Hunters von Fay_Fee (Die Erinnerungen des alten Silver) ================================================================================ Kapitel 11: Kapitel Elf ----------------------- ~Kapitel Elf~ Nur schemenhafte Bruchstücke nahm Zoran um sich herum war. Sein Kopf schmerzte fürchterlich. Erst war ihm bitterkalt, dann fühlte er harten Erdboden unter sich. Er konnte Blut riechen. Immer wieder nahm er Wortfetzen um sich herum auf. Er spürte einen tritt. Dann hörte er Gesang. Irgendjemand in seiner Nähe schrie laut auf. Eines der Mädchen? Nein, das war ein Mann. Vielleicht Blake? Es klang nicht wie Blake. Er öffnete die Augen einen Spalt breit. Wo war er? In einer Höhle? Da saß jemand mit den Rücken zu ihm. Blake. Aber wo war Sharon? Und wo war... »Fay?« In der Ferne sah er, wie Fay um die Ecke verschwand. Jemand zog sie hinter sich her. Plötzlich war sein Gesicht eiskalt und nass. Jemand hatte ihm einen Eimer Wasser über den Kopf geschüttet. »Guten Morgen, der Herr! Endlich wach?« Zoran brauchte einen Moment um sich wieder zu sammeln. Er befand sich tatsächlich in einer Höhle. Um ihn herum wurde wild gefeiert und gesungen. Es roch nach Wein, Blut und nasser Erde. Er versuchte sich aufzurappeln, doch seine Beine waren von schweren Ketten umschlungen. »Was ist los? Wo bin ich? Wer seid ihr?« Um ihn herum vernahm er Gelächter. »Herzlich Willkommen im Versteck von Callum's Nachtjägern!« Callum! Das ist nicht gut...»Hey Zoran, komm mal zu dir, du verpasst ja die ganze Party.« »Halt die Schnauze, Bengel!« Auch Blake wurde von einem Eimer Wasser getroffen. »Ihr widerlichen, räudigen...« »Blake!« »Was ist?« »Wo sind die Mädchen?« Blake rutschte mühevoll zur nahegelegenen Wand und lehnte sich an. »Die Prinzessin ist da hinten in so einer Art Zelle.« Er nickte mit dem Kopf zum anderen Ende der Höhle. »Und Fay ist gerade von dem Anführer dieser Idioten weggeschleppt worden, ich nehme an in seine Gemächer.« Zoran spürte wie ihn ein panischer Schauer durchfuhr. »Nicht, dass Fay noch so endet wie der da.« Er nickte in eine Ecke ihm gegenüber. Dort lag jemand zusammengekauert am Boden. »Was ist denn mit dem passiert?« Einer der Männer antwortete. »Das is' Ryan. Konnte einfach nich' seine Finger von Callum's neuem Eigentum lassen. Pech gehabt, er hätte wissen müssen, dass es so kommt.« Zoran drehte sich wieder zu Blake. »Was hat er getan?« Blake grinste dreckig. »Er hat Fay versucht anzufassen. Und als sie sich gewehrt hat, hat er sie geschlagen. Und daraufhin hat dieser Callum ihm zwei Finger abgeschlagen.« Fay geschlagen? Sein Eigentum? Was zum Teufel noch eins ist hier los? Vorher noch verunsichert, war Fay sich jetzt sicher, dass sie Angst hatte. Ihr Herz raste und Luft bekam sie auch kaum noch. »Ich habe vorhin einen ganz kurzen Blick darauf erhaschen können.« Callum fuhr ihr Stigma mit dem Zeigefinger nach. »Du hast unsagbar großes Glück gehabt, dass ich das hier entdeckt habe und nicht meine Männer.« Ihr Atem wurde schwerer. »Weißt du, sie sind sehr abergläubisch. Wenn einer von ihnen das Stigma gesehen hätte, wärst du längst tot.« Fay versuchte sich aus seinem Griff zu entwinden, doch Callum war nicht nur um einiges größer als sie, sondern auch stärker. »Lass mich gehen!« »Gehen? Wohin denn?« »Bitte, lass mich frei!« Callum lockerte seinen Griff, sodass Fay ein großes Stück zurückweichen konnte. Er stützte seine Ellenbogen auf seinen Knien ab und sah Fay tief in die Augen. »Wo genau auf der Welt befindet sich der Ort, an dem ein Antika willkommen wäre?« Fay spürte einen Stich in ihrem Herz. Schon unzählige Male hatte sie sich diese Frage selbst gestellt. Und die einzige Antwort lautete stets Kayt. »Das dachte ich mir schon.« »Was hast du jetzt mit mir vor?« Callum stand auf, streckte sich und ging zum Kamin, um sich die Hände zu wärmen. »Jetzt? Gar nichts. Ich muss noch überlegen, was ich mit dir mache.« »Und die Anderen?« Er drehte sich um. »Nun, die Prinzessin werden wir in absehbarer Zeit dem König ausliefern. Und für ihre Entführer werden wir wohl das Kopfgeld kassieren.« Vor ihrem geistigen Auge erschien ein Bild von Zoran und Blake, wie sie gefesselt und von Soldaten umringt auf ihren Henker zugingen, der das Beil mit einem Schleifstein schärfte. Aus ihren Augenwinkel konnte sie die ganze Zeit beobachten, wie Callum sie ansah. Nein, wie er sie vielmehr musterte. Mehrere Male schaute er sie von oben nach unten herab an. Diese ganze merkwürdige Situation beängstigte sie nicht nur, sondern war ihr auch mehr und mehr sehr unangenehm. »Ich denke, ich werde dich einfach gehen lassen.« Verdutzt starrte sie ihn an. Sie gehen lassen? Einfach so? »Wo ist der Haken?« Kopfschüttelnd lachte er auf. »Es gibt keinen. Ich...« Donnernder Lärm und plötzliches, lautes Geschrei unterbrachen ihn. Aus der Höhle, in der sie vorher noch waren, war lauter Tumult zu hören. Sharon hockte in einer Ecke der sehr schmutzigen Zelle, in die diese widerlichen Kerle sie gesteckt hatten. Sie war von Kopf bis Fuß schmutzig und ihre Handgelenke waren von den rauen Seilen ganz rot und zerkratzt. Mit dem einzigen Stück Ärmel, was noch sauber war, wischte sie sich die Tränen ab. »Bleib stark Sharon, bleib stark Sharon, bleib stark...«. Sie flüsterte diese Worte immer wieder wie ein Mantra vor sich her. »Alles wird gut. Die anderen holen mich hier raus. Keine Panik. Bleib ruhig, Sharon...« Vor ihrer provisorisch zusammengezimmerten Zellentür konnte sie Gelächter vernehmen. »Dich da raus holen? Vergiss es, das werde ich zu verhindern wissen. Du bist unsere Eintrittskarte zum Reichtum, Puppe.« Sharon stand auf um scharf zu protestieren, doch dann fiel ihr Blick auf etwas anderes. Von ihrer Zelle aus konnte sie den goldenen Stab sehen. Von dem Moment an, als Fay ihn ihr zum Aufpassen gegeben hatte, übte eine eine unglaubliche Faszination aus. Sie wurde geradezu von dem Stab angezogen. Und auch jetzt konnte sie wieder ihre Augen nicht von ihm lassen. Irgendetwas stimmte mit diesem Stab nicht. Das schien aber sonst keine aufzufallen. Die Horde der Banditen tanzte durch die Gegend, aber den Stab beachtete niemand. Sehr seltsam, dachte Sharon. »Nehmt sofort diese Ketten ab!« Das Geschrei lenkte Sharons Aufmerksamkeit vom Stab weg. Auf der anderen Seite der Höhle konnte sie Zoran sehen, der sich verzweifelt auf dem Boden hin und her wandte. Blake saß hinter ihm an der Wand. Für einen Augenblick dachte Sharon, sie könne sein Gesicht sehen. Dann schüttelte sie den Kopf. Sie musste sich geirrt haben. Es konnte nicht sein, dass Blake angesichts dieser Situation einfach nur dasaß... und lächelte. Etwas anderes verwunderte sie nun. Sie sah Zoran, sie sah Blake... aber von Fay keine Spur. Vielleicht war sie auch in einer Zelle? Sharon begann sich Sorgen zu machen. Sorgen? Um Fay? Niemals. Die würde sich schon irgendwie zu helfen wissen, das ach so mutige Mädchen. Die kurze Verbundenheit der Beiden während sie in der Holzhütte saßen und Tee tranken war schon wieder vergessen. Plötzlich begann der Boden unter ihren Füßen zu beben. Erst nur ein wenig und dann immer heftiger. In der Höhle wurde es plötzlich still. Aus dem Gang, der nach draußen führte, waren Lichter zu sehen. Dann brach das Chaos aus. Zoran blickte verwirrt auf, Blake versuchte sich verzweifelt aus seinen Fesseln zu befreien, aber es half nichts. Sie konnten zur zusehen. Hunderte von Soldaten stürmten die Höhle und attackierten die Banditen. Mit Schwertern, Dolchen und Pfeilen machten sie mit den Meisten von ihnen kurzen Prozess. »Macht sie fertig, Männer!« riefen einige. Der Boden der Höhle war an einigen Stellen bereits rot gefärbt vom Blut. Blake beobachtete die Situation mit Adleraugen. Er und Zoran hatten Glück. Sie saßen in einer schattigen Nische und die Soldaten nahmen sie gar nicht wahr. Er wartete auf die passende Gelegenheit. Und da kam sie. Fast zuletzt betraten ein paar sehr junge Männer die Höhle. Sie sahen nervös aus. Blake konnte nur den Kopf schütteln als er sah, wie zittrig sie ihre Schwerter hochhielten. »Hey, hallo! Wir brauchen Hilfe!« Einer der jungen Männer erblickte ihr Versteck. »Bist du wahnsinnig geworden?« zischte Zoran. »Halt die Schnauze und lass mich machen.« Mit schlotternden Knien kamen drei der offensichtlichen Anfänger auf sie zu. »Wer seid ihr? Sprecht!« Blake kauerte sich zum Schein an die Wand und versteckte sein Gesicht. »Wir – wir sind von diesen Männern gefangen worden. Wir waren nur auf der Durchreise und da haben sie uns geschnappt.« Er versuchte so weinerlich zu klingen wie möglich. »Bitte helft uns! Sie wollen uns auf den Sklavenmarkt verkaufen, haben sie gesagt! Bindet und los und lasst uns entkommen!« Die jungen Männer schauten sich ratlos an. Dann steckten sie ihre Köpfe zusammen und berieten sich. Genervt verdrehte Blake die Augen. Dann kam einer der Männer auf ihn zu. »Also gut. Ich werde dir jetzt deine Fesseln abschneiden. Aber wehe du haust ab! Wir haben noch Fragen an euch.« Mit diesen Worten beugte sich der Mann vorn über und schnitt Blake das raue Seil, dass seine Hände am Rücken fesselte, mit seinem Schwert durch. Blake grinste selbstzufrieden. »Danke, du Trottel.« Blitzschnell stand er auf, rammte dem Soldaten seinen Ellenbogen in die Kehle und schnappte sich dessen Schwert. Noch bevor die anderen Beiden realisieren konnten, was gerade passierte, stürmte Blake auf sie los und schnitt ihnen die Kehlen durch. Triumphierend kniete er sich neben Zoran. »So macht man das, großer.« Zoran atmete tief durch. »Gut gemacht. Kannst du mich auch irgendwie befreien?« Blake zog die Augenbrauen hoch. »Und was bekomme ich dafür?« Wütend wandte sich Zoran in seinen Ketten. »Das ist doch jetzt nicht dein Ernst?« »Lass dich doch ein bisschen Ärgern, Zoran. Etwas Lachen würde dir mal ganz gut tun.« »Ich bin grad' nicht in der Stimmung zu lachen. Beeil' dich, bevor die uns sehen.« Blake zog seinen speziellen Dolch aus den Stiefeln, an den er vorher nicht ran gekommen war. Mit einem Hieb zerstieß er die Ketten, verfehlte Zoran dabei nur um Haaresbreite. Dieser rappelte sich mühselig auf und sprang direkt noch tiefer in den Schatten. »Und nun?« »Wir hauen ab, ist doch logisch. Ich hol meine Waffen, du die Prinzessin und dann nichts wie weg hier.« »Und Fay?« Blake entfuhr ein extrem genervter Seufzer. »Ernsthaft jetzt? Du willst das Antika-Weib mitnehmen?« Nachdem er einen bitterbösen Blick von Zoran geerntet hatte, gab Blake klein bei. »Ist ja gut. Aber dann hol sie da gefälligst selbst raus. Und ihr Zeug beschaffst du auch selber! Keine Ahnung wo der Krempel ist.« »Und deine Sachen?« Blake nickte mit dem Kopf in dieselbe Richtung, in der auch Sharons Zelle sich befand. »Da drüben auf dem Haufen da. Wir treffen uns irgendwo draußen. Ich gehe mal schwer davon aus, dass du uns mit deinen Mutanten-Augen finden wirst?« Ein stummes Nicken von Zoran genügte. Dann trennten sie sich. Zoran verschwand in dem Gang, in dem Fay von diesem Callum gezogen wurde. Und Blake machte sich auf die Suche nach einem Weg, unbemerkt sowohl an seine Waffen zu kommen, als auch die Prinzessin zu befreien. Er schnappte sich einen Helm von den toten Soldaten und einen ihrer Umhänge. Dann stürzte er sich in die kämpfende Menge. So, glaubte er, würde er eher unentdeckt bleiben, als wenn er sich feige am Rand entlang schleichen würde. Sein Plan ging auf. Zuerst steuerte er den Berg aus Waffen an, der in der Ecke lag. Blitzschnell band er sich sein eigenes Schwert um und steckte sich seine zahlreichen Dolche in den Mantel, der ebenfalls dort lag. Dann tötete er die beiden Männer, die vor Sharons Zelle standen. Mit dem Rücken zur Tür flüsterte er durch die Gitterstäbe des kleinen Fensters hindurch. »Psst, hey, Prinzessin. Hörst du mich?« Er konnte schnelle Bewegungen hinter sich ausmachen. »Blake? Bist du das?« »Pass auf, ich hol dich da raus. Ich werde die Tür aufbrechen und dir meinen Mantel überwerfen. Und egal was passiert, du gibst keinen Ton von dir, hast du das verstanden?« Aus den Augenwinkeln konnte er sie nicken sehen. Vorsichtig, bedacht darauf nicht entdeckt zu werden, stieß er mit seinem Dolch das Schloss auf. Dann warf er blitzschnell den Mantel über Sharon, zog sie an sich und rannte in Richtung Ausgang. Plötzlich stoppte Sharon. »Was zum Henker ist los?« Sie drehte sich um. »Der Stab.« Blake hob den Kopf. In der Ecke stand der goldene Stab mit dem blauem Kristall, den Zoran und der Antika den Harpyien gestohlen hatten. »Das ist doch nicht dein Ernst, oder?« Doch da hatte Sharon sich schon losgerissen und rannte auf ihn zu. »Wenn wir das hier überleben, bringe ich das Miststück um!« Sharon rannte, wie hypnotisiert, auf den Stab zu. Als sie ihn ergriff, war sie bereits von nicht weniger als einem dutzend Soldaten umzingelt. Ohne den Stab wollte sie auf keinen Fall gehen. Als sie ihn in ihren Händen hielt, durchströmte sie ein Gefühl von Glück und Freude. Aber auch von Macht. Ihr wurde erst bewusst, wie dumm sie gehandelt hatte, als sie von einer unbekannten Stimme angesprochen, nein, angeschrien wurde. »Wer bist du? Und was hast du da?« Noch immer trug sie Blakes Mantel über ihren Kopf gezogen. Sie wagte nicht, sich umzudrehen. »Antworte gefälligst!« Langsam drehte sie sich um, das Gesicht zu Boden geneigt. »Kommandant, das ist ein Mädchen.« »Das sehe ich selbst, du Idiot. Was tust du hier? Sprich, Mädchen!« Panisch klammerte Sharon den Stab an sich. Dann streckte der Kommandant die Hand nach ihr aus und zog sie an sich ran. »Antworte gefälligst, du...« Er stoppte mitten im Satz. »Prinzessin Sharon, seid Ihr es?« Ein tuscheln ging durch die Reihen der Männer. Sharon schaute auf. »Tatsächlich, Ihr seid es! Oh, bitte bitte vergebt mir!« Er sank vor ihr auf die Knie. »Ich habe euch nicht gleich erkannt. Geht es euch gut? Wir werden euch selbstverständlich sobald wie möglich nach Hause bringen.« Ihr Herz fühlte sich an, als wäre es aufgeblüht. Sie spürte, wie ihr Freudentränen in die Augen traten. Egal, was die sie die letzten Monate gesehen oder erfahren hatte, sie wollte einfach nur zurück. Ihre schönen Kleider anziehen, anständig bekocht werden und abends in ihr warmes, großes Bett fallen. Der Kommandant, immer noch vor ihr Kniend, senkte den Kopf zu einer Verneigung. In diesem Moment sauste Blakes Schwert herunter und schlug dem Kommandanten den Kopf ab, der Genau vor Sharons Füße rollte. Ihr Hose und Schuhe waren durchnässt von Blut. Dieser Anblick schockierte sie zutiefst. Als Sharon aufschaute konnte sie nur noch dabei zusehen, wie Blake auch die anderen Soldaten geradezu abschlachtete. Wie er in geradezu unmenschlicher Geschwindigkeit sein großes Schwert dazu nutzte, um den Männern ihre Gliedmaßen abzutrennen, ihre Bäusche oder Kehlen aufzuschlitzen. Ihr Blut verteile sich über den ganzen Boden. Auch sein Gesicht war über und über damit beschmiert. Und der Anblick seines Lächelns dabei ließ Sharon sämtliches Blut in den Adern gefrieren. Sie Verschloss fest ihre Augen und umklammerte den Stab, als würde ihr Leben davon abhängen. Auf einmal fühlte sich der Stab zwischen ihren Fingern heiß an. Bildete sie sich das nur ein? Nein. Der Stab glühte vor Hitze in ihren Händen. Und dennoch konnte sie ihn nicht loslassen. Und obwohl sie ihre Augen geschlossen hielt wusste sie, dass der blaue Stein in seiner Spitze anfing zu leuchten. Sie spürte es. Es war, als wäre sie der Stein. »Hilf mir!« flüsterte sie. Dann spürte sie, wie ihre Füße kälter wurden. Als sie die Augen öffnete stellte sie erschrocken fest, dass die Höhle sich von allen Seiten mit Wasser füllte. Und zwar sehr schnell. Die Männer hatten es noch gar nicht richtig realisiert, da standen sie schon bis zu den Hüften in Eiskaltem Wasser. Sharon spürte, wie sie beim Arm gepackt wurde. »Raus hier!« zischte Blake ihr ins Ohr. Und sie gehorchte. So schnell es ging wateten die beiden in Richtung Ausgang, doch das Wasser umschloss sie immer weiter. Sharon ging es schon fast bis zu den Schultern. Sie Sah, wie sehr Blake sich abmühte durch die inzwischen reißende Strömung zu kommen. Sharon sah etwas ihr sehr vertrautes durch das Wasser treiben. Sie streckte ihre Hand danach aus und zog ihre Tasche aus den Fluten. Sie waren erst auf halbem Weg, da konnten sie bereits nicht mehr stehen. Um sie herum versuchten die Soldaten verzweifelt sich über Wasser zu halten, doch ihre schweren Rüstungen zogen sie nach unten. Und auch Blake hatte zu kämpfen, mit all den Waffen an seinem Mantel, den er Sharon inzwischen wieder abgenommen und sich selbst übergeworfen hatte. Sie hielten sich verzweifelt an Treibgut fest. Die Höhle war nun fast bis zur Decke mit Wasser gefüllt. »Der Stab!« schrie Blake sie über den Lärm der Fluten hinweg an. »Was?« »Dein Stab hat das gemacht! Du hast anscheinend Kontrolle über ihn! Sag ihm, er soll uns retten.« Sharon hielt den Stab, den sie die ganze Zeit umklammert hielt, in die Höhe. »Wie soll das gehen?« »TU ES EINFACH!« Sharon kniff die Augen zusammen. »Rette uns!« Ruckartig riss der Stab sie in die Tiefe. Blake konnte sich so gerade noch an Sharon festhalten. Er zog sie immer tiefer und tiefer. Der Druck auf ihre Lungen wurde größer und ihr Atemreflex würde bald einsetzen. Es war Stockfinster in der Tiefe, durch die der Stab sie zog. Dann endlich spürte Sharon Luft um sich herum. Kalte Luft. Sie und Blake schleiften über kalten Boden. Erleichtert atmeten sie auf. Der Stab hatte sie nach draußen gezogen, durch den Eingang der Mine. Er befand sich in einem Erdhügel, versteckt hinter dichten Bäumen. Sie brauchten einen Moment um sich wieder zu erholen. Dann stand Blake auf und zog Sharon auf die Beine. »Los, weg hier, bevor da noch andere raus kommen.« Sharon hustete. »Was ist mit Zoran und Fay?« Blake zog sie bereits hinter sich her. »Die werden es schon irgendwie geschafft haben.« Ohne ein weiteres Wort verschwand er mit Sharon im Schatten der Bäume. Zoran schlich sich den schmalen Gang entlang. Er wunderte sich, dass er auf seinem Weg dorthin niemandem begegnete. Keinen Wachen oder Soldaten oder sonst irgendwem. Der Krach hinter ihm wurde leiser, aber war immer noch gut zu hören. Irgendwann fand er sich vor einer schweren Holztür wieder. Er drehte sich um. Niemand war zu sehen, nur in der Ferne war zu hören, wie der Kampf weiter tobte. Er drückte vorsichtig sein Ohr an das Holz. Er konnte Stimmen wahrnehmen, verstand aber kein Wort. Eine Frauenstimme war zu hören, das war sicher Fay. Die andere Stimme, unverkennbar ein Mann, musste dieser Callum sein. Fay war um einiges lauter als der Banditenchef. Zoran lauschte noch angestrengter. Plötzlich konnte er Fay schreien hören. Höchste Zeit um einzugreifen! Er ging einige Schritte zurück, nahm Anlauf und raste auf die Tür zu. Als er durch sie hindurch brach sah er Fay auf dem Bett liegen, über ihr der Bandit mit einem erhobenen Dolch. Schlagartig stand Fay auf. Über ihnen aus der Höhle war Geschrei zu hören. »Was ist da los?« Callum ging zur Tür, öffnete sie und lauschte. Dann stieß er sie wieder zu und verriegelte sie gründlich. »Ich vermute, das sind Soldaten.« »Soldaten? Was wollen die hier?« Entsetzt schaute Fay auf. »Hab ihr sie wegen Sharon gerufen?« Er schüttelte den Kopf. »Ich bitte dich, glaubst du allen ernstes, die würden uns so überrennen, wenn wir denen erzählen, wir haben ihre Prinzessin und den Entführer und sind Willens, sie ohne Wiederworte auszuliefern? Nein, die sind schon viel länger hinter mir her.« Er ging zu einer kleinen Kommode, nahm den Zettel, der oben auf lag und gab ihn Fay. Es war ein Steckbrief. GESUCHT: TOT ODER LEBENDIG Callum Callahan Wegen: Raub in schweren Fällen Diebstahl in schweren Fällen Hehlerei Kopfgeld: 75 Goldstücke »Also sind sie auf der Jagd nach dir?« »Und wie es aussieht, haben sie mich gefunden.« Er zog sich den schwarzen Pelz über die Schulter und steckte sich einige Waffen in seine Gürtelschnalle. »Ich glaube, meine Schöne, wir müssen jetzt von hier verschwinden.« Entsetzt schaute sie ihn an. »Ich kann nicht gehen!« Verständnisvoll hob er die Hände. »Ah, natürlich nicht, wie konnte ich das nur vergessen.« Er ging zu einer der Truhen und öffnete sie. Fay staunte nicht schlecht, als sie ihren Mantel, ihren Rucksack und ihre anderen Sachen dort fand. Callum warf ihr schon mal den schwarzen Mantel zu. »Es ist kalt draußen. Zieh den besser an.« Fay schüttelte den Kopf. »Nein nein nein! Ich kann nicht gehen! Was wird denn aus den anderen?« Er zuckte mit den Schultern. »Was weiß denn ich? Die werden schon irgendwie zurecht kommen.« Ohne ein weiteres Wort stapfte Fay auf die Tür zu. Doch jeder versuch sie zu öffnen, scheiterte. Callum hatte ihr inzwischen auch ihre anderen Sachen aufs Bett geworfen. »Mach sofort die Tür auf, ich muss meine Freunde retten!« »Das kann ich leider nicht zulassen. Ich bringe keine Frauen in Gefahr, schon gar nicht solche schönen.« Entschlossen ging Fay auf ihre Sachen zu und schnappte sich einen Dolch aus ihren Gürtel. »Was hast du vor?« Sie hob den Dolch. »Siehst du doch. Ich breche das Schloss auf.« »Oh nein, das wirst du nicht!« Callum war zu ihr geeilt und versuchte ihr den Dolch aus der Hand zu entreißen. »Finger weg!« »Das ist reiner Selbstmord!« »Wenn du nicht augenblicklich verschwindest, werde ich ganz leicht Mord daraus machen!« Doch Callum erwies sich auch dieses Mal als der deutlich stärkere. Er entriss ihr den Dolch spielerisch aus der Hand. Fay bemerkte in dem Gerangel nicht, wie weit sie bereits rückwärts gegangen war. Plötzlich stieß sie mit den Beinen an den Hocker, auf dem Callum vorher noch saß und fiel rückwärts auf das Bett. Sie versuchte noch sich reflexartig an Callum festzuhalten, doch anstatt, dass er sie hielt, riss sie ihn mit auf sich herunter. Genau in diesem Augenblick hörte sie ein lautes Krachen. Zoran stand mitten im Raum. Er hatte wohl die Tür aufgebrochen. »Zoran?« »Fay? Was ist hier los?« Callum richtete seinen Oberkörper auf, kniete aber immer noch über Fay. »Hey, du bist der Typ, der oben in Ketten lag, richtig?« Zorans Antwort fiel mehr als deutlich aus. Er packte Callum am Kragen, hob ihn hoch und schleuderte ihn durch die zerbrochene Tür auf den Gang hinaus. »Dieser widerliche, dreckige...« »Zoran?« »...ekelhafte, miese,...« »Zoran, hallo!« »... mickrige Kerl wird es nicht noch einmal wagen...« »Er hat mich nicht angefasst!« »... dich anzu- was?« Zoran stoppte mitten in seinem Wutanfall. »Wie? Was?« »Er hat mir nichts getan.« »Wie, nichts getan? Er hat dich in sein Schlafgemach geschleift! Was sollte er denn sonst hier mit dir machen? Tee trinken und Kuchen essen?« »Nein, du Vollidiot!« Callum stand, vollkommen zugestaubt und leicht gebeugt vor Schmerz, im Türrahmen. »Ich hab verhindert, dass meine Männer sehen, dass sie ein Antika ist. Jeder weiß, was mit ihr passieren würde, wenn solche abergläubischen Bauernkinder wie die da oben sie in die Finger kriegen!« Fay sah Zoran die Verwirrung deutlich an. »Du hast sie also beschützt?« »Ja, hab ich. Und anstatt, dass du dich bedankst, schmeißt du mich durch die halbe Mine. Meine Fresse, wie viel kraft hast du eigentlich?« Bevor das ganze eskalierte sprang Fay auf und stellte sich zwischen sie. »Zoran, was ist da oben los? Sind das wirklich Soldaten?« »Ja, Blake hat und befreien können. Er besorgt sich grade sein Zeug zurück und befreit Sharon. Wir sollen uns draußen treffen.« »Aber wie? Da oben werden wir wohl nicht durch kommen.« Aus den Augenwinkeln konnte Fay Callum grinsen sehen. »Ich hab mir was dabei gedacht, dass ich deinen Kram hier unten bei mir gehortet habe. Wie ich vorhin bereits zu dir sagte, hatte ich in keinster Weise vor, dich hier länger als nötig gefangen zu halten. Ich wollte dich entkommen lassen.« Er ging auf einen der Felle an der Wand zu und zog ihn beiseite. »Und zwar hier durch.« Vor ihnen erstreckte sich ein langer, dunkler Gang. »Ihr sagtet doch, dass ihr eure Gefährten erst draußen wiedertreffen wollt? Ich geleite euch auf sicherstem Weg hinaus.« Zoran zögerte. »Und deine Männer?« Gedanken verloren schaute Callum an die Decke. Die Schreie wurden immer weniger. »Ich fürchte, ihnen ist nicht mehr zu helfen.« Zoran sah Fay an. »Du entscheidest.« Fay blickte auf den Gang. Dann wieder zu Callum und schließlich zu Zoran. »Klingt wirklich nicht so, als könnten wir großartig helfen. Und Blake wird schon irgendwie zurechtkommen. Also gut, wir gehen mit dir.« Fay band sich ihren Gürtel um, zog ihren Mantel an und schulterte ihren Rucksack. »Auf geht’s.« Callum zündete eine alte Öllampe an, löschte das Feuer im Kamin und verschwand mit ihnen hinter dem Fellvorhang. Zuvor hatte er noch schnell einige Sachen und etwas Gold in eine Tasche gepackt. Ausgestattet mit allerlei Messern, einem Köcher voller Pfeile und einem Bogen schritt er voran in die Dunkelheit. Der Tunnel war lang, schmutzig und düster. Er führte tief unter der Erde durch. Obwohl es draußen tiefster Winter war, war es dort sehr warm und stickig. Callum ging ein paar Meter voraus, dicht gefolgt von Fay und Zoran. Nach ein paar Minuten schweigen drehte Callum sich um. »Habt ihr zwei was?« Fay musste bei der Frage etwas schmunzeln, vor allem, weil Zoran nicht direkt verstand, was Callum damit meinte. »Was sollen wir denn haben?« Callum lachte auf. »Ihr zwei, miteinander.« Zorans rot glühender Kopf hätte die Lampe beinahe gänzlich ersetzen können. »Was, wir? Fay und ich? So was wie ein, wie ein, wie ein...« »Ein Liebespaar?« Ergänzte Callum. »Nein, nein. So was sind wir nicht. Wir sind nur gute Freunde. Sehr gute Freunde. Also auch nicht SO gut. Wir reisen nur zusammen.« »Sah eben aber anders aus.« Callums grinste beinahe schon diabolisch über seine Schulter hinweg. »Was meinst du?« »Als du plötzlich im Raum standest und mir durch die Gegend geworfen hast. Das tat übrigens höllisch weh!« Zoran hatte sich wieder gefasst. »Ich kann es einfach nur überhaupt nicht ausstehen, wenn Männer sich an Frauen vergehen. Da werde ich ganz schnell richtig, richtig böse.« Callums lächeln war jetzt um einiges liebevoller. »Das ist ein verdammt gute Eigenschaft. Ich würde es auch nicht gutheißen.« Auf einmal war hinter ihnen ein donnerndes Grollen zu hören. »Was ist denn jetzt schon wieder?« Es war das letzte, was Fay sagen konnte, bevor die Wassermassen sie mit sich rissen. Alles war schwarz und drehte sich. Fay wusste nicht mehr wo oben und unten war. Und ihr war eiskalt. Sie hatte keine Ahnung, wie lange sie durch die Dunkelheit gedrückt wurde, als sie plötzlich gegen etwas hartes prallte. Es fühlte sich an wie Holz. Und es gab kein entkommen. Die Wassermassen drückten sie dagegen. Verzweifelt klopfte Fay gegen das Holz, aber es half nichts. Sie spürte, wie jemand ihre Schulter Griff und sie zurück zog. Ihr war schon ganz schwindelig. Sie hörte nur zwei oder drei Mal lautes knallen, dann spülte sie das Wasser nach draußen. Sie stürzte in die Tiefe, aber wohl nicht sehr weit. Das Wasser schwemmte sie noch etwas weiter, bis sie schließlich zum stehen kam. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)