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Heroines of War

von

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Erste Verluste

Nachdem Olivia erzählt hatte, was während der Grundausbildung passiert war, berichtete sie, wie Holly sie vor der Granate gerettet hatte, die zwei Marines aus dem Delta-Team das Leben kostete. Danach sagte eine lange Zeit lang niemand etwas. Ellens Gedanken in ihrem Kopf sprangen wild hin und her. Sie hatte unendlich viel Mitleid mit Olivia und fühlte sich schuldig, weil niemand von ihnen etwas bemerkt hatte oder zumindest nicht energisch genug war, um aus ihr rauszuholen, was nicht stimmte. Auf der anderen Seite fragte sie sich, wie das gerade Gehörte ihre Meinung über Holly beeinflusste. Sie hatte sie für ein fähiges Teammitglied gehalten und als sympathisch empfunden, doch jetzt … jetzt änderte sich alles.

„Bitte sag den anderen nichts davon. Ich bin nicht gerade stolz auf all das...“, sagte Olivia und starrte ihre Füße an.

„Ich werde ihnen nichts sagen. Mach es selbst, wenn du irgendwann soweit sein solltest“, antwortete Ellen sanft.

„Danke.“

„Ich werde dich mit dem Thema in Ruhe lassen, aber eine Frage habe ich“, sagte Ellen und betrachtete sie aufmerksam. „Warum glaubst du, dass du bei der Allianz nichts verloren hast?“

Olivia seufzte. „Schon vor dem Beginn der Grundausbildung wusste ich, dass ich euch nur nachgelaufen bin, weil ich nicht allein sein wollte. Ihr seid alles, was mir an Familie geblieben ist. Aber reicht so etwas wirklich aus, um das Zeug zu einem Marine zu haben? Ihr habt euch alle Ziele gesteckt oder zumindest ein Talent für etwas, was in der Allianz gebraucht wird. Norah und du, ihr werdet bestimmt Karriere machen. Lauren will unbedingt Medizin studieren und Alex hat alle Rekorde beim Zielschießen in unserem Camp gebrochen. Aber was ist mit mir? Ich fühle mich wie ein dummes Mädchen, dass nur Krieg spielt, weil ihre Sandkastenfreundinnen es machen.“

„Du bist nicht dumm“, erwiderte Ellen und lächelte milde. „Und du bist uns auch nicht einfach nachgelaufen. Weißt du nicht mehr, dass du früher schon immer von der Erde runter wolltest, um andere Welten zu sehen? Oder das du leuchtende Augen gekriegt hast, wenn Alex Bruder uns von seinen Einsätzen erzählt hat? Dir ist es vielleicht nicht bewusst, aber eigentlich wolltest du in deinem Leben nichts anderes machen, glaube ich. Du hast nur noch nicht herausgefunden, in welche Richtung es für dich gehen soll, aber der Dienst fängt doch auch gerade erst an.“

Olivia schwieg und kniff die Lippen aufeinander. „Ich glaube nicht, dass das reicht.“

Ellen legte ihr eine Hand auf die rechte Schulter und zwang sie dazu, ihr in die Augen zu sehen. „Oliv, du bist intelligent und hast offenbar unglaublich viel Kraft in dir, sonst hättest du das zusätzliche Training nicht ausgehalten. Ich bin mir sicher, dass man hier eine Aufgabe für dich finden wird. Du passt wunderbar in die Uniform.“

„Wenn du meinst“, sagte Olivia mit unverändert traurigem Gesichtsausdruck, doch Ellen meinte, den leichten Anflug eines Lächelns um ihre Mundwinkel herum zu sehen. Das reichte ihr fürs erste.

Ellen ging zur Tür. „Komm, die Trauerfeier fängt in einer halben Stunde an und ich möchte vorher noch aus diesen Klamotten raus.“

Vor der Tür wartete Holly bereits auf sie. Unsicher lächelte sie Ellen dann, doch ihre Mundwinkel zogen sich sofort nach unten, als sie Olivia hinter ihr sah.

„Ich geh schon mal vor“, sagte Oliv und drängte sich an ihnen vorbei.

Ein Moment zögerte Ellen, dann ging sie wütend in die Richtung ihres Quartiers, blieb jedoch auf Hollys Höhe stehen.

„Im Delta-Team sind Plätze frei geworden. Ich möchte, dass du zu einem der Offiziere gehst und ihnen meldest, dass du das Team wechseln wirst. Du wirst bei den Betas nicht länger gebraucht.“

Dann ging Ellen ohne ein weiteres Wort weiter. Sie wusste, dass es eine harte Entscheidung war, doch ihretwegen hatte Olivia unerträgliche Dinge durchgemacht, und sie wollte sie keinen Moment länger unter ihrem Kommando haben. Sie musste sich auf ihr Team verlassen können, und ihr Vertrauen in Holly hatte sie schlagartig verloren.
 

„Private 2nd Class Julian Rapone und Private 2nd Class Zayn Gertz waren zwei tapfere Marines aus dem Delta-Team des 231. Zuges, die ihr Leben gaben, um andere Menschen zu beschützen. Behaltet sie als Helden in Erinnerung“, sprach Commander Lance, während auf jedem der zwei Särge vor den aufgereihten Marines die Flagge der Allianz gelegt wurde. Ellen stand in ihrer Paradeuniform mit ihrem Team in der letzten Reihe und konnte kaum sehen, was geschah, doch sie wusste, wie die Prozedur ablief, denn ihre Mutter hatte es ihr erzählt. Gleich würde man die Särge an Bord eines Shuttles bringen und zu dem nächsten Stützpunkt fliegen lassen, damit sie von dort aus zurück zur Erde und zur Familie der Verstorbenen gebracht werden konnten.

„Wage es nicht, so zurück nach Hause zu kommen“, hatte Maya ihrer Tochter gesagt. Ellen wollte sich gar nicht vorstellen, wie es den Angehörigen von Rapone und Gertz gehen würde, wenn sie die Leichen der Männer entgegennahmen.

„Mögen sie in Frieden ruhen und keine Schmerzen mehr haben. Private 1st Class Chappel, treten Sie vor und richten das Wort an ihre Kameraden“, rief der Commander und trat zur Seite. An seine Stelle kam Lloyd Chappel, ein Mann mit rundem Gesicht und ernsten Augen. Ellen hatte ihn während der Grundausbildung kaum kennengelernt und trotzdem nicht sehr gemocht, weil er immer über die Frauen in der Allianz hergezogen hatte.

„Julian und Zayn waren mehr als nur einfache Kameraden. Sind während der Grundausbildung wie zwei Brüder für mich geworden. Gegenseitig haben wir uns zu Höchstleistungen angespornt und als ich befördert worden bin, haben sie sich so sehr mit mir gefreut, als ob sie selbst Privates 1st Class geworden wären. Ich betrauere ihren Tod sehr und hoffe, dass ihre Familien Trost darin finden, dass ihre Söhne als Helden gestorben sind.“ Nach der kurzen Ansprache traten ein paar Männer des anderen Zuges vor und trugen die Särge zu einem offenen Shuttle. Auch wenn Ellen die beiden Gefallenen kaum gekannt hatte, fühlte sie sich ergriffen, als die Tür sich langsam schloss. Während der Hangar sich öffnete und die letzte Reise von Julian Rapone und Zayn Gertz begann, sagte keiner der Marines ein Wort. Alle sahen wie gebannt das Shuttle verschwinden und salutierten. Schließlich, nachdem der Hangar wieder geschlossen war, ergriff Commander Lance noch einmal das Wort.

„In den Messen stehen ein paar Getränke für euch alle bereit. Gedenkt der Toten und stoßt auf sie an, damit morgen der Schmerz vergessen ist und der Blick wieder nach vorne geht. Sie können gehen.“

Ellen schnaubte. Sie bezweifelte, dass solch ein Schmerz sich einfach mit Alkohol ausradieren ließ, doch der Commander hatte recht, morgen konnte bereits der nächste Einsatz auf sie warten und dann durften sie nicht mehr um die Toten trauern, sondern mussten sich auf die Lebenden konzentrieren.

Die Gruppe löste sich auf und weil Ellen keine Lust hatte, in die Messe zu gehen und vielleicht mit Holly reden zu müssen, beschloss sie, das Schiff ein bisschen zu erkunden. Sie waren zwar schon über eine Woche hier, doch weil sie viel Zeit im Arrest verbracht hatte, kannte sie den Großteil noch gar nicht. Nachdem die anderen Marines nach oben verschwunden waren, wartete sie auf einen Lift und fuhr auf das Maschinendeck herauf. Anstatt in die Richtung der Krankenstation zu gehen, wandte sie sich nach rechts und schlenderte den Gang entlang. Hier gingen kaum Türen ab, und als sie ein gutes Stück gegangen war, machte ihr Weg eine Biegung nach rechts. Das, was sie dort erblickte, erstaunte sie, denn durch eine dicke Scheibe konnte sie den Antriebskern der SSV Rome sehen. Sein Durchmesser betrug kaum zwei Meter und er erstrahlte in einem gleißend hellem Licht, was von dem Element Zero kam, welches als Treibstoff diente. Wie hypnotisiert beobachtete Ellen die langsamen Umdrehungen des Kerns, dann wanderte ihr Blick zu den drei Technikern, die an Terminals zu arbeiten schienen.

„Wunderschön, nicht wahr?“, sagte jemand hinter ihr und Ellen drehte sich erschrocken um. Norah trat aus dem Gang auf der anderen Seite und betrachtete ebenfalls den Kern.

Ellen sah sie fragend an. „Warum bist du nicht oben in der Messe?“

„Ich … Mir war nicht nach Gesellschaft.“

„Soll ich gehen?“

Sie schüttelte den Kopf. „Nein, bitte bleib.“

Norah lehnte sich neben der Scheibe an die Wand und ließ sich auf den Boden sinken.

„Ist mit dir alles okay?“, fragte Ellen besorgt und setzte sich neben sie. Olivia schien nicht die einzige mit Problemen zu sein.

„Ich weiß es nicht“, antwortete Norah achselzuckend. „Ich habe heute zum ersten Mal jemanden getötet, und ich weiß nicht, wie es mir damit gehen soll.“ Ihre Stimme klang belegt, ganz so, als ob sie gleich weinen würde. Ellen kannte sie so gar nicht, denn auch wenn Norah in einem sehr schwierigen Haushalt aufgewachsen war, hatte sie es sich nie anmerken lassen oder Tränen gezeigt.

„Erzähl mir, was passiert ist“, sagte Ellen.

„Wir waren gerade bei den Ausläufern der Kolonie auf Amaterasu, als uns die ersten von diesen Piraten entgegenkamen. Doch der andere Trupp Marines von der Rome mähte sie nieder, bevor wir Frischlinge überhaupt auf sie angelegt hatten. Mir wurde befohlen, mit meinem Team die umliegenden Gebäude zu sichern, damit uns niemand beim Vorstoß von hinten überraschen konnte. Und in einem von denen habe ich einen von diesen Bastarden dabei erwischt, wie er eine Frau verprügeln wollte. Nach drei Schüssen aus meinem Sturmgewehr lag er auf dem Boden und regte sich nicht mehr. Er war nicht der einzige, der durch meine Hand gestorben ist, und ich weiß, dass es richtig war und sie nichts anderes verdient hatten, aber … ich fühle mich trotzdem seltsam.“

Ellen verstand, warum es ihr so ging. Sie waren keine emotionslosen Roboter, sondern fühlende und denkende Wesen. Die Vorstellung, einem anderen Menschen oder Alien das Leben zu nehmen, hatte sie selbst vor ihrer endgültigen Bewerbung aufgewühlt, doch nach langen Gesprächen mit ihrer Mutter waren ihre Zweifel beseitigt gewesen.

„Meine Mutter hat mir mal gesagt“, setzte Ellen an, „dass man bei der Allianz nicht dazu angewiesen wird, grundlos zu töten. Unsere wichtigste Aufgabe ist es, die Menschen zu beschützen, die sich nicht selbst verteidigen können. Und manchmal ist der Tod von anderen Personen dabei unausweichlich.“

Norah erwiderte nichts, sondern vergrub nur ihr Gesicht in ihren Oberschenkeln, woraufhin Ellen nach einer ihrer Hände griff.

„Das es dir so geht, ist nur menschlich, aber du darfst nicht zu sehr darüber nachdenken, sonst wirst du daran kaputt gehen“, sagte Ellen fast schon energisch. Anstatt etwas zu sagen, drückte Norah nur ihre Hand, und von da an saßen sie schweigend nebeneinander und lauschten dem Summen des Antriebskerns.
 

Zwei Wochen später stand die nächste Mission für die Marines der SSV Rome an, doch dieses Mal war es kein Notfall, sondern ein geplanter Einsatz. Aufgeregt saß Ellen mit ihrem Zug im Konferenzraum und wartete darauf, dass ihnen ihre Aufgabe erläutert wurde. Schließlich, nach einer gefühlten Ewigkeit, betrat der Commander zusammen mit LC Van Hagen den Raum, und sie standen auf und salutierten.

„Setzt euch“, wies er sie an und trat vor den Wandbildschirm an der Stirnseite, während Van Hagen sich in einer starren Körperhaltung daneben stellte.

„Diese Mission heute wird nur der 231. Zug bestreiten, und angeführt werdet ihr dabei von meinem XO. Auf Tiptree, einem Planeten mit einer unserer Kolonien, wurde eine kleine, feindliche Basis entdeckt, vermutlich ein Lager für den Schmuggel von rotem Sand, einer Droge. Eure Aufgabe ist es, dass Lager aufzuheben und alles darin befindliche zu zerstören. Die geschätzte Truppenstärke unserer Gegner beträgt fünfzehn bewaffnete Personen, und da wir sie unvorbereitet treffen werden, dürfte das kein Problem darstellen.“ Er drehte sich kurz zu dem Bildschirm um und rief ein Satellitenbild auf.

„Hier“, fuhr er fort und markierte einen Punkt auf der Karte, „befindet sich euer Ziel. Ihr werdet zwei Kilometer südlich davon abgesetzt. Sobald ihr bei dem Lager angekommen seid und die Umgebung genauer ausgekundschaftet habt, wird Lieutenent Commander Van Hagen entscheiden, wie der Angriff verlaufen wird. Irgendwelche fragen?“

Alex meldete sich. „Warum kümmern wir uns darum und nicht die Marines, die auf Tiptree stationiert worden sind?“

„Alex!“, ermahnte Norah sie von der Seite.

„Nein, das ist eine berechtigte Frage,“, antwortete der Commander. „Zum einen wollen wir verhindern, dass die Kolonisten darauf aufmerksam werden und sich dadurch nicht mehr sicher auf dem Planeten fühlen. Es würde auffallen, wenn alle Marines zu einer Mission ausziehen und vielleicht nicht alle wieder zurückkommen oder zum Teil Schussverletzungen haben, und es würden Fragen gestellt werden, die man nicht beantworten möchte. Außerdem verhindern wir so, dass möglicherweise Investoren Wind von der Sache bekommen und deshalb ihre finanziellen Mittel streichen, ohne die solche Projekte wie die Kolonie auf Tiptree gar nicht möglich wären. Außerdem habt ihr hier lange genug Däumchen gedreht. Also bereitet euch vor, in zwanzig Minuten werdet ihr einsatzbereit in den Shuttles erwartet!“ Die letzten Worte hatte er in einem harschen Befehlston gesagt. Ellen stand auf und ging mit ihren Kameraden zu den Fahrstühlen.

Unten und in der Waffenkammer angekommen legte sie sorgfältig ihre Uniform zusammen und schlüpfte in den Kampfanzug. Nachdem alle Platten daran befestigt worden waren, griff sie nach ihrem Helm und ging zu Van Hagen, welcher ihr den Schildverstärker und ihre Waffe samt Munition aushändigte. Nach ihr war Alex an der Reihe.

„Zhao, in ihrer Akte steht, dass sie ganz gut mit dem Scharfschützengewehr umgehen können. Ist das korrekt?“, fragte der LC.

Alex nickte. „Ja, Sir, kann man so sagen.“

Er reichte ihr ein M-92er Mantis, eine Waffe aus der Klasse der Scharfschützengewehre, und dazu eine Predator-Pistole. „Das dürfte uns einen noch klareren Vorteil verschaffen“, sagte Van Hagen, schob ihren Schildverstärker in die entsprechende Öffnung, weil sie beide Hände voll hatte, und winkte die nächsten heran. Breit grinsend sah Alex zu Ellen, während sie die Waffenkammer verließen.

„Endlich mal jemand, der meine Talente zu schätzen weiß“, sagte sie fröhlich und befestigte das Gewehr an der Halterung an ihrem Rücken, die Pistole an ihrer Hüfte. Ellen tat dasselbe mit ihrem Sturmgewehr und verstaute ihre Magazine.

„Enttäusche seine Erwartungen nicht, damit habe ich üble Erfahrungen gemacht“, sagte sie und sie stiegen in eins der Shuttles.

„Ach El, was kann schon schief gehen? Wir müssen heute wohl kaum befürchten, dass uns Steine auf den Kopf fallen könnten“, erwiderte sie neckend.

Ellen dachte 'Wir könnten heute aber auch draufgehen', sagte das jedoch nicht.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Nightwatcher
2013-05-31T11:51:03+00:00 31.05.2013 13:51
Ich mag die Geschichte richtig gerne!!!!!!!!! ich würde ja jetzt sagen "Schreib schneller! Ich will wissen wie es weitergeht!!!!", aber du bist schon so schnell :D
Immer weiter so :D
Antwort von:  SarahShepard
04.06.2013 14:35
Hehe. Danke :)
Jaa, im Moment komme ich ganz gut voran :P
Von:  fahnm
2013-05-30T22:11:05+00:00 31.05.2013 00:11
Hammer Kapi^^
Von:  dragon493
2013-05-30T15:53:00+00:00 30.05.2013 17:53
tolles Kapitel
langsam entwickelt sich jeder weiter
Ich bin sehr gespannt wie die Mission diesmal läuft
freu mich aufs nächste Kapitel
lg dragon493


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