmten Geste deutete er auf die Uhrzeit und ich warf - verschlafen wie ich war - einen Blick auf die kleine, graue Digitaluhr auf meinem Nachttisch. "Du weißt schon, dass wir vor fünf Minuten beim Frühstück sein sollten, oder?", kam es von Per und erst da realisierte ich, was die Uhr mir mitteilte. "SCHEIßE!", rief ich aus und warf die Bettdecke zurück. Mit ein paar Schritten war ich ins Badezimmer gestürmt, hatte die Tür hinter mir zugeworfen und angefangen, mich in Windeseile fertig zu machen. Als ich dann kurze Zeit später - das musste meine Rekordzeit im Fertigmachen gewesen sein - zurück in unser Zimmer trat, stand Per am Fenster und blickte hinaus. Nachdem er mich bemerkt hatte, drehte er sich um und grinste breit. Auf meinen fragenden Blick hin schüttelte er nur den Kopf und begab sich auf die Tür zu. Bevor auch ich das Zimmer verließ, warf ich einen letzten Blick in den Spiegel neben unseren Schrank, fuhr mir durch das blonde Haar und grinste mein Spiegelbild an. "Warum hast du mich nicht schon früher geweckt?", fragte ich meinen Zimmerpartner, als wir die Treppe Richtung Essenssaal hinunter sprinteten. Ich dachte nur noch daran, dass ich das mit Piotr jetzt abschminken konnte. Nach diesem Zuspätkommen würde Schaaf mich sicher nicht in Hamburg lassen. "Was glaubst du was ich die ganze Zeit versucht habe", gab er genervt zurück. "Aber du hast wahrscheinlich so tief und fest von Piotr geträumt, dass du nichts mitbekommen hast." Ich merkte sofort, wie mir eine gewisse Röte ins Gesicht stieg. "Psst", zischte ich nur, was jedoch vollkommen nutzlos war. Die Gänge waren leer, die gesamte Mannschaft war schon beim Frühstück und bis auf die Angestellten lief hier keine Menschenseele rum. Das doofe war ja, dass Per Recht hatte. Das hatte er viel zu oft, wie ich bemerkte. Tatsächlich handelte mein Traum von letzter Nacht von einem äußerst interessanten Abend, in dem Piotr eine große Hauptrolle spielte. Doch bevor ich noch mehr Rot auf die Wangen bekam - und das würde ich sicher, wenn ich mich noch weiter an den Traum erinnere - lenkte ich meine Aufmerksamkeit lieber auf den Raum vor uns. Ich betrat hinter Per den Saal, konnte mich so etwas hinter seiner Größe verstecken. Es war vorhersehbar, dass sich zunächst alle Blicke auf uns richteten. Einige grinsten, andere wiederum - und da gehörte unser Kapitän eindeutig dazu - schüttelten den Kopf. Unschlüssig standen wir einige Sekunden da, bis wir uns an einen Tisch mit zwei leeren Plätzen gesellten. "Man habt ihr ein Glück, dass Schaaf noch nicht da ist", kicherte Mesut, der mir gegenüber saß und ein halbes Brötchen, belegt mit Salat und Käse, in der Hand hielt. Darauf lag eine Scheibe Gurke, die er jedoch abnahm und sich schon vorher in den Mund stopfte. "Wie kommt das?", fragte Per und wie ich blickte er sich um, bemerkte, dass der Trainer wirklich noch nicht anwesend war. Anstatt zu antworten, zuckte Mesut nur mit den Schultern und biss dann von seinem Brötchen ab. Er genoss das Frühstück und machte keine Andeutung, noch mal mit uns in ein Gespräch zu verfallen. War mir auch egal. Stattdessen warf ich ein Blick auf das lecker aussehende Buffet und stand dann auf. So ganz ohne Frühstück wollte ich dann auch nicht los. "Kommst du mit?", warf ich Per die Frage zu und er nickte nur, stand dann ebenfalls auf. Gemeinsam schnappten wir uns einen Teller und fingen sogleich an, diesen mit Brötchen, Wurst, Käse und anderen leckeren Dingen vollzupacken. Es hatte ja doch einen Vorteil, später zu kommen als die anderen. Freie Bahn am Buffet! Während wir aßen, warf ich immer wieder flüchtige Blicke zur Tür, wartete, dass unser Trainer zu und stieß. Als es dann auch endlich so weit war, atmete ich erleichtert auf, denn wie man deutlich sehen konnte, hatte Thomas Schaaf ein Lächeln auf den Lippen und demnach gute Laune. Das war meine Chance. Doch ich würde erst nach dem Frühstück zu ihm hingehen und ihm mein Anliegen berichten. Als die meisten mit dem Essen fertig waren, meldete unser Trainer sich und erklärte, wann wir nach Hamburg aufbrechen würden. Dann verließen ein paar Spieler schon den Saal, um sich fertig zu machen. Ich hingegen stand auf, gab Per ein Zeichen, dass er auf mich warten sollte und ging nach zielstrebig auf den Tisch zu, an dem unter anderem unser Trainer saß. Als er mich bemerkte, fragte ich, ob er kurz Zeit hätte, da ich eine wichtige Angelegenheit hätte. "Klar", meinte er nur und wir beide begaben uns an einen Ort, wo keiner war und dementsprechend auch nicht zufällig etwas mitbekommen konnte. "Wa gibt's denn, Clemens?", fragte mich der gebürtige Mannheimer mit seiner freundlichen Art. Nicht lang drum herum reden, sprach ich mir zu und rückte dann gleich mit der Frage heraus. "Ich wollte fragen, ob ich nach dem Spiel heute zu einem Bekannten fahren könnte und bei ihm übernachten dürfte?" Ich erwähnte nicht, dass der Bekannte Piotr war, ging meinen Trainer ja eigentlich nichts an. Schaaf legte den Kopf etwas schief und schaute mich fragend an. "Wieso denn das?", fragte er nächst und ich wagte nicht, ihm etwas vorzuenthalten. "Wir haben uns schon länger nicht privat getroffen und da dachte ich, ich nutze die Chance, wo ich schon in Hamburg bin..." Auf einmal fing Schaaf an zu lachen und sein Lachen war äußerst beunruhigend. Diesmal war ich es, der einen fragenden Blick an mein Gegenüber richtete. "Na wer ist es? Lass mich raten, Jansen? Ne, hm.." "Wie-.. was..?" Ich musste ausgesehen haben wie jemand, dem gerade gesagt wurde, dass sein haustier gestorben sei, denn bei meinem Anblick fing Schaaf erneut an zu lachen. "Ach Junge, deine Aussage war so eindeutig, dass es nur ein Spieler aus Hamburg sein konnte. Und deiner Reaktion nach zu urteilen lieg ich da richtig?", er zwinkerte mir zu und ich schluckte schwer, nickte dann etwas. Ich fing mich wieder und versuchte ein Lächeln. "Also gut, ich denke das geht klar", waren seine letzten Worte, bevor er mir auf die Schulter klopfte und wieder Richtung Essensaal verschwand. Völlig verdattert blieb ich zurück und fuhr mir flüchtig mit der Hand durch die Haare. Trainer waren schon so eine komische Art von Menschen. Sie kannten ihre Schützlinge viel zu gut und konnten einen echt auf die Palme bringen. Ich schüttelte den Kopf, um ihn frei von der Szene eben zu bekommen und musste nun etwas grinsen. Er hatte mich echt übers Ohr gehauen. Das würde er irgendwann zurück bekommen. Da Per noch auf mich wartete, ging ich meinem Trainer hinterher und sah meinen großen Freund immer noch am Tisch sitzen, er unterhielt sich gerade mit Aaron. Sobald er mich zurückkommen sah, beendete er das Gespräch mit dem blonden Stürmer und gemeinsam gingen wir auf unsere Zimmer, um uns für die Fahrt bereit zu machen. ,_.,'*~*',._, "Clemens.. hey, Clemens!", verwirrt drehte ich mich zu Per um und nahm einen Stöpsel aus dem Ohr. "Was'n?", fragte ich etwas nuschelnd und schaute meinen großen Freund an, welcher neben mir im Bus saß. Wir waren bereits los gefahren und auf direktem Wege nach Hamburg. "Dein Handy hat geklingelt", meinte Per nur und deutete auf eben dieses Gerät, das seelenruhig auf dem ausklappbaren Tisch am Sitz vor mir lag. Ich griff danach und warf einen Blick auf den Display. Als ich erkannte, weshalb es geklingelt hatte, spürte ich, wie sich mein Herzschlag beschleunigte. Sofort öffnete ich die Kurzmitteilung und musste instinktiv selig gelächelt haben, denn plötzlich spürte ich einen Hieb in die Seite und blickte kurze Zeit später in Pers breit grinsendes Gesicht. "Und? Was schreibt er?", fragte der neugierige Kerl nach und ich tat nach zweimaligem Lesen so, als wäre es mir egal, legte das Handy wieder an seinen gewohnten Platz und wollte mich wieder meiner Musik widmen. Doch wie ich es mir gedacht hatte - und wie ich es von ihm kannte - gab Per nicht nach und knuffte mir wieder in die Seite. "Na sag schon!" "Jaja", meinte ich und gab dann die Nachricht - die ich nach zweimaligem Lesen auswendig konnte - wieder: "Hey Clemens. Seit ihr schon auf dem Weg in den hohen Norden? Freue mich auf das Spiel heute. Piotr." "Uuhh", jaulte Per und ich guckte ihn streng an, hielt mir dann den Zeigefinger vor den Mund. Per beruhigte sich wieder, grinste aber immer noch schräg. Sein Verhalten dieser Art kannten nur wenige Leute. Für die meisten war er der stille, große Kerl aus der Abwehr. Doch für mich war er eine unersetzbare Person. Ein bester Freund, ein Spaßkopf und ein liebevoller Riese zugleich. Wir hatten schon so viel gemeinsam erlebt. So viele Niederlagen und Siege erlebt. Und er war immer für mich da gewesen, so auch ich für ihn. Er war es, der mir in meiner schwierigsten Zeit beigestanden hatte. Denn ich wusste, ihm konnte ich vertrauen. Per war einfach ein Teil meines Selbst geworden. "Und was schreibst du zurück?" "Sei nicht immer so neugierig!" "Och menno..." Ich lachte. Er konnte es nicht lassen. Er wollte einfach alles wissen. Alles was mit Piotr und mir zu tun hatte. Schon seit Anfang an. (Flashback) Nervös fuhr ich mir durchs Haar. Mein Blick huschte von einem Punkt zum nächsten, konnten nie lange irgendwo verharren. Mein Gegenüber runzelte die Stirn. Eine Gewohnheit, die ich schon relativ früh an ihm erkannt hatte. Er tat dies immer, wenn er stark nachdachte oder einfach nur gerade keine Antwort parat hatte. In diesem Falle war es ersteres. »Du bist also... schwul?« Ich nickte. Kratze mich am Hinterkopf. Wie er wohl reagieren würde? Eine Pause trat ein. Ich schaffte es währenddessen endlich Per in die Augen zu sehen. Was ich dort sah war schwer zu beschreiben. Es war Überraschtheit, aber auch eine Spur Verwirrung. »Naja, ich...«, fing er an und wusste anscheinend nicht, was er sagen sollte. »Wenn du nicht damit klar kommst...«, meinte ich und fuhr mit meiner rechten Hand geistesabwesend meinen Oberarm hoch und runter. Per schüttelte abrupt den Kopf. »Überhaupt nicht. Das muss nur erstmal in meinen Kopf rein.« Erleichterung. Ich wusste, ich konnte ihm vertrauen. Eine weitere Pause trat ein, in der wir beide lediglich unseren eigenen Gedanken hinter her hingen. Per wirkte zuerst angespannt. Doch das legte sich wieder. Irgendwann erschien dann eines seiner typischen Per-Grinsen auf seinem Gesicht und er fragte mich schelmisch: »Und wer ist dein Lover momentan?« Ich war total überrumpelt gewesen. Hatte irgendwas vor mich hin gestottert, das überhaupt keinen Sinn ergeben hatte. Per hatte gelacht. Er hatte mir seine Hand auf die Schulter gelegt und gemeint, es sei ein Scherz gewesen. Doch sagte er auch, dass er an meinem Verhalten sehen konnte, dass es da wohl jemanden gab, der mir gefiel. Zu Recht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)