Heroines of War von SarahShepard ================================================================================ Kapitel 48: Eine Audienz bei der Königin ---------------------------------------- Während Ellen Kat von ihrer letzten Nacht auf Galatea berichtete, beruhigte sie sich langsam wieder. Sie saßen inzwischen auf dem Sofa und Ellen starrte die meiste Zeit bloß auf ihre gefalteten Hände. Als sie schließlich geendet hatte, lag eine andächtige Stille in der Luft. „Das ist … “, sagte Katlyn schließlich. „Es tut mir so leid, dass du das alles durchmachen musstest.“ Ellen nickte langsam. „Ja“, sagte sie, doch sie war noch nicht richtig wieder anwesend. In ihren Gedanken befand sie sich immer noch halb auf Galatea. Es gab so vieles, was sie noch verarbeiten musste, dass sie gar nicht wusste, wo sie anfangen sollte. Sobald sie eine ihrer dunklen Erinnerungen anstieß, wurde alles andere ebenfalls aufgewirbelt und kreiste wild durch ihren Kopf. Eines Tages würde es besser werden, das wusste sie. Oder durch noch schlimmere Erlebnisse ersetzt werden. Katlyn berührte sie kurz am Arm und stand dann auf. „Komm, ich mache dir einen Tee. Warme Getränke helfen mir immer, wenn ich traurig bin.“ Sie hielt mitten der Bewegung inne und grinste Ellen breit an. „Hey, noch etwas über mich!“ Jemand hämmerte laut gegen ihre Wohnungstür. „Was ist denn heute hier los?“, stöhnte Katlyn und warf genervt die Arme in die Luft. Dann stapfte sie in den Flur, während Ellen regungslos auf dem Sofa sitzen blieb. Eine Sekunde später kehrte Katlyn zurück ins Wohnzimmer, begleitet von dem Battarianer Anto und zwei ungewöhnlich bulligen Kroganern, die kaum durch die Tür passten und einen großen Teil des Wohnzimmers ausfüllten. „Noch mehr Besuch?“, fragte Ellen vorsichtig und starrte auf die Waffen, die von den drei Söldnern auf sie gerichtet wurden. Anto lachte finster. „Beweg dich, Mensch! Aria erwartet euch, um sich für euer Eingreifen zu bedanken.“ Ellen suchte einen Moment lang nach einem Ausweg. Doch das Wohnzimmer war viel zu klein, um kämpfen zu können, und die drei Söldner hatten eindeutig die besseren Karten. Eine falsche Bewegung von ihr und sie würden mindestens eine von ihnen beiden sofort töten, bevor die andere auch nur einen Schritt in Richtung Waffen getan hatte. Es war allerdings etwas merkwürdig, dass sie es nicht sofort taten. Auf Omega scherte sich keiner groß darum, wenn jemand erschossen wurde. Möglicherweise wollte diese Aria ihnen gerne persönlich den Hals umdrehen. „Scheint heute wirklich unser Glückstag zu sein“, sagte Katlyn und zwinkerte. Ellen merkte ihr an, dass die Entspanntheit nur aufgesetzt war. Ellen erhob sich von dem Sofa und sah ihre Besucher mit verschlossener Miene an. Sie hatte Angst, wollte es aber nicht zeigen. „In Ordnung, bringt uns zu ihr.“ Anto, der wegen ihrer Ruhe irritiert zu sein schien, bedeutete den grimmigen Kroganern, die beiden Menschenfrauen vor sich her zu treiben, und so verließ die merkwürdige Prozession das Appartement. Eine Stunde später saßen Ellen und Katlyn in einem kargen Raum mit grauen Wänden und warteten darauf, dass etwas passierte. Über ihnen hörten sie dröhnende Bässe von Clubmusik, und hin und wieder wippte Katlyn im Takt mit, hörte jedoch sofort wieder auf, wenn Ellen ihr enerviert eine Hand auf den Oberschenkel legte. „Warum lässt sie uns bloß so lange zappeln?“, quängelte Katlyn und fing an, mit ihrem unbequemen Stuhl zu kippeln, während sie die Tür ihnen gegenüber nicht aus den Augen ließ. „Wenn sie uns einfach nur abknallen möchte, kann sie das bitte sofort tun. Wir haben heute noch andere Termine.“ Ellen prustete. Sie rutschte mit ihrem Stuhl ein Stück über den metallenen Boden, um ihre Füße auf den einfachen Tisch vor sich stellen zu können. „Hast du doch ein kleines bisschen Angst?“, fragte sie Kat argwöhnisch. Sogar für ihre Verhältnisse war sie ziemlich unruhig. Doch Katlyn winkte bloß ab, kaute dabei allerdings auch nervös auf ihrer Unterlippe herum. „Sie könnten alles Mögliche mit uns anstellen. Wenn ihnen danach ist, uns auch einfach bloß hier drin verhungern lassen. Wir hätten uns wehren sollen!“ „Wir hätten uns gar nicht erst in Konflikte auf Omega einmischen sollen“, erwiderte Ellen seufzend. „In unserer Wohnung hätten wir keine Chance gegen sie gehabt.“ „Aber du bist Biotikerin! Das muss doch zu etwas gut sein!“ Ellen reagierte darauf härter, als sie es eigentlich gewollt hatte. „Und dann?“, fragte sie wütend. „Hätte ich meine Kräfte aktiviert, wärst du auf jeden Fall erschossen worden! Und es gibt auch viele kroganische Biotiker, weshalb ich gegen die beiden vermutlich keine zehn Sekunden überlebt hätte! Wenn du unsere Leben so einfach wegschmeißen möchtest, hätten wir auch bei Cerberus bleiben können!“ Schlagartig herrschte eine Stille zwischen ihnen beiden, die beinahe greifbar war. An Katlyns entsetztem Blick merkte Ellen, dass sie zu weit gegangen war, und es tat ihr sofort leid. Sie hatte nicht so sehr aus der Haut fahren wollen. „Tut mir leid, das hätte ich nicht sagen dürfen“, murmelte sie und sah betreten auf ihre Hände. Katlyn legte ihr beruhigend eine Hand auf die Schulter und sagte: „Alles wird gut. Diese Aria spielt nur ein Spielchen mit uns, das ist garantiert ihre Masche.“ „Spielchen habe ich gar nicht nötig“, sagte eine schneidende Stimme von der Tür her plötzlich. Erschrocken zog Ellen ihre Beine von dem Tisch und nahm eine aufrechte Körperhaltung an. Ohne dass sie es bemerkt hatte, war eine große, purpurhäutige Asari in den Raum gekommen. Sie musterte die beiden Menschen mit Adleraugen, was ihrem markanten Gesicht etwas furchteinflößendes verlieh. Die Asari strahlte eine unheimliche Autorität aus, als sie mit langsamen Schritten zu ihnen herüberkam. Die Absätze ihrer schwarzen Stiefel knallten auf dem Boden, so als würde sie sie hineinbohren wollen. Ellens Nackenhaare stellten sich auf, und in ihrem Körper regte sich ein Fluchtinstinkt, den sie bemüht ignorierte. „Ich musste mich bloß um mein Geschäft kümmern. Nun seid ihr an der Reihe“, fuhr die Asari fort, zupfte sich kurz ihren schwarzen, eng anligenden Overall und ihre weiße Jacke zurecht. Ellen glaubte, feine Blutspritzer auf ihrer Jacke sehen zu können. „Ihr seid also die Zwei, die Anto hergebracht hat. Er hat mir eure freundliche Botschaft ausgerichtet. Erklärt mir doch bitte, was ich euch mal kann.“ Katlyn erwiderte empört: „Er hat angefangen!“ Aria durchbohrte sie mit einem drohenden Blick. „Er hat nur einen Menschen an die einzige Regel von Omega erinnert, die ihr gebrochen habt! 'Don't fuck with Aria'!“ „Ich nehme mal an, Sie sind Aria?“, fragte Ellen bemüht ruhig. Sie wollte sich nicht anmerken lassen, wie sehr die Asari sie beeindruckt hatte. Mit Aria war definitiv nicht zu spaßen, doch sie sollte auch nicht den Eindruck kriegen, die beiden Frauen völlig in ihrer Hand zu haben. Aria lachte auf. „Verzeihung, wie unhöflich von mir!“, antwortete sie sarkastisch. Dann wurde sie schlagartig noch ernster, stützte sich mit ihren Händen auf den Tisch ab und senkte den Kopf nur ein bisschen, damit sie immer noch über ihnen war. „Ich bin Aria. Und ich BIN Omega!“ Dann erhob sie sich wieder und ließ den Tisch zwischen ihnen blitzschnell mit ihrer Biotik gegen die nächste Wand krachen. „Mit mir legt sich niemand so leicht an“, raunte sie so finster, dass Ellen beinahe eine Gänsehaut bekam. „Und was wollen Sie von uns?“, frage Katlyn laut. „Mit uns spielen? Sind wir bloß zwei kleine Menschen, denen Sie gleich den Hals umdrehen werden? „Noch wäre ich nicht abgeneigt, eure Hälse zu retten. Anto würde Euch für seine Blamage am liebsten die Haut von den Knochen ziehen, und ich werde ihn nicht daran hindern, es sei denn“, sie machte eine Pause, und Ellens Finger krallten sich vor Anspannung in ihren Oberschenkel, „Ihr arbeitet für mich. Es gibt viele Leute auf Omega, die für diese Chance töten würden, doch keiner von denen hätte es so leicht mit Anto und seinen besten Offizieren aufnehmen können. Versteht das nicht falsch, Ihr habt mich nicht sehr beeindruckt, aber ihr genießt für den Moment zumindest meine Aufmerksamkeit. Ich weiß, dass ihr neu auf Omega seid, und sobald sich eure Stärke herumgesprochen hat, werden euch viele rekrutieren wollen, vor allem die Blue Suns, sie sind schon länger scharf darauf, meine Position zu schwächen.“ Ellens Mund klappte vor Überraschung auf. Sie hatte mit vielem gerechnet, aber keinesfalls mit einem Jobangebot. Katlyn fand als erste ihre Sprache wieder. „Das ist … interessant.“ „Sei deinen Freunden nahe und deinen Feinden noch näher“, murmelte Ellen, und Aria verzog ihre Mundwinkel zu einem leichten Grinsen. „Ihr Menschen mit euren Redensarten. Aber ich sehe, ihr versteht mich. Freut euch aber nicht zu früh“, fuhr sie fort. „Ihr wärt ganz unten in der Hackordnung und Geld würdet ihr erst sehen, wenn ihr euch meinen Respekt verdient und eure Loyalität bewiesen habt. Aber ihr würdet am Leben bleiben. Vorerst zumindest.“ Ellen verschränkte ihre Arme und sah Aria grimmig an. Diese Asari ließ ihnen im Prinzip keine andere Wahl, und das wusste sie auch. Mit einem wölfischen Grinsen musterte sie die beiden Menschenfrauen vor sich und schien auf eine Reaktion zu warten. „Rosige Aussichten“, brummte Ellen. „Kriegen wir ein wenig Bedenkzeit oder dürfen wir sofort unterschreiben?“ Schnaubend wandte Aria sich von ihnn ab und ging zur Tür. „Betrachtet euch als eingestellt. Wartet auf eure ersten Anweisungen und denkt gar nicht erst daran, zu fliehen. ICH entscheide, wer Omega verlassen darf. Anto wird euch im Auge behalten.“ Und mit diesen Worten war sie wieder verschwunden, ließ den Ausgang hinter sich aber unverschlossen. Katlyn pfiff und sagte: „Starker Auftritt.“ „Komm, wir verschwinden“, sagte Ellen und stand auf. Ihre Situation gefiel ihr ganz und gar nicht. Sie hatte das Gefühl, von einer Krise in die nächste zu trudeln, ohne eine Chance zu haben, sich dagegen wehren zu können. Als Ellen und Katlyn wieder in ihrer Wohnung ankamen, ließen sich beide auf das Sofa fallen. „Interessante Frau, diese Aria“, frotzelte Katlyn und rieb sich ihr Gesicht mit den Händen. Ellen erwiderte bloß ein Brummen. Sie hatte das Gefühl, vor der sprichwörtlichen Wahl zwischen Pest und Cholera zu stehen. Sie konnten Aria gehorchen und brav warten, bis sie ihnen etwas zu tun gab, oder sie konnten versuchen, zu fliehen, was Anto mit Sicherheit zu verhindern wusste. Katlyn drehte ihren Kopf zur Seite und sah sie an. „Was meinst du, was sollen wir machen?“, fragte sie und lächelte grimmig. „Ich weiß es nicht“, antwortete Ellen kopfschüttelnd. „Viele Möglichkeiten haben wir nicht.“ „Wir könnten Aria eine Weile gehorchen und auf eine Möglichkeit warten, abzuhauen, oder wir legen mit den Piraten eine spektakuläre Flucht hin“, fuhr Katlyn so flapsig aus, dass Ellen schnauben musst., „Aber egal, wofür du dich entscheidest, ich werde dir folgen. Wir sind gemeinsam vor Cerberus geflohen, dann schaffen wir alles andere auch.“ Ellen bedeutete es viel, das zu hören, denn auch wenn sie Katlyn kaum kannte, fühlte sie sich durch ihre gemeinsame Gefangenschaft mit ihr auf gewisse Weise verbunden. Kat gab ihr Halt, und sie war sich sicher, dass sie ihr auch irgendwann dabei helfen würde, ihre Dämonen zu bekämpfen und nach Hause zu finden. Aber zuvor würde Ellen etwas für sie tun. „Okay“, sagte Ellen nickend. „Versuchen wir unser Glück mit DuBois.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)