Frail von MrsGingerHair ================================================================================ Prolog: Prolog -------------- Es war der letzte Abend, an dem sie richtig arbeiten mussten. Danach kamen über zwei Wochen verteilt ein paar Interviews, mal hier mal da, nie mehr als eines pro Tag und dann endlich hatten sie erstmal „Urlaub“. Ein Wort, was der Sänger in der letzten Zeit nur allzu gerne hörte. Nicht, dass er etwas geplant hatte, so war es nicht, aber sie hatten erst eine Tour hinter sich gebracht und grade wurde noch das Video zu ihrer neuen Single abgedreht. Das konnte alles zusammen schon etwas stressig sein und daher war er einfach dankbar für die paar Interviews in den zwei Wochen und dann den Urlaub, der sich immerhin auf 3 Wochen belief. Sie nannten es in der Presse nicht Urlaub, nicht vor den Fans, aber trotzdem wusste jeder, dass er es war. Schon manchmal seltsam, wie man Dinge verschwieg, die eigentlich völlig offensichtlich waren. Er wurde abrupt aus seinen Gedanken gerissen als er fühlte, wie jemand an seinen Haarsträhnen zupfte. „Na, ist da jemand ganz schön schreckhaft?“, fragte die bekannte Stimme des älteren Gitarristen, der auch noch blöd grinste. Als ob er einen Triumph errungen hätte. „Eigentlich nicht“, gab Byou knapp zur Antwort. Nur noch Rui musste seine Szene abdrehen und dann waren sie endlich fertig und konnten nach Hause. Es war schon dunkel, aber davon war kaum etwas zu erahnen in dem gut beleuchteten Studio in dem sie waren. Lediglich die Uhren verrieten die fortgeschrittene Uhrzeit. „Und, was macht ihr an euren freien Tagen?“, der Gitarrist ließ sich gelassen auf eine schmale Couch fallen und legte sich so darauf, dass nur er Platz hatte. Wäre doch gelacht, wenn das so bleiben würde! „Mal schauen. Also auf jeden Fall fahr ich zu meinen Eltern für ein paar Tage und da…“ „AH“, der Drummer wurde jäh von Kazukis knappem Aufschrei unterbrochen. Manabu und Jin wären beinah alle Gesichtszüge entglitten, da sie so unvorbereitet darauf waren und sich ziemlich erschrocken hatten. Aber das Bild was sich ihnen bot, lud dann eher zum Lachen ein, was sie dann auch taten. Da hatte sich Byou kurzerhand auf Kazuki gesetzt, als dieser nichts ahnend die Augen geschlossen hatte um wohl etwas zu dösen. Langsam musste der Gitarrist doch echt wissen, dass man sowas nicht machen sollte, wenn sie in der Nähe waren. Immerhin hatte Manabu schon einmal mit seinem Feuerzeug gefährlich nah vor seinen Augen herumgespielt und in der Nähe seiner Haare. Selbst Byou war das schon widerfahren und er hatte sich schlafend in einem Video wiedergefunden, wo Jin um ihn rumtanzte. Der Sänger hatte daraus gelernt, Kazuki nicht. Aber leider hatte keiner eine Kamera in dem Moment drauf gehabt, sonst wäre das wohl prima für eines der Making-Of Videos geworden! „Also wo waren wir stehen geblieben?“, als ob nichts wäre, wollte Byou das Gespräch weiterführen, rührte sich kein Stück. „Ja ja, du willst dich auch setzten. Dann lass mich aber frei“, jammerte Kazuki, der wirklich Probleme hatte, den Älteren von sich zu rücken. Erst als Byou nachgab, konnte Kazuki seine Beine ganz fix zu sich ziehen und sich dann normal auf das Sofa setzten. Grade wollte der Sänger noch selber etwas sagen, da hörte er sein Handy, welches auf dem Tisch lag, der vor ihnen stand. Kurz schaute er nur, wie es vor sich hin vibrierte, ehe er zuschnappte und die SMS anschaute, die eingegangen war. „Lass mal sehen“, Kazuki schaute grade mit dem Kopf rüber, da hatte Byou aber das Display schon schwarz werden lassen. An sich hatte er keine Geheimnisse vor seinen Kollegen, denn sie waren sowas wie eine Familie. Aber trotzdem hatte der Sänger immer noch eine gewisse Privatsphäre und die versuchte er auch zu wahren, auch wenn sie sich alle verdammt nah waren. Nur kurz hatte er lesen können was dort stand. ‚Hey. Ich bin frühzeitig in einer Stunde zu Hause. Ich weiß ja nicht wies bei dir steht? Müsste ja glaub ich… dann gegen 23 Uhr sein? Lass es mich wissen!‘ Diese Zeilen hatte er sich gut eingeprägt. „Du Geheimniskrämer“, protestierte Kazuki gleich, doch beistand, leistete ihm in diesem Falle keiner! „Ja, genau. Wieder alles gegen mich“ „Wer ist gegen dich?“, Ruis Stimme ertönte und alle wussten, was das hieß. Nur noch über die Szene drüber gucken und dann… Dann endlich konnten sie nach Hause fahren! ‚Schaff ich wahrscheinlich auch. Bis später‘, tippte er fix in sein Handy ein. Auch wenn es unheimlich teuer war, die SMS zu schreiben, es war ihm in dem Falle egal. Immerhin machte er das nicht jeden Tag und von daher ging das noch. Zusammen bewegten sie sich dann zum Kamera-Team und gingen die Szene durch. Aber soweit sah es gut aus und es schien nichts nochmal gemacht werden zu müssen. Und da war es… Das erlösende klatschen des Teams, die sich für die gute Zusammenarbeit mit dem Team und der Band. Es hatte alles recht reibungslos geklappt, ohne viele Zwischenfälle. Der Sänger ließ sich nicht mal viel Zeit bei der letzten Zigarette mit den Jungs, sondern rauchte diese eher schnell auf. „Hast du noch eine Verabredung? Oder warum bist du auf dem Sprung?“, meldete sich dann Rui, der grade den Rauch ausstieß. „Ja… Nein… Ich bin nur total müde“, Byou fühlte sich aus irgendeinem Grund fast ertappt. Das war doch wirklich komisch. Er ließ sich nichts zu Schulden kommen und er tat nichts Verbotenes. Wieso also fühlte er sich grade so? „Achso… Aber nicht, dass du was ausbrütest. Die Grippe soll wieder umgehen“, warnte der Bassist dann, der ihm wohl abkaufte, was der Sänger erzählte. Es war Ende Februar, da konnte man sich wirklich schnell mal was einfangen. Knapp verabschiedete sich der Sänger dann noch und sprang in sein Auto um endlich nach Hause zu fahren. Viel war nicht mehr los auf den Straßen und der Verkehr ging gut und flüssig, sodass er nicht unnötig wegen eines Staus warten musste. Kapitel 1: Kapitel 1 -------------------- Es hatte keiner damit gerechnet, dass Byou der erste war der ging. Eigentlich hatte Kazuki erwartet, dass er der erste war. Immerhin fühlte er sich ziemlich müde und geschafft, was wohl daran lag, das er die Nacht davor höchstens 5 Stunden geschlafen hatte. Warum wusste der Gitarrist selber nicht so genau, er war einfach ständig wach geworden und hatte auch relativ lange wach gelegen. Und sie hatten sich alle schon um 10 Uhr getroffen, um alles für den Dreh vorzubereiten. Da war auch keine Zeit gewesen sich nochmal gegen Mittag aufs Ohr zu hauen. Es war grade mal so Zeit gewesen zu duschen, da er immer wieder versucht hatte, wenigstens zu dösen. Der braunhaarige gähnte und kniff kurz die Augen zu, als ob es eine kleine Erholung sein würde. „Da schläft aber einer gleich ein“, die tiefe Stimme von Manabu durchbrach diese kurze Erholungsphase und Kazuki schaute den jüngeren an. Er war immer noch so fit… So… Agil und kein bisschen müde. Er hatte wahrscheinlich auch durchgeschlafen, anders als der Lead-Gitarrist! „Ohh… Sollen wir dich ins Bettchen bringen? Und ein Gute-Nacht-Lied singen?“, Rui hatte ihm, wie eine Oma aus einem Film, in die Wange gekniffen und die Hand minimal hin und her bewegt. Zuerst schaute der Leader nur etwas zerknirscht, zog den Kopf etwas ein und schaute alle dann mit großen Augen an. „Ja…“, war die nuschelige Antwort seinerseits, die ein Lachen bei allen hervorbrachte. Das sahen sie alle gerne. Kazuki, der einen auf niedlich machte und nur wollte, dass man ihn etwas bemutterte oder beschäftigte. „Ey, das ist gemein“, er wollte das anhaltende Lachen durchbrechen, doch er schaffte es durch seine Kommentare einfach nicht. „Wie kommst du eigentlich nach Hause?“, Jin hatte mittlerweile seinen aufgerauchten Stummel weg geschnipst und blies das letzte bisschen Rauch aus. Da war ja das Problem! Er war mit Byou mitgefahren und der war schon längst weg und hatte es genau so vergessen wie Kazuki selber. Seine Augen wurden immer größer und er sah die drei Jungs nur an. „Ich… ich…“, stammelte er. Durch Müdigkeit wurde Kazuki immer etwas anders… Er wurde verpeilt, verplant, sein Kopf arbeitete langsamer, so glaubten es zumindest alle. „Ich nehm dich schon mit“, beruhigte Manabu den Älteren dann und trat seinen Stummel nun auch aus. Rui musste wieder beginnen zu lachen, da der Blick des Leaders deutlich erleichterter war und er jetzt schon vor sich hin strahlte. Man hätte meinen können, Kazuki wäre leicht angeschwipst, aber er hatte kein bisschen Alkohol getrunken. Innerhalb weniger Minuten war der Gitarrist wohl schon so müde geworden, dass er kaum die Augen aufhalten konnte. „Ich glaub, wir fahren dann mal besser. Sonst knackst du noch im stehen ein“, redete Manabu dann und Kazuki nickte nur beiläufig. Schnell verabschiedeten sich die beiden noch von Rui und Jin, die dann selber auch schon den Heimweg antraten. Noch bevor der Jüngere, schwarzhaarige sein Auto aufschloss, zog Kazuki am Griff und wunderte sich, dass die Tür nicht aufging. „Deine Tür ist kaputt“, redete er mit monotoner Stimme und schaute zu Manabu rüber. Dieser konnte es nur selten fassen, wie verpeilt der Gepiercte in seiner Müdigkeit oftmals war. „Ich hab noch nicht mal aufgeschlossen“, gab er mit ruhiger Stimme zurück und tat dies nun. Sofort waren beide eingestiegen und dann startete Manabu den Wagen, um loszufahren. Kaum ein Auto war noch auf der Strecke unterwegs die er fuhr. Es war kein wirklicher Umweg für ihn, wenn er Kazuki nach Hause fuhr. „Manabu?“, die schläfrige Stimme ertönte und nur für einen Sekundenbruchteil hatte der Angesprochene rüber gesehen. „Kann ich bei dir schlafen?“, redete er dann weiter. Beinah hätte er „Wieso“ gefragt, doch das ließ er dann. Manchmal plante Kazuki spontan irgendwas, was man nicht sofort nachvollziehen konnte und Manabu hatte es mittlerweile aufgegeben, nachzuvollziehen, was seine Gedanken machten. „Ja… Kein Thema“, antwortete er deshalb. Es war wirklich kein Thema. Sie waren alle schon so weit, dass jeder bei jedem Notfall-Klamotten hatte, falls solche Spontanen Sachen anstanden. So hatte er auch Klamotten eben von Kazuki und die Couch im Wohnzimmer war schnell hergerichtet für den Älteren. Es dauerte nicht mehr lange, da hatte er das Auto geparkt und Kazuki vorsichtig geweckt. Zusammen hatten sie die stille Wohnung betreten und am liebsten hätte der Leader sich schon auf das Sofa gelegt. Doch schon wurde er wieder von Manabu hochgescheucht, der wenigstens schnell die kleinen Kissen gegen ein großes austauschen wollte, sowie die dünne Decke gegen eine richtige tauschte. Zeit um ein Lacken noch drüber zu werfen hatte er nicht, denn schon saß Kazuki wieder auf dem Bett. „Willst du dich nicht noch umziehen?“, Manabu stand neben dem Sofa und schaute ihn nur an. „Ja… Ja doch“, müde rieb sich sein Gegenüber über die Augen. Wenigstens musste das Make Up nicht mehr runter, das hatten sie schon hinter sich. Auf seine Antwort hin war der Wohnungseigentümer schon los in sein Schlafzimmer, um aus dem Kleiderschrank Kazukis Notfall-Klamotten zu suchen und sie ihm dann auf den Kopf zu werfen. Nur langsam, fast wie in Zeitlupe hatte er sich an den Kopf gegriffen und die Klamotten in seinen Schoß gezogen, um Manabu dann anzusehen. Er schien noch was sagen zu wollen, aber er beließ es dann und trottete nur knautschig ins Bad. Um sich die Zeit dann etwas zu vertreiben, hatte er noch den Fernseher angemacht und zappte etwas durch die Programme. Viel Gutes lief um die Uhrzeit nicht mehr, das merkte man ganz deutlich und er hatte auch keine wirkliche Lust sich einen dieser schlechten Spät-Nacht Filme anzusehen oder diese ganzen Soft-Pornos. Fan von diesen Werbungen war er auch nicht sonderlich, weswegen er immer weiter zappte und bei einem der Musiksender stehen blieb. Das konnte man sich doch gut antun. Es dauerte ziemlich lange und langsam bekam der jüngere Angst, dass Kazuki eingeschlafen sein könnte im Bad. Das fänd er nun gar nicht lustig, denn entweder müsste er ihn dann wecken, oder er müsste ihn auf das Sofa schleppen, wodurch er wahrscheinlich eh wach werden würde. Grade wollte Manabu aufstehen und anklopfen, da öffnete sich auf halbem Wege schon die Badezimmertür und der Gast trottete langsam hinaus. „Was hast du denn da drin gemacht? Geschlafen?“, fragte Manabu dann schlussendlich. Kazuki schaute ihn nur kurz an, schüttelte den Kopf und trottete weiter zum Sofa, um sich gleich dort hinzulegen. „Hab ich nicht“, war dann seine verspätete Antwort. Der Fernseher ging aus und schlagartig hatte Kazuki die Augen wieder geöffnet. „Gib mir die Fernbedienung“, verlangte er dann und kurz runzelte Manabu die Stirn. „Warum?“ „Ich hör den Fernseher gern beim Einschlafen“, war die Antwort. So oft hatte Kazuki noch nicht hier geschlafen, dass Manabu es hätte wissen können und wenn, sind sie beide meistens vor dem Fernseher eingeschlafen, weil sie irgendwas gespielt hatten, oder einen Film schauten. Es war aber heute eben anders. Schulterzuckend übergab er Kazuki die Fernbedienung und machte wieder Anstalten zu gehen. Diesmal fing der Ältere nicht nochmal an, mit ihm zu reden, weswegen er endlich ins Bad ging und sich selber fertig machte, um dann in sein Bett zu steigen. Vieles war anders geworden in den letzten Jahren, aber einiges auch nicht. Yuuto war gegangen, doch auch wenn es teilweise gemein klang, Manabu konnte sich darüber nicht beschweren. In den letzten Monaten, wo der Bassist noch da war, hatte er selber aufgehört fröhlich zu sein. Zuerst war es nur ein Spaß gewesen, aber aus dem Spaß war ziemlich schnell ein fieser Streit geworden, der in so einigen Attacken geendet war. In dieser Zeit hatte Manabu des Öfteren darüber nachgedacht, die Band zu verlassen. Immerhin hatte Yuuto oft beteuert, wie langweilig der jüngste doch war, wie untalentiert und unnötig er war. Keinem der anderen hatte er von seinen Gefühlen darüber erzählt und innerhalb der Gruppe hatte er immer so getan, als ob ihn das nicht stören wurde. Doch es störte ihn in Wirklichkeit sehr. Bis heute hatte er keine Ahnung, wie Kazuki das gemerkt hatte, aber er hatte es bemerkt. Er war es auch, der so lange nachgefragt hatte, bis Manabu endlich mit der Sprache rausgerückt hatte. Ihm hatte der Jüngste erzählt, wie schlecht er sich Gefühlt hatte und das er mit dem Gedanken gespielt hatte, zu gehen. Und dann wurde Kazuki immer mehr zu seinem großen Bruder in der Band. Er war es, der Angefangen hat sich mit Yuuto anzulegen, wenn er sowas mitbekommen hatte und er war es auch, der Manabu wieder aufbaute. Der ehemalige Bassist war nicht in einem Streit gegangen, man hatte sich allgemein angefangen auseinander zu leben, aber manchmal glaubte der Jüngste, dass er doch wegen ihm gegangen war. Wissen tat er es nicht, es war nur ein Gedanke, der ihn schon lange beschäftigte. Doch eine Antwort würde er wohl nicht darauf kriegen. Zwar hatte er sich halbwegs mit Yuuto vertragen aber das war dann doch wohl eher nur Oberflächlich gewesen. Manchmal fragte sich Manabu auch, was gewesen wäre, wenn Kazuki nicht da gewesen wäre, oder wenn es ihn nicht interessiert hätte. Er wäre wohl heute nicht dort, wo er nun mal jetzt war. Mittlerweile war es nun 23 Uhr und er saß schon, überpünktlich, an seinem Laptop und lag in seinem Bett. Momentan mied er den Fernseher, da seiner Meinung nach eh nur Schwachsinn lief und er sich sowas vor allem nicht zum Abend antun musste. Müde war er keineswegs und er fühlte sich auch nicht im Geringsten schwammig, nein. Er loggte sich sogar zur Richtigen Zeit ein, denn kurz nach ihm, erschien die Benachrichtigung, dass sie ebenfalls On war. Sie schrieben schon lange nicht mehr, sie telefonierten schon. Doch in der letzten Zeit war das nicht mehr so häufig, denn sie arbeitete recht viel und vor allem auch lange. Byou hatte Verständnis dafür, auch wenn er nicht wusste, als was sie arbeitete. Aber richtig wichtig war das auch nicht. Er war eher zufällig auf sie gestoßen. Sie war ihm Vorgeschlagen worden, als „Freund“ von der Internetseite, wo die Musik gezeigt wurde, die man gerade hörte. Ihr beider Geschmack war zwar zum Teil komplett verschieden, aber zum anderen auch wieder nicht. Keiner wusste wie der andere Aussah, was aber daran lag, dass sie nie nach Fotos gefragt hatten und langsam schienen sie sich beide daran gewöhnt zu haben. Er wurde aus seinen Gedanken gerissen, als er das Geräusch hörte, welches ihm verriet das sie ihn grade anrief. „Hey na, wie geht’s dir?“, hörte er schon die immer zu fröhlich klingende, sanfte Stimme. Sie sprachen auf Englisch, auch wenn sie immer mal wieder versuchte von ihm japanisch zu lernen. Aber das war schwieriger als gedacht, denn sie Verstand die Hälfte nicht und betonte es immer falsch. Trotzdem aber machte es ihm nichts aus, denn sie verstanden sich ja trotzdem. „Ganz gut und dir?“, der übliche Smalltalk zum Anfang. Sie schien es immer zu brauchen, denn sie hatten ein Gespräch noch nie anders angefangen. Erst nach ein paar Minuten und dem üblichen Gerede fing sie an, zu erzählen oder Fragen zu stellen. Es hatte schon irgendwie was Liebenswertes, denn er versuchte sich immer wieder, sie dabei vorzustellen, auf der anderen Seite der Welt sitzend. „Oh und weißt du was? Ich hab bald Urlaub. 4 ganze Wochen lang“, erzählte sie dann und Byou hatte lächeln müssen, weil sie sich wirklich zu freuen schien. „Ich hab in 2 Wochen auch Urlaub“, antwortete er dann darauf. „Was ein Timing Mensch“ „Hast du irgendwas geplant?“, fragte Byou dann. Sie schienen wohl zur selben Zeit Urlaub zu haben und da konnten sie dann wohl öfter telefonieren, denn sie waren dann von der Zeit unabhängiger. „Eigentlich hatte ich geplant in die Heimat zu fahren… Aber so wies aussieht fällt das wohl flach und das heißt, ich suche grade ein neues Reiseziel. Weil hier bleiben will ich eigentlich nicht. Ich will was machen“, erzählte sie dann. Öfters schon hatte sie von „zurück in die Heimat“ gesprochen und als Byou nachgefragt hatte, hatte sie erzählt, dass sie schon lange nicht mehr in ihrem Geburtsland lebte. Grade als er Antworten wollte, hörte er ein Angsterfülltes japsen von seiner Gesprächspartnerin und das ließ ihn schon wundern. „Alles in Ordnung?“, fragte er sofort, denn das hatte nicht sehr gesund geklungen. „Nein… Ja.. Also… Eigentlich ja“, stotterte sie sich zu Recht und sie schien sich hinterm PC zu Bewegen, das hörte er deutlich. „Was ist denn?“ „Meine Deckenlampe hat grad den Geist aufgegeben“, war ihre leicht verschüchterte Antwort. „Okey… Und wieso dann der verschreckte Laut?“, Byou hatte schon an sonst was gedacht. „Ich… Ähm… Ich hab… Ich hab furchtbar panische Angst im Dunkeln“, stotterte sie weiter. Beinah hätte er ja gelacht, denn für einen Moment hatte sie wie ein kleines Mädchen geklungen. „Ich weiß was du jetzt denkst. Du denkst jetzt bestimmt ich bin ein furchtbarer Schisser. Aber leider hast du damit sogar recht. Zumindest was das angeht“, verteidigte sie sich dann, weswegen er nun wirklich lachen musste. „Hey. Das ist nicht nett“, protestierte sie darauf. Aber er hörte raus, dass sie schon wusste, was er meinte und sie ihm auch nicht sonderlich böse war. „Sorry… Zurück zum Thema Urlaub, okay?“ „Ja also. Ich such halt ein neues Reiseziel. Und wie stehts bei dir so?“ „Du kannst ja her kommen“, schoss es aus seinem Mund heraus. Da hatte er nun wirklich nicht drüber nachgedacht, sondern einfach ausgesprochen, was für ein paar Sekunden als Möglichkeit in seinen Gedanken aufgeblitzt war. Stille kehrte ein, sie schwieg. „Ehm… Wir… Haben uns noch nie gesehen…“ „Also nein. Das war nur so ein Gedanke. Ein Witz quasi“, versuchte er die Situation noch zu retten. Ein Witz. Das war eigentlich kein Witz gewesen, er hatte sie wirklich eingeladen. „An sich… Wär das bestimmt ne coole Sache mal nach Japan zu fliegen und so. Aber was ist, wenn wir uns nicht vertragen sollten?“, war dann ihr Einwand. Irgendwo hatte sie ja recht. Sie hatten sich noch nie gesehen, sie telefonierten nur miteinander, aber das eben schon über eine ganze Zeit. „Naja, warum denn nicht? Ist ja nicht so, dass du hier gefangen wärst, als ob du das hier gebucht hättest wie ein Zimmer im Hotel“, Byou wusste selber nicht so genau, warum er sie davon überzeugen wollte, aber das hatte er sich in den Kopf gesetzt. Wieder kehrte stille ein. Sie schien diesmal wohl zu überlegen, hoffte er zumindest. „Naja… Okey. Schaden kanns nicht. Also… Tauschen wir jetzt Fotos aus?“, fragte sie dann. Er war gerade in experimentier Laune, das merkte er selber und es schlich sich eine weiter blöde Idee in seinen Kopf. „Wie wärs, wenn wir uns überraschen lassen? Fotos können gut täuschen.“ „Und wie erkennen wir uns dann im Flughafen? Ich mein, ich muss nach… Tokio? Und der Flughafen ist sicherlich doppelt so groß wie der wo ich losfliegen muss“, wieder ein Einwand ihrerseits. „Ich schreib ein Schild, häng mir das um den Hals und du hast auch irgendwas zum erkennen. Obwohl, dich wird man bestimmt erkennen“ „Ja, außer andere europäische Frauen sind ebenfalls in dem Flugzeug“ „Ach, ich erkenn dich dann schon. Gibt etwas besonderes, was einem sofort ins Auge fällt?“, es war wohl der Nervenkitzel an dieser ganzen Geschichte. Nicht zu wissen, wie der andere aussah, doch irgendwie Vertraut sein und aufeinander warten. „Meine Haare“, eine knappe Antwort und Byou hatte die Augenbrauen ins Gesicht gezogen. „Wie jetzt? Hast du sie dir besonders gefärbt oder wie?“ „Nein… Du willst kein Foto, also kann ich dir nur so viel sagen. Das wirst du wahrscheinlich als erstes an mir sehen. Vor meinen Brüsten“, Byou musste Lachen. Er hatte ihr ehrlich gesagt, dass er wohl fast an jedem Tag des Jahres pervers dachte, oder auf solche Dinge achtete. Sie hatten noch ewig weiter telefoniert, ein Datum ausgemacht und sie hatte sogar tatsächlich schon nach einem Flug geguckt. Immerhin konnte sie sich diesen auch ein bisschen was kosten lassen, denn für Verpflegung und Unterkunft musste sie ja keinen Pfennig zahlen. Der Sänger machte sich keine Sorgen darum, dass es vielleicht komisch werden könnte, wenn sie sich wirklich nicht verstanden oder keine richtige Verbindung zueinander aufbauten. Diese Möglichkeit ließ er völlig außer Acht. Keiner wusste von Byous Gast, der in einer halben Woche kommen würde. Bisher hatte er es noch nicht erzählt und niemand ahnte etwas davon, denn er sagte nur, dass jemand bekanntes ihn besuchen würde. Man stellte auch nicht viel Fragen darüber, denn sie versuchten sich die Privatsphäre zu lassen. Sie saßen nun grade bei einem Radiosender und warteten auf den Moderator, um seine vielen Fragen zu beantworten. Aber jeder sehnte sich an das Ende dieser Woche, denn dann konnten sie endlich etwas aus dem ganzen Trubel der Medien steigen. Nicht dass sie es nicht mochten, es gehört halt zum Job dazu, aber nach ein paar harten, anstrengenden Monaten war das einfach wirklich wichtig. Kazuki kaute nervös auf seinem Piercing rum, das tat er vor Interviews immer. Egal ob es vor der Kamera war oder „nur“ für ein Radio oder eine Zeitschrift, wo keiner ihn sehen konnte. Er war immer nervös, aber in dem Rahmen war die Nervosität noch Gesund. Manabu hingegen schien die Ruhe selbst zu sein, wie er so verträumt vor sich hin schaute, die Umwelt wohl gar nicht richtig wahrnahm. Rui war auch relativ ruhig, auch wenn er manchmal mit seinem Fuß wippte, oder seine Hände durchzukneten schien. Dann war da noch Byou, der ebenfalls ziemlich ruhig war, wie Manabu. Die Sonnenbrille auf der Nase, den Kopf auf seiner Faust stützend. Ihre Haltungen änderten sich erst, als der Moderator eintrat und sie sich alle begrüßten. Man konnte denken, für die Jungs war das einfach ein übliches Prozedere, aber nein. Es war jede Mal anders, jedes Mal war jeder der Jungs doch irgendwie nervös und es machte eigentlich Spaß. Auch wenn es manchmal Fragen gab, wo sie sich alle synchron am liebsten die Haare raufen würden, sie freuten sich doch zumeist. Hier war es dasselbe: Wieder gab es Fragen, die am liebsten alle gleichzeitig beantworten würden und auch sehr ausführlich, aber auch der anderen Seite stellte der Moderator auch Fragen… Die Teilweise wirklich einfach nur blöd waren! So dachte zumindest Kazuki, als sie das Gebäude grade verließen. „So ein Blödmann“, prustete er und stieß dabei den Rauch seiner Zigarette aus. „Naja… Es ging ja noch“ „Es ging ja noch? Wieso fragte er Manabu so eine Scheiße“, Kazuki schien vor Wut fast zu Platzen. Der angesprochene, jüngere blieb ganz ruhig und schaute zwischen Rui und Kazuki hin und her. „Ja, die Frage war blöd, da hast du recht“ „Wieso kommt er überhaupt darauf nach all der Zeit nach Yuutos und Manabus Beziehung zu fragen? Wieso?“, es schien für den Gitarristen wirklich unerklärlich zu sein. Aber für Manabu war es das ebenfalls. Immerhin waren schon ein paar Jahre vergangen und bisher hatte niemand den Jüngsten nach der Beziehung gefragt. Der war so verwirrt gewesen bei der Frage, dass der Moderator sie nochmal gefühlte 2-3-mal wiederholte. „Man ey. Ich könnt ja platzen vor Wut“, fast hätten sie alle auf diesen Kommentar im Chor Ja gesagt, aber dann würde der braunhaarige wohl wirklich unter der Decke kreisen. „Die Frage war blöd, aber immerhin hat keiner von uns eine dumme Antwort gegeben. Also komm wieder runter“, versuchte nun Byou sein Glück bei dem Leader. Je mehr er von der Zigarette rauchte, desto ruhiger schien er zu werden. Kurz trat schweigen ein und sie begaben sich alle zu dem Sieben-Sitzer, der auf sie wartete und ins Studio brachte, wo sie kurz die Lage besprachen. Verstimmt zischte der Leader, setzte sich auf den Mittleren Platz und ließ kurz den Blick schweifen. Links neben ihm saß Byou, der aus dem Fenster schaute und rechts von ihm war es Manabu. Hinter ihm saßen Jin und Rui und der Beifahrerplatz war leer. Warum? Warum hatte sich keiner dort hingesetzt? Kazuki schüttelte kurz den Kopf. Wieso fing er jetzt an sich über alles den Kopf zu zerbrechen? Nur wegen dieser blöden Frage? Er musste damit aufhören, das wusste er und so versuchte er sich auch sofort abzulenken. Doch das Manabu neben ihm saß, half ihm dabei nicht. Nicht nur, dass der Jüngere ihn an die Frage erinnerte, nein, er erinnerte ihn auch an die Zeit mit Yuuto. Wie oft hatte Kazuki damals versucht an den Jüngsten ran zu kommen, denn er schien fast der einzige gewesen zu sein, der eine Veränderung bemerkt hatte. War Yuuto da, hatte er kaum gelächelt. War er weg, hatte er gestrahlt. Da hatte er natürlich nachgefragt und das nicht nur einmal. Geknackt hatte er den jüngeren dann, als er einfach, völlig spontan vor seiner Tür gestanden hatte und mit ihm reden wollte. Er war einfach in seine Wohnung gegangen, ohne das Manabu ihn rein gebeten hatte und das war wohl auch gut so gewesen. Wahrscheinlich wäre er sonst direkt an der Tür abgewiesen worden und so musste Manabu wohl mit ihm reden. Er hatte ihm alles anvertraut, wie er sich fühlte die ganze Zeit, was das für eine riesen Belastung war und das er sogar darüber nachdachte, wieder zu gehen. Der Ältere hatte seinen Ohren kaum getraut, als er das erzählte. Klar, von der Sache mit der Mayonnaise hatten sie alle gewusst, aber da war ja mehr, da waren ja immer wieder diese kleinen Anfeindungen gewesen. Kazuki hatte sich gefragt, was der Jüngste alles hatte ertragen müssen, aber er fragte sich auch, ob er das vielleicht nicht alles etwas zu ernst nahm. Und dann war er mit der ganzen Wahrheit rausgerückt, dass er in seiner Schulzeit anfänglich ähnlich behandelt wurde, ehe man ihn in Ruhe gelassen hatte. In diesem Moment hatte Kazuki sich schuldig gefühlt, dafür dass er nichts bemerkt hatte und einfach gedacht hatte, dass es nicht wäre. Das würde wieder werden. An dem Abend hatte er noch viel Zeit mit Manabu verbracht und ihm versichert, dass es besser werden würde, dass es anders werden würde. Nach diesem Gespräch hatte der jetzige Leader ihn mit ganz anderen Augen gesehen. Plötzlich war der Jüngste wie ein Bruder geworden, der Schutz brauchte, der es alleine nicht schaffte und er hatte sich verantwortlich gefühlt. Nach diesem Abend hatte es viele Gespräche gegeben mit Yuuto, wenn auch zuerst nur Privat. Bald mussten sie aber die ganze Band mit einbeziehen und es hatte einige Gespräche gegeben. Zum Ende hin hatten die beiden sich dann doch vertragen, aber alle wussten, dass es nur Oberflächlich gewesen war und man wusste auch, dass Manabu und Yuuto keinen Kontakt gehalten hatten. Es war so verrückt, denn zu Anfang hatten sie sich gut verstanden, wirklich prächtig. Warum der Bassist dann wirklich ausgestiegen ist, wussten sie nicht unbedingt. Zumindest wusste Kazuki es einfach nicht. Vielleicht war es auch besser das nicht zu wissen. Aber der Nachfolger stand schon in den Startlöchern, auch wenn Kazuki zuerst Angst hatte, es würde genau so werden wie vorher. Es wurde jedoch anders. Rui hatte sich gut in die Band eingefügt und es war alles so nahtlos gewesen, das man hätte meinen können, er wäre schon immer dabei gewesen. Anscheint hatte der Leader Manabu zu lange angesehen, denn der schaute ihn verwirrt an. „Ist was?“, fragte er folglich auch und Kazuki hatte nur den Kopf geschüttelt, mit einem schmalen Lächeln auf den Lippen. „Nein nein, alles in Ordnung“, war seine Antwort gewesen. Eigentlich war auch alles in Ordnung, also sollte er wohl besser aufhören, sich einfach den Kopf zu zerbrechen, denn es war doch so unnötig. Im Studio angekommen besprachen sie nur noch das nötigste, für das letzte Interview, welches sie führen mussten. Am Ende war jeder nach Hause gefahren, denn es war doch anstrengender gewesen als gedacht. Kapitel 2: Kapitel 2 -------------------- Es war laut. Viele Menschen waren da und Vorwärts kam man nur, wenn man ein Schlupfloch fand oder ordentlich schob. Das Schlupfloch war wohl aber die bessere Lösung und so hatte es auch bis zu dem Gate ganz gut geklappt. Er hatte in der rechten Hand ein recht großes Pappschild, welches er später hochhalten würde und sie würde ein kleines dabei haben. Falls sie es nicht vergessen hatte, aber sie meinte ja, er würde sie erkennen können. Nun stand er da und schaute auf die riesige Anzeigetafel und suchte ihren Flug. Er wusste, dass sie von Frankfurt flog und genau diesen suchte er jetzt auf der Anzeigetafel. Kurz verglich er die Uhrzeiten. Er hatte noch 15 Minuten bis der Flieger landete und so wie er das sah und kannte, würde es eh etwas länger dauern. Schon abgesehen davon, weil sie ihre Koffer holen, oder erstmal vom Band finden musste! Deshalb hatte er sich erstmal gesetzt und fing an, etwas Zeit auf Twitter zu verbringen über sein Handy. In solchen Momenten konnte man mal versuchen ein oder zwei Antworten auf irgendwelche Tweets zustande zu bringen. Aber das war oft nicht einfach für ihn, denn er wollte die Hälfte nicht beantworten, da die Fragen immer ziemlich persönlich waren. Manchmal waren es aber auch nur Statements, wie sehr irgendein Mädchen ihn liebte, oder wie toll er wäre… Wie sollte er auf sowas Antworten? „Danke, ich find mich auch toll“? Das wäre nicht gut, das würde zu arrogant rüber kommen. Er ließ es folglich einfach, nahm diese Sätze zur Kenntnis, freute sich natürlich über die Bestätigung, antwortete aber nicht. Sein Blick glitt von seinem Handy zu einem der vielen Geschenkläden am Flughafen. Sollte er noch was kaufen? Ein paar Blumen? Ernsthaft überlegte er diese Option, aber das würde komisch kommen, immerhin lief da nichts und eigentlich kannten sie sich auch so gut wie gar nicht. Grade fühlte es sich so an, als ob die Zeit nie vergehen würde… Ständig starrte er auf die Uhr auf seinem Handy, oder auf die Zeitangaben der Anzeigetafel. Es veränderte sich kaum etwas. Schon hatte er die Augen geschlossen, denn ein bisschen Dösen würde ein paar Minuten rum kriegen. Vorher hatte er noch einen Timer gestellt, der nach 10 Minuten anspringen sollte. Als das Handy in seiner Hand vibrierte, erschrak er schon etwas, denn das hatte er gar nicht so früh erwartet. Waren die 15 Minuten schon um? Die Zeit war schnell vergangen… Sogar auf der Anzeigetafel stand, dass ihr Flugzeug gelandet war und man ausstieg. Langsam erhob sich Byou dann und hatte das Schild fest in der Hand, fast schon etwas nervös. Aber wieso sollte er diese Tatsache auch leugnen? Er traf jetzt die, mit der er schon seit knapp einem Jahr telefonierte, ohne zu wissen wie sie aussah. Ohne zu wissen, was sie beruflich machte… Ohne zu wissen, ob sie sich nicht vielleicht sofort gegenseitig die Augen auskratzen würden!? Trotzdem war sich Byou aber irgendwie sicher; Wenn sie schon so lange telefonierten und sich nicht einmal angezickt hatten, würden sie sich auch nicht jetzt plötzlich angiften und angreifen. Da plötzlich wurden seine Augen auf jemanden, schon fast unfreiwillig, gerichtet. So etwas hatte er selten gesehen und das selbst, nachdem er schon nun mit Screw in Europa getourt war. Das Schild hatte er mittlerweile mit beiden Händen vor der Brust gehalten. Er beobachtete die junge Frau genau, die irgendwie versuchte ein Schild in der Hand sichtbar zu tragen, während sie eine Reisetasche schulterte, einen riesen Koffer hinter sich her zog und dann auch noch eine Handtasche über die andere Schulter geworfen hatte. Das musste sie sein. Er war sich ganz sicher und ging auch schon näher zu den drei Glastüren, die ihn jetzt noch von ihr trennten. Schon hatte er lächeln müssen, als sie sich dann für einige Sekunden angeschaut hatten, während sie immer weiter ging. Doch als sie durch die Tür durch war und die paar Schritte zu ihm an den Rand gelaufen kam, schaute sie immer noch, als ob sie es noch nicht ganz realisiert hatte. „Du bist…“, sie stoppte kurz, schien zu schlucken und schaute sich kurz um. Wie niedlich. Entweder war sie einfach komplett verwirrt und desorientiert, oder sie zierte sich etwas. Aber Byou konnte sich ja denken wieso, immerhin achtete man hier schon sehr darauf, wie man mit anderen Menschen umging. Doch in dem Moment war es dem Sänger schon etwas egal, was die anderen hier dachten und er umarmte die junge Frau als Begrüßung. Sie war sogar ein Stück kleiner als er, was er ja schon etwas erstaunlich fand. Immerhin war er nicht sonderlich groß für den Rest der Welt! Als er sie wieder anschaute, war sie völlig geplättet und hatte dann etwas lachen müssen. „Sorry, ich bin nur völlig kaputt und ausgelaugt“, war dann ihre Antwort gleich und sie ließ ihre Schulter hochzucken, um die Tasche wohl besser tragen zu können. „Das kann man ja gar nicht mit ansehen. Du zierliches Ding mit dem Gepäck“, Byou hatte ihr auch schon die Reisetasche und den Koffer abgenommen, um dann langsam in Richtung Ausgang zu schlendern. Länger als nötig wollte er nicht an diesem vollen Ort sein und da sie ja schon sagte, sie seie kaputt, würde er auch auf direktem Wege in seine Wohnung mit ihr fahren. „Warte warte warte. Nicht so schnell! Für mich ist das hier alles Neuland“, die Stimme hatte ihn sofort abbremsen lassen und er schaute sich zu ihr um. Es wurde ja wirklich immer niedlicher. Wie sie sich umschaute, wohl versuchte jeden Eindruck sich einzuprägen und nichts zu verpassen. Aber das war wirklich schwer und noch heute sah Byou hier Sachen, die neu für ihn waren. Viel langsamer gingen sie nun in Richtung Ausgang, auf einen der großen Parkplätze, wo er auch schon sein Auto ansteuerte, um ihre Sache in den Kofferraum zu verfrachten und sie dann gleich auf den Beifahrersitz. Natürlich hatte er mal so geschaut, was für Europäer wichtig war, was für sie respektvoll war und was nicht. So hatte er zum Beispiel auch mal gelesen, dass man dort, wenn man richtig guten Eindruck machen wollte, den Frauen die Tür aufhielt und hinter ihnen wieder schloss. Diese Geste war ihm zwar nicht fremd, aber er hatte es seltener bei Frauen hier getan. Er wollte ja einen guten Eindruck hinterlassen! „Und, wie war dein Flug?“, fragte Byou dann, damit keine langweilig oder gar peinliche Stille ins Auto kehrte. „Och joa… An sich nicht schlecht. Nur ab Stunde 4 neben einer Frau, die sich fast auf mich gelegt hat weil sie eingeschlafen ist, wurde es dann ein bisschen… Unangenehm.“, erzählte sie dann und er hatte schon leicht lachen müssen. „Und wieso hast du sie nicht geweckt?“, war dann seine Gegenfrage und er sah, wie sie zu ihm rüber schaute. „Sehe ich aus wie eine Person, die fremde Menschen weckt und sagt, sie sollen doch bitte in die andere Richtung schlafen?“, ihre Stimme war absolut sarkastisch und sie meinte es auch nicht böse, dass hatte er heraus gehört. „Ja… Da hast du schon recht. So siehst du nicht aus“, gab er dann zu und schaute kurz zu ihr rüber. Noch immer versuchte sie alles was sie sah regelrecht in sich aufzusaugen. „Wo fahren wir denn jetzt hin?“, fragte sie dann und strich sich ihre Haare zurück. „Ich dachte, wir fahren erstmal zu mir, du kommst ein bisschen an und je nach dem wies dir geht, könnte man ja noch in eine Bar oder eben einfach zu Hause bleiben“, war dann sein Vorschlag, während er durch die Innenstadt fuhr. Es war ein Wunder das sie nicht zwischen die Rush-Hour gerieten und kaum stoppen mussten. „Klingt doch erstmal gut… Ich denke, ich wird ja sehen wies mir geht, wenn ich meine Klamotten bei dir entladen hab“, war dann ihre Antwort und sie schien zu lächeln, zumindest sah das aus dem Augenwinkel so aus. Was ihm nun auffiel war, dass sie wohl fern ab vom J-Rock lebte, oder zumindest nicht seine Band kannte, denn sie hatte ihn weder besonders erkannt noch drauf angesprochen. Aber vielleicht wollte sie auch nicht unhöflich sein? Er wusste es nicht und er wollte auch nicht fragen, denn so war es schon ganz angenehm. Dann hatte es auch nicht mehr lange gedauert, bis sie bei seiner Wohnung waren und zusammen den Koffer die ersten drei Treppen hochschleppten. Die Tür hatte er dann aufgeschlossen und war schon eingetreten. Was er nun beobachtete, zeugte nur wieder davon, wie niedlich das eigentlich alles war. Sie stand tatsächlich noch vor der Tür und schlüpfte aus den Schuhen raus, um diese dann ordentlich vor die Tür zu stellen. Der Braunhaarige hatte laut aufgelacht und schaute in das verwirrte Gesicht der jungen Frau. „Du… Du brauchst das nicht zu machen. Nicht bei mir“, lachte Byou weiter. Ihr Gesicht war einfach unbezahlbar. „Und ich hab schon gedacht, ich räum hier ein Fettnäpfchen nach dem anderen ab…“, sie atmete schon fast etwas erleichtert auf und räumte auch schon ihre Schuhe rein, nachdem Byou es vorgemacht hatte. „Also, ich wusste ja nicht direkt wie du das wollen würdest… Du kannst im Gästezimmer schlafen, im Wohnzimmer oder wir könnten auch den Futon in mein Zimmer legen... Weiß ja nicht“, redete Byou dann vor sich hin und hatte gar nicht so richtig bemerkt, dass sie sich schon längst umsah in der Wohnung. Da er auch nichts Eindeutiges hörte, fing er ebenfalls an in der Wohnung rumzugehen. „Also, du musst mir dann einfach sagen, wie dus gern möchte...heeest“, sie stand direkt vor ihm, hatte sich also quasi angeschlichen und kicherte etwas, weil er sich so erschreckt hatte. „Ich glaub das Gästezimmer wär erstmal in Ordnung, oder?“, war ihre Antwort dann darauf. Schon wurden der Koffer und die Reisetasche in das Gästezimmer gepackt. Viel stand hier nicht drin, eben nur das große Bett, ein Kleiderschrank, ein Nachttisch und ein Wandspiegel sowie ein paar Lampen und ein paar Blümchen. „Okey… Also… Angenommen, wir fahren jetzt noch weg… Wohin?“, mittlerweile saßen sie nun auf seinem Sofa im Wohnzimmer und besprachen erstmal die Lage. „Weil ich ja weiß, dass du kaputt bist, würd ich dich nirgendwo hinschleppen wo’s zu anstrengend wäre oder so. Ich hatte eher an eine nette kleine Bar gedacht, nicht weit von hier“, erklärte der braunhaarige dann und strich sich kurz durch die Mittellangen Haare. „Klingt zwar total verlockend, aber das müssen wir uns mal für einen der anderen Tage aufheben… Ich mein, ich bin zwar nicht todmüde oder so aber…“ „Wär schon schöner die Füße hochzulegen, richtig?“ ein nicken ihrerseits war die Antwort auf seinen Kommentar. Er verstand das vollkommen. Wenn sie geflogen sind fühlte er sich auch oftmals ausgezehrt und angeschlagen und tat dann auch nichts lieber als sich einen gemütlichen Abend auf dem Hotelzimmer zu machen. „Dann werden’s der Fernseher und eine Pizza tun, denk ich mal. Hast du schon Hunger?“, fragte Byou dann und war schon immer aufgestanden. Er hatte schon etwas blöd geschaut, als sie nach seinem Arm gegriffen hatte und mit großen Augen zu ihm aufschaute. „Meister sprach von Essen?“, redete sie dann und irgendwie konnte einem das ja schon Angst machen. Schon bei den Telefonaten hatte sie manchmal diese etwas demolierte Stimme drauf, die ihn schon dort immer etwas irritierte. Doch er fing sich schnell wieder, auch wenn sie schon wegen seines Erstarrens lachen musste. „Ja, ich würd jetzt echt gern was essen. Ich bin kein Fan von Flugzeug essen… Außer die haben diese süßen kleinen Brötchen und die abgepackte Butter“, erklärte sie ihren vorherigen Satz dann und Byou war in die Küche geschlendert, nachdem er den Fernseher angemacht hatte. Ihm war in den letzten Wochen und Monaten aufgefallen, wie viel besser sein Englisch geworden war. Natürlich hatte er nochmal extra etwas gelernt, um sie noch besser zu verstehen und er konnte auch von sich behaupten, schon etwas besser als Tora von Alice Nine zu sein. Darauf war er überaus stolz! Da fiel ihm grade auf, dass im Fernsehen nur Sendungen liefen, die auf Japanisch waren. Ob sie wohl alles verstand? Immerhin lernte sie es ja halbwegs, bruchweise. Aber vielleicht hatte sie ja große Fortschritte gemacht und hatte es dem Sänger einfach nur nicht erzählt? Der Käse war noch immer nicht zerlaufen, aber wieso sollte er auch nach der kurzen Zeit? Langsam ging er wieder in Richtung Wohnzimmer und fand die junge Frau auf seinem Sofa vor, die Beine gemütlich ran gezogen, in Jogging-Hose gekleidet. „Hast es dir wohl richtig bequem gemacht, hm?“, fragte Byou und ließ sich neben ihr fallen. Wirklich fallen, so schwer er nur konnte. „Ja aber natürlich. Was glaubst du denn!?“, war ihre gelassene Antwort und sie drehte den Kopf zu ihm. Sie war dann kurz zusammen gezuckt und schaute zu dem Braunhaarigen rüber. Dieser hatte eine Strähne ihres langen Haares zwischen Daumen und Zeigefinger genommen und zwirbelte es etwas. „Du kannst wirklich gut färben“, fing er dann an zu reden und schaute auch schon in das breit grinsende Gesicht seines Gastes. „Das, mein Lieber, ist eine Naturhaarfarbe“, erwiderte sie dann und irgendwie konnte Byou ihr das nicht so richtig glauben. Er kannte keine Frau, die von Natur aus rote Haare hatte. Wirklich nicht! Er kannte nur welche, die versuchten sich die Haare so zu färben. Manchmal klappte es, manchmal nicht. „Und woher soll ich wissen, dass es die Wahrheit ist?“, er wollte sie schon irgendwie Herausfordern, denn ganz glauben konnte er das immer noch nicht. „Ich weiß nicht ob dir das reicht, oder ob du das kennst, aber, schau dir meinen Rücken an“, plötzlich fing sie an, sich die Jacke auszuziehen und zog ihr Shirt am Rücken etwas runter, sodass man gut Nacken und Schultern sehen konnte. Überall Sommersprossen, ganz viele, diese Körperpartie war überseht damit. Er staunte nicht schlecht und bewunderte das auch. Sowas gab es hier wirklich selten, sehr selten. Aber es war wohl auf der ganzen Welt sehr selten, sodass sie damit wirklich was besonderes war und egal, wie abgedreht er selber aussah, sie würde immer noch viel interessanter sein, wahrscheinlich. „Wow“, gab er dann beeindruckt wieder. „Also glaubst du mir?“, fragte sie dann und er nickte lächelnd darauf, zwirbelte immer noch die Strähne zwischen seinen Fingern. Großartig zu stören schien es sie ja nicht. Von Kazuki wäre er jetzt in die Seite geboxt worden, oder angestupst worden. Für einen Moment konnte der älteste Gitarrist das ertragen, aber nicht für lange. „Wie läufts eigentlich mit deinem japanisch?“, griff er dann seinen Gedanken von vorhin wieder auf. Sie schaute wieder erstmal nur rüber und dann zum Fernseher. „Naja… Es läuft halt. Also, ich versteh einiges, aber nicht alles“, war dann ihre Antwort und er überlegte kurz, ob er das nun prüfen sollte. Aber andererseits wollte er das dann doch nicht, denn immerhin sollte sie sich nicht schlecht fühlen oder gestresst sein. „Musst du mir mal in den nächsten Tagen zeigen, wie weit du bist“ „Ja… Ganz sicher nicht“, ihre Stimme wurde sarkastisch und auch ihr Gesicht verzog sich in diese Richtung. Er sagte dann auch schon gar nichts mehr darauf, zwirbelte die Strähne eine Weile weiter und schaute immer mal wieder zum Fernseher. Plötzlich piepte es dann laut aus der Küche, was sie leicht aufschrecken ließ und ihn breit grinsen. „Ich bin kein Schisser. Das war nur ein Zufall“, verteidigte sie sich gleich und Byou nickte einfach nur großzügig. Schon war er in die Küche gegangen und holte die Pizzen aus dem Ofen, um sie auf zwei separate Holzbretter zu packen, die extra für sowas vorgesehen waren. „Kommst du?“, rief er dann und schon hörte er ihre leichten Schritte in die Küche. Die Jogginghose schlabberte etwas, doch es änderte nicht wirklich was an ihrer zierlichen Gestalt, zumal das Oberteil eng anlag. „Bin schon da…“, sie schaute sich nochmal in der Küche um, hatte beide Hände in den Hosentaschen und schaute dann zu Byou. „Ist was?“, er schaute zu der Pizza und dann zu ihr. Sie setzte sich nicht, machte nicht mal Anstalten dazu und er hatte irgendwie erwartet, dass sie sich setzte. „Achso, du isst immer in der Küche? Ich hab nur gedacht wir essen im Wohnzimmer oder so…“, die rechte Hand Strich durch die langen, roten Haare von denen Byou noch immer begeistert war. Er hatte wieder lediglich einen guten Eindruck machen wollen, aber hier hatte er wohl nun falsch gelegen. „Gut, ich dacht schon, ich müsste mich jetzt benehmen“ „Als ob du dich benehmen würdest“, hatte sie schon geantwortet. Er erinnerte sich automatisch an viele Telefonate in denen er immer anzügliche Witze auf ihre Kosten gemacht hatte. Aber wenn er sie so betrachtete, musste er zugeben, dass es eigentlich wirklich viele Komplimente gehagelt hatte. Mit einer Kopfbewegung signalisierte er ihr, dass sie wieder ins Wohnzimmer gehen sollte und er hatte die beiden Bretter zur Hand genommen, um sie mit zu tragen. Automatisch folgte sein Blick dem Wasserfall aus Haaren hinunter, bis zur Mitte ihres Rückens und noch weiter hinaus, auf ihren Hintern. Fast hätte er sich ermahnt, aber sie ahnte es ja eh nicht und wenn doch, es war halt seine Art. „Ist Cassy eigentlich dein richtiger Name?“, fragte der Sänger dann, als sie wieder auf dem Sofa saßen und anfingen, die Pizzen zu essen. „Nee, das ist nicht mein richtiger Name“, antwortete die rothaarige dann und hatte ein großes Stück der Pizza abgebissen. „Und wie lautet dein richtiger Name?“, wollte Byou dann wissen. „Cassair“, der Name war so fremd gesprochen, das Byou nur noch schauen konnte. „Wie bitte?“ „Cassair halt… Also, das ist irisch“, erklärte sie dann und wieder einmal mehr wurde ihm ihre Abstammung bewusst. „Und wo genau gehen wir jetzt hin?“, fragte die rothaarige, die neben dem Sänger schritt hielt. Die Blicke bemerkte er deutlich, aber es störte ihn nicht, denn man sah sie nicht verachtend an. Nein, eher fragend und schon fast bewundernd. „In eine Bar. Eine nette Bar“, war die einzige Antwort des Älteren, die sie immer noch so im dunkeln ließ wie alles andere. Sie liefen von seiner Wohnung in Byous Stammbar, da die Strecke nicht weit war. Er hatte vor ihr die Tür geöffnet und hatte sich nur sehr oberflächlich umgeschaut, ehe er dann die Tür für sie aufhielt, jedoch trotzdem vor ihr reinging und schon direkt die Theke ansteuerte. Eigentlich war es ein Fehler gewesen, sich nicht weiter umzusehen, aber er hatte seinen Gast wohl nicht ewig verstecken können. „Byou~“, hörte er dann plötzlich eine bekannte Stimme, nachdem er Platzgenommen hatte und Cassair dazu. Diese war erstmal damit beschäftigt, die Eindrücke zu verarbeiten und schaute auch schon die Getränkekarte an, sodass Byou sich der Stimme zuwenden konnte. „Was machst du denn hier?“ „Ich hab Urlaub“, antwortete der Sänger stolz und begrüßte Tora, den Gitarristen von Alice Nine. „Und was machst du hier?“, stellte der braunhaarige die Gegenfrage und schaute sich immer wieder zum Gast um. „Trinken, wie du siehst. Abspannen! Versteckst du da jemanden vor mir?“, der Gitarrist lehnte sich über die Theke und Byous Gast zu sehen. Genau das hatte der Sänger vermeiden wollen, denn er ahnte schon, was das wieder anrichtete. Nicht, dass er sich für seinen Besuch schämte, ganz und gar nicht. Aber nicht mal seine eigenen Bandkollegen wussten von seinem Besuch! „Das ist Cassair, eine Freundin von mir die jetzt für 2 Wochen bei mir ist“, erzählte er dem neugierigen Gegenüber. „Stellst du mich nicht vor?“, fragte Tora dann, fast etwas ungeduldig. Kurz tippte Byou die Schulter der jungen Frau an, die sich sofort zu ihm umdrehte und schon wieder strahlte, wie eh und je. „Cassair, ich muss dir jemandem Vorstellen. Das ist Tora, Gitarrist von Alice Nine. Tora, das ist Cassair“, stellte er die beiden vor und schon hatte die Rothaarige ihre Hand dem anderen entgegengestreckt. Beide mussten kurz auflachen, da es sowas von ungewohnt war und trotzdem nahm der schwarzhaarige Gitarrist die Hand an. Zuerst verstand Cassair gar nicht, wieso die beiden so gelacht hatten, aber es dämmerte ihr schnell. „Wieso bist du alleine hier?“, fing Byou dann wieder das Gespräch an und schaute zu Tora rüber, der grade einen Schluck von seinem Drink genommen hatte. „Ich war eigentlich mit Hiroto hier, aber der ist schon vor einer Stunde verschwunden, weil es ihm nicht gut ging. Ich glaub den hat die Grippe gepackt und ich hatte noch keine Lust nach Hause zu gehen. Frei nach dem Motto, man trifft halt immer jemanden“, er schaute Byou dann an. „Du sag mal…“, er wurde abgelenkt von seinem eigentlichen Gespräch, durch die zierliche Stimme und hatte sofort zu ihr geschaut. „Ja?“ „Hilf mir mal. Ich bin noch nicht bis zu den Lebensmitteln vorgedrungen…“, war dann ihre Antwort und deutete auf die Getränke der Karte. Klar, sie kannte die heimischen, alkoholischen Sachen nicht. „Was willst du denn? Also… Soll es süß schmecken, sauer… Stark nach Alkohol?“, fragte Byou dann. Das Licht in der Bar war zwar gedämpft, aber er konnte die rothaarige noch immer gut betrachten, sowie sein übriges Umfeld. „Ich hätt gern etwas Bier-Ähnliches…“, war ihre Antwort dann und Tora hatte laut gelacht. Das war ja nun wirklich etwas Klischee, auch wenn sie nicht grade wie die Vorzeigedeutsche aussah, sondern wirklich eher wie die Irin, die sie ja eigentlich auch war. Byou hatte sich dann kurz die Karte nochmal angeschaut und entschied innerlich, aus dem Bauch heraus und bestellte das Ganze dann zweimal. „Hier gibt’s kein europäisches Bier. Du wirst jetzt ein japanisches trinken. Es ist auf jeden Fall anders als das aus Europa“, erklärte Byou ihr dann. Er wusste das, weil sie in Europa getourt hatten und auch mit allerlei Typischem jedes Landes konfrontiert wurden. Lange hatte es nicht gedauert, da servierte man den beiden schon das Bier und Cassair begutachtete dieses erst etwas skeptisch. „Na dann, auf geht’s. Nicht lang schnacken, Kopf in Nacken“, tönte es aus ihrem Mund und schon hatte sie das Bierglas an den Mund geführt und einen großzügigen Schluck getrunken. Ihr Gesicht schien sich zu Anfang etwas zu kräuseln, hätte Byou beinah gesagt. „Das ist… Wirklich anders“, gab sie dann zur Antwort und stellte das Glas ab. „Schlecht?“, fragte Byou dann, fast etwas besorgt. Er wollte, dass es ihr gut ging, mit allem drum und dran, aber solche Erfahrungen musste man ja trotzdem machen. „Nein nein. Nicht schlecht. Anders. Gewöhnungsbedürftig, aber nicht schlecht“, redete sie dann vor sich hin. Kapitel 3: Kapitel 3 -------------------- Als er den Kopf von der Lehne hob, fühlte er sich wieder schwammig. So unheimlich schwammig und einfach nur krank. Ausgerechnet jetzt, während seines Urlaubs! Jetzt musste er natürlich krank werden und nur zu Hause rum sitzen und nichts tun können, mit einer dicken Grippe. Seinen Körper hatte er in seine zwei Sofadecken gepackt und auf seinem Fernsehtisch stand die Thermoskanne mit heißem Tee. Doch bevor er sich einen Schluck in den Becher gießen konnte, wurde er überrumpelt, von einer Niesattacke. Das war also die Strafe dafür, dass er noch am Abend zuvor bei Hiroto gewesen war, der da schon kränklich war. Aber nein, Jin wollte ja unbedingt Entertainment haben und das natürlich von jemandem, der wohl die schlimmste Grippe des Jahrhunderts ausgebrütet hatte. Mit verschnupfter, roter Nase stand er also langsam auf und schlurfte ins Badezimmer, um sich eine neue Packung an Taschentüchern zu holen. Kräftig zog er dabei die Nase hoch, denn er hatte das Gefühl, dass gleich alles auf den Boden tropfte, auch wenn es wohl nicht mal halb so schlimm war. Als er vor dem Spiegel stand, erschrak er fast. So blass kannte er sich nur selten! Blass war da ja schon gar kein Ausdruck mehr, er war ja fast käsig und dann strahlte die rote Nase so hervor, wobei er sofort wieder schniefen musste. „Ich bin krank“, sagte er dann zu sich selber, vorm Spiegel und eigentlich ja nur, um seine Stimme zu testen. Er sprach so, als ob man ihm die Worte aus der Nase ziehen würde und die Stimme war leicht kratzig. Das war doch ätzend. Da hatte er nun mal lange Urlaub und die erste Woche verbrachte er mit krank-sein. Ungerecht! Richtig ungerecht! Nachdem er sich mit ein paar Taschentuchpackungen bewaffnet hatte, schlurfte er zurück ins Wohnzimmer, um sich wieder auf die Couch fallen zu lassen. Alleine würde er seine Krankheit nicht durchstehen wollen, da konnte ruhig jemand mitleiden und ihn bemuttern! Eigentlich war er für sowas viel zu alt, aber in solchen Momenten wurde man wohl doch immer wieder zum Kind, oder Teenie. Im gezücktem Handy suchte er schon nach irgendeiner Nummer, die er anrufen konnte. Und schon hatte er sie gefunden! Ein tuten… Er wartete. Dann wurde abgenommen und die bekannte Stimme erklang. „Kazuki!?“, meldete sich der andere am Telefon. „Kazuukii~“, schniefte der kleinste der Band schon gleich ins Telefon. „Oh Gott, was ist passiert?“, ein leichtes entsetzten lag in seiner Stimme. „Ich bin kraaank“ „Na wenns weiter nichts ist“, war der stumpfe Kommentar des Gitarristen und der Drummer hätte jetzt am liebsten durchs Handy gegriffen. „Du musst mich pflegen“ „Warum denn ich? Was ist denn mit Rui?“ „Weiß ich nicht. Deine Nummer sah interessanter aus“, kurzes schweigen am anderen Ende und dann hörte Jin ein seufzen. „Ich will nicht krank werden. Du steckst mich bestimmt an du Rotznase“, im wahrsten Sinne des Wortes dachte Jin dann. „Gar nicht…“ „Pfleg dich doch alleine gesund“, argumentierte Kazuki weiter. Also langsam bekam Jin den Verdacht, er wollte gar nicht vorbei kommen. „Komm schon… Kazuki ich lieg hier im sterben. Ich ertrinke in meinem rotz! Du musst was tuun“, quängelte der minimal Ältere dann. Wieder ein seufzen am anderen Ende, was dem Drummer verriet, dass er Kazuki wohl jetzt soweit hatte. „Ja okey… Ich komme vorbei. Aber wehe du steckst mich auch an“, warnte der Gitarrist und schon hatte er aufgelegt. Breit grinsend schniefte der Drummer und legte ebenfalls auf, ehe er in ein Taschentuch kräftig pustete. Dadurch schien es aber nicht besser oder schlimmer zu werden, nein, es war unverändert. Jetzt, in dieser ruhigen Minute, konnte er sich auch endlich Tee in den Becher gießen, ohne Gefahr zu laufen, ihn wegen eines Niesanfalls gleich zu verschütten. Als es an der Tür klingelte, wäre er beinah aufgeschreckt. Da war er wohl wieder eingenickt! Vorsichtig stand er auf, da er Angst hatte, gleich wieder umzufallen wegen eines Kreislaufanfalls. Aber alles blieb in Ordnung in seinem Körper und so schlurfte er mit den zwei Decken über den Schultern zur Wohnungstür, um die auch schon zu öffnen. Kazuki schien nicht zu Spaßen mit dem „Ich will mich nicht auch anstecken“. Auch wenn es normal für den Gitarristen war, dass er Mundschutz trug in der Stadt, aber waren diese Plastikhandschuhe nicht etwas übertrieben? „Kazukii~“, Jin wollte den größeren grade Umarmen, der jedoch sofort auf Abstand ging. „Deine Krankheitsbazillen bleiben schön bei dir“, sagte er dann und trat nach Jin in die Wohnung ein. Na das war ja nett! Da wollte der Blonde nur Gesellschaft und jemand, der ihn pflegte und dann sowas? Sowas gemeines? „Du hast ne Luft in deinem Wohnzimmer. Da kann man ja nur krank werden.“ „Ich dünste meine Krankheit halt aus…“, die matte Antwort von Jin, der mit ins Wohnzimmer schlurfte und wieder auf dem Sofa Platz nahm. „Ja, das kannst du ja auch. Du musst doch aber auch Lüften“, der Leader klang fast wie eine Mutter. „Das Fenster ist da drüben“, Jin grinste schon etwas, schniefte dann aber wieder deutlich hörbar. Der Gitarrist konnte nur den Kopf schütteln und hatte schon das Fenster vom Wohnzimmer aufgerissen und ließ die schöne, lauwarme Frühlingsluft einziehen. Lange würde er es nicht offen lassen, vielleicht nur 5 Minuten, das sollte schon reichen. „Wie viel hast du schon getrunken? Isst du genug?“, Kazuki stand immer noch am Fenster, dem Drummer aber zugewandt. „Ich hab dich eigentlich her geholt, um Spaß zu haben, nicht um bemuttert zu werden, weißt du“, sprach der blonde dann aus und nahm einen Schluck Tee aus dem Becher. Kazuki hatte beide Augenbrauen gehoben und die Hände kurz in die Hüften gestemmt, das dann aber wieder schnell gelassen. „So so… Du willst mich also auch anstecken. Von wem hast du die Grippe überhaupt?“, er kam etwas näher, ein paar Schritte aber nur. „Hiroto. Glaub ich zumindest. Also… Zumindest hatte er schon etwas rumgeschnupft“, erklärte der Kranke dann und schaute weiterhin zu Kazuki. „Wenn ich krank werde, hat das ein Nachspiel mein Freund“, nun hatte sich der Gitarrist neben Jin auf das Sofa gesetzt, auch wenn da noch Abstand zwischen war. Sie hatten dann begonnen ein wenig an der Konsole zu spielen, doch bald war auch Kazuki in der richtigen Stimmung, um bei Rui durchzuklingeln. „Kommst du bei Jin vorbei? Der ist furchtbar krank und ich muss nebenbei Suppe machen“, war die Ausrede des Gepiercten und der Bassist hatte sofort sein kommen zugesagt. Es würde wahrscheinlich so enden, dass die ganze Band bald in Jins Wohnung saß, denn schon rief der Leader auch den Jüngsten der Band an und zitierte ihn wegen Jins Krankheit zu diesem. Lange hatte es dann nicht gedauert, da klingelte die Tür ein erstes Mal. Kazuki war sofort aufgesprungen und zur Tür gegangen, natürlich den Mundschutz wieder aufgezogen, den er zwischenzeitlich schon abgelegt hatte. „Danke. Er benimmt sich wie ein Kind, total bockig und uneinsichtig“, der Leader empfand sich als guten Schauspieler, denn er machte es wirklich sehr glaubhaft und Rui war sofort drauf angesprungen. „Und wo ist unser Krankheitsfall?“, Rui trug keinen Schutz vor den Bakterien. Wahrscheinlich, weil er sich weniger daraus machte oder es nicht als so schlimm empfand Krank zu sein. Der Leader hatte den Bassisten nur selten Krank erlebt. Höchstens 7 oder 8 Mal und dann war das wieder so schnell abgeklungen, dass man es schon gar nicht Krankheit nennen konnte! „Wir machen das schon irgendwie“, versicherte Rui dem ersten Pfleger dann und war ins Wohnzimmer getreten. Dort fand er Jin vor, der hochkonzentriert auf den Fernseher starrte und tatsächlich spielte. „Meinst du das?“, Rui hatte sich kurz zu Kazuki umgeblickt, wurde aber schon von diesem aufs Sofa geschoben und ihm wurde der übrige Controller in die Hand gedrückt. „Äh… Wie jetzt?“, er war verwirrt, dass sah man ihm an. „Er ist nicht bockig. Wir erfreuen uns beide nur an deiner Gesellschaft“, erklärte der Leader dann und hatte sich schon neben Rui auf dem Sofa fallen lassen. „Gut zu wissen. Hättest du das nicht von Anfang an sagen können?“ „Nein“, die Antwort wurde synchron von Jin und Kazuki gesprochen, sodass der Bassist überhaupt keine Einwände mehr machte. Wenig später klingelte es erneut an der Tür und fragend sah der letzte Ankömmling die beiden neben sich an. „Manabu“, erklärte der Leader kurz und war schon wieder aufgesprungen. So lief der Hase also. War wohl nur noch eine Frage der Zeit bis Byou hier auftauchte! Da hatten sie sich aber was einfallen lassen… „Und wann kommt Byou?“, fragte Rui folglich und starrte auf den Fernseher um nicht von Jin geschlagen zu werden. „Das haben wir gleich“, der Kranke kroch unter den beiden Decken hervor und hatte sein Handy gezückt um Byous Nummer zu wählen. „Byoouu~“, meldete sich Jin gleich, gespielt kränker als er war. „Ich bin kraaank“, jammerte Jin dann und Rui konnte deutlich ein seufzen hören. „Ja? Das wär echt nett von dir, ich kann mich kaum bewegen und die andren haben keine Zeit“, erklärte Jin dann weiter und es schien gemachte Sache zu sein. „Er müsste gleich hier sein“, war dann die Antwort des Drummers auf den fragenden Blick und kurz darauf kam Manabu schon ins Wohnzimmer. „Das war ja so klar“, der Jüngste schürzte für einen Augenblick die Lippen, als er ins Wohnzimmer getreten war, ehe er dann grinsen musste. „Und unser Sänger?“ „Kommt auch gleich“, hatte der blonde Drummer fix geantwortet und jetzt saßen sie alle im Wohnzimmer und warteten nur noch auf den Sänger. Zwischendrin hörte man immer mal wieder einen verzweifelten Aufschrei, denn trotz Krankheit zog Jin sie alle samt ab. Vielleicht ja grade weil er krank war? Rui ärgerte sich fürchterlich, denn er hatte schon zum 4ten Mal gegen Jin verloren und langsam ging er davon aus, der der Kleinste irgendwie schummelte. Wie er das machen sollte, wusste Rui selber nicht so ganz, aber er war sich fast sicher! „Das ist doch unfair!“, protestierte er also und gab den Controller schon richtig sauer weiter an Kazuki. „Wieso?“, fragte dieser natürlich sofort, denn er hatte im Gegensatz zum Bassisten nicht halb so oft verloren. „Jin schummelt bestimmt. Ansonsten würde er mich nicht so schlagen!“ „Liegt vielleicht daran, dass du grade ziemlich beschissen spielst“, stellte Manabu dann trocken fest, der auf dem Sessel des Drummers regelrecht lag und momentan nur schaute. „Werd bloß nicht frech“, Rui hatte ein Kissen nach Manabu geworfen, welches ihn am Hinterkopf traf. Sofort zuckte der Jüngste erschrocken zusammen und sah mit großen Augen zum Älteren. Doch bevor der Gitarrist auf die Attacke antworten konnte, klingelte es an der Tür und alle Stimmten auf ein herzliches „Byou~“, zur Begrüßung ein. Er hatte das Handy auf den Wohnzimmertisch gelegt und schaute etwas mies gelaunt. „Wer war das?“, fragte Cassair interessiert und schaute abwechselnd von ihm zum Fernseher. Sie waren grade dabei auf einer seiner Konsolen zu spielen und Cassair hatte richtig der Eifer gepackt, nicht gegen ihn zu verlieren. „Ein guter Freund, der krank ist… Er will mich ran zitieren, damit ich ihn gesund pflege“, erklärte der Ältere dann und machte keine Anstalten zu gehen. Das hatte Cassair bemerkt und sah ihn nur fragend an. „Und du gehst nicht weil?“ „Weil ich dich dann allein lassen müsste“, war die prompte Antwort. „Also, ich bin mir sicher dass ich hier nicht sterben werde, wenn ich alleine bin. Oder kommt immer ein Poltergeist, wenn du nicht in der Wohnung bist?“, sie lächelte wieder und hatte für einen Moment den Sänger fixiert, was dieser auch ausnutzte. „Spieler 2 verliert“, tönte es aus dem Fernseher und schon wurde die nette Miene der Frau zu einem empörten Gesicht, worauf Byou nur lachen musste. „Das war gemein“, protestierte die Rothaarige auch sofort und schaute Byou weiterhin empört an. „Okey, du gehst da hin und ich spiele, damit ich dich heute Abend schlagen kann, okey?“, war dann der Vorschlag zur Güte. „Na gut… Aber falls was ist, ich hab mein Handy mit. Und du rufst an, wenn irgendwas ist. Egal was, ja?“, er schien wirklich besorgt zu sein, aber sie konnte es ja auch verstehen. Immerhin war sie in einem fremden Land, kannte niemanden so wirklich außer Byou und die Sprache ging grade mal so. Aber trotzdem sollte er sich in den zwei Wochen die sie da war nicht nur auf sie fixieren, sondern auch mit Freunden was machen. Das war für sie das kleinste Problem überhaupt! Nach wenigen Minuten war dann die Tür ins Schloss gefallen und noch hatte sie etwas weiter gespielt. Natürlich wollte sie ihn heute Abend schlagen! Eine Niederlage konnte sie ja wohl nicht auf sich sitzen lassen, dass ging mal gar nicht. Doch nach einer knappen halben Stunde wurde das langweilig. Alleine zu spielen war gar nicht mal so lustig, wie sie gedacht hatte, zumindest nicht bei dem Lied. So hatte sie zum Fernseher umgeschaltet. Tote Hose war da jedoch auch, denn Cassair verstand ja nur die Hälfte und langsam aber sicher überlegte sie, ob sie vielleicht ihren Laptop holen sollte. Der lag noch immer im Koffer und Byou wusste auch nicht, dass sie diesen dabei hatte. Eigentlich hatte sie sich gesagt, ihn nicht raus zu holen, denn sie wusste, dass sie dann wieder Anfangen würde zu arbeiten. Aber für den Moment würde das ja gehen, denn Byou war nicht da und würde wohl auch vor Abend nicht nach Hause kommen. So also hatte sie den Laptop aus dem Koffer geholt und ihn sofort hochgefahren. Natürlich ging sie auch in ihren Messengern on. Es blieb ruhig. Natürlich! Bei ihnen war es Nachmittag und in Deutschland war es Vormittag, da war fast keiner mehr on, vor allem nicht unter der Woche. Das hieß, sie hatte Ruhe, was sie gut fand. Schon fing sie an, die ersten Fotos zu begutachten, kleine Mengel anzukreiden und alles so vorzubereiten, dass man damit weiter arbeiten konnte, ohne dass sie dabei sein musste. Es war wieder etwas Zeit vergangen, da klingelte plötzlich die Haustür. Cassair zog die Augenbrauen hoch. War das etwa schon Byou? So früh? Es war grade mal kurz nach 6. Das kam ihr dann doch etwas seltsam vor und Vorsichtshalber hatte sie schon ihr Handy gezückt um eine SMS zu versenden. ‚Es hat grad an der Tür geklingelt. Bist du das schon?‘, fix hatte sie das geschrieben, um niemanden warten zu lassen. Wie sie die Tür zum Treppenhaus öffnete, wusste sie. Sie hatte es schon beobachten können bei Byou und deshalb tat sie es nun auch. Lange musste sie nicht warten, da sah sie schon eine Frau die Treppe hoch kommen. Beide schienen sich für einen Moment lang gleich anzusehen! Als ob zwei Autos ohne bremsen aufeinander zurasen würden, perplex, verwirrt und vielleicht auch etwas geschockt. „Ist Byou da?“, sie hatte das japanisch grade so verstanden und hangelte in ihrem Kopf schon an Satzfragmenten entlang. „Äh… Nein… Zurzeit, nicht“, stammelte sich die rothaarige zurecht. „Und wer bist du?“, fragte sie weiter und ihr Ton wurde schlagartig ziemlich ungehalten. „Ich bin… Eine Freundin…“ „Seine neue oder was?“, sie wurde immer giftiger, dass hörte Cassair deutlich heraus und sie wusste gar nicht mehr so genau, was los war in diesem Moment. Bevor sie noch was sagen konnte, drängte die Japanerin sich an ihr vorbei in die Wohnung. „Wo ist der Mistkerl!?“, raunte die weibliche Stimme und Cassair folgte ihr. „Nicht hier“, antwortete die rothaarige knapp und schaute ziemlich verblüfft, als die Japanerin begann, die Wohnung auseinander zu nehmen. Das ging ja mal gar nicht! „Könntest du… das lassen!?“, sie versuchte einen bestimmenden Ton in die Stimme zu legen. „Könnte ich nicht. Sieh zu das du Land gewinnst, Flittchen“, donnerte die schwarzhaarige ihr entgegen. Cassair hatte sich ja manchmal schon sowas anhören müssen, aber sie wusste genau, dass sie kein Flittchen war! Außerdem, was nahm die sich eigentlich ihr gegenüber raus? „Verlass die Wohnung“, sprach sie nun direkt, in Englisch aber. Ihre Stimme war auch sofort sicherer geworden. Die Japanerin hatte kurz in ihrem tun innegehalten und schaute Cassair direkt in die Augen, ehe sie auf die rothaarige zukam. Ihr machte das schon etwas Angst, zumal der ungebetene Gast ziemlich aggressiv und aufgebracht schien. „Pass mal auf Fräulein. Ehe du mir hier was sagst, schlag ich dir dein Auge blau“, auch sie war ins Englische gewechselt und war Cassair ziemlich nah gekommen. „Hey, ich mach die Regeln nicht. Aber ich glaube, jemandes Sachen zu durchwühlen und einen Gast als Flittchen zu beschimpfen, ist nicht grade die nette Art“, auch wenn es wahrscheinlich nichts brachte, sie wollte einfach nett bleiben. „Weißt du was? Beweg deinen europäischen Arsch aus Japan raus, okey?“ „Pass auf wie du mit mir redest“, donnerte die Stimme der zierlichen Rothaarigen heraus und beide schauten sich fest an. Grade als die Japanerin Antworten wollte, hörte man das Handy des Gastes. „Ahja. Ist das der Mistkerl!?“, die Frau riss Cassair das Handy aus der Hand, als sie dieses gezückt hatte und Byou am Telefon Antworten wollte. „Wer hier ist? Ich sags dir. Deine Ex, und ich bin nicht fertig mit dir. Aber schön, dass du mir deine neue dagelassen hast. Wir werden uns prächtig amüsieren“, schon hatte sie wieder aufgelegt und Cassair schaute nicht schlecht. Das war also Byous Ex? Nicht das sie darüber geredet hatten, aber er hatte einmal eine Andeutung gemacht, dass er mit einer Frau Schluss gemacht hatte. Es war wohl so gewesen, dass sie sich vor ihm ziemlich verstellt hatte und erst später ihr wahres Gesicht gezeigt hatte. Aber die Deutsche war kein Mensch, der vorschnell verurteilte, doch das sollte sich nun ändern. Als sie die flache Hand auf ihrer Wange und dazu einen Schmerz verspürte, konnte sie nicht mehr anders, als schlecht von ihr denken. Für einen Moment war sie in eine Art Schock versetzt, nicht mehr Fähig zu reagieren, außer nur große Augen zu machen. „Und jetzt verpiss dich endlich“, die Japanerin hatte sich wieder umgedreht. Doch in diesem Moment konnte Cassair nicht nachgeben. Nein, das wäre falsch gewesen. „So Fräulein. Du verlässt jetzt ganz schnell die Wohnung“, die Rothaarige hatte schnell den Arm des ungebetenen Gastes ergriffen und zog sie prompt zur Wohnungstür, die noch offen stand. „Du schmeißt mich hier ganz sicher nicht raus“, erwiderte die Schwarzhaarige und riss sich von Cassair los. Dabei hatte sie so viel Kraft aufgewendet, dass sie die blasse Frau ziemlich übel gegen die Türklinge, zu Boden gedonnert hatte. Ein stechender Schmerz durchfuhr Cassair und wieder war sie für einen Moment nicht Fähig, sich zu bewegen. Nach dem Motto „Das hast du davon“, packte die wütende schwarzhaarige, die am Boden liegende und zog sie nach oben, um ihren Kopf gegen den Türrahmen zu pfeffern. Wieder ein betäubender Schmerz und schon verlor Cassair jegliche Kraft um sich auf den Beinen zu halten. Es war ja wohl klar gewesen, dass Jin nicht wirklich krank war. Eigentlich war er ja schon krank, aber nicht so krank, wie es am Telefon geklungen hatte, dass hatte Byou schon längst festgestellt. Aber nun war er einmal hier und hatte auch zu Cassair gesagt, dass er erst am Abend wieder kommen würde. Klar fühlte es sich schon seltsam an zu wissen, ein Gast saß in seiner Wohnung, alleine, aber andererseits hatte sie ja selber gesagt, er sollte gehen. Deswegen saß er auch völlig ruhig auf dem zweiten Sessel von Jins Wohnzimmer und schaute belustigt dabei zu, wie der Drummer grade vom Leader geschlagen wurde. Wenn er so kurz mal schaute, war er schon dankbar, dass er Cassairs Aufforderung und Jins bitte nachgekommen war, sonst hätte er das verpasst. Eigentlich sollte er jetzt spielen, doch eine SMS ging auf sein Handy ein und natürlich schaute er lieber erstmal. Wie er es sich gedacht hatte, war es Cassairs Nummer und er fragte sich für einen Sekundenbruchteil, was wohl war. Vielleicht kam sie ja nicht mit irgendwas aus seiner Küche zurecht? Oder der Fernseher machte mucken? Aber es kam anders. Als er die SMS las, wusste er nicht, ob er besorgt sein sollte oder nicht. Das war auch der Grund, warum er kurz aus dem Wohnzimmer ging, um sie in Ruhe anzurufen. Es war schon komisch, dass jemand bei ihm geklingelt hatte, denn die meisten meldeten sich immer eine Stunde vorher an. Das Freizeichen ertönte und kurz darauf schon nahm jemand den Hörer ab, doch irgendwie klang alles im Hintergrund seltsam. „Wer ist da?“, fragte Byou schon fast aus Reflex, weil Cassair sich sonst immer mit einer fröhlichen Stimme meldete. Als er dann den Satz von einer anderen Stimme hörte, wurde ihm schlagartig anders. Ayumi, eine seiner Ex-Freundinnen war da und mit ihr hatte er sich richtig verkracht. Das musste er nun wieder bemerken und ihm war klar, dass er sofort zurück in seine Wohnung musste. Während der Beziehung hatte er erst bemerkt, wie falsch die hübsche Japanerin war. „Leute, ich muss dringend nach Hause“, seine Stimme war schlagartig gehetzt und alle schauten nur groß, als der Sänger sich in seine Lederjacke packte. „Ist was passiert?“, war es dann Ruis Stimme, die als erste ertönte. „Das weiß ich noch nicht“, die knappe Antwort des Sängers, der schon fast aus der Tür stolperte und seine Bandkollegen so sitzen ließ. Sie wussten aber alle, dass er sich melden würde, wenn er wusste, was los war. Er hetzte sofort zu seinem Auto und fuhr so schnell er konnte zurück zu seiner Wohnung. In seinem Kopf malten sich grade die schlimmsten Szenarien aus und so hastete er auch aus dem Auto raus, in das Treppenhaus. Die Szenerie konnte er sich ja kaum ansehen, wie Cassair dicht an den Türrahmen gepresst, schwer atmend und seine Ex-Freundin stand bei ihr. „Byou! Ich muss mit dir reden“, ertönte sofort die bekannte Stimme, die er mit der Zeit immer mehr gehasst hatte. „Ich nicht mit dir“ „Aber… ich…“ „Nichts aber du. Mach dass du weg kommst“, Byous Stimme wurde ungeduldig. Noch war er nicht komplett die Treppe hochgegangen, wartete lieber, das Ayumi endlich kehrt machte, aber das schien nicht zu passieren. „Pass mal auf, okey? Ich will dass du gehst. Ich will, dass du endlich verschwindest, verstanden? Ich will dich nie wieder sehen, hast du mich verstanden?“, jetzt kam Byou doch die Treppe hoch nur um zu sehen, was Ayumi mit Cassair getan hat. Die Wut kochte in ihm hoch, alles, was sie getan hatte schien grade wieder vor seinem Auge abzulaufen und am liebsten hätte er sie wohl grade in Stücke gerissen. „Verschwinde. Ganz schnell. Sonst vergess ich mich“, Ayumi schien die Worte des Sängers gar nicht fassen zu können und schon war sie auf ihn zugegangen. „Du verschwindest jetzt. SOFORT“, am Kragen hatte er sie kurzzeitig gepackt und in Richtung Treppe gedrückt mit einer derartig aggressiven Stimme, dass man sie wohl noch ganz unten im Treppenhaus gehört hatte. Zum Glück war seine unmittelbare Nachbarin, eine ältere Dame, verreist. Sie wäre sonst wahrscheinlich wegen des Krachs raus gekommen und hätte ihnen ihre Hilfe angeboten. Endlich, nachdem Byou nun wirklich bedrohlich vor seiner Ex-Freundin stand, machte sie sich langsam daran, die Treppe runter zu gehen und erst als er ihre Schritte kaum noch hören konnte, drehte er sich zu Cassair. Sie saß noch immer am Türrahmen, hielt sich eine Hand vors Gesicht und hatte die Augen geschlossen. Kapitel 4: Kapitel 4 -------------------- Innerhalb weniger Sekunden war seine Wut wieder runter gekocht, er wurde schlagartig ruhiger, jedoch besorgter. „Komm, ich helf dir hoch“, er hatte sich zu ihr runter gebeugt und hatte eigentlich nur unter ihre Arme greifen wollen, doch dazu schien sie nicht mal fähig zu sein. Ihr schien es wirklich mies zu gehen und kurzerhand hatte Byou sie dann einfach komplett hochgehoben um sie ins Wohnzimmer zu bringen. Hier sah es ziemlich wüst aus und er fragte sich, was Ayumi gesucht hatte. Schnell war er nochmal zum Eingang gegangen, um die Tür zu schließen und dann ins Bad um einen nassen Lappen zu holen. „Wie geht’s dir?“, vorsichtig hatte er sich zu ihr gesetzt und hob ihre Hand an, die noch immer einen Teil des Gesichts verdeckte. Unter ihr verbarg sich ein recht großer Bluterguss, ganz knapp unter ihrem linken Auge. „Nicht so gut“, war die matte Antwort und sie blinzelte kurz, für einen Sekundenbruchteil nur. Das war ja schön gelaufen! Wieso hatte er nur geahnt, dass sowas passierte? Und wieso war er nicht trotzdem bei ihr geblieben? „Ayumi ist ein wenig… Aggressiv in vielerlei Beziehungen“ „Ein wenig?“, war der Einwand der jüngeren. „Ich hätte dich nicht alleine lassen sollen“, war es dann Byous Entschuldigung. „Kannst du dich vielleicht ein Stück zurücksetzten… Ja, genau so“, auf seine Entschuldigung war sie gar nicht eingegangen, sie hatte lediglich ihren Kopf auf seinen Schoß gelegt. War wahrscheinlich auch besser so. „Wie war es bei deinem Freund?“, sie schien das Thema abzulenken und grade als sie das Ansprach, war ihm aufgefallen, dass er den nassen Lappen noch in der Hand hatte. Vorsichtig hatte er diesen auf ihre Stirn gelegt und man konnte schon fast sehen, wie sich ihre geschlossenen Augen entspannten. War bestimmt nicht witzig so unvorbereitet sowas zu erleben, zumal er sich kaum Vorstellen konnte, dass Cassair sich sehr wehrte. Sie schien ihm ziemlich zerbrechlich, schon allein wegen der zierlichen Statur, der blassen Haut und dem feinen Gesicht. Kein Stoff aus dem eine Schlägerbraut gemacht war, das war klar! „Tut mir nochmals leid wegen dem Zwischenfall“, fing Byou dann wieder an und wieder öffnete sie ihre Augen nur für einen Sekundenbruchteil. „Brauchst du nicht. Jeder hat mindestens einen verrückten Ex-Freund oder Freundinn.“, versuchte sie ihm grade das schlechte Gewissen auszureden? Wahrscheinlich, aber vielleicht war es auch wirklich so. Wenn er sich mal so zurück erinnerte, an Manabus Ex-Freundin zum Beispiel… Das war eine gewesen. Die hatte ihm das Leben zur Hölle gemacht und er konnte sich noch gut daran erinnern, wie der Gitarrist ja regelrecht geflüchtet war. Umgezogen war er auch wegen ihr, weil sie schon sowas wie eine krankhafte Stalkerin war. Mit ihrer Aussage konnte sie sogar recht haben, denn wenn er so drüber nachdachte, fiel ihm auch die Ex von Kazuki ein, die ja so extrem geklammert hatte, dass sie den Leader fast erstickt hatte. Und dann war da eben nun auch seine Ex-Freundin Ayumi. Trotzdem wollte er das eigentlich gar nicht so hinnehmen, aber jetzt konnte er auch nichts unternehmen, denn alleine würde er Cassair nun heute nicht mehr lassen. Vor allem nicht in diesem Zustand. „Soll ich dich zum Arzt bringen?“, fragte der Sänger dann und schaute wieder zu ihr runter. „Nein… Nein brauchst du nicht… Geht schon“, stammelte sie sich einen zurecht. Wenn es ihr schlechter gehen würde, würde er das mit Gewissheit trotzdem tun, ob sie wollte oder nicht. „Was machen wir morgen?“, jetzt schaute Byou verwirrt. Sie dachte schon an morgen? Sie wollte mit diesem dicken Bluterguss raus gehen? „Ähm… Wir könnten nach Tokio rein, also in die Stadt richtig rein, auf die Einkaufsmeile“, war das erste was Byou einfiel. Dort würde man sie sicher schräg ansehen, nicht nur wegen der Haare, sondern auch wegen dem dicken Bluterguss unterm Auge. Gewiss würde man denken, er hätte sie verprügelt oder sonst was… Das konnte ja wirklich witzig werden, aber wenn sie es wollte. „Klingt doch gut…“ Es war mitten in der Nacht als er wegen ein paar Geräuschen wach wurde. Schritte, die er hörte, aus dem Flur, die in die Nähe seiner Tür kamen. Eigentlich war er kein bisschen paranoid oder wurde wegen sowas wach, aber er schien einfach nur besonders aufzupassen momentan. Zwar war er nun halbwegs wach, doch er setzte sich nicht auf und stand auch nicht auf, er lauschte den Schritten weiter, die immer näher auf sein Zimmer zukamen. Für einen Moment hatte er das Gefühl, sie stand nun in seinem Zimmer, stumm und still, schien zu warten. „Byou, schläfst du?“, die leise Stimme war fast nicht zu hören, so leise sprach sie. „Ja.. Ja... Brauchst du was?“, er hatte sich nun im Bett aufgesetzt und schaute zu der schwarzen Silhouette. Er konnte sie im Dunkeln kaum erkennen. „Ich hab furchtbare schmerzen“, nun war er schlagartig aufgestanden. „Sofort, warte. Setzt dich hin“, auch wenn er unheimlich müde war, war er an ihr vorbeigerauscht, ins Badezimmer, wo er immer etwas hatte. Ein paar Schmerzmittel, speziell Kopfschmerzmittel, Zeug gegen Magenkrämpfe und Übelkeit, Sachen gegen Halsschmerzen… Eben alles, was man mal so brauchte. Kurz musste er etwas kramen, bis er eine Palette von Tabletten fand, die auch wirklich gegen alle Arten von Schmerzen waren. Ein Glas Wasser hatte er dann auch schon bereit gemacht und als er in sein Schlafzimmer kam, sah er schon, wie sie brav auf dem Bett wartete. Sie war nicht halb so stur wie einer der Jungs, was die Sache sehr erleichterte. „Hier, nimm das. Es sollte schnell wirken“, bevor er sich neben sie setzte, hatte er ihr das Glas mit Wasser und die Tablette gegeben. Nun konnte er sie auch besser sehen, auch wenn das fahle Mondlicht, welches sich nur spärlich einen Weg durch die Jalousien kämpfen konnte. Stille kehrte in die Wohnung ein, die Tablette war geschluckt und wurde mit einem großen Schluck Wasser runter gespült. „Geht’s wieder?“, fragte der braunhaarige nach einer Weile der Ruhe. „Ja… Ein bisschen“ „Wo tuts denn weh?“, seine Stimme war ruhig, sehr ruhig, schon fast etwas schläfrig. „Genau auf dem Bluterguss…“ „Willst du nicht doch lieber zum Arzt dann?“ „Nein nein… Es geht vorbei… Schon okey“, hier ähnelte sie den Jungs doch sehr. Sie war doch auch irgendwie uneinsichtig, aber Byou war manchmal keinen Deut besser. „Ich weiß es klingt blöd aber… Kann ich… Die Nacht hier schlafen?“, ihre Frage war so zögerlich, doch Byou hatte mit sowas keine Probleme. Nein, im Gegenteil. Er mochte es eigentlich gerne, sein Bett mit einer Frau zu teilen, solange die recht frisch im Kopf war und nicht grade eine durch geknallte Stalkerin oder ein übertriebener Fan. Grade in dem Moment war Byou aufgefallen, dass er den ganzen Tag noch gar nicht so gedacht hatte, was ja wirklich selten mal vorkam. „Ich schnarche auch nicht oder so“, hängte sie noch hinten dran, denn anscheint war Byou wohl ziemlich lange in seiner Gedankenwelt versunken. „Kein Thema“, die Antwort war nach ihrem Satz schnell gewesen, denn er hatte damit auch kein sonderliches Problem. Im Gegenteil! Immerhin war Cassair wirklich hübsch, das hatte er nicht erwartet als er am Flughafen gestanden hatte und gewartet hatte. Auch wenn das wirklich blöd klang, er hatte aber die Erfahrung gemacht dass die Stimme einen falschen Eindruck lieferte. Oft war es so gewesen, dass er einige Menschen erst nur von der Stimme her kennengelernt hatte und die Stimme oftmals schöner klang, als das Erscheinungsbild dann war. Daher war er wirklich angenehm überrascht von der Deutschen, deren Stimme genau so klang, wie sie aussah. Sehr sanft, sehr schön, es harmoniert alles einfach. Eine Weile noch saßen sie so da, stumm und Cassair schien zu warten, bis ihre Schmerzen weg waren, Byou konnte sich vorstellen, wie sich das anfühlte. Nach er OP hatte er oft schmerzen gehabt, die er kaum bekämpfen konnte, gegen die er nichts tun konnte. Im Hals konnte er nicht mal gegen den Schmerz drücken, wie er oft gegen seinen Kopf drückte, wenn er Kopfschmerzen hatte. Sie konnte wohl auch kaum auf den Bluterguss drücken und gegen den Schmerz andrücken. Wie sie eingeschlafen waren wusste sie nicht mal mehr genau. Das Schmerzmittel hatte nach einigen Minuten wirklich gut gewirkt und wahrscheinlich wusste sie auch deswegen nicht genau, wie sie nun wirklich eingeschlafen war. Doch langsam wurde sie wach, hatte die Augen aber noch geschlossen. Durch die geschlossenen Lider jedoch erahnte sie, dass die Sonne schon aufgegangen war. Keiner der beiden regte sich, doch je wacher sie wurde, desto deutlicher spürte sie die wärmende Hand auf ihrer Taille. Ein angenehmes Gefühl, welches sie nicht leugnete. Es war kaum zu hören, das gleichmäßige Atmen seinerseits und sie versuchte still zu sein, ihre Atmung zu überhören, um die seine zu hören. Es klang schon recht seltsam, wenn sie sich das mal überlegte. Vielleicht war es auch so, weil er der einzige war, den sie hier richtig kannte und nach der Attacke von Gestern wollte sie eigentlich gar nicht mehr alleine in der Wohnung sein. Aber wer konnte ihr das schon verübeln? Immerhin war die Frau ja wirklich ziemlich krass drauf gewesen und Cassair war sowas noch nie passiert. Bis zu diesem Tag hatte sie immer gedacht, sowas passierte nur bei solchen schlechten Fernsehserien, wo alles schlecht gespielt war. Trotzdem aber wollte sie sich ihren Urlaub hier nicht vermiesen lassen, nur wegen irgendeiner Irren, die meinte, ihre Probleme mit den Fäusten zu lösen. Vorsichtig und blinzelnd öffnete sie langsam die Augen. Ihr Gesicht war dem seinen zugewandt und für eine Weile beobachtete sie stumm das schlafende Gesicht. Byou wirkte so ziemlich harmlos, nicht das er sonst irgendwie aggressiv wirkte. Aber jetzt wirkte er besonders harmlos. Als er die Augen öffnete hätte er erwartet entweder das rote wallende Haar anzustarren, oder in das schlafende Gesicht von Cassair. Aber sie lag schon gar nicht mehr im Bett. Also hatte er ziemlich tief geschlafen und gar nicht mitbekommen, dass sie aufgestanden war. Schlimm fand er es nicht. Nur langsam richtete er sich auf und rieb sich kurz über die Augen, als ob das die restliche Müdigkeit weg machen würde. Nachdem er aufgestanden war, ging er langsam durch die Wohnung um zu schauen, wo sie war. Im Wohnzimmer war nichts, aus der Küche hörte er nichts und er sah nichts, im Gästezimmer war sie auch nicht. Also konnte sie wohl nur im Badezimmer sein und deswegen wollte er nicht anklopfen. Da machte er lieber schon mal Kaffee, auch wenn er gar nicht genau wusste, ob sie überhaupt Kaffee trank, aber wenn nicht, könnte sie ja auch Tee haben. Schon jetzt malte er sich aus, wie viel Make Up sie wohl tragen würde, um diesen Bluterguss zu überdecken. Der Sänger war kein sonderlicher Fan von vielem Make Up bei Frauen. Nein, er mochte das absolut nicht, es verdeckte das richtige Gesicht und veränderte oft vieles. Auch wenn er selber Make Up trug manchmal, es war dann doch eher nur für die Arbeit und Privat schmierte er sich nur sehr sehr sehr selten was aufs Gesicht. Der Kaffee war bereits fertig und er saß auch schon am Tisch, vor sich hinstarrend, das Handy in der einen Hand und die Tasse Kaffee in der anderen. Als das Gerät in seiner Hand plötzlich vibrierte, erschrak er schon fast richtig. Eine SMS, von Kazuki, das sah er schon auf dem Display. ‚Ist alles okey bei dir? Wollen wir uns heute vielleicht treffen?‘, schrieb er. Heute treffen? Eigentlich wollte Byou versuchen sie nicht seinen Bandkollegen vorzustellen. Seine Angst war zu groß, dass sie ihn irgendwann als den Sänger erkennen würde und er fand es eigentlich mal ganz schön einfach nur als Mensch betrachtet zu werden. Ein Mensch, fern ab von dieser „Berühmtheit“. Oft hatte er es erlebt, dass wenn Frauen sowas mitbekamen, sie sich plötzlich veränderten und ihn oft ausnutzen wollten. Zwar wollte er damit nicht sagen, dass sie so ein Mensch war, aber die Angst war trotzdem da. ‚Können wir machen. Wann und wo? Wunder dich nicht, ich bring jemanden mit‘, war Byous Antwort dann, nach einigem Überlegen. Schon hörte er dann die Badezimmertür aufgehen und die schlurfenden Schritte zur Küche. „Oh, du bist ja schon wach… Hab ich dich geweckt?“, war das erste, was sie sagte und sie schaute ihn an. Byou sah noch deutlich den Bluterguss und war etwas verwundert darüber. Eigentlich hatte er damit gerechnet, dass sie diesen Fleck stark überschminkte, wie es japanische Frauen getan hätten. „Was denn?“, anscheint hatte Byou ziemlich lange gestarrt, so wie er es in letzter Zeit wohl häufiger tat. „Ich hab nur grad über deinen Bluterguss nachgedacht…“, gab er dann zu und hatte ihre erste Frage noch gar nicht beantwortet. Mit fragendem Blick hatte sich die Rothaarige dann zu ihm an den Tisch gesetzt, worauf Byou ihr schon eine Tasse voll Kaffee eingoss. „Ich hab nur gedacht, du überdeckst das Ding“, wieder eine ehrliche Antwort, worauf die Jüngere nur den Kopf schüttelte. „Könnt ich… Aber, ich mag das nicht, wenn ich eine Tonne Make Up auf dem Gesicht hab. Fühlt sich komisch an“, erklärte sie dann und hatte einen Schluck Kaffee genommen. Entweder war das jetzt wirklich Zufall, oder man verarschte ihn hier grade völlig. Er kannte nur wenige Frauen, die nicht gerne viel Make Up ins Gesicht machten und doch fragte er sich dann, warum sie sich Eyeliner mindestens immer auf das obere Lid machte. „Also. Wie stehts um meine Frage?“, wechselte sie dann das Thema, worauf Byou kurz den Kopf geschüttelt hatte. „Ich bin allein wach geworden. Hab mich nur gewundert, dass du nicht mehr da warst. Hab ich dich so vergrault?“, ein kleiner Scherz konnte ja immer sein und er hatte auch etwas gelächelt. „Mich und vergraulen? Da musst du dir schon was einfallen lassen.“ „Achja und was?“, ein erwartender Gesichtsausdruck von Seiten des Sängers. „Willst du mich etwa los werden?“, etwas entgeistert schaute die Cassair darauf und Byou hatte fast wieder lachen müssen. „Ist es so schön mit mir in einem Bett?“ „Du willst doch jetzt nur ein ja hören“, die prompte Antwort. Um ehrlich zu sein wollte Byou das sogar ein Stück weit, aber es war doch interessant zu wissen, was sie so von ihm hielt, auch wenn er nur harmlos neben ihr im Bett lag. „Ich will eine ehrliche Antwort“, forderte Byou dann und beide Augenbrauen hatte er mittlerweile hochgezogen. „Du siehst unheimlich harmlos aus, wenn du schläfst“, mit der Antwort hatte der Braunhaarige nun nicht gerechnet und so schaute er auch. Er sah sehr harmlos aus wenn er schlief? Sah er denn sonst so aggressiv aus? Cassair hatte gelacht, wegen seines Blickes. Erst jetzt schüttelte Byou den Kopf und nahm einen letzten Schluck Kaffee. „Seh ich sonst so aggressiv aus, oder was?“ „Nicht direkt. Aber beim schlafen siehst du halt harmlos aus“, war ihre Antwort dann darauf. Noch immer konnte der Braunhaarige es nicht richtig fassen, doch das Handy in seiner Hand riss ihn schon fast aus den Gedanken raus. ‚Geht klar. Ich hoff es ist nicht schlimm wenn Jin mitkommt und vielleicht… Alle anderen auch‘, schon allein weil kein Fragezeichen da stand wusste Byou schon, dass es beschlossene Sache war. „Ich hoffe du bist fit für einen Tag in Tokio“, meinte der Sänger dann und hatte sein Handy weggelegt. „Denke schon, wieso?“, sie hatte einen Schluck Kaffee genommen. „Weil du nicht nur mich ertragen musst, sondern auch noch, so wies aussieht auf 4 Freunde von mir treffen wirst“ „So Leute wie dieser… Tora?“ „Ja… Ja könnte man so sagen“, Byou nickte. „Zur Not versteck ich mich einfach hinter dir“ „Sonst ist doch der Kerl hinter der Fra…“, ein kräftiges husten ihrerseits schnitt ihm das Wort ab. Ja, jetzt fing es wieder an, er wurde schon wieder ziemlich ausgelassen was seine Art anging. Sie hatte nichts dagegen, das hatte sie ihm oft genug versichert, aber sie schien es zu lieben ihn dabei zu unterbrechen. Der braunhaarige Sänger nahm das hin, was ja auch schon ein halbes Wunder war. Wäre sie nun Kazuki gewesen, hätte er gnadenlos weiter gemacht, alles ausgesprochen. „Ich versteh einfach nicht was ihr Männer daran toll findet es zu machen wie Tiere… Das hat doch absolut keinen Reiz“, waren dann ihre Worte darauf und Byou musste anzüglich schmunzeln. „Ein schöner Rücken kann auch entzücken“, war dann seine Antwort, immer noch mit dem schmunzeln auf den Lippen und für einen Moment hatte Cassair die Lippen geschürzt. Was hatte sie eigentlich erwartet? Eine ernsthafte Antwort? „Also ich fänd das ja nur halb so berauschend die ganze Zeit auf den Hinter des Kerles und den Rücken zu starren“ „Liegt auch daran dass dir gewisse Körperteile für sowas fehlen“, der Sänger war ja absolut in seinem Element und langsam schien die Rothaarige aufzugeben. „Stell dich drauf ein, die anderen sind auch so.“, warnte er schon mal vor. Dann konnte sie sich ja ein paar toughe Sprüche einfallen lassen. „Alle so schlimm wie du?“ „Naja, nicht ganz so. Kommen aber schon gut an mich ran“, er zuckte belustigt mit den Schultern, wobei sie schon die Hände über den Kopf faltete. „Oh Hilfe. Ich komm nach Hause und bin für mein Leben geschädigt“, die theatralische Stimme ihrerseits brachte ihn nur zum Lachen. „Tja, du hast gewusst auf was du dich einlässt“ „Ich wusste von einem der so ist. Nicht gleich von 4 anderen auch“, war ihr Einwand. Da hatte sie zwar Recht, aber sie konnte ja immer noch nein sagen und genau das tat sie nicht. Also war es folglich nur zum Teil auch seine Schuld. „Um nochmal auf das eigentlich Thema zu kommen“, jetzt schaute Cassair erwartend. Welches eigentliche Thema? Sie hatten alles abgeschlossen, soweit sie wusste. „Ist es nun schön, mit mir in einem Bett zu liegen?“, setzte Byou die Frage erneut an und am liebsten wäre die Rothaarige jetzt im Boden versunken. Was verlangte er denn für eine Antwort? Sagte sie ja, würde sie hundert pro rot anlaufen, sie kannte sich. Würde sie aber nein sagen, wäre das erstens eine Lüge und zweitens würde ihn das sicher in seinem Ego kränken. Obwohl, das würde ihm vielleicht gar nicht so schaden, aber das konnte Cassair nicht tun. „Also?“, forderte er schon fast nach seiner Antwort und jetzt war sein Blick erwartend. „Ich ziehs dem alleine schlafen alle male vor…“, ihre Antwort war schon fast kleinlaut und wäre es möglich gewesen, hätte sie sich wohl hinter der Kaffeetasse versteckt, aber ein Vorhang aus rotem Haar erfüllte seinen Zweck wohl auch gut. „Willst du die Nacht dann wieder bei mir schlafen?“, sie konnte genau hören, dass er schmunzelnd etwas lachte. Ganz leise, ganz das nette Gentleman Lachen aus einem Film. Die Rothaarige schaute schon fast gar nicht mehr richtig hervor, als sie ein zögerliches „Ja“ ausstieß und ihr die röte fast ins Gesicht schoss. Ihr Glück dass er von seinem Handy furchtbar abgelenkt wurde, da es auf dem Tisch vibrierte und somit ziemlich laut war. Die Röte verschwand aus ihrem Gesicht und sie schaute wieder auf und beobachtete, wie er die SMS las. Sie hoffte, er hatte das nicht gesehen, denn das war wirklich peinlich. Warum sie rot angelaufen war wusste sie nicht, aber sie konnte es sich denken, denn immerhin sah Byou nicht schlecht aus und war auch vom Charakter her ein unheimlich netter Typ. Kapitel 5: Kapitel 5 -------------------- Kräftig zog er an dem Glimmstängel, ehe er diesen wegschnipste, direkt vor Jins Füße, der nur groß schaute. Der Drummer war wie ausgewechselt, ganz plötzlich. Rui wusste, dass Kazuki noch über Nacht geblieben war. Er selber hatte das nicht machen können, denn er hatte keinen, der auf seine Katze aufpassen konnte. Und ohne „Vorbereitungen“ ließ er das Tier nicht gerne allein, da hatte er schlechte Erfahrungen gemacht. Er erinnerte sich noch gut daran, wie er einmal bei Manabu über Nacht geblieben war, nur um mit dem Jüngsten den Leader bei einem Spiel zu schlagen. Als er am nächsten Morgen in seine Wohnung gekommen war, hätte ihn beinah der Schlag getroffen. Seine Katze hatte richtig gewütet. Alles lag auf dem Boden, kreuz und quer durch die Wohnung verteilt, dabei hatte Rui nicht mal eine derartig große Wohnung. Schwer wundern musste er sich, wo die Katze das ganze Zeug hergezaubert hatte, was da so lag. Dinge, die er Ewigkeiten gesucht und nie gefunden hatte waren an jenem Tag aufgetaucht! Eigentlich müsste er ja seiner Katze deswegen schon dankbar sein… Nur leider musste er den Rest auch wieder weg räumen, was ein bisschen nervig gewesen war. Nur durch Kazuki war Rui wieder in die richtige Welt gekommen. Der Leader hatte ihm den Qualm der Zigarette ins Gesicht geblasen, da er wohl so verträumt geschaut hatte. „Na, an was hast du gedacht?“, der anzügliche Blick von Kazuki ließ keine Frage offen, wie Rui jetzt wohl zu Antworten hatte. „An meine Pussy zu Hause?“, gezielt hatte er das Wort verwendet, denn Kazuki würde jetzt eh nicht auf seine Katze kommen, dafür wollte er diese Antwort viel zu sehr hören. „Zu Hause also? Wieso kennen wir die nicht?“, der Blick des Leaders war total ernst und alle wussten, dass er es ernst meinte. Manabu kicherte schon total belustigt, hatte den Blick auf den Boden gerichtet, damit er nicht direkt in Kazukis Gesicht lachte. Alle erfreuten sich mal wieder an der verpeiltheit des ältesten Gitarristen, nur der verstand das nicht. „Du kennst sie schon ziemlich lange“ „Tu ich das?“ „Sie hat dich mal übel am Arm gekratzt“ „Häää?“, der Gitarrist schaute blöd. Man sah aber genau die deutliche Regung, als er dann wohl endlich merkte, um wen es sich in diesem Gespräch wirklich drehte. „Ihr seid ja so witzig“, stieß er dann sarkastisch hervor und hatte die Arme vor der Brust verschränkt. Manabu und Jin mussten lauthals loslachen und Rui hatte auch schon Probleme damit, nicht genau so laut zu sein. Er wollte dem verpeilten Gitarristen eben zu liebe nicht so herzhaft lachen, damit er sich nicht ganz so verarscht vorkam. „Mit mir kann mans ja machen“ „Das stimmt allerdings“, war es nun Manabu, der die schnelle Antwort gab und jetzt schürzte Kazuki kurz sarkastisch die Lippen. „Sonst bin ich ja immer der, also hab dich nicht so“, Jin grinste breit und war wirklich froh, dass er mal nicht derjenige war, über den sich lustig gemacht wurde. Wieder konnte Kazuki nur die Lippen schürzen. Na das fing ja schon mal gut an, alles wendete sich gegen ihn! Es fehlte ja nur noch Byou und dieser wollte ja jemanden mitbringen… Der Leader wusste absolut nicht, was er davon halten sollte, denn sonst erzählte er immer, wer es war. „Was meint ihr wohl, wer das ist den Byou mitbringt?“, sprach er dann seine Gedanken aus und alle Gesichter wurden kurz nachdenklich. „Keine Ahnung. Vielleicht jemanden den er erst seit kurzem kennt?“, Manabu zuckte mit den Schultern und sah sich kurz um. Noch bevor sie etwas weiter spekulieren konnten, oder allgemein ihren Senf dazu geben konnten, erblickten sie bereits Byou auf der Straße. Wenn man sich so lange kannte und oftmals viele Tage aufeinander hockte, bekam man schon fast ein Gespür dafür, wann die anderen erschienen. So war es auch hier gewesen. Und wie schon angekündigt, war der selbstbewusste Sänger nicht alleine. Neben ihm ging eine junge Frau, vielleicht etwas jünger als er, auf jeden Fall nicht unter 24. Aber das aller erste was Kazuki an ihr auffiel war der große blaue Fleck unter ihrem Auge. Zur Begrüßung hatten sie sich schon gar nicht mehr die Hand gegeben, sondern die Frau gleich umarmt, die etwas perplex deswegen war. Freunde von Byou waren sofort Freunde der anderen, in 90 Prozent der Fälle. „Das ist Cassair. Cassair, das sind Kazuki, Manabu, Rui und Jin“, stellte der Sänger dann alle nacheinander vor. Aber nichts schien über ihr Gesicht grade hinwegtäuschen zu können. „Gott, hast du das arme Ding verprügelt?“, scherzte Kazuki, jedoch mit etwas Ernst in der Stimme. Das sah schon fies aus musste er zugeben. „Ich? Ich ganz sicher nicht“, sofort zog sich der Sänger da raus. „Was ist denn passiert?“, war es nun Rui, der nachfragte. Alle schienen auf den Fleck zu starren und Cassair bereute es etwas, ihn nicht überschminkt zu haben. „Ayumi ist passiert“, die knappe Antwort des Sängers und bei allen trat ein „Ah“ Effekt ein. Also war die Ex-Freundin wohl ziemlich verschrien bei seinen Freunden, das begriff Cassair nun langsam. „Und, was machst du hier? Studierst du?“, begann Jin ein anderes Thema anzusprechen. Er schien es wohl neben Byou als erstes bemerkt zu haben, dass es ihr wirklich unangenehm geworden war, wenn man immer zu auf den Bluterguss starrte. „Ich verbringe bei ihm meinen Urlaub“, hatte sie dann geantwortet. Nachdem nun die ersten Sachen geklärt waren, woher sie sich kannten, wie lange schon und was sie bisher gemacht hatten, ging es erstmal an die Planung, was sie nun machten. „War nicht irgendeine Art Jahrmarkt hier?“ warf Manabu dann ein, als man sich nicht einigen wollte. Währen Kazuki unbedingt in eine Karaoke-Bar wollte, wollte Rui doch lieber in eine normale Bar, ganz gemütlich mit Musik im Hintergrund und Jin wollte eigentlich irgendwas mit Action machen. Cassair hatte sich brav rausgehalten, da sie ja keinen Laden hier kannte und Byou stimmte dann für Manabus Idee. Also schlugen sie dann den Weg zum Jahrmarkt ein, den man schon von weitem hören konnte. Es dauerte auch nicht lange, da sahen sie ihn schon, denn er war auf einer verdammt großen Fläche aufgebaut worden. Es verstand sich wohl von selber, dass sie alle erstmal zur Achterbahn gingen, wobei sich Byou schon verabschieden wollte und am Ausgang auf die anderen warten wollte. „Wie jetzt? Du kommst nicht mit?“, Cassair machte große Augen, als ob sie Angst hatte mit den anderen alleine zu sein. „Ich wollte eigentlich nicht mitfahren, ja“, antwortete der Sänger ernst. Nein, er wollte da wirklich nicht mit. Er hasste Achterbahnen. Er hasste sie! Jedes Mal mied er sie und seine Bandkollegen hatten einfach angefangen, es zu akzeptieren. „Keine Angst, wir beißen dich schon nicht“, Kazuki hatte grade Freundschaftlich einen Arm um ihre Schulter gelegt. „Aber das ist doch doof. Du langweilst dich dann hier voll während wir Spaß haben“, versuchte Cassair es dann und hatte vorsichtig seine Hand genommen. Byou war absolut nicht der Typ für sowas und hasste es auch eigentlich wie die Pest, wenn man ihn zu sowas zwingen wollte. „Komm schon… Ich kreische auch nicht“ „Du nicht. Aber Jin“, Rui musste etwas lachen. Eigentlich wollten die Jungs gar nicht so lange rum reden, sondern sich sofort in die Schlange stellen, aber wegen Cassair wurde das wohl etwas hinausgezögert. Die zierliche Hand hielt die des Sängers noch immer fest. Nicht dolle, ganz leicht und ohne jegliches ziehen und zerren. Er hätte sich nicht mal sonderlich anstrengen müssen, sich aus ihrem Griff zu befreien, ein einfaches kurzes weg ziehen hätte es getan. Aber Byou ließ sich dann doch tatsächlich breitschlagen und hatte etwas geschmunzelt, als er dann mit den anderen mitging. Ihre Hand hatte er dabei noch gar nicht losgelassen, erst als sie dann auch schon anstanden und er sich umsah. Kein Fluchtweg mehr frei, außer er stieg über den Zaun, der als Begrenzung galt. „Tja Byou. Weglaufen ist nicht mehr“, stellte Jin dann trocken fest, der den Blick des Älteren bemerkt hatte. „Das ich das noch erleben darf. Byou fährt nach Ewigkeiten mal wieder in einer Achterbahn mit“, war es dann Kazuki, der dem Sänger auch schon aufmunternd über die Schulter tätschelte. Wieder einmal mehr wurde sich Byou bewusst, dass seine Bandmembers wohl kaum die Leute waren, die eine Gelegenheit des Ärgerns ausließen. „Du kannst auch ruhig meine Hand halten, falls du zu sehr Angst hast“, setzte Manabu dann noch einen drauf, breit grinsend natürlich. Rui würde sich davor hüten seinen Senf dazu zu geben, denn er wusste genau, wie schnell sich das Blatt wenden konnte und wie schnell der nächste dran war, geärgert zu werden. „Ihr seid aber alle nett zueinander“, stellte Cassair dann schon fast belustigt fest, während sie die Jungs ansah. „Das ist nur brüderliche Liebe, nichts weiter“, jetzt wagte Kazuki sich sogar noch, dem Älteren durch die Haare zu wuscheln. Byou ließ sich aber nichts anmerken, hatte nur die Arme vor der Brust verschränkt und schaute den Gitarristen nur böse funkelnd an. „Das kriegst du noch zurück mein Lieber“, war der einzige Kommentar des Sängers, der seine Haare schon wieder zurecht zuppelte. Je länger sie in der Schlange standen und je näher sie der Achterbahn kamen, desto mulmiger wurde Byou. Das letzte Mal hatte er in so einem Ding vor 5 Jahren gesessen. Damals hatte er den Jungs dann auch gesagt, dass er Achterbahnen eigentlich absolut hasste und man hatte ihn auch nicht mehr dazu gezwungen, denn er mochte sie wirklich nicht. Wieso also stand er überhaupt hier? Wieso hatte er sich von Cassair, nach so wenigen Worten, breit schlagen lassen? Eigentlich hätte er eine Gegenleistung fordern müssen, eine wirklich gute Gegenleistung, die dann wahrscheinlich im Bett stattfinden würde. Aber nein. Komplett gegen Byous eigentliche Natur hatte er das nicht getan, nicht mal Scherzhaft gemeint. Dann, nach weiteren Minuten, wo die Jungs sich noch weiter mit Cassair bekannt gemacht hatten konnten sie endlich in die Wagen einsteigen. Kazuki und Manabu, Rui und Jin und dann noch Cassair und Byou. Sie hatten sich möglichst weit in die Mitte des Zuges gesetzt, weil Kazuki meinte, da wäre es am lustigsten. Am liebsten wäre Byou spätestens jetzt aus dem Wagen gehopst, aber da überprüfte ein Mitarbeiter schon die Sicherheitsbügel und Gurte. Er hatte grade konzentriert nach vorne gestarrt, auf den Hinterkopf von Jin, als er plötzlich fühlte, wie die zarte Hand seine umklammerte. „Ich habs mir überlegt, ich will aussteigen“, hörte er dann auch noch ihre Stimme und die Ironie war ja unschlagbar. Doch jetzt gab es kein Zurück mehr und ratternd bewegte sich der Zug voller Menschen in die Höhe. Byou wusste nicht, ob ihm schlecht werden sollte, er jetzt schreien sollte oder lachen sollte. Er wusste es wirklich nicht. „Lassen wir los?“, Cassair sah ihn dann an, denn noch waren sie nicht ganz oben. „Wenn du dich traust“, gab Byou zur Antwort und begann nun auch, ihre Hand zu halten. Aber nicht ängstlich, so wie sie. Nein, er wollte den Eindruck vermitteln, dass er nicht halb so viel schiss hatte, wie sie wohl grade. „Und nicht vergessen auf dem Foto zu lächeln“, hörte Byou nur noch die lachende Stimme von Kazuki, der nach hinten gerufen hatte. Für Widerworte war keine Zeit mehr, denn schon ging es runter, in den Tod. Schon fast aus reiner Intuition hatte er, gleichzeitig mit Cassair, die Arme in die Höhe gerissen und das aufschreien der jungen Frau brachte ihn nun fast zum Lachen. Da hatte sie ihn doch tatsächlich dazu überredet und sie schien mehr darunter zu „leiden“ als er. Nach wenigen Minuten aber, war es dann schon vorbei und Byou musste zugeben, so schlimm wie er es in Erinnerung hatte, war es gar nicht. Schon waren sie alle aus den Wagen ausgestiegen und schlenderten langsam zu dem Shop, wo sie auch das Foto erwerben konnten. Noch immer hielt Cassair die Hand des Sängers fest und zitterte sogar leicht ein wenig. Eine Nachwehe der Achterbahnfahrt, was ihr wirklich häufig passierte. Man brauchte sich keine Sorgen deswegen zu machen, umkippen würde sie nicht und der braunhaarige, Ältere war sich sicher, wenn es ihr nicht gut gehen würde, würde sie sich schon melden. „Gott seht ihr alle putzig aus“, riss Kazukis Stimme ihn dann aus den Gedanken und Byou schaute auf den Monitor, wo ihr Foto grade gezeigt wurde. Manabu krallte sich in den Bügel fest, Kazuki hatte die Arme weit von sich gestreckt und strahlte wie eh und je, Rui und Jin schienen sich aneinander zu klammern, dabei Fratzen schneidend und ganz hinten Byou und Cassair, welche den gleichen Gesichtsausdruck zu haben schienen. „Unbezahlbar. Ich nehm eins“, hatte Cassair dann sofort gesagt und schon der Dame hinter dem Tresen das Geld gegeben, im Tausch für das Foto. Eine nette Erinnerung! Weiter ging es dann, quer über den riesigen Platz und zurück. Mittlerweile dämmerte es schon zum Abend und schon wurde der Jahrmarkt durch bunte Scheinwerfer hell erleuchtet. Manabu war grade zu einem Süßigkeiten Stand gegangen, um sich Zuckerwatte zu holen, gefolgt von Rui, der wohl dasselbe Ziel hatte. Derweil futterte Kazuki glücklich an seinem riesen Hot-Dog, den er vor wenigen Augenblicken erworben hatte und Jin hatte eine Tüte mit gebrannten Nüssen in der Hand. „Und, wie gefällts dir bisher? Sind wir alle nett? Entsprechen wir deinen Vorstellungen?“, ertönte dann die Stimme des Leaders in Richtung Cassair. Es war wirklich schon unheimlich nett von allen, dass sie die Deutsche so in ihrer Mitte aufnahmen, ohne ein Wort zu sagen, ohne sich zu weigern oder ähnliches. Sie waren sogar alle so rücksichtsvoll und hatten ihr Englisch rausgeholt, auch wenn es ihnen manchmal schwer fiel. Die Rothaarige musste grinsen. „Byou hat ja wirklich nicht untertrieben. Er hat schon gemeint, dass ihr alle unheimlich nett seid und ein großes Herz habt“, erklärte sie dann und aus allen Mündern, fast gleichzeitig hörte man ein berührtes „Oh“. Damit sich die Rothaarige etwas von Byou löste hatten Manabu und Jin sie erstmal mit sich gezogen, zu einem der Stände wo man sich als Gewinn ein Kuscheltier aussuchen durfte. Sie musste schießen, auf kleine Ziele, die immer mal wieder auftauchten, aber schnell wieder verschwanden. „Euch zieh ich ab“, tönte Manabu groß, der sowas bisher immer mit großem Vorsprung gewonnen hatte. Was der Gitarrist nicht wusste war, dass Cassair des Öfteren mal Paintball spielen gewesen war und eine gewisse… Sicherheit und Geübtheit mit Waffen hatte. „Und, wann ist das erste Date?“, die Worte des Leaders ließ Byou nur gucken. Wie ein Date? „Was?“ „Na, wann habt ihr das erste offizielle Date?“, wiederholte Kazuki nochmal, während sie mit etwas Abstand zum Stand getreten waren. „Hä, wieso?“, der braunhaarige Sänger war noch immer verwirrt und blickte nicht ganz hinter Kazukis denken. „Ich find, ihr seht zusammen ziemlich süß aus“, war die prompte Antwort. Sie sahen zusammen ziemlich süß aus? Byou schaute zu Cassair, die noch immer darauf wartete, zu schießen. Doch erstmal musste Manabu dazu fertig werden, der gar nicht mal so schlecht war. „Ihr würdet bestimmt gut zusammen passen. Immerhin macht sie nicht grad den Eindruck, die Hosen anhaben zu wollen und ist es nicht das, wonach du suchst? Jemand auf den du aufpassen kannst?“, Kazuki hatte mittlerweile die Arme vor der Brust verschränkt und stand neben Byou. Rui derweil war zu Jin, Manabu und Cassair gestoßen und das wohl nur, um den schwarzhaarigen Gitarristen vom schießen abzulenken und zu ärgern. „Ja schon… Aber sie hat doch bestimmt kein Interesse für so eine Beziehung“ „Bist du dir da sicher?“, warf der Gitarrist ein und schaute gespannt zu dem Stand rüber, denn jetzt legte Cassair an und wartete darauf, dass sie ihren ersten Schuss abgeben konnte. „Sie scheint dir nicht abgeneigt zu sein. Zumindest sieht das so aus“, das waren die letzten Worte des Leaders, bevor er sich neben Jin stellte und anfing mit diesem faxen zu machen. Auch der Sänger war langsam dazu getreten und musste amüsiert schmunzeln, als es fast so aussah, dass die Rothaarige den ach so guten Manabu einholte. Doch am Ende scheiterte sie dann an 2 fehlenden Punkten und sie spielte die Geknickte. Prompt hatte Byou eine Idee, um sie etwas aufzuheitern und ohne ihr was zu sagen, hatte er sie auf die Schultern genommen und der Standbesitzer schien auch etwas Mitleid mit der Rothaarigen zu haben. Auf Japanisch meinte er, sie könne sich aussuchen, was sie wolle, das hatte Byou ihr Übersetzt und schon hatte sie strahlende Augen bekommen, wie ein kleines Kind und lotste Byou an den Rand des Standes um sich eine große Hello Kitty zu schnappen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)