Snow White and the Huntsman - Blacksmith's Legacy von Jadis (Die Tochter des Hufschmieds) ================================================================================ Kapitel 2: Kapitel 2 ~ Schulden ------------------------------- To get a dream of life again A little vision of the start at the end But all the choirs in my head sang, No oh oh oh Schweiß brannte mir in den Augen, als mein Hammer auf das glühende Metall hinab sauste. Immer und immer wieder hämmerte ich das Hufeisen in Form, bis es zu kalt war, als dass meine Schläge noch etwas ausrichten konnten. Ich ging zur Feuerstelle, vergrub mit der Zange das Metall in der Glut und betätigte den Blasebalken, um das Feuer weiter anzufachen. Als ich Schritte hörte, wischte ich mir den Schweiß von der Stirn und drehte mich um. Die offene Schmiede war von allen Seiten zugänglich. Heute war es schon spät. Das Tageslicht war schon längst dem Dunkel einer sternlosen Nacht gewichen. Ich erkannte den Besucher erst, als er in den orangen Schein des Feuers trat. »Ihr?«, fragte eine bekannte Stimme ungläubig. »Ach, der Jäger«, sagte ich zur Begrüßung und wandte mich kurz der Glut zu, um meine Schadenfreude über seine späte Ankunft im Dorf nicht allzu sehr zu zeigen. Plötzlich lachte er kehlig und sah zur Seite, dorthin wo sich der Fluss befand. »Ich hätte ahnen müssen, dass Ihr mir eine falsche Wegbeschreibung gebt.« »Der Weg war nicht falsch«, rechtfertigte ich mich. »Er war nur nicht der schnellste.« »Sei's drum«, meinte der Jäger und rieb sich müde die Augen. »Ich muss den Schmied sprechen.« »Ich bin der Schmied«, sagte ich und unterstrich meine Aussage, indem ich das Eisen aus der Glut holte und bearbeitete. Das Hufeisen war fast fertig. »Ich meine... den alten Schmied«, spezifizierte der Jäger und trat ungeduldig von einem Bein auf das andere. Mit einem letzten Hammerschlag beendete ich meine Arbeit und tauchte das Eisen in einen Wassertank. Das Wasser zischte, als es mit dem heißen Metall in Berührung kam. Als es erkaltet war, nahm ich es heraus und ließ es lieblos auf die Arbeitsfläche fallen. »Was könntet Ihr denn von einem alten Hufschmied wollen?«, fragte ich rhetorisch und sah an ihm vorbei in die Nacht. »Ich kann Euer Pferd nirgendwo entdecken.« Er schien langsam ungehalten zu werden. Ein Nerv an seiner Wange begann zu zucken. »Ich bin hier um alte Schulden zu begleichen«, sagte er gepresst und das erste Mal seit unserer Begegnung im Wald, sah ich ihn überrascht an. »Was für Schulden?« »Bitte... der Schmied«, verlangte er und ich wischte mir die Hände an meiner Arbeitsschürze ab. »Ihr müsst lange auf Reisen gewesen sein, Huntsman«, sagte ich zu ihm. »Mein Vater ist bereits seit vielen Wintern tot.« Ehrliches Bedauern spiegelte sich in seinem Antlitz wider. »Das tut mir leid.« »Muss es nicht. Er war ein Mistkerl.« Auf die Nachricht hin griff der Jäger nach der Trinkflasche an seinem Gürtel und nahm einen kräftigen Schluck. Anschließend hielt er mir die Flache hin, doch ich lehnte kopfschüttelnd ab. Seine Fahne konnte ich bis hierher riechen. »Ich...«, begann er und hielt inne, als müsste er seine Gedanken ordnen. »Ich schulde Eurem Vater vier Hufeisen. Um genau zu sein, eigentlich das ganze Pferd, einen Brustpanzer, zwei Armschienen und zwei...« »Ihr wart im Krieg«, unterbrach ich feststellend seine Aufzählung und sah ihn mit meinen großen braunen Augen an. »Ja«, bestätigte er meinen Verdacht und nahm direkt noch einen Schluck, als würde er die Erinnerungen wegspülen wollen. »Sehr ehrenvoll nach all der Zeit noch daran zu denken, was Ihr einem Schmied schuldet.« Er sagte nichts, sah mich nur mit glänzenden Augen an. »Betrachtet Pferd und Rüstung als Geschenk dafür, dass Ihr unser Land verteidigt habt. Ihr seid dieser Schmiede nichts mehr schuldig.« »Das kann ich nicht annehmen.« Seine Stimme war nur ein Flüstern. »Bitte, ich will es so.« Er zögerte, wobei wir uns sekundenlang mit Blicken maßen, dann drückte ein leichtes Nicken seine Zustimmung und seine Dankbarkeit aus. »Sonst noch etwas?«, fragte ich. Es war schon spät und ich wollte mich endlich zur Ruhe legen. »Nein. Nachdem dies geklärt ist, werde ich weiter ziehen. Lebt wohl.« »Ihr auch«, sagte ich verabschiedend und sah seiner verschwindenden Silhouette so lange nach, bis ich sie in der Dunkelheit nicht mehr erkennen konnte. ~ Ein entsetzlicher Schrei riss mich aus dem Schlaf. Ich brauchte ein paar Sekunden um zu realisieren, dass es kein Traum war. Dann hörte ich das Klirren aufeinander treffender Schwerter und stürzte aus meinem Schlaflager. Ich öffnete die Falltür, die nach unten in die Schmiede führte und beeilte mich hinunter zu gelangen. Dann sah ich es. Die Truppen der Königin. Sie waren hier. Sie mordeten, brandschatzten und entführten die jungen Töchter des Dorfes. Vor Entsetzen fast gelähmt, bemerkte ich zu spät, dass ein Späher mit gezogenem Schwert auf mich zueilte. Ich konnte gerade noch nach dem Hammer greifen, als er nach mir schlug und ich mich nach hinten fallen ließ. Ich schrie, warf den Hammer und traf den Krieger am Kopf, während sein Schlag ins Leere ging. Er taumelte und ich hatte Zeit mich aufzurappeln und das Weite zu suchen. Ich war keine drei Schritt gekommen, als er mich am Bein packte und ich vornüber fiel. Auf dem Boden liegend, strampelte und trat ich nach ihm, doch er ließ nicht locker. Auch nicht, als ein Tritt seine Nase brach. Meine Finger krallten sich Halt suchend in den Boden und meine Nägel brachen, während meine Augen sich angstvoll weiteten. Ein dumpfer Schlag lies mich aufhorchen. Zeitgleich lockerte sich der Griff um meinen Fuß und ich sah hinter mich. Kräftige Hände packten mich an den Oberarmen und zerrten mich auf die Beine. Ich schlug blindlings um mich, kratzte, trat und schrie. So einfach würde ich mich nicht ergeben. »Beruhigt Euch, ich bin es. Hey!« Ich fing mir eine Ohrfeige ein, kam zu mir und blickte in stahlblaue Augen. Der Jäger! Er war noch immer im Dorf? »Lauft in den Wald. Ich bin direkt hinter Euch. Los, lauft!« Das ließ ich mir nicht zweimal sagen. Als er mich losließ, hastete ich völlig kopflos nach draußen, vorbei an schreienden Frauen, weinenden Mütterchen, brennenden Hütten und hatte für all dies keine Augen. Ich schlitterte über nassen Boden, stolperte über Erschlagene und wäre beinahe unter einem herabstürzenden Giebel begraben worden. Ich sah mich um, wusste nicht wohin. Überall lagen Tote, wurde gekämpft oder brannte es. Funken flogen durch die Luft und steckten andere Häuser in Brand. Als ich glaubte den Verstand zu verlieren, kam der Jäger neben mir zum Stehen und ergriff meine Hand. »Hier entlang.« Er zerrte mich weiter in eine Gasse, weg vom Kampfgeschrei, weg von den Sterbenden, weg von meinem alten Leben. Ich rannte gegen seinen Rücken, als er jäh stehen blieb und die beiden vor uns auftauchenden Späher in der Enge der Gasse fixierte. »Bleibt hinter mir«, befahl er, zog seine Axt und hechtete den Angreifern entgegen. In schneller Reihenfolge ließ er den ersten Mann zuerst die stumpfe und dann die scharfe Seite seiner Waffe spüren. Einen Schrei später landete auch der zweite Späher tot im Schlamm. Ich blinzelte. Ich hatte kaum mitbekommen, wie es passiert war. »Weiter«, rief er mir in Erinnerung und ich folgte ihm, immer weiter der Dorfgrenze entgegen. Am Fluss fand unsere Flucht vorerst ein schnelles Ende. Überlebende hatten sich hier gesammelt und vertrauten darauf verschont zu werden, wenn sie keinen Widerstand leisten würden. »Ihr müsst weiter!«, rief ich in die Runde und erkannte viele von ihnen wieder. »Wo sollen wir denn hin?«, fragte der Bäcker und drückte seinen verletzten Arm fest an seine rechte Seite. Ich wusste keine Antwort auf seine Frage, aber ich wusste, dass es den sicheren Tod bedeuten würde, wenn sie blieben. »Wir müssen weiter«, drängelte mein Begleiter und zog fest an meinem Arm. Ich konnte mich nicht dagegen wehren, als er mit mir das Flussufer hinab kletterte und durch die eisigen Fluten ans andere Ufer watete. »Bitte, lauft weg!«, schrie ich in einem letzten Versuch zurück in die Nacht und hoffte, dass sie auf mich hören würden. »Sie werden nicht gehen«, sagte der Jäger und half mir eine Böschung hinauf. »Ihre Angst wird es nicht zulassen.« Ich wollte wirklich, dass er Unrecht hatte. Wenig später erklommen wir den Hügel, der sich nördlich des Dorfes erhob und ich schaute erstarrt auf das brennende Dorf hinab. Leise, verhallende Schreie waren in der Ferne zu hören. Die Späher waren wieder abgezogen und hatten nur Kummer und Leid zurückgelassen. Ein Klos bildete sich in meinem Hals, als ich meine gesamte Kindheit in Flammen aufgehen sah. Geschockt bedeckte meine Hand meinen Mund und ich ging in die Knie. All die Seelen, die heute Nacht zu den Sternen zurückgekehrt waren... Menschen die ich kannte, Menschen die meine Nachbarn waren. Dann legte sich eine Hand beruhigend auf meine zitternde Schulter. Ich blinzelte, raffte meine Kleider und erhob mich. Ich wusste nicht, wie es jetzt weiter gehen sollte. »Gibt es einen Ort, an den Ihr gehen könnt?«, fragte der Jäger und wischte Blut aus seinem Gesicht. Ich starrte weiter in die Flammen, überlegte angestrengt. Wo konnte ich noch hingehen? Ich hatte keine Familie mehr, keine Freunde, keine Besitztümer, außer den Dingen, die ich am Leib trug. Und ich war ganz allein, also schüttelte ich mutlos den Kopf. »Ich habe mein ganzes Leben hier verbracht.« Er packte mich an den Oberarmen und drehte mich zu sich herum. Sogar in seinen Augen spiegelte sich das lodernde Feuer wider. »Denkt nach, es muss einen Ort geben.« In einer schnellen Bewegung wischte er Tränen aus meinem rußverschmierten Gesicht. Ich hatte überhaupt nicht gemerkt, dass ich geweint hatte. »Warum wart Ihr noch im Dorf?«, fiel mir plötzlich ein und er ließ schlagartig von mir ab, antwortete jedoch. »Ich dachte, ich könnte Euch vielleicht helfen, wenn ich das Feuer der Schmiede über Nacht am Brennen halte.« Ich nickte leicht und ein vorsichtiges Lächeln stahl sich auf mein Gesicht. »Ja... das wäre wirklich eine Hilfe gewesen.« Dann fiel es mir wie Schuppen von den Augenbrauen. »Das Heimatdorf meiner Mutter! Da könnte ich hingehen.« Dass ich nicht eher daran gedacht hatte. »Wo liegt es?« »Jenseits des Dunklen Waldes. Ich habe gehört, dass die Königin dort keine Macht besitzt.« Nun nickte der Jäger und schickte sich an den Hügel weiter Richtung Norden zu verlassen. »Ich werde Euch dorthin bringen. Ich bin der Schmiede vielleicht nichts mehr schuldig, aber Euch.« Tränen schossen mir erneut in die Augen, obwohl ich es nicht wollte. Er hatte mein Leben doch bereits gerettet. »Danke«, hauchte ich aufgrund seines Angebotes und beobachtete, wie seine Hand sich gegen meine heiße Wange legte und er fast traurig zu mir hinab blickte. »Die Ohrfeige tut mir leid«, sagte er leise, dann wandte er sich ab und verschwand im Dunkel. Ich folgte ihm durchs Unterholz, dreht mich nur noch einmal kurz um, um von meinem vergangenen Leben Abschied zu nehmen. ~ Ende des 2. Kapitels ~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)