Gebunden durch Hass von BloodyRubin ================================================================================ Kapitel 7: Vergebung -------------------- Es war früher Abend, als sie endlich ihr Ziel erreichten. Ed war mehr als nervös. Was würden Pinako und Winry wohl sagen, wenn sie ihn wiedersahen? Al bemerkte seine angespannte Haltung und legte ihm beruhigend den Arm auf die Schulter. „Du schaffst das schon, Bruder.“ Er hatte kaum zu Ende gesprochen, als die Tür aufging und Pinako auf die Terrasse trat. „Sieh mal einer an. Lässt du dich auch mal wieder hier blicken, Zwerg?“ Ed schrumpfte bei ihren Worten zusammen, während die Frau auf sie zukam und ihn mit strahlenden Augen ansah. Sie war älter geworden, doch sonst hatte sie sich nicht verändert. „Wo warst du so lange?“ schimpfte sie los. „Einfach in eine andere Welt abhauen, ohne was zu sagen. Sieh dir nur deine Automail an. Die ist ja völlig ruiniert.“ „Tut mir leid.“ murmelte Ed verlegen, während Al und Envy mühsam ihr Lachen unterdrückten. „Und warum bist du festgekettet? Du sollst dich doch nicht in Schwierigkeiten bringen.“ „Aber…ich wollte doch gar nicht…“ stammelte der ehemalige Alchemist, doch sie ließ ihn nicht weiterreden, sondern nahm ihn in die Arme. „Willkommen zurück, Zwerg.“ „Schön, dich zu sehen, alte Hexe.“ Envy konnte sich nicht mehr beherrschen und kicherte los – jedenfalls, bis Pinako sich vor ihm aufbaute. „Jetzt zu dir. Was fällt dir ein, bei dieser Kälte so herumzulaufen? Da kannst du ja gleich nackt gehen. Verletzt bist du auch noch. Nur weil die beiden es schaffen, mich ständig wahnsinnig zu machen, bedeutet das noch lange nicht, dass du es auch versuchen sollst, du dürres Gerippe.“ „Wird nicht wieder vorkommen.“ antwortete Envy kleinlaut und Ed bewunderte wieder einmal das Talent der Frau, jedem unverblümt die Meinung zu sagen. Ihr Blick wurde etwas sanfter. „Ihr wollt bestimmt dieses Ding loswerden. Kommt rein, ich werde sehen, was ich tun kann.“ Sie betraten die Wohnung und Pinako sah sich um. „Wo ist denn Winry? Immer verschwindet dieses Mädchen. Winry! Komm her, wir haben Kundschaft!“ „Schon wieder? Wer ist es denn diesmal?“ Schnelle Schritte waren zu hören, als jemand die Treppen hinuntergerannt kam. An der Tür blieb Winry stehen und starrte Ed an. „Hallo, Winry. Ich fürchte, ich brauche eine neue Automail.“ Tränen stiegen dem Mädchen in die Augen und rannen ihre Wangen hinunter. „Warum kommst du damit erst jetzt, du Idiot?“ sagte sie endlich und umarmte ihn stürmisch. „Ed. Endlich bist du zurück. Wir waren ganz krank vor Sorge.“ Er strich ihr beruhigend über ihre langen Haare. „Dummkopf. Warum weinst du?“ Sie sah zu ihm auf und lächelte. „Du bist immer noch der Alte. Aber seit wann bist du so groß?“ „Irgendwann musste ich ja mal wachsen.“ Winrys Blick fiel auf die Kette und sie seufzte schwer. „Was hast du angestellt? Musst du in jedes Fettnäpfchen treten, das sich anbietet? Wie soll ich euch beide denn davon loskriegen?“ Sie musterte Envy und ihre Augen verengten sich. „Du bist ein Homunculus. Wrath hat von dir gesprochen, als wir ihn mit seiner Automail ausgestattet haben. Er hat behauptet, er hätte gesehen, wie du Ed ermordet hast.“ „Das ist über zwei Jahre her.“ maulte dieser beleidigt und sie haute ihm mit einem großen Schraubenschlüssel auf die Stirn. „Das hat wehgetan.“ fauchte Envy und bekam dafür gleich noch einen Schlag ab. „Hör auf, mich mit einem Schraubenschlüssel zu verprügeln, verrücktes Ding!“ „Ich kann auch gerne einen Hammer nehmen, wenn dir das lieber ist.“ zischte sie zurück. Schnell trat Ed zwischen die beiden. „Wenn du schon auf meinen Halbbruder einschlagen musst, dann tu das, wenn wir getrennt sind.“ „Dein Halbbruder?“ wiederholte sie ungläubig. „Ich erkläre es dir später. Außerdem hat er sich geändert. Er hat sich für mich und Al geopfert, damit wir zurück in diese Welt können.“ „Na, wenigstens etwas. Aber warum lebt er dann noch?“ Der frühere Alchemist zuckte die Achseln. „Er hat eine zweite Chance bekommen. Das und ein Herz. Er ist kein Homunculus mehr, sondern ein Mensch. Also sei nicht allzu grob mit ihm.“ Misstrauisch sah Winry Envy an, bevor sie den Schraubenschlüssel sinken ließ und sich ein gemeines Lächeln über ihre Lippen legte. „Schön, ich befreie euch beide. Danach kann ich dir immer noch zeigen, was ich von dir halte.“ „Wie überaus feinfühlig.“ Sie folgten ihr in den Raum, wo Ed vor langer Zeit seine erste Automail erhalten hatte. Als er auf das Bett sah, das immer noch mitten im Raum stand, kamen all die schmerzlichen Erinnerungen wieder in ihm hoch. Er schüttelte sich kurz und Winry wies sie an, sich hinzusetzten. Dann kramte sie nach ihrem Werkzeug und machte sich an die Arbeit. Das Schloss war ziemlich kompliziert, weshalb es zwei Stunden dauerte, bis sie fertig war. Mit lautem Klirren fiel die Kette zwischen den beiden zu Boden. „Du hast es ja wirklich geschafft, verrücktes Ding.“ „Mein Name ist Winry.“ erwiderte sie kühl. „Und natürlich habe ich es geschafft.“ „Mach dir nichts draus, Envy. Sie ist eigentlich sehr nett, aber teilweise gibt sie furchtbar an.“ sagte Ed grinsend und sein Halbbruder schüttelte resignierend den Kopf. Winry warf dem ehemaligen Alchemisten einen tödlichen Blick zu. „Sei mal nicht so vorlaut. Du hast seit über zwei Jahren keine neue Automail mehr bekommen. Das heißt, es wird ganz schön wehtun.“ „Ich halte es schon aus.“ „Envy, du musst ihn festhalten. Sonst bringt er mir alles durcheinander.“ Verdutzt sah der sie an, gehorchte aber. Es war keine angenehme Prozedur. Nach all der Zeit hatten sich seine Nerven an die alte Automail gewöhnt und reagierten dementsprechend heftig auf die neue Ausstattung. Ed biss die Zähne zusammen und bäumte sich auf, doch der Griff seines Halbbruders war wie ein Schraubstock. Als alles vorbei war, sank er erschöpft in sich zusammen, dumpf hämmerte es in seinem Körper. Mit widerwilliger Anerkennung sah Winry den früheren Homunculus an. „Nicht schlecht fürs erste Mal.“ Envy verneigte sich galant und erwiderte ihren Blick leicht spöttisch. Ein Klopfen unterbrach sie. Es war Al, der nach ihnen sehen wollte. „Seid ihr fertig?“ „Gerade fertig geworden.“ Vorsichtig stand Ed auf und streckte sich, um sich an die neue Automail zu gewöhnen. Dann ging er auf Al zu. „Was hältst du von einem Kampf?“ „Gerne, Bruder.“ Sie kämpften bis zum Morgengrauen, bevor sie aufgaben und sich auf Unentschieden einigten. Gemeinsam kehrten sie zurück zu den anderen. Pinako und Winry hatten gekocht und ein herrlicher Duft durchzog den Raum. Ed wusste nicht mehr, wann er das letzte Mal so gut gegessen hatte. Erst nach einigen Minuten fiel sein Blick auf Envy, der in der Ecke des Raumes stand und seltsam verloren wirkte. „Was ist? Willst du nichts essen?“ „Ich verdiene es nicht, bei euch zu sitzen. Es war alles meine Schuld.“ murmelte der andere halblaut und ohne einen von ihnen anzusehen. Ed ging auf ihn zu, legte seine Hand um sein Kinn und zwang seinen Halbbruder, ihn anzusehen. „Was macht das jetzt noch für einen Unterschied?“ fragte er leicht verärgert. „Ja, du hast Fehler gemacht. Wahrscheinlich mehr, als ich zählen kann. Aber du hast dich geändert und dein Leben für mich und Al riskiert. Ohne dich würde ich immer noch im Gefängnis verrotten. Also beweg dich und iss.“ Envy wandte sich demonstrativ von ihm ab, was ihn noch mehr aufregte. „Willst du es auf die sanfte oder die harte Tour?“ „Was ist denn die harte Tour, Winzling? Dass du mich zwingst?“ „Oh nein, das ist die sanfte Tour. Die harte Tour wäre, wenn ich dir Pinako und Winry auf den Hals hetzte und sie dich zwingen.“ Wie auf Kommando standen die beiden Frauen auf und warfen dem früheren Homunculus einen Blick zu, der mehr als eindeutig war. „Schon gut.“ sagte der hastig und setzte sich zu ihnen. Nach dem Essen unterhielten sich alle etwas. Doch auch diesmal hielt Envy sich zurück. „Was wirst du jetzt tun?“ fragte ihn Ed überraschend. „Ich weiß es nicht. Ich habe keinen Platz, an den ich zurückkehren kann.“ „Vielleicht kann die alte Hexe dir helfen.“ Der einstige Alchemist wandte sich an Pinako. „Ich weiß von Al, dass ihr jemanden braucht, der euch hier zur Hand geht. Kannst du dir vorstellen, ihm eine Chance zu geben?“ Zweifelnd sah die Envy an. „Dem dürren Gerippe? Hast du überhaupt Ahnung von so was?“ „Ich habe geholfen, die Automail von dem Winzling zu erneuern.“ „Gib mal nicht so an.“ mischte sich Winry ein. „Du hast ihn nur festgehalten.“ „Und, wie hat er sich angestellt?“ wollte Pinako wissen. „Er hätte sich schlimmer anstellen können.“ antwortete Winry. Lange dachte Pinako nach. Angespannt beobachten sie die Frau. „Ach, ich bin einfach zu weichherzig.“ seufzte sie und ihr Blick wurde streng, als sie sich an Envy wandte. „Du wirst dich an meine Regeln halten müssen, verstanden?“ Missmutig nickte er. „Zuerst wirst du diese Fetzen los, die du als Kleidung bezeichnest.“ „Ich habe nur diese Sachen.“ protestierte er. Pinako würdigte das keiner Antwort, sondern ging zu einem großen Schrank und begann etwas zu suchen. Als sie zurückkam, trug sie einige Shirts und Hosen auf dem Arm. „Die waren eigentlich für Ed gedacht, aber du kannst dir etwas leihen.“ Leise vor sich hin schimpfend verschwand Envy im Bad. „Er scheint ein ziemliches Temperament haben.“ stellte Pinako fest. „Wenn er so arbeiten kann, wie er fluchen kann, habe ich Verwendung für ihn.“ Sie sah zu Winry. Du wirst dich darum kümmern, ihm seine Aufgaben zu zeigen.“ „WAS? Warum ich?“ „Weil du dich nun Mal damit auskennst. Wenn er aufmüpfig wird, darfst du ihm gerne deinen Werkzeugkasten um die Ohren hauen.“ „Darf ich dazu vielleicht auch was sagen?“ erklang die Stimme des früheren Homunculus. Envy war kaum wiederzuerkennen. Das kurze Oberteil, das gerade mal seine Brust bedeckt hatte, war einem schwarzen Shirt gewichen. Statt des Lendenschurzes, der eher wie ein Rock wirkte, trug er nun eine dunkle Stoffhose und dazu passende Schuhe. Nur sein Stirnband und die Handschuhe erinnerten an den alten Envy. „Nein, darfst du nicht. Und jetzt ab mit dir zum Holzhacken.“ „Sklaventreiberin.“ murmelte er halblaut und ging nach draußen. „Ed…hältst du das wirklich für eine gute Idee?“ fragte Winry zweifelnd, während sie sich ebenfalls erhoben. Er antwortete nicht, sondern zog sie an sich und schloss seine Lippen über ihre. Kurz stand sie einfach nur da, dann erwiderte sie den Kuss und schmiegte sich an ihn. Als er sich schließlich von ihr löste, sah er sie an, verlor sich in ihren Augen. „Bitte, gib ihm eine Chance.“ „Okay…“ stammelte sie verwirrt, bevor sie ihn erneut umarmte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)