The Akatsuki Job von 4FIVE ([Itachi x Sakura | modern AU | thriller]) ================================================================================ Kapitel 14: Heavy Rain ---------------------- . . Monatelang hatten sie nach Orochimarus Basis gesucht. Oto hatte viele Zweigstellen, die es alle paar Wochen verlagerte, nichtsdestoweniger war es weithin bekannt, dass Orochimaru aus einem angemeldeten Büro heraus seine Organisation befehligte. Bloß wo sich dieses Büro befand war unbekannt. Sakura wusste, dass Tsunade ihre eigenen Untersuchungen angestellt hatte, und dass Asuma, Kakashi und Gai während ihrer Nachforschungen Akatsuki betreffend ebenfalls auf einige Anhaltspunkte gestoßen waren, die letztendlich dazu geführt hatten, einen Adressblock zu generieren, dessen vierte Adresse erst vor wenigen Tagen bestätigt werden konnte. Kurz bevor Naruto entführt worden war, hatte Tsunade ihre erfahreneren Hitman angewiesen, einen Übergriff auf Oto zu organisieren. Sakura wusste es, weil Tsunade es ihr gesagt hatte. Es war die Arbeit von Monaten gewesen. Uchiha Itachi brauchte einen einzigen Anruf, um diese Adresse herauszufinden. Sie hasste ihn dafür. Und sie bewunderte ihn deswegen. Er war ein zweischneidiges Schwert, das sie nicht wagte zu umfassen, selbst wenn alles in ihr danach schrie. Sie hatte gehofft, das wahre Ausmaß seiner angeblichen Skrupellosigkeit mit eigenen Augen beobachten zu können, doch der Weg, den sie sich durch Orochimarus Basis bahnten, war gesäumt von bewusstlosen Handlangern, an denen Itachi diese ihm nachgesagte Skrupellosigkeit nicht beweisen konnte. Sie folgten der Spur, Itachi voran, bis sie an einer Gabelung landeten, an deren Wand ein Mann mit Schusswunde lag. Das Magazin seiner Waffe war verschwunden, dafür lag eine Hülse nicht weit von seinen Beinen entfernt auf dem Boden. Sakura nahm sie auf und drehte sie zwischen ihren Fingern. "Dieses Kaliber kommt mir bekannt vor. Ein chinesisches Modell. Tentens Lieblingsspielzeug, wenn ich nicht irre." "Das heißt?" "Es ist die Waffe, mit der sie Sasuke das Schießen beibrachte", stellte sie fest. "Er muss hier sein. Nur wenige andere, die die Dreistigkeit und Dummheit besitzen, in Orochimarus Hauptquartier zu stürmen, hätten ihre Gegner nicht getötet. Wohin sollen wir?" Ein Schuss ertönte von rechts. "Da lang", deutete Itachi. Er versuchte um die Ecke zu spähen, doch der Gang war bloß ein weiterer mit ohnmächtigen Menschen gespickter. "Hast du eine Waffe bei dir?" Er nickte und verwies auf ein ansehnliches Fabrikat aus England, das in der Innentasche seiner Jacke war. "Immer." "Gut." Sie zog ihre eigene Pistole, entsicherte und lud sie vorsorglich. Dieser Schuss konnte viel bedeutet haben; hatte Orochimaru Sasuke erschossen oder umgekehrt? Täuschte sie sich und Sasuke war gar nicht hier? Sie würden es herausfinden. "Dort, von wo der Schuss kam, liegt sicherlich Orochimarus Büro", sagte Itachi. "Wir stürmen es gemeinsam; ich sichere die rechte Seite, du die linke. Sollte jemand mit einer Waffe auf uns zielen, erschießen wir ihn, ehe er die Möglichkeit hat auf uns zu feuern. Sobald das Feuer eröffnet ist—" Sakura hob ihre unbewaffnete Hand, mit der sie die seine aufnahm und aufmunternd drückte. "Ich bin keine Anfängerin. Vertrau mir einfach." Sein Nicken kam um einen Sekundenbruchteil zu spät, woran sie sich jetzt nicht stören mochte. Sie würde ihm später Vorhaltungen machen, wieso er gezögert hatte. Vorerst pirschten sie sich gemeinsam an die geöffnete Tür an, vor der Itachi seine Finger stumm von drei abzählte. Dann fielen sie ein. . . Sakura wusste nicht wieso, aber sie brauchte einen Moment, um zu realisieren, dass Sasuke seine Waffe gegen sie erhoben hatte. Ihren Gesichtsausdrücken nach zu urteilen hatten weder Naruto noch er damit gerechnet, Sakura hereinstürzen zu sehen. Womit sie gewiss noch weniger gerechnet hatten, war Itachi. Quicklebendig. Was auch immer Tenten ihnen erzählt hatte, was auch immer sie glaubten, sie hatten eindeutig angenommen, Itachi sei tot. Weit gefehlt. Das schien nun auch Naruto zu realisieren, der nach vorne sprang, Sakuras Handgelenk umfasste und sie hinter sich und Sasuke zog, wobei er ihr beinahe die Schulter auskugelte. Sasuke hielt die Pistole weiterhin auf Itachi gerichtet, der die seine reflexartig entlud, ihr Magazin auslöste und getrennt von der Hülle in verschiedene Richtungen warf, um die Arme erheben zu können. Sakura beobachtete mit bangem Entsetzen, wie er schutzlos vor seinem Bruder stand, hinter dessen geschockter Fassade sich einiges zu überschlagen schien. "Ich dachte, du hättest ihn getötet, Sakura-chan!", rief Naruto. Er hielt sie beschützend umarmt, sodass ihr die Luft zum Atmen fehlte. "Lass los, Naruto!" Mit einem Ruck befreite sie sich aus seinem Griff, den er sichtlich widerwillig aufgab. Wie er sich protektiv vor sie stellte machte sie rasend, doch sie hielt sich zurück. Jedes falsche Wort konnte Sasuke zu einer Handlung treiben, die er später bereuen würde. Umso überraschter war sie, als er sprach. "Wo warst du, Sakura?" Sie schluckte. "Was hat Tenten euch erzählt?" Naruto suchte ihren Blick, mit dem sie Sasuke fixierte, um im Notfall eingreifen zu können. Noch schien er abzuwarten, ob ihm ihre Antwort gefallen würde. "Sakura-chan … was ist hier los?" "Was hat Tenten euch erzählt?", wiederholte sie beharrlich. Er versuchte ihre Hand zu nehmen, was sie jedoch geschickt abwehrte. "Sie sagte, du hättest Uchiha erschossen und wärest dann abgehauen, um dir eine Auszeit zu nehmen, weil es dir schwer zusetzte, Sasukes Bruder ermordet zu haben. Augenscheinlich …" Narutos Blick streifte Itachi skeptisch. "… stimmt es nicht. Wo zum Teufel warst du, Sakura-chan? Und wieso bist du hier—mit ihm?" "Langer Tag, noch längere Geschichte", versetzte sie ihn. Langsam, um ihn ja nicht aus seiner Starre zu reißen, machte sie einen Schritt auf Sasuke zu. "Hör mir zu, Sasuke, es ist nicht, wie du denkst. Vertrau mir, und wenn du mir nie wieder vertraust! Hör dir an, was Itachi zu sagen hat!" "Itachi?", wiederholte Sasuke matt. Er taxierte seinen Bruder immer noch. "Ihr seid schon beim Vornamen? Was denkst du, wer er ist, Sakura? Was denkst du, was du hier tust? Ich dachte, wir wären Freunde! Wieso stellst du dich auf seine Seite?" Tief in ihrem Inneren spürte Sakura, wie Sasuke mit jedem weiteren Wort ein neues Gewicht an eine Schnur band. Ihr Geduldsfaden wurde seit Monaten strapaziert, erst von Ino, dann von Naruto, Itachi und letztendlich auch noch Sasuke, der mit seiner pathetischen Begriffsstutzigkeit ihre Nerven auf den Prüfstand stellte. Sie konnte nicht mehr. "Sasuke", sprach sie seinen Namen mit aller Eindringlichkeit aus, die sie aufbringen konnte, "ich stehe nur auf seiner Seite, weil wir alle im selben Boot sitzen." "Hör auf mit dieser Korinthenkackerei, und sag mir, wieso du dumm genug bist, ihm zu vertrauen!" "Sas—" "Nein! Nichts 'Sasuke'!" Seine Finger zitterten über dem Abzug, der bedrohlich weit nach hinten angewinkelt war. "Ich dachte, ich wäre endlich frei und jetzt setzt du mir meinen toten Bruder vor die Nase, der gar nicht tot ist! Ich werde diese Farce beenden, ein für allemal!" Bis zu diesem Augenblick hatte Sakura gedacht, sie würde panisch schreiend die Augen schließen, doch als Sasuke den Abzug drückte, schnellte sie instinktiv nach vorne, ohne zu wissen, was sie vorhatte. Naruto war es, der panisch schrie und sie aufhalten wollte; er hielt sie so fest am Handgelenk, dass sie ihn in ihrem Schwung mit sich zog. Woher sie das dicke Buch hatte, das ihre Finger krampfhaft umschlossen hielten, wusste sie nicht mehr, aber das Geräusch, als sie es mit aller Kraft gegen Sasukes Kopf schlug, während Naruto sich hinter ihr erstieß und mitsamt seinen beiden Teamkameraden zu Boden krachte, hallte wie ein taubes Echo in ihren Ohren wider, bis Itachis sich der Szene genähert hatte. Er half ihr wortlos aus dem Menschengeflecht, unter dem sie begraben war. Sie war so schnell gewesen, dass Sasuke nicht einmal hatte abdrücken können. Mit ausdrucksloser Miene hob Itachi das Buch auf und zog erheitert seine Augenbrauen empor. "Die Neuerfindung des Rades: von der Antike bis zur Gegenwart", las er vor. "Augenscheinlich … sehr schwere Kost." . . Sakura hatte alle Mühe, Naruto davon abzuhalten, Itachi an die Gurgel zu springen. Es war eine unangenehme Fahrt in Sasukes Toyota gewesen, in der Sakura als einzige gesprochen hatte. Und das auch nur, um dem Fahrer, Itachi, den Weg zum Hidden Leaf Hauptquartier anzusagen. Sie hatten Sasuke auf den mittleren Sitz der Rückbank verfrachtet, zwischen Karin und Naruto, wo er nach einer Kurve, die Itachi beinahe verpasst hätte, friedlich auf der Schulter seines Freundes schlummerte, der bloß eines war: angepisst. Mächtig. angepisst. Es lag Sakura fern, die Wahrheit über Itachi siebenhundert Mal zu erzählen, darum hatte sie Naruto auf einen späteren Zeitpunkt vertröstet, wenn alle Mitglieder von Hidden Leaf zusammengekommen waren. Er hatte es widerwillig akzeptiert, malträtierte Itachi jedoch die ganze Fahrt über mit einem finsteren bis misstrauischen Blick, von dem beide irgendwann Kopfschmerzen bekommen mussten. Er hörte erst damit auf, als sie im Besprechungszimmer alle anwesenden Hidden Leaf-Mitarbeiter zusammengetrommelt hatten. Die Ausbeute war mager und nachdem sie von Asumas Tod erfahren hatte, wusste Sakura, dass es kaum der richtige Zeitpunkt war, ihnen Uchiha Itachi als Opfer eines korrupten Richters zu verkaufen. Allerdings war dieser Zeitpunkt nicht minder schlecht als alle weiteren. Egal wann sie es tun würde, sie würde immer Argwohn hervorrufen. Darum kürzte sie die Wahrheit auf eine Version davon, die ihr gut gefiel. Sie war überzeichnet und stellte Itachi als Helden dar, was ihm sichtlich nicht behagte. Als Sakura geendet hatte, erhob sich Naruto, der für seine Verhältnisse ungewöhnlich still auf der Couch neben Shikamaru gesessen hatte. Er sah erst Sakura an, dann ballte er seine Hände zu Fäusten und steuerte auf Itachi zu. "Du hast uns ziemlich Ärger gemacht, Uchiha, dafür sollen wir dir auch noch helfen? Du hast Sakura-chan entführt—" "Naruto, er hat nicht—" Er sprach unbeirrt in tiefem Ernst weiter. "—und Ino bedroht, Sasukes Leben zur Hölle gemacht und als Mitglied von Akatsuki weiß Gott wie vielen Menschen Kummer bereitet. Das kann ich dir nicht durchgehen lassen." Er blieb vor Itachi stehen und erhob eine Faust; Itachi machte keine Anstalten, sich zu wehren. Als er sie auf ihn niederrammen wollte, sprang Sakura auf. Die Kopfnuss, die sie Naruto verpasste, verebbte im Kanon mit seinem schrillen Winseln. "Au, Sakura-chan, was soll das?!", fragte er empört. "Du wirst es ihm durchgehen lassen!", fauchte sie und schraubte ihre Fingerknöchel an seine Schläfen. Ihr zu einer sadistischen Grimasse verzogenes Gesicht berührte fast das seine, was ihm Schweißperlen auf die Stirn trieb. "Aber—Sakura-chan—wieso?!" "Weil ich das sage!", antwortete sie, als sei dieses Totschlagargument die Erfüllung geistiger Reife. Sie entließ ihn gnädig aus ihrer Schraube und stellte sich schützend vor Itachi, der sich bislang als einziger noch nicht geäußert hatte. "Naruto ist also dabei, was ist mit euch? Shikamaru, Tenten? Vertraut ihr mir? Sai? Ihr wisst, dass ich euch um nichts bitten würde, das ich nicht rechtfertigen könnte. Itachi ist unschuldig." "Wir sind keine Menschenrechtler", wiederholte Sai die Worte, mit denen er schon einmal versucht hatte, sie von Itachi fernzuhalten. Es hatte damals nicht funktioniert, noch weniger tat es das jetzt. Er erkannte, wann er verloren hatte. Mit einem aufgesetzten Lächeln stand er auf. Sie wusste, dass es irgendwann ehrlich sein würde, sobald er ihr glaubte. Vorerst vertraute er darauf, dass sie im Gegensatz zu allen anderen richtig lag. "Du hilfst uns, Sai?" Er tat seine Zustimmung mit einem Nicken kund. "Bist du dir bewusst, wie schwierig es sein wird, das gerade zu rücken? Durch Asuma-sans Tod können wir uns nicht wie üblich darauf verlassen, dass Kakashi-san und Gai-san uns aus der Patsche helfen, wenn wir uns mal wieder in die Bredouille reiten. Wir sind auf uns alleine gestellt. Das ist ein großes Risiko. Aber wenn es dir das wert ist, werde ich mit Tsunade-sama reden und sie um Erlaubnis bitten. Ich denke nicht, dass du ihr die Lage ausreichend objektiv erklären könntest." Auf was er anspielte, war Sakura nur allzu klar. Er hatte sie durchschaut, was nicht schwierig gewesen war. "Ich bin dagegen", mischte sich Shikamaru plötzlich ein. "Dieser Typ ist ein Killer, der dich skrupellos manipuliert hat, Sakura! Er hat Menschen ermordet, sich der gefährlichsten Organisation Ōsakas angeschlossen, hat Menschen entführt und wer weiß was noch alles, um sich Vorteile zu verschaffen! Ihr wurdet darauf angesetzt, ihn zu töten, nicht darauf, seinen Namen rein zu waschen! Tsunade-sama hat einen Vertrag mit einem Auftraggeber geschlossen, den du nicht einfach so ignorieren kannst, bloß weil du ihn attraktiv findest! Sakura, verstehst du nicht, was er mit dir gemacht hat? Er hat dich um den Finger gewickelt, um dich vorzuschicken und nach seinen Wünschen handeln zu lassen! Ich glaube dir, dass du ihm glaubst. Das ändert nur nichts daran, dass er dich nach Strich und Faden belügt." "Denkst du, ich wäre so naiv?", fragte sie mit bissigem Unterton. "Wie kannst du dermaßen an meiner Kompetenz zweifeln, Shikamaru?" Sie breitete verteidigend einen Arm vor Itachi aus, der nun als letzter der Anwesenden aufgestanden war. "Denkst du, mir fiel es leicht zu akzeptieren, dass wir alle falsch lagen? Ich brauchte Wochen dafür! Ich bitte dich nicht darum, Itachi zu glauben, sondern mir! Hältst du mich für so dumm? Für so leichtgläubig? Ja, wir wurden darauf angesetzt, das Akatsukimitglied Uchiha Itachi zu töten, und ich werde diese Order nicht ignorieren." "Was denn, Sakura?", blaffte Shikamaru sie hohl an. "Willst du ihn freisprechen von all seinen Missetaten? Ihm Absolution erteilen, um ihm ein neues Leben zu schenken? Wach auf!" Sakura holte Luft zu einer Schimpftirade, die sie nicht länger zurückhalten konnte. Die Frustration über diese Sturheit hatte ihren Zenit erreicht. Als sie ansetzen wollte, drückte Itachi ihren Arm herunter, den sie zwischen ihm und seinen Zweifler erhoben hatte. "Lass es gut sein, Sakura", sagte er. Es klang wie ein Abschied. "Alles, was ich wollte, war Sasukes Sicherheit. Nachdem Orochimaru eliminiert wurde, gibt es niemanden mehr, der ihm etwas antun könnte." Sie wandte sich zu ihm, bloß um in seine Augen zu sehen, die dankbar auf sie gerichtet waren. "Aber … was ist mit Danzō?" Er schüttelte den Kopf. "Danzō ist mein Kampf. Sasuke ist ihm egal, weil er die Wahrheit nicht kennt. Wenn ihr anderen euch bedeckt haltet, wird niemand je erfahren, dass ihr mehr wisst als ihr wissen dürftet. Sobald ich mich um Danzō gekümmert habe werde ich das Land verlassen, um Sasuke nicht länger in seinem Frieden zu stören. Ich hätte das schon längst tun müssen." "Du kannst doch nicht—" "Ich hatte nie vor, ein neues Leben zu beginnen, Sakura. Und es liegt mir fern, Zwistigkeiten in euren Reihen zu entfachen. Danke für alles." Die Berührung, in der er sanft über ihren Handrücken strich, nahm sie kaum wahr. Auch als er den Raum verlassen hatte war sie zu geschockt, um zu verstehen, was eben geschehen war. Wie töricht sie gewesen war, anzunehmen, es hätte auch nur zu irgendeinem Zeitpunkt die Möglichkeit einer Zukunft bestanden. Itachi hatte ihr niemals Anlass gegeben, zu denken, er sei an mehr als an ihrer Kooperation interessiert. Der Flirt, die Koketterie, waren nur seine Art gewesen. Wie hatte sie denken können, er sähe in ihr etwas Besonderes, wenn sie doch bloß ein tödliches Werkzeug war? "Gut, dass er weg ist", brummte Shikamaru, dessen Kommentar von Naruto mit bekräftigendem Nicken gutgeheißen wurde. Das sollte es gewesen sein? All die Verwirrung, Verzweiflung, Frustration, die Zweifel und das Blut—alles dafür? Für nichts? Oh nein. Er konnte sie glauben lassen, was er wollte. Das bedeutete nicht, dass sie sich in die Irre führen ließ. "Nein …" Sakura hörte ihre Stimme von weit her. Sie rüttelte sich selbst aus ihrer Trance. "Ach, scheiß drauf!", fluchte sie. "Dieser Hohlkopf ist doch unzurechnungsfähig, wenn er egoistisch sein muss!" "Sakura, wo willst du hin?" Sie blieb Tenten die Antwort schuldig. Stattdessen rannte sie hinaus in den aufkommenden Regen. . . Sasuke erkannte die Holzdecke, auf die er als erstes starrte, nachdem er die Augen aufgeschlagen hatte. Es war das Ruhezimmer von Hidden Leaf. "Du bist also endlich aufgewacht", brummte eine weibliche Stimme voller Groll. "Was tust du hier?" Er empfand dies als durchweg berechtigte Frage, Karin allerdings schien sich über diese ihrer Meinung nach selten dämliche Frage zu brüskieren. Ihre beiden Hände waren mit Handschellen an den Stuhl gefesselt, auf dem sie saß. So mochte er seine Frauen; bloß schön weit weg und möglichst unfähig, sich auf ihn zu werfen, wenn er einmal mehr etwas sagte, das ihnen nicht passte. "Deine kleine Freundin mitsamt diesem blonden Volltrottel haben mich überrumpelt und hierhin gesetzt. Seitdem halten sie mich gefangen. Mach mich los." Sasuke schlug die dünne Leinendecke von sich und schwang die Beine aus dem Bett. Er war noch etwas benommen von—ja, von was eigentlich? "Ich denke ja gar nicht daran. Wer hat mich ausgeknockt und was geschah danach?" "Eines von Orochimarus Geschichtsbüchern, das er zur Zierde in sein Büro gestellt hatte. Schon gut", lenkte sie ein, als er sichtlich ungeduldig wurde. "Es war deine rosahaarige Freundin. Sie hat es dir über den Kopf gezogen, als du deinen Bruder abknallen wolltest. Hat echt 'nen ziemlich krassen Knall gemacht. Ich dachte schon, sie hätte dich umgebracht." "Tz", machte er ungläubig. "Wer hätte gedacht, dass Sakuras Intellekt so schlagen sein kann?" "Der war echt schlecht." "Dein Leben gehört immer noch mir, Karin. Lach' lieber über meine schlechten Witze." Sie streckte ihm die Zunge heraus. "Ich denke ja gar nicht daran!" "Fein!" "Fein! Du—" Sasuke hob die Hand, um ihren aufkommenden Protest im Keim zu ersticken. Er hörte Stimmen. Selbst wenn sein Kopf dröhnte, würde er diese drei Stimmen niemals verwechseln können: Erst Shikamarus besserwisserisches Moralgefasel, das er vorschob, wann immer er zu faul war, seine bereits gefasste Meinung anzupassen; dann Sakuras melodramatisches Raunen, das charakteristisch war für ihre gescheiterten Versuche, ein herzensguter Mensch zu sein; und zuletzt Itachis, dessen nüchterne Abweisung alles zunichtemachte, weswegen die Kontrahenten sich gestritten hatten. Er hörte eine Tür ins Schloss fallen, anschließend Schritte, die sich entfernten. Gut so. Dieser Scheißkerl konnte ruhig abhauen. Wenn er sich nicht töten lassen wollte, würde er eben anderswo verrecken. Dass Sasuke nur deshalb nicht hinausstürmte, weil er sich davor fürchtete, Itachi möglicherweise tatsächlich anhören zu müssen, weil er—im Gegensatz zu ihm—nicht die Kraft hatte, seine Familie zu töten, war ihm sehr wohl bewusst. Auch, dass der Wunsch, sein Bruder sei vielleicht wirklich nicht der, für den er ihn all die Jahre gehalten hatte, in Erfüllung gehen konnte, hielt ihn davon ab. Er war nicht dafür bereit, einzuräumen, was Sakura längst verstanden hatte. Das zweite Paar Schritte, das nach einigen Minuten folgte, war hektischer. Er wusste genau, wer gerade wem nachgelaufen war. Wenn das mal nicht eine interessante Wendung war. Verstörend. Aber interessant. . . "Du bist echt schwachsinnig!" Ihr Schimpfwort hatte den gewünschten Effekt erzielt. Itachi war keine zweihundert Meter weit gekommen, ehe sie ihn eingeholt hatte. Er blieb mit hochgezogenen Augenbrauen im Regen stehen. Es war eine Unverschämtheit, wie attraktiv ihn seine nassen Haare machten, die sich in ihrer feuchten Unordnung leicht wellten. "Was willst du noch?" "Dir etwas sagen. Du bist ein Lügner, Itachi. Du willst nicht so leben, oder?" Sie war froh, dass es regnete. So konnte sie das Zittern ihrer Lippen auf die Kälte schieben, die durch ihr kurzärmeliges Shirt kroch. Ihre Jacke hatte sie im Besprechungszimmer zurückgelassen. "Wieso bist du bloß so beschissen heldenhaft, kannst du mir das verraten?" "Sakura, dein Freund hat ganz recht mit dem, was er sagt. Ich bin nicht so gut, wie du es gerne hä—" "Scheiß auf das, was Shikamaru sagt! Niemand hat je einen Pfifferling auf seine Meinung gegeben! Hör auf, dich kleiner zu machen, als du bist! Heldenhaft ist vielleicht das falsche Wort. Verdammt nochmal, du sagst, du gehst um Sasukes Willen! Dabei gehst du, weil du nicht mit Sicherheit sagen kannst, ob du gewinnen könntest! Willst du Sasuke verlassen? Willst du ihm wirklich die letzte Familie nehmen, die er hat? Und selbst wenn, was ist mit mir? Du hast mich benutzt, um über Sasuke an Orochimaru heranzukommen, aber du hast nicht bedacht, dass ich einen eigenen Willen habe! Dass ich dich tatsächlich mögen könnte—dass du mir vielleicht wichtig würdest! Das kam nicht in deinem Masterplan vor, nicht wahr?" Sakura holte Luft, um zu überlegen, was sie als nächstes sagen wollte. Es gab so vieles, das sie am liebsten herausgeschrien hatte. Die Worte formten sich ganz von alleine. "Nein, Itachi, du hast ganz recht, du bist kein Held. Helden laufen nicht weg, weil der Ausgang ihrer Schlacht ungewiss ist. Du hast Angst." Sie ging einen Schritt auf ihn zu. "Ich kann sie sehen." Ein zweiter Schritt. "Sie ist in deinen Augen. Die Ungewissheit." Mit dem dritten Schritt stand sie vor ihm. Wie von selbst legte sich ihre Hand an seine Wange, als ihre Stimme leiser wurde. Eindringlicher. Verzeihender. "Du bist so intelligent, dass du nicht weißt, was du tun sollst, wenn sich Dinge deiner Voraussicht entziehen. Es ist wahr: niemand kann dir garantieren, dass wir es schaffen, dich aus den Fängen dieser Intrige zu befreien. Aber, würdest du es nicht ewig bereuen, wenn du es nicht wenigstens versuchst?" "Sakura—" Sie legte einen Finger an seine leicht geöffneten Lippen, mit denen sie ihm bedeutete, zu schweigen. "Es ist nicht fair, mir dein Siegerblatt zu zeigen, bloß um die Karten auf den Tisch zu werfen und auszusteigen, ohne die Runde zu Ende zu spielen! Denk über alle Möglichkeiten nach, die du hast, ehe du etwas sagst. Selbst wenn du verlieren könntest … gibt es nicht etwas, das es wert wäre, diesen Kampf wenigstens zu bestreiten?" Dass ihm bewusst war, dass sie über sieben Ecken auf sich selbst anspielte, um sich hinterher keine Vorwürfe machen zu müssen, ihm ihre Gefühle nicht offenbart zu haben, wenn er sie verließ, wurde ihr erst klar, als er ihren Finger von seinen Lippen wischte, ihr Handgelenk umfasste und sie an sich zog. Als ihre Lippen aufeinander trafen, starb etwas in ihr. Es war der Teil, der bis zum Schluss an ihm gezweifelt hatte. Indem er sie spüren ließ, wie viel ihm alles bedeutete—Sasukes Sicherheit, ihr Vertrauen, die Wahrheit—zeigte er ihr auch gleichzeitig seine tiefsten Ängste, seine dunkle Verzweiflung, die ihr Tränen in die Augen trieben. Sie wurden vom Regen weggespült, dennoch bemerkte er sie, als er sich von ihr löste und die salzige Spur über ihrer Wange mit der Spitze seines Daumens nachzog. "Du und deine Pokermetaphern. Ernsthaft, hast du ein Buch voll davon und wartest nur auf eine Gelegenheit, sie zu benutzen, oder fällt dir dieser Schwachsinn spontan ein?" Sakura schlug ihm gegen die Brust. Sie hatte nicht vor, auf diese vermessene Frage zu antworten. "Du Blödmann hast den Moment ruiniert!" "Und ich habe dich zum Weinen gebracht. Es tut mir leid." Als Entschuldigung küsste er sie erneut und schlang die Arme um sie, aus denen sie nie wieder entlassen werden wollte. . . Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)