Gone away von abgemeldet (TaichixYamato) ================================================================================ Kapitel 2: Verwirrung --------------------- „Matt“, rief er und ich hatte das Gefühl taub zu werden. „Tag auch Tai.“, sagte ich mit einem riesen Grinsen im Gesicht. Auch wenn ich erst so kurz weg war, seine Stimme hatte mir schon wahnsinnig gefehlt. Deshalb freute ich mich umso mehr sie jetzt zu hören. „Oh mein Gott! Wie geht’s dir? Wie war die Fahrt? Wie ist es bei dir? Sind deine Zimmergenossen in Ordnung?“ Seine vielen Fragen brachten mich zum Lachen. Noch eine Eigenschaft die ich vermisst hatte: Sein vieles und schnelles Gelaber. „Mal sehen ob ich mir alle deine Fragen merken konnte“, begann ich „Mir geht’s okay. Die Fahrt war ätzend, weil wir in einem mega Stau standen. Eh, was hast du noch gefragt? Ach ja, bei mir ist es grad relativ okay und meine Zimmergenossen sind… außergewöhnlich.“ „Außergewöhnlich? Wie?“ „Also der eine, erinnert mich in einer gewissen weise an Izzy. Aber, halt die Luft an, du wirst es nicht glauben, im Gegensatz zu Izzy ist Hiroshi - so heißt er - noch kleiner.“ „Noch kleiner? Verarsch mich nicht.“ „Hey! Das ist mein voller Ernst!“ „Mach mal ein Foto und schick’s mir dann per E-mail, ja?“ „Mach ich, wenn ich es nicht vergesse, okay?“ „In Ordnung. Und wie heißt der andere?“ „Kisho. Er wirkt eigentlich echt nett.“ „Sieht er gut aus?“ Mein Mund klappte auf. Meinte er das gerade ernst? „Öhh… kann ich nicht einschätzen, wieso?“ „Beschreib mal wie er aussieht.“ Ich runzelte meine Stirn. Was wird das denn jetzt? „Rote Haare. Relativ groß. Piercing an Lippe und Augenbraue. Gute Klamotten und vom Körperbau ungefähr so wie du, reicht das?“ „Hm…“, er schien zu überlegen „Ja. Das reicht.“ „Und das hat dir jetzt was gebracht?“ „Weiß ich auch nicht. Hat mich interessiert.“ Er machte eine kurze Pause „Du~ Matt…“ „Ja?“ „Du fehlst mir jetzt schon… Ich halt das hier ohne dich nicht aus. Nicht mal einen Tag.“ „Ich bin noch nicht mal ganze 12 Stunden weg, Tai.“ „Ich weiß. Aber wenn ich daran denke, dass ich dich jetzt so lange nicht mehr sehen kann… Das fällt mir so schwer zu akzeptieren, verstehst du?“ Seine Worte trieben mir Tränen in die Augen. „Ja, aber Tai, das schaffen wir schon. Vermiss mich einfach nicht zu sehr. Schaffst du schon.“ „Da bin ich mir nicht so sicher.“ „Hör auf. Du bist doch normalerweise der Optimist, nicht ich!“ „Ich meinte nicht dass wir es nicht schaffen befreundet zu bleiben - um Himmelswillen ich werde alles dafür tun! Ich meinte eher, dass ich es nicht schaffen werde dich weniger zu vermissen.“ „Warum?“ „Weil ich dich brauche, man. Ich brauch es einfach dich bei mir zu haben. Ich brauche deine Art, auch wenn sie manchmal so anstrengend war… Ich… Mir… Du, ach man. Bitte komm mich so schnell wie möglich besuchen, ja? Ich vergehe hier sonst vor Sehnsucht.“ Einzelne stumme Tränen rollten über mein Gesicht. Wenn er gewusst hätte, wie sehr ich ihn vermisste… „Ich brauch dich doch auch, Tai. Und ich verspreche dir, dass ich so früh wie es geht zu dir komme.“ „Danke…“, hauchte er liebevoll. Ach Tai… Ein Geräusch hinter mir ließ mich ein wenig zusammen zucken und ich drehte mich um. Kisho stand in der Balkontür. „Matt? Es gibt Essen. Normalerweise wäre ich einfach gegangen, aber ich bin mir nicht sicher ob du schon weißt wo du lang musst. Beeil dich, ich warte auf dich.“ Er lächelte mich verständnisvoll an und ich wand mich wieder meinem Handy zu. „Tai?“ „Ja?“ „Ich muss aufhören, ich muss nämlich runter und dann sollte ich mich vielleicht auch mal bei irgendeiner von den Betreuerinnen melden, das hab ich noch gar nicht gemacht. Ich bin einfach hoch gegangen.“ „Typisch Yama.“ „Ich weiß. Also, ich schau wann ich dich das nächste Mal anrufen kann, ja?“ „Ich schreib dir morgen nach Sport ne Sms, ja?“ „Geht klar. Bis dann.“ „Bis dann.“ „Und Tai?“ „Hm?“ „Vermiss mich nicht zu stark. Das tut deinem gut gelaunten Image nicht gut.“ „Ich werde es versuchen.“ Ich legte auf und atmete erst mal ein paar Mal durch. Es würde mir schwerer ohne ihn fallen als erwartet. Noch schwerer. „Alles okay?“, fragte Kisho mich, als ich mich zu ihm umdrehte. Ich hoffte einfach dass meine Tränen inzwischen getrocknet waren, denn ich hatte sie nicht weggewischt. Seine Stimme klang liebevoll und sie weckte irgendwie Vertrauen. „Geht“, antwortete ich wahrheitsgemäß. „Du wirst dich hier schnell eingewöhnen, glaub mir.“ „Da bin ich mir irgendwie nicht ganz so sicher.“ „Hey“, begann er und legte seine Hand auf meine Schulter worauf ich meinen Blick nach oben wendete und ich ihm das erste mal direkt in die Augen sah, sie waren strahlend grün und sie passten irgendwie nicht zum Rest seines Optischen. „alle die hier her gekommen sind haben sich irgendwann eingewöhnt, ja? Das braucht nur ein bisschen Zeit. Vertrau mir.“ Einzelne Tränen rannen wieder über mein Gesicht und ich drehte mich von ihm weg um in den Himmel zu schauen. Tai… „Matt, komm. Lenk dich n bisschen ab, dann geht’s dir bald besser. Jetzt kannst du eh nichts mehr dagegen machen dass du hier bist, auch wenn es nur ein kleiner Trost ist“ Ich wischte mir einmal über mein Gesicht ehe ich mich zu ihm umdrehte. Er hatte Recht. Ich war hier und hier musste ich mich jetzt eingewöhnen, ob ich wollte oder nicht. Mir blieb doch eh nichts anderes mehr übrig. Ich lächelte ihn einmal dankbar an, zog mir meine Hausschuhe an (die hier leider Pflicht waren) und machte mich hinter ihm auf den Weg zu unserem Essensraum. Mir fiel auf, dass das komplette Internat relativ bunt eingerichtet war. Überall hingen Fotos. Gelegentlich auch von der Fußballmannschaft der Schule. Das hätte Tai gefallen. Alle Räume die wir durchquerten hatten große Fenster, die eine angenehme Atmosphäre beschafften. Nach einem kurzen Fußmarsch standen wir schließlich vor einer großen hellbraunen Doppeltür. Kisho lächelte mich noch einmal aufmunternd an, ehe er die Tür öffnete und ich das erste Mal meine ganzen Mitschüler sah. Die Stimmung war laut. Lauter als erwartet. Alle redeten und lachten glücklich miteinander und es machte mich irgendwie glücklich alle so fröhlich zu sehen. Auch wenn ich sie noch gar nicht kannte. Kisho deutete auf eine erwachsene, relativ schlanke, große Frau, am Ende des Raumes. Sie unterhielt sich mit einem etwas älteren Mann. „Siehst du die Frau da drüben?“ Ich nickte. „Das ist die Betreuerin für unseren Jahrgang, Nakamaru. Der Mann daneben ist der Direktor, Tanaka. Geh hin und stell dich einfach vor. Sie werden dir dann schon sagen was du machen musst.“ Ich bedankte mich bei ihm und machte mich langsam auf den Weg. Von allen Seiten hefteten die Blicke der Schüler auf mir. Ab und zu hörte ich ein ‚Neu hier?’ heraus, was mich jedoch nicht sonderlich verwunderte. Ich war es gewohnt. „Sensei?“, fragte ich, worauf die beiden sich zu mir umdrehten. Ich verbeugte mich schwach um meinen Respekt zu zeigen und fing an mich zu erklären. „Hallo, mein Name ist Yamato Ishida, ich bin heute hier angekommen. Ich wusste vorhin nicht wohin ich sollte, deshalb habe ich mein Zimmer selbst gesucht. Kisho, mein Zimmernachbar, hat mich hier runter gebracht, damit ich nach meinem Stundenplan und so fragen kann.“ Nakamaru lächelte mich leicht an und Tanaka sah mich mit einem prüfenden Blick von oben bis unten an. „Hallo Yamato.“, sagte sie mit hoher Stimme und ich schüttelte ihre Hand die sie mir zu hielt. „Zufälligerweise dachte ich mir das schon, da dein Vater mir viel über dich erzählt hatte. Ich hab deinen Stundenplan und deine Uniform hier.“ „Uniform?“, fragte ich stutzig. Ich hatte vorhin keinen damit gesehen. „Nur für die Unterrichtsstunden natürlich. Sonst könnt ihr immer so rumlaufen wie ihr es wollt. So lange es mehr wie Unterwäsche ist.“ Sie lächelte mich an und ich grinste zurück. „Danke.“, sagte ich, schüttelte beiden noch mal die Hand ehe ich mir etwas zu essen holte. Es gab irgendein Reisgericht von dem ich noch nie gehört hatte. Da ich aber wenn ich es nicht gegessen hätte, vor Hunger gestorben wäre, nahm ich mir einen Teller. Danach machte ich mich auf die Suche nach Kisho und Hiroki. Ich entdeckte Kisho an einem runden Tisch am anderen Ende des Raumes. Er saß dort mit fünf anderen Jungs und zwei Mädchen die alle ungefähr den Style von ihm hatten. Irgendwie hatten alle einen kleinen Visual-Touch in ihrem Äußeren und es stand ihnen. Das konnte ich nicht bestreiten. Hiroki saß ungefähr vier Tische weiter und das erste was ich mir dachte, war in etwa so was wie ‚Strebertisch’. Runde Brille. Kurze Haare. Zahnspange. Und zwar alle. Wirklich Lust hatte ich nicht mich zu einem der beiden zu setzen, deshalb suchte ich mir woanders einen freien Platz. Ich wurde schnell fündig. Es war ein Tisch für ca. fünf Leute an dem jedoch nur ein Mädchen saß. Ich schätze sie ungefähr auf mein Alter. Also um die 17. Ich lächelte sie an als ich ihr gegenüber stand. „Ist hier noch frei?“, fragte ich mit bewusst lieblicher Stimme. Sie schaute mich überrascht an, ehe sie lächelte. Ihre Wimpern umspielten ihre braunen Augen (die mich leider sehr an Tais erinnerten) wirklich wunderbar. Sie hatte braune Haare und auch relativ dunkele Haut. Sie trug ein graues Shirt und eine hellblaue Jeans. Doch, sie sah wirklich gut aus. Sie nickte mich an und ich lächelte dankbar. „Du bist neu hier, oder? Ich hab dich noch nie hier gesehen.“ Da ich gerade so in meine Gedanken vertieft war, erschreckte ihre Stimme mich leicht. Doch ich fing mich schnell wieder. „Heute hergezogen.“, antwortete ich auf ihre Frage. „Achso. Und wie heißt du?“ „Matt.“ Sie sah mich überrascht an. „Matt?“, wiederholte sie. „Naja, eigentlich Yamato, aber ich mag den Namen nicht. Deshalb lieber Matt.“ „Achso, okay. Ich bin Sayuri. Dürfte ich vielleicht wissen woher du kommst?“ „Tokyo. Ehm… seit wann bist du hier?“ „Seit ungefähr zwei Monaten.“ „Also auch relativ neu hier.“, ich grinste. „Ja, aber ich musste noch mal ein Stück weiter weg von zu Hause wie du.“ „Noch weiter? Von wo?“ „Sendai.“ Ich stockte damit meine Gabel zu meinem Mund zu führen. „Du verarscht mich, oder?“, fragte ich sie geschockt. Und dann beschwerte ich mich? „Nein, warum?“ „Weil… das sind bestimmt um die zwölf Stunden, oder?“ „Schon.“ „Ehm.. entschuldige wenn ich dir damit jetzt zu nahe trete. Aber wieso bist du hier her gekommen und nicht ein bisschen näher an Sendai?“, fragte ich, nachdem sich der erste Schock wieder legte. „Meine Mutter ist nicht mehr wirklich mit mir zu Recht gekommen und in der Schule lief es auch nicht so gut. Außerdem wohnt meine Oma in Sendai und es soll hier das beste Internat in ganz Japan sein. Ja, deshalb fand sie das ist die richtige Entscheidung.“ Autsch… nicht mehr mit ihr zu Recht gekommen? Das verwunderte mich. Sie wirte nicht wie ein Problemkind. „Naja und was ist mit dir? Wieso bist du jetzt hier?“ Ich sah ihr in die Augen und ich musste mir eingestehen: Ich mochte sie. „Mein Vater wurde hier her versetzt und ja. Er meinte am Wochenende kann ich immer zu ihm kommen. Aber ich weiß nicht wirklich was ich davon halten soll.“ „Das würde ich nicht machen.“ „Warum?“ „Ich wollte das auch, deshalb hab ich das im ersten Monat immer so gemacht. Aber so bald ich bei meiner Oma war, wollte ich gar nicht wieder zurück ins Internat. Es ist wirklich eine gute Schule hier und wenn du immer wieder zu deinem Vater gehst, wirst du dich hier nie ganz eingewöhnen, meinst du nicht?“ „Kann sein, ja… Aber das kann ich ihm doch nicht so sagen, oder?“ „Denke ich schon. Er wird dich da schon verstehen, oder? Außerdem gibt es ja noch die Ferien.“ „In denen ich ganz sicher nicht zu ihm will, sondern nach Tokyo zu meinen Freunden.“ „Hm, okay, stimmt auch.“ „Warst du schon mal oben in Sendai und hast deine Freunde besucht?“ „Nein… ich würde gerne, aber es ist eben total teuer. Leider.“ „Stimmt auch wieder. Wenn mein Vater mich mal hoch nach Tokyo fährt in den Ferien, könnten wir dich ja bis dahin mit nehmen und du nimmst dann von da aus den Zug nach Sendai, oder? Dann wär es nicht so teuer für dich und wir könnten beide dahin wo wir wollen.“, schlug ich ihr vor, worauf ihre Augen anfingen zu glänzen. „D-Danke“, stotterte sie „Das wäre echt super nett.“ „Ich werde ihn bei Gelegenheit mal fragen, ja.“ Wir lächelten uns gegenseitig an, ehe wir wieder anfingen unser Abendessen zu essen. Nachdem wir fertig waren, machten wir uns zusammen auf den Weg zu unseren Zimmern. Mittlerweile war es schon nach acht Uhr, das bedeutete zu spät um Tai noch mal anzurufen. Schade eigentlich. Als wir bei Zimmer 301 angekommen waren, verabschiedete sie sich von mir und ich stellte erfreut fest, dass ihr Zimmer im selben Gang war wie meins. Als ich wieder in meinem Zimmer war, ließ ich mich auf mein Bett fallen und starrte an die Decke. Eigentlich… war es hier doch gar nicht so schlimm wie erwartet. Die Leute waren nett. Ich hatte Zimmerkameraden die eigentlich wirklich schwer in Ordnung waren. Das Essen war auch in Ordnung und immerhin gab es Ferien in denen ich meine alten Freunde besuchen konnte. „Matt?“ Ich richtete mich auf und schaute in das Gesicht von Kisho. „Ja?“ „Willst du vielleicht an meinen Laptop um deinen Freunden eine E-Mail zu schreiben?“ „Hier sind Laptops erlaubt?“ „Naja. Sagen wir mal: Sie sind nicht begeistert davon dass ich meinen nicht rausrücken wollte.“ Ich musste lachen. „Wenn du mich lässt, dann würde ich gerne ran, ja.“ „Würde ich dich fragen ob du willst, wenn ich es dir nicht erlauben würde?“ Er grinste mich erwartungsvoll an und erinnerte mich irgendwie an mich selbst. Gruselig. Wir fingen beide an zu lachen und er ging zu seinem Bett um seinen Laptop darunter hervorzuziehen und ihn anzuschalten. Zehn Minuten später hatte ich mich schließlich einem dieser komischen Internetseiten eingeloggt und starrte auf den Bildschirm. Was sollte ich schreiben? „Hey TK. Hey Mom :) Wie geht’s euch? Ich hoffe doch gut. So die ersten Stunden hätte ich jetzt wohl heil überstanden. Und ich muss zugeben, so schlimm war es bis jetzt eigentlich gar nicht. Meine Zimmergenossen sind echt in Ordnung. Naja okay, mit einem habe ich bis jetzt noch nicht so viel geredet, aber der andere war schon echt nett. Außerdem hab ich ein Mädchen (Mama grins nicht so dumm! Ich sehe das bis hier ;D) kennengelernt, was mir bisschen was darüber erklärt, wegen nach Hause gehen am Wochenende und so. Und ich habe mich beschlossen dass ich Samstag und Sonntag nicht immer zu Papa will. Könnt ihr ihm das vielleicht sachte beibringen? Ich will mich erst mal hier eingewöhnen, bis ich wieder zu ihm gehe. Immerhin habe ich das hier ihm zu verdanken und sonst niemandem. Das wäre echt gut von euch (: Und TK? Drücke Tai, Sora, Kari und die anderen von mir! (Meinetwegen auch nur gedanklich, da du eh zu faul dafür sein wirst.) Ich werde mich jetzt mal duschen gehen, dann schreibe ich glaub ich noch an meinem Song weiter und ja. Ich vermisse euch, irgendwie. Fühlt euch geliebt, Matt.“ Als ich mir die E-Mail noch mal durchgelesen hatte, schickte ich sie ab und überreichte Kisho wieder den Laptop. „Wem hast du geschrieben?“, fragte er mich. „Meinem Bruder und meiner Mutter.“ „Hä? Wie darf ich das verstehen? Wieso sind sie nicht auch hier in Hiroshima?“ „Getrennte Eltern. Will aber nicht weiter drüber reden, ja?“ „Kein Problem.“ „Kann ich duschen gehen, oder willst du?“, fragte ich ihn. „Du kannst. Aber in der nächsten Stunde solltest du fertig sein. Hiro will dann duschen und er wird sauer wenn dann das Bad besetzt ist. Er braucht seinen Schönheitsschlaf, weißt du.“ Ich lachte und er stimmte mit ein. „Okay, ich glaube so lange werde ich nicht brauchen.“ Nach dem ich mich geduscht hatte, legte ich mich in meiner grauen Boxershort und meinem schwarzen T-shirt auf mein neues Bett und versuchte ein neues Lied zu schreiben… Für meine Band, zu der ich eigentlich nicht mehr gehörte… Wie auch? Wenn man so weit weg wohnte, war es ja so gut wie unmöglich noch dazu zugehören. Doch meine Gedanken schweiften ab. Immer und immer wieder. So verliefen also die ersten Stunden auf meiner neuen Schule. In meinem neuen zu Hause. Ich wollte nicht sagen, dass es mir dort wirklich gefiel, nein. Tai fehlte mir mehr als ich es jemals zugegeben hätte. Seine Stimme, sein Geruch, seine Witze, die mich egal wie unlustig sie waren, immer zum lachen brachten, seine Lache, die mir immer mein Herz aufgehen ließ, seine Faszination für Fußball, die ich nie verstehen konnte, und… ja, aus einem mir unerklärlichen Grund fehlten mir auch seine kurzen, zufälligen Berührungen, die mein Blut in Wallungen brachten - jedes verdammte mal. Was war das nur? Er war doch mein bester Freund. Oder? Vielleicht war da doch mehr, als ich mir eingestehen wollte? Ich fuhr mir mit meiner freien Hand durch die Haare. In der anderen hielt ich einen kleinen Anhänger den Tai mir vor ein paar Jahren mal zu meinem Geburtstag geschenkt hatte. Eigentlich war es nichts Besonderes. Nur ein Foto in einer Art Medaillon, auf dem hinten ‚Tai und Matt’ eingraviert war, doch mir bedeutete es wahnsinnig viel. Ich sah aus meinem Augenwinkel, wie Kisho sich sein Shirt über den Kopf zog. Auch wenn ich nicht wollte, irgendwie war mein Blick wie an ihn geklebt. Ich seufzte unbewusst auf. Ich wusste warum ich ihn anstarrte. Er erinnerte mich an Tai. Die muskulöse Brust und der flache Bauch. „Ist was?“, fragte Kisho mich und ich schreckte ein bisschen auf. „Was? Wieso? Was sollte sein?“ „Du hast so geschaut, als hätte ich irgendwo einen Pickel, oder so.“ „Nein. Du… erinnerst mich nur an jemand. Ist nicht so wichtig.“ „Sicher? Du wirst so nachdenklich.“ Ich grinste „Gewöhn dich dran. Das ist so was wie Normalzustand bei mir.“ Er schüttelte irritiert seinen Kopf und wendete sich dann von mir ab. „Du? Matt?“, kam es nach einer kurzen Zeit. „Hm?“ „In welcher Beziehung stehst du zu diesem… wie hieß er doch gleich mit dem du telefoniert hast? Tai?“ „Hö?“ „Ich meine… ihr habt am Telefon sehr vertraut gewirkt.“ Ich deutete auf das Foto an meinem Nachttisch. „Das ist er. Und wie gesagt: Wir sind beste Freunde. Nicht mehr und nicht weniger.“ Ich konnte einen sehnsüchtigen Unterton in meiner Stimme nicht verkneifen. „Ich würde wenn ich du wäre erst mal über meine eigenen Worte nachdenken, bevor ich sie versuche anderen weiß zu machen.“ Und mit diesen Wörtern schaltete er das Licht aus und legte sich in sein Bett. Was meinte er damit bloß? Tai und ich waren doch beste Freunde, oder etwa nicht? Aber würden wir das auch bleiben? Würde unsere Freundschaft die weite Entfernung auf Dauer überstehen? War das überhaupt möglich? Oder überschätze ich Tais und meine Freundschaft einfach zu sehr? Nein! Definitiv nicht. Die ganzen Erlebnisse aus der Digiwelt. All die Kämpfe, die wir nur um haaresbreite überlebt hatten. All die Prügeleien, die wir uns geleistet hatten. Konnte das so schnell vorbei sein? Es war doch immer so wichtig für uns. Es bedeutete uns immer so viel. Aber vielleicht war es auch gar nicht das, was Kisho meinte? Vielleicht meinte er genau das, was mich so verwirrte? So überforderte. Diese Gefühle, die sich nicht gehörten und die ich nicht einordnen konnte? Doch im Gegensatz zu ihm glaubte ich an meine Worte, egal was er sagte. Tai und ich waren beste Freunde. Nicht mehr und nicht weniger. Das stand definitiv fest. Oder? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)