Halbwahrheiten von Nimsaj ================================================================================ Alice - Kapitel 3 ----------------- Kapitel 3: Als Kid die Augen aufschlug, war die kleine Kammer bereits mit einigen Lichtern erhellt worden. Nichtsdestotrotz konnte er in diesem unterirdischen Loch nur mutmaßen, dass es nun wohl Morgen war und allein dieser Gedanke stimmte ihn ungemein ruhig. Müde blinzelte er einige Male, bevor er auch schon die Rückenfront Trafalgars am Fußende des Tisches ausmachen konnte, wo er lehnte, die Regale mit Herzen betrachtend. „Na, gut geschlafen?“ „Bastard!“, zischte Kid wütend und musste sich räuspern, als seine Stimme fast versagte. Natürlich wusste der Dämon ganz genau, was für eine Nacht er hinter sich hatte. Zwar konnte Kid nicht wirklich unterscheiden, was in dieser Nacht nun wirklich passiert und was er sich nur eingebildet hatte, doch seine lauten Schreie hatte Trafalgar mit Sicherheit vernommen. Allein zur eigenen Unterhaltung wegen. Irgendwann jedoch musste der Fluch oder Zauber oder was auch immer es gewesen war, nachgelassen haben, sodass er wohl doch einige Stunden vor Erschöpfung geschlafen hatte. Zumindest fühlte sich sein Kopf kein Stück erholt, sondern vielmehr vollkommen unbrauchbar an. Von Trafalgar kam keine Antwort, vielleicht war er zu sehr in Erinnerungen versunken, welche die Organe vor seiner Nase heraufbeschworen. Kid sollte es egal sein, hatte er eben doch auch bemerkt, dass die Fesseln sich nun endgültig gelöst hatten und er sich damit endlich von der ungemütlichen Tischplatte erheben konnte. Zu seinem Unmut musste er feststellen, dass seine Hand- und Fußgelenke ganz wund gescheuert waren, was sicherlich auch der albtraumhaften Nacht zu verdanken war. Jedoch bemerkte er ebenfalls, dass die ganzen kleinen Wunden von Trafalgars Besteck, welches ihn auf den Tisch gezerrt hatte, ordentlich versorgt worden waren. Prüfend strich er mit den Fingern über die weißen Verbände. „Warum hast du das getan?“, kam die unspezifische Frage, welche sich im weitesten Sinne auf alles der letzten Nacht beziehen konnte. Trafalgar jedoch schien noch immer nicht gewillt mit Kid zu sprechen, verharrte stattdessen noch einen Moment in seiner halb sitzenden Position, ehe er sich erhob und das Schwert an der Wand griff, um kurz andächtig darüber zu streichen. Der Blick, welchen er seinem Gegenüber dann zukommen ließ, war gefasst, jedoch weitestgehend ausdruckslos. „Steh auf. Wir gehen in den Salon.“ Von ganz allein schwang die schwere Tür auf und offenbarte den für Kid in der letzten Nacht so ersehnten Ausgang, was ihn nicht lange zögern ließ die Chance zu nutzen und den Keller auf schnellstem Wege zu verlassen. Sichtlich erleichtert betrat er den Salon und blinzelte dem hellen Sonnenlicht entgegen, welches ungehindert durch die großen Fenster fiel. Ausgiebig streckte Kid sich, um seine vollkommen verspannte Muskulatur etwas zu lockern und warf einen nebensächlichen Blick in den Himmel, welcher ihm verriet, dass es wohl schon nach Mittag war. Sich dann nach Trafalgar umsehend, welcher jedoch noch nicht nachgekommen war, fiel ihm ein kristallener Krug Wasser ins Auge, welcher seine Kehle wie auf Kommando brennen ließ. Ohne einen Gedanken an Gift zu verschwenden, stürzte er das ersehnte Nass hinunter und konnte nicht umhin einzusehen, dass das wirklich nötig gewesen war. Ein Rasseln wie von schweren Ketten ertönte, bevor Trafalgar dann doch den Salon betrat, einen kurzen Blick auf den Krug warf und sich in seinem üblichen Sessel niederließ, was Kid mit einem Setzten in den Sessel gegenüber beantwortete. Es war fast schon Routine sich in diesem Raum gegenüber zu sitzen. Das markante Schwert lehnte auf dem Boden stehend gegen Trafalgars Schulter. „Wenn wir heute dieses Haus verlassen, werden wir nicht wieder zurückkehren.“, begann er sogleich mit düsteren Worten, welche Kid jedoch nicht überraschten. Sein Gegenüber hatte einfach Recht, entweder sie würden heute sterben oder die Stadt verlassen. Eine weitere Option gab es nicht. Zumindest nicht in Kids Kopf, welcher weiter gar nicht denken wollte. „Daher solltest du alle deine Habseligkeiten einpacken. Was du hier vergisst, wird verloren sein. Ebenfalls empfehle ich dir nicht mehr mit dir herumzuschleppen, als du ohne Anstrengung tragen kannst.“ „Ich habe ohnehin kaum Gold in der Stadt gefunden.“ „Ich weiß, das meiste liegt oben im Glockenturm der Kathedrale.“ Ungläubig starrte Kid Trafalgar an, welcher jedoch nichts Besonderes an seinen Worten zu finden schien. Ein minimales Lächeln schlich sich auf seine Züge. „Was bist du denn so überrascht?“ „Warum hast du das denn nicht gesagt?“, folgte die fassungslose Gegenfrage, welche Kids Gegenüber jedoch nur weiter zu erheitern schien. „Du hast mich nie gefragt, so einfach ist das. Und ich habe dich schließlich noch nie angelogen.“ Kid grummelte nur vor sich hin. Es war sinnlos, Trafalgar hatte das alles vollkommen so eingefädelt, wie er es für richtig hielt. Denn Kid war sich vollkommen sicher, dass er den Schwarzhaarigen wohl nach dem One Piece gefragt hatte und dieser damals elegant ausgewichen war. Es war absolut sinnlos, selbst wenn Trafalgar noch nie gelogen hatte, so sagte er dennoch nur, was er wollte. „Wie dem auch sei. Selbst wenn du das Gold gefunden hättest, du hättest es nicht tragen können. Sei also froh, dass du nicht vor der Wahl stehst.“ „Die Wahl hast du mir ja schließlich schon angenommen.“ Trafalgars Blick würde versöhnlich und auch Kid hatte keine Lust weiter darüber zu streiten. Vielleicht hatte der Albtraum mit dem Zylinder Recht, vielleicht war seine Freiheit in diesem Fall tatsächlich mehr wert als das One Piece. Enttäuschung war deshalb trotzdem darüber vorhanden, sich nun von dem Schatz direkt vor seinen Augen abwenden zu müssen. „Was jetzt jedoch viel wichtiger ist, ist das Theater und dessen Monster.“, wechselte Trafalgar mit ernsterer Stimme das Thema. „Du musst verstehen, was wir eigentlich dort drinnen wollen. Denn es liegt keinesfalls in unseren Absichten das Monster zu töten. Dazu sind wir schlichtweg gar nicht in der Lage. Der Plan ist sich so kurz wie nur möglich dort drinnen aufzuhalten und so schnell wie nur möglich das Theater wieder zu verlassen. Einer Konfrontation werden wir nicht entgehen können, doch werden wir dabei schlichtweg nur versuchen zu überleben. Irgendwie und unter allen Umständen.“ „Also bin ich doch nur eine Ablenkung für den Albtraum, hm?“ Zum ersten Mal überhaupt schien Trafalgar überrascht und schüttelte rasch den Kopf. „Denk so etwas nicht! Du wirst dort drinnen eher Überlebenschancen haben als ich. Alles was ich will ist zurück zu bekommen, was mir gehört, selbst wenn ich dabei sterben sollte. Aber ich breche deshalb mein Wort nicht.“ Skeptisch musterte Kid Trafalgar, welcher jedoch mit festem Blick diese Geste erwiderte. Er log nicht. Was jedoch nicht hieß, dass Trafalgar nicht doch irgendetwas anders geplant hatte, als er es angekündigt hatte. Denn klar war der Plan bis jetzt immer noch nicht, weder was man eigentlich im Theater suchte, noch was dort wirklich lauerte. Doch eine genaue Antwort würde er ohnehin nicht bekommen, das war Kid klar. „Wie genau werden wir also vorgehen?“ Trafalgar kratze sich am Kopf und schien ernsthaft nachdenken zu müssen. „So genau kann ich das nicht sagen. Das hängt alles davon an, was wir im Theater vorfinden werden. Ich war seit über 100 Jahren nicht mehr dort, es hat sich mit Sicherheit viel dort verändert, auch wo das Objekt ist ist unklar. Vielleicht trägt er es bei sich, vielleicht hat er es versteckt. Keine Sorge, wenn du es siehst wirst du wissen, dass es das ist, was wir suchen. Auf jeden Fall werden wir zum Theater gehen, sobald du fertig bist und danach sofort die Stadt verlassen.“ „Ist nur die Spinne im Theater?“ „Mit Sicherheit nicht. Er hat schon immer unzählige Leute um sich geschart, es ist nur fraglich, wie viele davon noch am Leben sind und eine ernsthafte Gefahr darstellen. Wenn es dir nichts ausmacht, würde ich das Kleinvieh dir überlassen. Hast du eine Waffe oder brauchst du eine?“ „Nichts, mit dem ich einem Monster entgegentreten könnte.“ Trafalgar strich über die markant gemusterte Scheide seines Schwertes. „Was brauchst du? Ein Schwert, eine Schusswaffe, einen Bogen, eine Axt? Sag nur, was genau du willst, in dieser Stadt kann man alles bekommen.“ „Ich kann mit einem Schwert nicht umgehen und auch mit einem Bogen würde ich nichts treffen.“ „Kannst du schießen?“ Kid nickte. Trafalgar blickte aus dem Fenster. „Dann werde ich dir eine geeignete Waffe besorgen. Ich weiß schon in etwa, was ich suchen muss. Eine einfache Pistole reicht gegen einen Albtraum schließlich nicht aus.“ Der Schwarzhaarige erhob sich und rückte einen Zylinder zurecht, das lange Schwert in der linken Hand haltend. Es schien in gewisser Weise endgültig, als würde er sich nun zum letzten Mal aus diesem, seinem Sessel erheben. Und erst im zweiten Moment wurde Kid klar, dass es tatsächlich so war, konnte sich jedoch dem Gefühl nicht erwehren, dass es viel mehr bedeutete, als nur das. Als hätte dieser Moment eine noch viel weitreichendere Bedeutung, als Kid jetzt erahnen könnte. „Ich gehe und hole die Waffe. In einer Stunde bin ich zurück, dann gehen wir. Sei bitte bis dahin bereit.“, richtete Trafalgar nochmals das Wort an ihn, bevor er den Salon verließ und sich nach einem kurzen Abschiedswort die Eingangstür hinter ihm schloss. Die letzte Stunde schien wie im Flug zu vergehen. Von einer gewissen Unruhe gepackt durchstreifte Kid das Haus immer wieder, hielt sich dabei jedoch hauptsächlich im Salon auf und mied den Keller dagegen vollkommen. Er hatte keine Ahnung, was genau auf ihn zukommen würde. Zwar hatte er in seinem Leben schon mal gemordet und etliche kleinere Tiere getötet, war sogar mal von einem Bären angegriffen worden, doch ein Monster überstieg alle seine Dimensionen. Man hörte ja schließlich nur die Heldengeschichten und Märchen, welche die alten Frauen und Geschichtenerzähler, welche von Dorf zu Dorf wanderten, erzählten. Helden, Ritter oder Prinzen, welche sich Drachen, Hexen und Dämonen entgegenstellten und immer siegreich aus der Schlacht hervorgingen, in ihren Händen immer irgendein heiliges Schwert oder ein verzauberter Bogen. Geradezu leuchtende Worte mit dem Glanz von Ruhm und Ehre, welche die Helden zusammen mit einer schönen Jungfrau und einem ganzen Königreich erwartete. Doch die Realität sah anders aus. Diese Stadt hatte nichts von den märchenhaften Wäldern der Geschichten, keine glitzernde Edelsteinhöhle, in welcher der Feuerdrache sein Nest gebaut hatte, kein Kuchenhaus einer Kinder fressenden Hexe. Das hier war ein Albtraum, ganz so wie Trafalgar es gesagt hatte. Hier trat man mit keiner Gott gesegneten Lanze dem Drachen gegenüber, hatte kaum mehr als die bloße Hand. Hier erwartete einen keine Jungfrau und kein Königreich, sondern alles, was einem der Sieg bringen würde, war das nackte Überleben. Und es war keine Geschichte, niemand konnte einem das gute Ende garantieren, welches den schmutzigen Kindern den Mut gab, die gruseligen Geschichten bis ganz zu Ende zu hören. Und an der Seite eines Dämons einem noch größeren Dämon entgegentretend hatte Kid wenig Hoffnung auf ein sagenhaftes, heldenhaftes Ende für sich. So ernüchternd und hart es klingen mochte, gestand sich Kid selbst ein, dass er gerade dabei war mit seinem Leben abzuschließen. Grübelte, ob es nicht besser gewesen wäre sich nicht auf Trafalgar einzulassen, sondern selbst zu versuchen die Stadt zu verlassen. Womöglich wäre alles andere möglich gewesen, doch Jammern befand sich nach seiner Auffassung unter seiner Würde, weshalb er sich wappnete, heute und hier zu sterben. Er war weder den Katzen oder der Harpyie gewachsen gewesen, geschweige denn mit dem Schatten zu Rande bekommen, welcher sich seines Zeichens sich nicht einmal mit Trafalgar anlegte und ebenfalls nicht den Stadtteil der Spinne betrat. Was also sollte er in dem verfluchten Theater anfangen? Sich etwa doch nur in den Fäden verfangen und mit dem Zappeln und dem Geruch seines Blutes das Spinnentier anlocken? Zu was war er sonst gut? Immerhin hatte Trafalgar gesagt, dass er sich selbst um das Monster kümmern würde und Kid selbst mit seinem Gefolge Vorlieb nehmen sollte. War das nun beruhigender? Eine Millionen Spinnen schienen ihm nicht sonderlich schwächer als eine mannsgroße Spinne. Womöglich würde sich jedoch die Waffe, welche Trafalgar ihm bringen würde als hilfreich erweisen. Denn mit seinem verhältnismäßig kleinen Messer würde er ein Monster dieser Stadt bestenfalls kratzen können. Oder ging es dabei nun doch nicht anders zu, als bei Menschen? Ein sauberer Schnitt durch die Kehle und jeder noch so starke Mann sank hilflos in die Arme des Todes. Er selbst hatte es schon gesehen, die verabscheuungswürdige, rasche Handbewegung schon vollzogen, das heiße Blut auf der eigenen Haut gespürt. Würde das eine Katze töten? Mit Sicherheit. Würde das eine Harpyie töten? Vielleicht. Würde das den Schatten töten? Bestimmt nicht. Und die Spinne, vor der Trafalgar sich fürchtete, würde das Messer sicher lachend fressen. Worüber zerbrach er sich eigentlich den Kopf? Genervt fuhr Kid sich durch das rote Haar, sich zur Ruhe zwingend. Es war vollkommen unerheblich, was er sich nun in seinem Kopf zusammen spinnen würde, die Realität sähe wie immer in dieser Stadt ganz anders aus. Alles würde anders kommen und damit vielleicht sogar gut, schließlich konnte niemand wissen was in den 100 Jahren tatsächlich passiert war. Über sich selbst schnaufend erhoffte sich Kid das Bild eines gigantischen Skelettes inmitten der Spinnweben im Theater, das gewünschte Objekt in dessen leblosen Fingern. Sie wären in einer einzigen Minute wieder im Freien und weitere Minuten später aus der Stadt entkommen. Wunschdenken. Schöne Märchen. Als Trafalgar den Salon wieder betrat stand Kid, allem und dem Ende gewappnet, mitten im Raum, alle seine Sachen bei sich und bereit in den Tod zu ziehen. Sein Gegenüber schien das zum Schmunzeln zu bringen und damit in gewisser Weise fast schon zu beruhigen. Jedoch ließ Trafalgar sich von seiner Geschäftigkeit nicht abbringen und stellte sogleich eine beeindruckende Waffe in den Raum, welche er über der Schulter getragen hatte. Ungläubig musterte Kid das glänzende, mehrrohrige Ungetüm, welches sicherlich ein stolzes Gewicht hatte. Trafalgar tippe überflüssiger Weise auf eben diese Waffe, bevor er die Stimme erhob. „Das ist deine Waffe.“ Ein viel sagender Blick wurde zwischen Mensch und Monster getauscht, bevor Trafalgar das Schwert gegen seine Schulter lehnte und das Gewicht auf einen Fuß verlagerte. „Diese Stadt hat sich unglaublich verändert. Schon als noch Menschen hier gelebt haben und es immerhin fast 50 Jahre gedauert, bis keine mehr hier lebten. In dieser Zeit haben viele im Wahnsinn beeindruckende Erfindungen und Schöpfungen begangen und eine solche steht vor dir.“ Trafalgar verlagerte das Gewicht auf den anderen Fuß. „Diese Waffe ist simpler, als sie aussieht. Eine Pistole mit der Durchschlagskraft einer Kanonenkugel. Relativ leicht und ebenso einfach zu bedienen wie eine handelsübliche Handfeuerwaffe. Du solltest keinerlei Probleme mit ihr haben.“ Erneut wurde das Standbein gewechselt. „Munition ist erstaunlicher Weise mehr als genug in der Waffe vorhanden. Versuch sie trotzdem nicht zu verschwenden, sonst stehst du hilflos da. Die Munition kann so ziemlich alles nicht lebendige Material zerstören. Außerdem sollten die meisten Albträume davon erheblichen Schaden davontragen. Ab einer Größe von Harpyien würde ich allerdings immer noch einen zweiten Blick riskieren, um den Tod meines Feindes festzustellen.“ „Haben Albträume eine bestimmte Schwachstelle?“, fragte Kid, welcher von dem Rumgezappel seines Gegenübers nervös wurde. Trafalgar zuckte mit den Schultern. „Nichts Allgemeines. Ich würde jedoch immer versuchen den Kopf zu treffen oder vom Körper zu trennen, das hilft bei den meisten.“ „Und bei denen, bei denen es nicht wirkt?“ „Diese Sorte werde ohnehin ich mir vornehmen, hab davor also keine Angst.“ Zweifelnd starrte Kid Trafalgar an welcher jedoch im Übrigen nicht nervöser schien, als vor einem mittel spannenden Tagesausflug. In seinem Kopf geisterten die Worte, dass die Spinne nicht von ihnen getötet werden würde und er fragte sich unwillkürlich, ob man sie denn überhaupt töten könne. Und was passieren würde, wenn sie sich in ihrem Netz verfangen und nicht wieder entkommen könnten. „Nun. Bist du dann fertig?“, riss Trafalgar Kid aus seinen Gedanken. Er hatte sich schon halb zum Gehen gewandt und musterte den unschlüssigen Schatzsucher eindringlich. „Oder hast du noch eine Frage? Wenn ja, dann stell sie jetzt. Du wirst nie wieder sonst eine Gelegenheit dazu haben.“ Unsicher musterte Kid die Waffe, streifte das kühle Metall mit den Fingern, ehe er es an sich nahm. Und entschied darüber nichts wissen zu wollen. „Nein. Gehen wir.“ So musste es sich anfühlen, wenn man auf dem Weg zum Schafott war, dachte Kid, als sie von neuem durch die Straßen zogen. Überraschender Weise jedoch schienen die Katzen die kriegerische Stimmung wohl gerochen zu haben, denn kein einziges Katzenhaar war auf den Straßen zu erblicken. Im erneuten Regengrau schien die Stadt unglaublich düster zu sein. Das Pflaster schimmerte hier und da vom feinen Nieselregen hell und fast schien es Kid, als würde die ein oder andere Pfütze bereits gleich seinem Blut rot leuchten. Vollkommen leergefegt lagen die Straßen dar, nicht einmal ein Lüftchen störte den steten Fall des Regens. So hätte man fast annehmen können, dass die Stadt den Atem angehalten hatte, wenn Kid nicht mit einem nun deutlich mulmigeren Gefühl bemerkt hätte, dass nur sein Atem fast weiß vor seinem Gesicht hing. Und Trafalgar scheinbar nicht zu atmen schien. Nichts hatte diese Tatsache Kid so deutlich ins Gedächtnis gebrannt, dass sein einziger Verbündeter in dieser Schlacht ein toter Mann war. Selbst die kalte Haut war weniger schockierend gewesen als der fehlende Atem. Ob sein Gegenüber wohl einen Herzschlag hatte? Sicherlich nicht. Doch Gefühle schien er dennoch zu hegen. Wut vor allen Dingen, welche er hinter Haltung und Kühle verbarg. Doch was mochte einen Toten wütend zu stimmen? Niemand sollte doch in der Lage sein den Tod zu erzürnen, war der Zorn also aus sich heraus gewachsen? Aus anderen Gefühlen, Enttäuschung, Verzweiflung, Sehnsucht? Was konnte ein Toter außerhalb dieser Tore nur so hartnäckig suchen? Die kalte Waffe drückte mit ihrem Gewicht hart auf Kids Schulter, doch es beruhigte ihn eher, als dass es ihn störte. Er hätte wohl sonst kein Vertrauen in eine Waffe fassen können, welche nicht einmal in der Lage war etwas Kraft und Ausdauer zu fordern. Denn er bezweifelte, dass ein einfacher Schuss, ein einfacher Schnitt, überhaupt Schmerz bei den vom Tod Geküssten hinterließ. Wie sollte es sonst sein, dass diese Wesen keine unerträglichen Schmerzen litten, nicht litten in dieser Stadt und ihrer Schwebe zwischen Leben und Tod. Fühlte Trafalgar Schmerz? „Er wird wissen, dass wir da sind. Das Theater hat eine Vorhalle, welche wir wohl noch relativ gefahrlos betreten werden können. Dahinter liegt dann der eigentliche Theatersaal und die Hölle dieser Stadt.“, ergriff der Albtraum das Wort, als der erste Faden im trüben Nachmittagslicht aufglänzte. Mit jedem Schritt schien das große Theater bedrohlicher zu wirken. „Nicht, dass wir uns verbrennen.“, erwiderte Kid versucht scherzhaft, was von Trafalgar jedoch komplett übergangen wurde. „Wir werden uns mit Sicherheit verbrennen, da solltest du keine Hoffnungen hegen.“ Missmutig wurden erneut nur die dichter werdenden Fädenreihen betrachtet, bis ihre Schritte synchron stoppten. Exakt an der Stelle, an welcher sie schon gestern keinen weiteren Schritt mehr gewagt hatten. Nun jedoch war es keine Furch in den Augen Trafalgars, welche das Theater traf. Zorn leuchtete nun dem großen Gebäude entgegen, ebenso wie Mordlust und ein unscheinbarer, wahnsinniger Glanz. Mit einem scharfen Geräusch wurde die lange Klinge des Schwertes aus der Scheide gezogen, welche achtlos fallen gelassen wurde. Mit einem mächtigen Hieb des langen Schwertes zersprang der erste Fadenknoten. Und wie als Antwort darauf, spannten sich alle bis eben lasch hängende Fäden mit einem gewaltigen Ruck bis zum Zerreißen, gar ganze Dachvorsprünge glatt durch trennend und laut krachend zu Boden schleudernd. Eine unmissverständliche und sofort beantwortete Kriegserklärung. „Na, jetzt wird er auf jeden Fall wissen, dass wir da sind.“, war Kids säuerlicher Kommentar zu Trafalgars kleiner Machtdemonstration, welcher jedoch keine Antwort fand. Viel zu versessen schien der Albtraum nun in das Theater zu gelangen und Blut zu schmecken. Und Kid war sich nicht so ganz sicher, ob das nicht ihr eigenes Blut sein würde. „Berühr die Fäden nicht, du kannst sie nicht zerreißen. Sie sind hart wie Stahl.“ Grummelnd setzte Kid seinen Weg fort, Trafalgar folgend, welcher an sich keinerlei Probleme zu haben schien auch mit weiteren stahlharten Fäden, welche ihren Weg kreuzten, kurzen Prozess zu machen. Hier und jetzt gab es nun kein Zurück mehr und die Unruhe in Kid wuchs nur weiter, endlich zu wissen, mit was genau er es zu tun bekommen würde. Das Tor des Theaters stand offen, gleich dem Schlund einer gigantischen Bestie. Hunderte Fäden kamen aus der Dunkelheit und führten ebenso zurück in die Dunkelheit, welche schon jetzt mit rot glühenden Augen auf Blut zu warten schien. „Bereit?“, fragte Trafalgar furchtlos, als sie in die kalte Düsternis starrten. „Bereit.“ Ein Lachen durchbrach plötzlich die Stille, ein gewaltiges, sonderbares Lachen. Mit der Stimme eines Mannes doch wohl keines Menschen lachte die Spinne sie aus, noch bevor sie ihr Nest überhaupt betreten hatten. Sämtliche Haare stellten Kid sich auf, als ein kalter Luftzug durch das Tor nach draußen wehte und sie mit eisigem Gruß willkommen hieß. Irgendetwas schien sich den Geräuschen nach im Inneren des Theaters bewegt zu haben, auch die Fäden ordneten sich neu an, wurden teilweise nach innen gezogen, teilweise nach außen und schnitten in den prunkvollen Türrahmen. Trafalgar hatte nur einen herablassenden Blick für Kids alarmierte Reaktion übrig. „Du solltest eines nie vergessen. Wir betreten jetzt ein Theater, also lern zu unterscheiden was Fantasie und Wirklichkeit ist.“ Ohne die geringste Spur beeindruckt zu sein, setzte er seinen Weg fort und Kid setzte ihm rasch nach, bevor er von der Dunkelheit verschluckt wurde. Das Vorzimmer schien, ganz wie Trafalgar es beschrieben hatte, friedlich zu sein. Nachdem sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, konnte Kid die aufwendige Gestaltung des großen Raumes näher in Augenschein nehmen. Sämtliches war von der Spinne jedoch bereits gezeichnet und von ihr seiner Schönheit beraubt worden. Vorhänge, Wände, Türen, Tische, Stühle, Bilder, Lampen. Alles war von den scharfen Fäden umspannt und teilweise davon zerteilt worden, sodass der Raum einen surreal zerstörten Eindruck machte, ganz so, als würde selbst der Boden bei kleinster Erschütterung zusammenbrechen. Zu Kids Erleichterung jedoch hielt der mit vielen teuren Teppichen ausgelegte Boden seinem und Trafalgars Gewicht stand, wobei Kid jedoch nicht nur herumliegenden Möbelstücken, sondern vor allem etlichen Knochenhaufen ausweichen musste. Offenbar als Speisezimmer oder zumindest Mülleimer verwendet worden stank die ganze Luft nach Blut und verwestem Fleisch. Aus hunderten leeren Augenhöhlen folgte der Blick vergangener Abenteurer den zwei Neuen, welche ihr Glück gegen den Fluch der Spinne zu wiegen gedachten. Todesmutig steuerte Trafalgar sogleich den ihm bekannten Weg an und erreichte die größte, beeindruckendste Doppeltür, durch deren Türspalt alle Fäden ihren Ursprung fanden und welche er ohne zu zögern aufstieß. Bevor Kid wirklich registrierte was geschah, stürzte eine Bestie, ähnlich einer gewaltigen, geflügelten Frau mit scharfen Fangzähnen aus der Tür und zerfiel nach einer kaum wahrnehmbaren Bewegung Trafalgars zu einem kleinen Berg Schnee zu Kids Füßen. Ungläubig starrte er die wohl einstige Winterharpyie an und musste hart schlucken, versucht sich nicht vorzustellen, dass sie unter die schwächsten Gegner im Theatersaal fiel. Trafalgar jedoch hatte sich nicht an dem plötzlichen Angriff gestört, war offenbar kein Stück überrascht und hatte bereits den Raum betreten. All seinen Mut zusammennehmend folgte Kid ihm. Der Raum dahinter glich tatsächlich dem Nest einer Spinne. Alles schien von den scharfen Fäden umsponnen zu sein und war damit kaum noch als einstiger Aufführungssaal zu erkennen. Äußerst prunkvoll mochte dieser einst gewesen sein, zeugten hunderte und aber hunderte rote Sitzreihen noch heute von den vielen Zuschauern der Stücke, welche auf der ausladenden Bühne vorgetragen worden waren. Wie üblich war das Theater abgesenkt, wurde um jede Sitzreihe tiefer und wies goldene Lampen an den Wänden auf, sowie einen gigantischen, kristallenen Kronleuchter in der Mitte des Saales, zwischen den Emporen und vor der Bühne. Dunkelrote Vorhänge rahmten selbst heute noch kunstvoll drapiert die hölzerne Bühne ein, welche sogleich jeglichen Blick im Raum auf sich zog. Doch dies war einmal, selbst wenn sie heute noch immer sogleich den Blick des Betrachters fing. Nur heute aus weitaus grausigeren Gründen. Kid glaube nun tatsächlich in einem Albtraum zu erwachen. Nicht nur, dass in den Fäden zwischen den Emporen, Wänden und dem Kronleuchter tote Menschen gleich Puppen hingen, so führten alle blutroten Fäden auf die Bühne, auf welcher das Monster des Theaters hockte und ihnen mordlüstern entgegen starrte. Fast wäre Kid dem Irrglauben erlägen es könnte doch ein Mensch sein, was dort saß. Doch viel eher war es eine Puppe, welche auf dem ausladenden, blutgetränkten Thron auf der Bühne saß. Wie eine Maske, hatte das Monster nichts in dem leeren Gesicht außer diesem Angst einflößenden Grinsen, welches sich über sein gesamtes Gesicht zog und dieser dunklen, bizarren Brille an der Stelle, an der Augen hätten sein sollen. Und Kid sofort klar war, dass dort keine Augen waren. Gekleidet in einen Smoking in einem Ekel erregenden Fliederton, saß er steif und unbeweglich auf der Sitzgelegenheit, nur den Kopf in geradezu beängstigend unnatürlichen Winkel ihnen zugewandt. Selbst das blonde Haar schien so unbeweglich wie aus Holz geschnitzt. Wie hypnotisiert starrte Trafalgar das Monster des Theaters an, unaufhaltsam Stufe um Stufe nehmend, als würde er in die Hölle selbst hinabsteigen. Seine Worte schienen noch jetzt in Kids Kopf wieder zu hallen, nur das Objekt zu finden und das Theater so schnell wie möglich zu verlassen. Auf jede kleinste, fehlende Bewegung der Spinne achtend, folgte er Trafalgar, bevor er heftig zusammenzuckte, als das Grinsen der Puppe noch eine Spur größer wurde. „Wie schön, dass du mich auch mal wieder besuchen kommst, Law.“ Plötzlich zuckte einer der Fäden quer durch den Raum, wie ein gespanntes, durchtrenntes Gummiband, schlug zu Kids Füßen in den Boden und ließ ihn erschrocken zurückstolpern. Trafalgar hingegen, welcher an eben jener Stelle noch gestanden hatte, war mit einem Sprung ausgewichen und Kid konnte nur hilflos mit ansehen, wie der Faden tatsächlich in der Lage war den kompletten Boden zu spalten. Der schwarzhaarige Dämon knurrte wie ein wütender Hund. „Es wird das letzte Mal sein.“ Die Spinne lachte und Funken erhellten die Düsternis im Saal, welcher nur von den paar Lampen an den Wänden erhellt wurde, als Trafalgars bis jetzt unbesiegbare Klinge auf die Fäden des Teufels traf. Denn diese Fäden konnte Trafalgar nicht zerschneiden. Sich mit einem Satz von dem Fadenkreuz wieder lösend schien er jedoch andere Dinge im Kopf zu haben, als seine Stimme Kid aus der Starre löste. „Weg da!“ Keinen Wimpernschlag später schnalzte erneut eine der Fadenschneiden durch den Raum und hätte Kid mit einem Schlag sicherlich sofort getötet, wenn er nicht von dem Ruf aufgeschreckt blind einen Schritt getan hätte. „Hübsches Spielzeug hast du da, Law. Er wird sich sicherlich wunderbar in meiner Sammlung machen, so schönes Haar sieht man selten.“ Ein eiskalter Schauer huschte Kid über dem Rücken, der natürlich begriff, dass über ihn geredet wurde, jedoch nicht mehr tun konnte, als Trafalgar in seinem einseitigen Kampf zu beobachten. Denn, und das wurde ihm erst jetzt klar, versuchte Trafalgar die Spinne schlicht von Kid abzulenken, da er ein leichtes Opfer wäre und keinerlei Chance hätte sich auch nur ansatzweise zu verteidigen, sollte die Aufmerksamkeit der Spinne auf ihn fallen. Wieder sprühten Funken auf, noch immer hatte die Spinne sich nicht einen Millimeter bewegt um Trafalgar in Schach zu halten. „Nicht wird, sondern würde!“, korrigierte der Schwarzhaarige aufgebracht und holte erneut mit blitzendem Schwert aus, scheiterte jedoch wieder an den blutroten Fäden. Bevor Trafalgar reagieren konnte, bewegte sich die Spinne zu Kids Entsetzen allerdings und griff in die Fäden, zog daran und veränderte damit mit einem Zug ihre gesamte Lage im Raum. Trafalgar konnte zwar die plötzlich auf ihn zurasenden Fäden parieren, welche ihm sicherlich sonst das Fleisch zerschnitten hätten, landete jedoch mit einem lauten Krachen in der gegenüberliegenden Wand, welche halb einstürzte. Und das war der Punkt, an dem Kid das erste Mal froh war, dass sein Verbündeter bereits tot und ein Dämon war. Viel Zeit darüber nachzudenken hatte er jedoch nicht, als ihm mit einem Schlag klar wurde, dass die vermeidlichen Augen hinter der dunklen Brille der Spinne nicht auf Trafalgar, sondern auf Kid selbst ruhten. Seine süßliche Stimme klang wie Gift. „Nicht würde, sondern ist.“ Ein Schreckenslaut entfloh Kids Kehle, als ihn plötzlich etwas im Rücken berührte und einen halben Meter nach vorne springen ließ. Mit einem Blick über die Schulter musste er feststellen, dass die bis eben leblosen Menschen nun gleich Marionetten von der Decke zu ihm heruntergekommen waren. Die schneeweißen, blutleeren Finger gleich Porzellan nach ihm ausgestreckt, blickten die gläsernen Augen doch an ihm vorbei und gaben Kid damit das Gefühl einem nicht greifbaren Gegner vor sich zu haben. Denn so war es ja auch, diese Menschen waren nur Werkzeuge, der eigentliche Feind saß noch immer auf der Bühne. Und würde dort hoffentlich auch sitzen bleiben. Nun geistesgegenwärtig und sich an den Schock gewöhnt, festigte sich Kids Griff um die Waffe, ehe er gekonnt einen Schuss abfeuerte und die Puppe ab dem Brustkorb aufwärts auseinander riss. Die enorme Durchschlagskraft erstaunte ihn ebenso wie der zu erwarten gewesene Rückstoß, doch sollte dieser ihm jetzt wo er ihn genau kannte, ebenfalls keine Probleme machen. In rascher Folge wurden noch einige weitere, der nähsten Puppen vernichtet, welche bereits ihre toten Finger nach ihm ausgestreckt hatten. Ihr blutiges Fleisch verteilte sich auf widerwärtige Weise auf dem ganzen Boden. Im Hintergrund hörte er erneut das harte Aufeinandertreffen von Trafalgars Klinge und den Fäden, wagte jedoch nicht den Blick von den Monstern vor sich zu lösen. Überraschender Weise erwiesen diese sich nämlich als recht flink, wenn sie wollten und forderten all seine Aufmerksamkeit. Dennoch versuchte Kid nicht den eigentlichen Auftrag zu vergessen und betrachtete seine Feinde immer wieder eindringlich, um eventuell einen sonderbaren Gegenstand an ihnen zu finden und den Spuk damit beenden zu können. Der Gegenstand, was auch immer er darstellen sollte, war für Kid jedoch nicht ersichtlich, welcher nur knapp den überraschend scharfen Zähnen einer Puppe ausweichen konnte, um sie gleich darauf zu töten. Schon seit sie den Saal betreten hatten, ließ Aufregung sein Herz rasen und seinen Atem schneller gehen. Ein erneutes lautes Krachen erweckte in ihm Furcht, Trafalgar könnte eventuell doch von der Spinne getötet werden und ihn damit vollkommen allein lassen. Ein rascher Blick über die Schulter schien diese Theorie zu bestätigen, als er erneut mit ansehen musste, wie der besagte Albtraum sich aus neuen Trümmern erhob. Blut, rot wie das eines Menschen, zierte seine helle Haut und es wäre Kid lieber gewesen zu wissen, dass es das Blut der Spinne wäre. Jedoch schien der Wille Trafalgars keineswegs gebrochen, viel eher angestachelt alles zu geben die Spinne zu verletzten und so viel Schmerz zuzufügen wie er nur konnte. Doch in diesem Moment weiteten sich die wütend funkelnden Augen Trafalgars, zeigten nun Entsetzten wie Kid selbst es fühlte, als die Spinne sich nun tatsächlich regte, gar auf die eigenen Füße stellte. Für einen Moment vergas Kid sogar nach den Gegnern in seinem Rücken zu sehen, starr vor Schreck konnte er nur zusehen, wie die Puppe sich veränderte, Arme und Beine plötzlich immer länger wurden und das Monster das Maul aufriss, etliche lange Fangzähne entblößte. Wie der Baummann aus den Märchen erhob sich die Spinne bis an die Decke, die lange Zunge zu Boden hängend und nun eindeutig lachend. Kid konnte nicht ausweichen, als sich die Spinne zu ihm herunter beugte und blitzschnell etliche spitze Fäden auf ihn zuschossen, heraus aus dem meterlangen Arm des Monsters. Und eben diese Fäden hätten Kid auch mit Sicherheit durchbohrt und getötet, ihn zu einer Puppe gemacht, wie sie zu hunderten von der Decke hingen, wenn Trafalgar nicht reagiert hätte. Unfähig alle Fäden mit dem Schwert zu parieren oder auch nur einen zu zerschneiden blieb ihm keine andere Wahl als Kid schlichtweg unsanft aus dem Weg zu stoßen und selbst Opfer der Fäden zu werden. Dennoch streiften Kid einige der Drähte und glitten so mühelos durch das Fleisch seines Armes, als wäre es warme Butter. Scharf die Luft einziehend stolperte er zu Boden, hatte jedoch nur Augen für den Albtraum, welcher nun an seiner Stelle stand. Kid konnte nicht fassen, dass Trafalgar noch lebte. Durchbohrt von ein paar dutzend nadelgleicher Fäden, welche sich durch seine Arme, Beine, Torso, gar Kopf geschnitten hatten, schien er im ersten Moment kaum fähig ohne dieses Gitter überhaupt selbstständig zu stellen. Ein schmerzerfüllter Aufschrei zeugte von der verursachten Qual, während ihm um ein Haar das Schwert aus der durchbohrten Hand gerutscht wäre. Blut breitete sich mit rasender Geschwindigkeit unter ihm aus, was die Spinne jedoch nur wieder lachen ließ. „Wie unsinnig, ich habe ihn trotzdem getroffen.“ Unfähig sich dagegen zu wehren wurde der Albtraum erneut gegen eine Wand geschleudert, wo er für Kid endlose Sekunden tatsächlich reglos liegen blieb. Die nun von Blut glänzenden und tropfenden Fäden richteten sich erneut gegen Kid. Jedoch lag das Interesse der Spinne nun fürs erste noch auf Trafalgar, nach dem sich nun auch noch eine der leblosen Puppen allen Ernstes wagte die Hand auszustrecken. Kids Schuss zerfetzte der Puppe Arm und Schulter und holte damit die Aufmerksamkeit der Spinne zu sich zurück, welche ihn vielleicht überrascht, vielleicht wütend, vielleicht amüsiert ansah, dass er es wagte sich gegen sie zu erheben. Erneut überschwemmte das giftig süße Lachen den Raum. „Bei so einem schwachen Verbündeten war es wahrscheinlich genau die richtige Entscheidung mit so etwas zu rechnen. Es ist nur fraglich, Law, ob dein und mein Gift sich in der Waage halten werden oder ob eines davon ihn doch noch umbringt.“ Die lange, glitschige Zunge glitt amüsiert über die Fäden, von denen Kid erst jetzt begriff, dass sie wohl vergiftet waren. Eine Bewegung aus Richtung Trafalgar ließ ihn für einen Moment abgelenkt werden, bevor ihm dies teuer zu stehen kam. Nun doch bohrten sich Fäden durch seine Schultern und Arme. Vor Schmerz aufstöhnend ließ Kid die silberne Waffe fallen, welche mit einem lauten Geräusch zu Boden fiel und über die Treppe hinweg in unerreichbare Weite rollte. Sich versuchend selbst aus den Fängen des Monsters zu befreien, schnitten ihm die Fäden nur tiefer ins Fleisch, ihm einen gequälten Laut entlockend. Es war unmöglich, wenn er sich versuchen würde loszureißen, würden ihm die Fäden die Arme und Schultern zerfetzten und er war genauso gut tot. Er war besiegt, wie ihm plötzlich voller Angst klar wurde. Panisch glitt sein Blick zurück zu Trafalgar, welcher nun, wenn auch recht windschief, wieder auf den eigenen Füßen stand, das eigene Blut nun von dem langen Schwert und den Fingern tropfend. Deutlich erkannte Kid das Zittern, welches den Albtraum ergriffen hatte und von der unendlichen Anstrengung zeugte weiter zu kämpfen und den Schmerz seines zerrissenen Fleisches zu ertragen. Sein Blick wirkte halb abwesend und Kid glaubte keine Sekunde daran, dass Trafalgar auch nur noch einmal in der Lage sein würde das Schwert zu erheben. Eben dieser Meinung schien auch die Spinne zu sein, welche fast schon triezend nach den Fäden griff, die Kid hielten und ihn, daran ziehend, zum Schreien brachte. Ein schwaches Knurren kam aus Trafalgars Richtung. Die Spinne kicherte. „Komm schon Law, hör auf zu spielen. Hast du so sehr Angst davor den Verstand zu verlieren wie damals? Ah, oder hast du Angst den kleinen Rothaarigen zu töten?“ Wieder knurrte Trafalgar, tat einen Schritt, schwankte. „Sei dir dessen bewusst, wenn du ihn nicht tötest, töte ich ihn.“ Der Dämon beugte sich zu Kid hinunter, die Zähne gebleckt und hauchte ihm den eisigen Atmen ins Gesicht, der ihn schwindeln ließ. Die Fäden verzogen sich etwas, als er höher gehoben wurde und entsetzt nach Luft schnappte, als das Monster allen Ernstes die lange Zunge über ihn fahren ließ, seine Kleider mit dem Speichel durchtränkend. „Schmeckt gar nicht so schlecht.“ Kid glaubte sein letztes Stündlein hätte geschlagen, als sein Gegenüber das Maul weit aufriss und den Eindruck vermittelte, er wollte ihn hier und jetzt fressen. Jedoch wurde die Spinne von einem lauten, unmenschlichen Kreischen abgelenkt, schloss das Maul wieder und drehte den Kopf, bevor er Kid einfach so los ließ und sich die Fäden aus seinem Körper zogen. Mit einem unsanften Aufprall landete Kid zwischen den Sitzreihen und konnte ein schmerzliches Aufstöhnen nicht verhindern, welches von dem Brennen in Schulter und Armen ausging. Zumindest hatte er Glück gehabt nicht mit dem Kopf auf den harten Boden gefallen, sondern relativ glimpflich auf den Polstern aufgekommen zu sein. Rasch rappelte er sich wieder auf, sich nach seiner Waffe umsehend, doch wurde er von dem Spektakel vor sich abgelenkt. Und das ließ ihn vollkommen vergessen, wonach er eben noch gesucht hatte. Es war kaum zu glauben, dass dies Trafalgar sein sollte, was der Spinne nun fast auf Augenhöhe gegenüberstand. Lang und fast ebenso schmal wie die Spinne selbst, erhob sich ein Schatten von beängstigender Gestalt. Gehüllt in einen schwarzen Kapuzenumhang, waren nur mehr die rot leuchtenden Augen auszumachen, während in den knochigen, schwarzen Händen eine gigantische, doppelt gekreuzte Sense lag, das Blatt blutrot und schimmernd. Ein langer Schnabel ragte unter der Kapuze hervor, erinnerte ihn an die Masken der Ärzte, welche vor der Pest flohen. Unwillkürlich musste Kid an die Begegnung mit der Winterharpyie in der Stadt denken, als Trafalgar ihn angewiesen hatte nicht hinzusehen und die hohe Stimme den Albraum verhöhnt hatte, nun doch sein hässliches, wahres Gesicht zu zeigen. Ein erneutes lautes Kreischen ließ die Gestallt ertönen, was Kid dazu trieb sich die Hände auf die Ohren zu schlagen. Die Gestallt, welche man wohl gemeinhin als Sensenmann betitelt hätte, holte weit aus, ehe sie mit einem roten Aufblitzen der Klinge zuschlug. Zwar versuchte die Spinne dem Hieb auszuweichen, doch die vielen Fäden wurden von der Sense durchtrennt wie Seidenstoff, bevor sich das Metall quer in den Oberkörper der Spinne grub. Schwarzes Blut fiel zu Boden, doch das Monster schien keinen Schmerz zu fühlen, lachte stattdessen nur hämisch. Mit einem gewaltigen Krachen wurden die Sitzreihen zertrümmert, als die Spinne einige Schritte zurück machte, sich mit der Zunge über die Zähne fuhr. Noch immer tropfte ihr Blut zu Boden, schwarz wie die Nacht, schwarz wie Pech, doch es schien sie nicht zu stören. Wieder lachte sie und wich weiter zurück, griff nach der scharfen Sense, welche sie erneut zu zerschneiden gedachte und rammte die Klinge neben sich in die Sitzreihen. Wütend, seine Waffe im Boden stecken zu sehen, kreischte das Monster in Gestallt des Sensenmannes von neuem, bevor der Blick der roten Augen, ganz so, als wäre es schon seit ewigen Zeiten der Spinne Plan gewesen, an der Waffe vorbei glitt und auf Kid fiel. Kid hatte einen Vertrag mit Trafalgar geschlossen, einen, welcher entweder erfüllt oder ihr beider Tod werden würde. Einen Vertrag, in welchem er sich verpflichtet hatte dem Albtraum zu helfen, im Gegenzug dieser auch ihm half. Ein Vertrag, das sie sich gegenseitig nicht töteten. Er hatte diesen Vertrag vor zwei Tagen mit Trafalgar geschlossen. Doch dieses Wesen, in dessen rote Augen er nun starrte, war nicht mehr Trafalgar. Und Kid glaubte nicht, dass er überhaupt einen Unterschied zwischen ihm und der Spinne machte, sondern schlichtweg alles töten würde, was ihm ins Auge fiel. Eben dies schien auch die Spinne zu denken, welche erneut kicherte, sich aus dem Blickfeld des Monsters zurückzog und mit einem abnormen Grinsen beobachtete, wie die scharfe Klinge aus dem Boden gezogen wurde, die roten Augen noch immer auf Kid gerichtet. Er konnte nicht wegsehen, war gefesselt, wie erstarrt. Und er musste sich eingestehen, dass er vor diesem Wesen, vor diesem Sensenmann mit der Schnabelmaske mehr Angst hatte, als vor der Spinne. Und dass er nicht fähig wäre auch nur eine Hand zu erheben, würde das Wesen sich nun entscheiden ihn zu töten. Quälend langsam hob das Wesen die Sense und drückte sich diese, zu Kids Erstaunen, selbst in die Hand. Ein dünnes Rinnsaal Blut tropfte zu Boden, noch immer füllte das scharfe Luftholen des Monsters die Stille, ehe Kid glaube, das Monster schrumpfen zu sehen. Und tatsächlich tat es das, wurde stetig kleiner und veränderte sich, bis er Trafalgar wieder als solchen erkannte, das Schwert in der Hand, sich ins eigene Fleisch drückend. Noch immer lagen die nun wieder dunklen, blauen Augen auf Kid. Der Albtraum schien um Fassung zu ringen. Die Spinne jedoch nutze den Moment der Unachtsamkeit gnadenlos aus. Die scharfen Zähne gebleckt schien auch sie nun nicht mehr spielen zu wollen und stürzte sich auf den kleineren Albtraum. Jedoch bekam sie nur die Stühle der Sitzreihen mit ihren Zähnen zu fassen, da Trafalgar sich doch noch besann und mit einem raschen Sprung auswich. Laut fauchend wurden die Sitzmöbel wieder zu Boden gespuckt, ehe sich der Blick der dunklen Brille auf die beiden Eindringlinge richtete, welche erneut auf der nun relativ zerstörten Treppe standen. Die Spinne stürzte vorwärts, das Maul weit aufgerissen, verfehlte Kid jedoch, welcher sich aus Reflex zu Boden warf. Hinter sich einen Aufschrei vernehmend, stoppte auch die Spinne, den langen Körper genau über Kid und verharrte so, laut fauchend. Rasch rappelte Kid sich auf und musste feststellen, dass die Spinne statt ihm Trafalgar getroffen hatte, der zwar sein Schwert in den Rachen des Dämons hatte stoßen können, nun selbst jedoch von den langen Fangzähnen aufgespießt worden war. Ein lautes Knacken zeugte davon, wie die Spinne ihm mit stärkerem Zubeißen sicherlich etliche Knochen brach. Trafalgar holte scharf Luft, drückte sein Schwert im Gegenzug jedoch nur tiefer in die Kehle des Monsters. Auf diese Weise verharrten sie still kämpfend, versucht den jeweils anderen doch zu überwältigen. Fieberhaft ratterten Gedanken durch Kids Kopf. Er musste Trafalgar irgendwie helfen, denn er glaubte nicht, dass er einen Machtkampf auf dieser Ebene lange durchhalten würde, geschweige denn gewinnen. Wenn er nur seine Waffe hätte! Sich voll aufrichtend blickte Kid sich hektisch um, nicht bemerkend, dass er fast mit dem Kopf gegen die Brust der Spinne stieß. Und dann hörte er es. Im ersten Moment überraschte Kid das klopfende Geräusch derartig, dass er es nicht genau zuordnen konnte und verwirrt den Blick hob. Er brauchte keinen weiteren Gedanken zu verschwenden, um zu wissen, was er da vor sich hatte. Es war genau wie Trafalgar gesagt hatte, wenn er es sehen würde, würde er es als das gesuchte Objekt erkennen. Ein schlagendes Herz. Durch die aufgerissene Brust der Spinne konnte Kid das lebendige Herz deutlich schlagen sehen und es war einfach derartig falsch es im toten Körper dieses Monsters zu erblicken, dass er wusste, dass es Trafalgars Herz sein musste. Ohne zu zögern hob er die Hand und zog das Herz aus dem toten Fleisch. Sofort reagierte die Spinne, ließ augenblicklich von Trafalgar ab und schrie fast schon gequält auf, erhob sich und taumelte einen Schritt zurück. Auch Trafalgar schien nicht minder überrascht, als Kid ihm einen Blick zuwarf, dessen schlagendes Herz in der Hand. Ungläubig starrte der Albtraum ihn aus großen Augen heraus an, fast eine Spur glücklich, fast eine Spur erleichtert, so schwer verletzt und mit Blut besudelt. Dann jedoch wurde sein Blick wieder ernst, als er sich hob und auf die Spinne richtete, welche nun tatsächlich in Zorn verfallen war. Augenblicklich knurrte er laut und begann sich von neuem in das Monster mit der Sense zu verwandeln, während er Kid zurief: „Verschwinde!“ Dies ließ sich der Mensch nicht zweimal sagen und hastete los, vorbei an der nun wieder riesigen Kreatur, welche der wütenden Spinne laut entgegen schrie. Diese jedoch zog voll Hass an den Fäden, dass auf einmal hunderte Puppen von der Decke auf Kid zuschossen, mit dem Auftrag ihn zu töten. Trafalgar jedoch fauchte wütend und durchtrennte mit einem einzigen Hieb die Fäden der Toten, welche nun leblos zu Boden gingen. Das gesamte Theater erbebte, als sich Spinne und Sensenmann einen unerbittlichen Kampf lieferten. Sogar die Decke brach vereinzelt ein und Kid musste scharf einem herabfallenden Deckenstück ausweichen, bevor hinter ihm mit einem gewaltigen Splittern und Klirren der Kronleuchter zu Boden ging. Bei einem kurzen Zurückblickend stellte Kid jedoch fest, dass Trafalgar dem Dämon schlicht die Sense durch den Schädel gejagt und ihn mitsamt dem Kronleuchter gegen die Wand geschleudert hatte, in welche sich die lange Klinge nun bis zum Anschlag bohrte und die Spinne damit festnagelte. Noch einmal schrie das Monster der noch immer lebenden und tobenden, nun jedoch bewegungsunfähigen Spinne entgegen, bevor es sich abwandte und, sich nun wieder zurückverwandelnd, ebenfalls durch den einstürzenden Aufführungssaal hastete. Zu Kids Überraschung hatte Trafalgar ihn schon in der Vorhallte eingeholt, welche ebenfalls bedrohlich bebte und rannten nach draußen auf die Straße, wo Trafalgar sich nochmals verwandelte. Die knochigen Hände gegen das Dach gestemmt warf sich das Monster mit dem ganzen Gewicht und aller Macht gegen die breite Front des Theaters, welches nun dem Druck und der Zerstörung nicht mehr Stand halten konnte und mit einem ohrenbetäubenden Lärm vollständig in sich zusammenfiel. Etliche noch gespannte Fäden rissen und schnalzten durch die Straße, zerschlugen ganze Häuser und die Straße selbst, ehe Kid, noch immer völlig atemlos, von Trafalgar gepackt und zu Boden geworfen wurde um den tödlichen Geschossen zu entgehen. Etliche Minuten schienen zu vergehen, bevor es leiser wurde und dann mit einem Schlag Stille einkehrte. Staub hing wie Nebel zwischen den teils zerstörten Häuserfassaden und ließ Kid sich hustend aufrichten. Sein Blick glitt über das vollkommen zerstörte Theater, unter dessen tonnenschweren Trümmern sich nichts regte, über die weiteren zertrümmerten Häuser und die Straße, welche gepflastert war von den Überresten des Kampfes. Alles war vernichtet – doch er lebte. Kid konnte es kaum fassen, dass er es tatsächlich überlebt hatte, vielleicht nicht unverletzt, doch das war weitaus mehr, als er erwartet hatte. Erst nachdem sich seine Gedanken beruhigt hatten, glitt sein Blick neben sich. Trafalgar lag noch immer dicht neben ihm auf der Seite, unbeweglich, die Augen geschlossen, vollkommen ohne Atmen. Doch sein Herz schlug noch immer warm in Kids Händen, was ihn beruhigt annehmen ließ, dass der Albtraum noch lebte. Doch warum war die Frage, welche Kid sich stellte, als er den zerstörten Körper musterte. Überall hatten tiefe Schnitte die Haut verletzt, aufgerissen und ließen rotes Blut leicht zu Boden tropfen. Kid dachte an die Fäden, welche den Körper durchbohrt hatten und sah die tiefen Wunden, wo die Fangzähne der Spinne gesteckt hatten. Konnte er wirklich davon ausgehen, dass Trafalgar noch lebte? Leise erhob er deshalb die Stimme, berührte vorsichtig die Schulter seines Gegenübers, inständig darauf bedacht ihm keinen Schmerz zuzufügen. „Trafalgar?“ „Ich lebe.“ Kaum mehr als ein Hauch, doch Kid fühlte sofort Erleichterung. Dann hatten sie es also geschafft, hatten die Spinne vielleicht nicht getötet, doch sie wohl besiegt. Und allein dies stimmte ihn derartig stolz und glücklich, dass er nicht umhin konnte albern vor sich hin zu grinsen. Erneut fiel sein Blick neben sich, ehe er erst jetzt registrierte, wie sich Trafalgars Wunden sehr langsam aber stetig von selbst verschlossen, während er ruhig da lag und sich wohl von dem Kampf erholte. Zu Recht, wie Kid dachte, als auch er sich zurück auf die Straße sinken ließ und entspannter durchatmete, als wäre das harte, unbequeme Pflaster das weichste und angenehmste Bett seines Lebens. Noch immer Trafalgars Herz schützend an sich gedrückt dämmerte er langsam weg. Die Sonne färbte den Himmel in den schönsten Goldtönen, ließ das Laub der Blätter glänzen und malte tanzende Schatten zwischen die Kronen der ersten Bäume. Kid genoss den ersten Windhauch, welcher ihm aus dem Wald heraus entgegen blies und die Haare zerzauste. Noch nie in seinem Leben glaubte er den Geruch von frischem Laub und süßem Harz als so schön empfunden zu haben wie in diesem Moment. Einige Vögel riefen sich mit ihren unterschiedlichen Stimmen verschiedene Lieder entgegen, welches in dem Rauschen der Baumkronen unterging, als ein Windstoß mehr goldene Blätter von den Ästen pflückte. Zusammen mit Trafalgar stand er am Tor der Stadt, eben dieser den Rücken zugekehrt und ihre langen Schatten vor sich betrachtend. Noch immer konnte Kid nicht fassen, dass sie es überlebt hatten. Dass sie es geschafft hatten zu gewinnen, ihren Feind zu besiegen. Aus der Stadt zu entkommen. Ja, der Wind roch nach Freiheit und Heimat und Kid glaubte nun die Welt nicht mehr als so schlecht wahrzunehmen, wie er es vorher getan hatte. Eigentlich war doch alles gut, wenn er es sich recht bedachte. Eigentlich war er immer zufrieden gewesen, war es selbst jetzt, wo er hier stand. Trafalgar ohne Schwert, Kid ohne Gold. Stattdessen hatte Kid sein Leben behalten dürfen und Trafalgar hatte sein Herz zurückbekommen. Eben dieses ruhte in Trafalgars Händen. Er musste schmunzeln, als er daran dachte, wie der Albtraum es an sich genommen hatte, nachdem sie sich etwas erholt hatten, so glücklich und doch so ungläubig. Er hatte nicht fassen können es tatsächlich wieder zu haben. Und doch … Kid zog die Augenbrauen zusammen. Schon eine ganze Weile standen sie hier, noch nicht gewillt weiter zu gehen, noch weniger gewillt zurück in die Stadt zu gehen. Er musste zugeben, dass Trafalgar wohl doch nicht so böse war, wie er angenommen hatte. Schließlich hatte er nie ernsthaft vorgehabt ihn zu töten, hatten ihn sogar gerettet und wäre dabei fast selbst gestorben. Jemand überlegtes, welcher sein Vorgehen plante, so wie er es bei Kid getan hatte, um ihn zu dem Vertrag zu überreden. Jemand, der auch durchaus Humor besaß, wenn man mit Steinen nach Katzen warf um sie zu verspotten. Jemand, der sich auch selbst opfern würde, um zumindest seinem Wort treu zu bleiben. Vielleicht kein lebender Mensch, aber definitiv ein Mensch mit einem schlagenden Herzen, trotz 200 Jahre Todes. Missmutig rückte Kid seine Tasche zurecht und steckte die Hände in die Manteltaschen. Er wusste, dass sich ihre Wege hier trennen würden und es gefiel ihm nicht. Nicht nur, weil er Trafalgar als so etwas wie einen Freund betrachtete, sondern auch, weil ihm dieses Ende nicht gefiel. War das ein gutes Ende? Würden dies die alten Frauen erzählen? Er wusste es nicht, aber es gefiel ihm nicht, so viel wusste er. Freiheit hatten sie beide gewollt und Freiheit hatten sie nun beide erlangt, doch zu welchem Preis und auf welche Weise. Das alles war ein Albtraum gewesen. Und nun wachten sie auf. „Du wirst sterben, wenn du die Stadt verlässt, nicht wahr?“ Und wenn man einmal aufgewacht war, so bleibt einem nur mehr die Erinnerung an Traum und Albtraum. „Ja.“ Trafalgars Stimme klang nicht glücklich. Auch nicht traurig oder wütend. Er klang befreit. Ganz so, als wäre eine unendlich schwere Last von seinen Schultern gefallen. Nicht wirklich wissend, wie Kid sich fühlen sollte, betrachtete er Trafalgar neben sich, wie er die Hände um sein Herz gelegt hatte, fast schützend, als fürchtete er, man würde es ihm wieder entreißen. Nur noch wenige Verletzungen waren übrig geblieben, würden nie wieder heilen, weil sie keine Zeit mehr dazu hatten. Die blauen Augen wirkten im goldenen Licht fast grün, schienen ihren dunklen Schatten verloren zu haben und nun voll Müdigkeit auf dieses viel zu lange Leben zu blicken. Denn Kid wusste eines. Obwohl Trafalgar geschlafen hatte, war er dennoch unendlich müde, hatte seit Jahrhunderten nicht den Schlaf geschlafen, welchen sein Geist benötig hätte. War des unendlichen Lebens müde, war der Stadt müde, war dieser Welt müde. Zu viel hatten diese Augen bereits gesehen um sich nun nicht verschließen zu wollen und zu schlafen, um alles zu vergessen, um Ruhe zu finden. Kid würde nicht weinen. Aber er würde dennoch trauern. „Weißt du … “, begann Trafalgar und ein seichtes Lächeln schlich sich auf die entspannten Züge. „Als damals der Fluch über Himmelreich kam, war ich gerade einmal 26 gewesen, hatte eigentlich noch gar nicht wirklich gelebt. Ich hatte Angst um mein Leben, genauso wie alle anderen auch. Und als dann der Tag kam, an dem ich hätte sterben sollen, war ich so unendlich erleichtert, als ich trotz meines Todes noch leben durfte. Doch statt meines Lebens habe ich etwas anderes bezahlt. In den folgenden Jahren habe ich alle um mich herum sterben sehen, meine Mutter, meinen Vater, meine Schwestern. Meine Nachbarn und Freunde, selbst meine damalige Geliebte viel dem Fluch zum Opfer. Und je leerer die Straßen wurden, desto leerer wurde ich. Ich verlor mich in dieser Leere, wurde wahnsinnig und habe unzählige Menschen getötet, habe versucht dieses Loch in mir zu füllen, welches sich unaufhörlich in mich fraß. Doch es gab nichts. Ich fühlte mich durstig, als hätte ich tagelang nichts getrunken, egal wie viel Blut ich trank, ich fühlte mich hungrig, als hätte ich wochenlang nichts gegessen, egal wie viele meiner Opfer ich fraß. Und ich fühlte mich müde, so unendlich müde, als hätte ich jahrelang nicht geschlafen. Doch es gab nichts, was mir hätte helfen, was mich hätte retten können. Ich tötete die Menschen, ich tötete die Albträume, ich versuchte mich selbst zu töten. Aber ich konnte es nicht, konnte nicht sterben, da mein Herz noch immer schlug. Ich habe versucht es zurück zu bekommen um zu sterben, doch der Puppenspieler gab es mir nicht. Er war einer der ersten, welche von dem Fluch befallen wurden und er hat es mir aus der Brust gerissen, als ich ihn fragte, ob mit ihm alles in Ordnung wäre. Nur deshalb, nur weil ich damals noch lebte, konnte ich nicht sterben ohne mein Herz. Und das Leben, über welches ich so erleichtert war es weiterführen zu dürfen, wurde zur Qual. Fast 100 Jahre lang versank ich in dem Wahnsinn und habe etliche Reisende, Schatzsucher und Priester getötet. Es hat lange gedauert, bis mein Verstand wieder klarer wurde und ich erkannte, was mir allein nur helfen, was mich allein nur retten konnte. Ich musste sterben und dafür brauchte ich mein Herz. Doch allein wäre ich niemals in der Lage es zu bekommen, ich hatte es oft genug schon versucht. Etliche Menschen haben diese Stadt betreten und auch wieder verlassen, aber niemand war jemals so dumm wie du, sich auf mich einzulassen.“ Trafalgars Lächeln wurde breiter. Kid blieb stumm. „Du warst tatsächlich der erste, der mit mir den Packt geschlossen hat. Du glaubst nicht wie überrascht und aufgeregt ich war, vor allem jedoch um dich besorgt. Denn diese ganze Stadt dürstet nach Blut, ich habe dich nicht angelogen. Doch auch ich gehöre zu dieser Stadt und auch ich wollte dein Blut schmecken, schon als ich dich das erste Mal in der Stadt wahrnahm. Und ich kann mich meist beherrschen. Doch manchmal ist Alice stärker und will töten. Ich fühle realen, körperlichen Schmerz, ebenso wie seelischen Schmerz, wenn ich mich dagegen wehre. Ich muss zugeben, es war nicht einfach, vor allem nicht, als du dich allen ernstes in meiner Folterkammer hast fangen lassen. In diesem Moment warst du dem Tode näher, als im Theater.“ Schweigend lauschte Kid Trafalgars Worten und dachte selbst an jene Nacht zurück. Daran, wie der Albtraum scheinbar verzweifelt um seine Fassung gekämpft hatte und schließlich das Schwert an sich genommen und Kid geglaubt hatte, er würde ihn jetzt töten. „Wieso hast du mich dann damals nicht getötet?“, fragte er und Trafalgar warf ihm einen amüsierten Blick zu. „Weil ich dich geküsst habe. Weißt du, Alice dürstet nicht nur nach Blut, sondern auch nach der Angst und dem Schmerz ihrer Opfer. Und indem ich dir diese Albträume und Wahnvorstellungen aufzwang, stillte ich Alice’ Bedürfnis danach. Es ist kein Ausgleich, aber es ist ein Aufschub und der hat dir das Leben gerettet. Es tut mir trotzdem leid.“ Kid nickte nur und starrte wieder zu den Bäumen hinüber. Er wollte nicht, dass dieses Gespräch abbrach. Er wollte nicht, dass es jetzt endete. „Was meinst du eigentlich, wenn du von Alice redest?“ „Ich habe dir doch einmal gesagt, dass du niemandem in der Stadt trauen darfst. Heute erkläre ich dir, was ich damals damit gemeint habe. Du musst verstehen, dass niemanden nicht nur die Stadt und mich meint. Sondern absolut jeden und alles innerhalb der Stadt. Verstehst du?“ Zweifelnd erwiderte Kid Trafalgars Blick, schien unsicher. „Auch ich?“ Trafalgar nickte. „So viele Reisende sind gestorben, weil sie sich selbst in Folge des Wahnsinns getötet haben. Jeder Mensch, der diese Stadt betritt, wird von dem Wahnsinn befallen. Vielleicht merken sie es nicht, wenn sie nicht in einen Spiegel sehen oder in das Wasser blicken. Aber sobald sie die Stadt verlassen, merken sie es. Ich habe dir doch gesagt, dass du ohne mich diese Stadt nicht verlassen kannst und ich sagte auch, dass schon viele diese Stadt wieder verlassen haben. Und ich habe bei beidem die Wahrheit gesagt. Denn in ihrem Geiste sind sie noch immer gefangen in der Stadt, komm nicht davon los und pilgern deshalb alle irgendwann, manche nach Monaten, andere nach Jahren, wieder hier her zurück um zu sterben, als sie es außerhalb der Stadt nicht geschafft haben. Und dieser Wahnsinn ist Alice, alle Albträume hier sind Alice, die Stadt ist Alice, aber ebenso ist das kleine Mädchen in der Kathedrale Alice. Ich bin kein Priester, daher habe ich mich nie für den Ursprung des Fluchs interessiert, ich wollte ihn schließlich nicht brechen, ich wollte nur sterben. Aber ich denke, dass die kleine Alice der Auslöser für den Fluch war. Und dass wir alle nur in ihrem Albtraum leben.“ Trafalgar schien sich für einen Moment in seinen Worten zu verlieren, setzte eine grübelnde Miene auf und schüttelte dann wieder entspannt den Kopf. „Es ist vollkommen gleichgültig, denn sowohl ich, als auch du werden die Stadt verlassen. Vielleicht denkst du, dass nur die Schatzsucher das One Piece suchen, aber da liegst du falsch. Die Schatzsucher kommen im Grunde nur hier her um einen Schatz zu finden, das wahre One Piece suchen die Priester, die hier her kommen.“ Während er sprach, griff er unter sein halb zerfetztes Hemd und zog zu Kids großer Verwunderung ein aufwendig gestaltetes, goldenes Medaillon hervor, welches er offenbar um den Hals getragen hatte. Verwundert nahm er es entgegen, als Trafalgar es ihm reichte und wog es in der Hand. Das Stück würde sicherlich einen ordentlichen Betrag Geld bringen, wenn man es erkaufen würde. „Ich möchte dir das hier schenken, Eustass. Das ist das einzige und einzig wahre One Piece der Stadt Himmelreich.“ Kid konnte nicht verhindern, wie er sein Unterkiefer gen Boden sank und er fassungslos auf das Stück Edelmetall starrte. Hastig schloss er den Mund wieder und starrte Trafalgar an. „Aber, du sagtest doch der Schatz läge in Glockenturm?“ „Das ist richtig. Ich selbst habe ihn schließlich dort hinaufgelegt. Aber das ist etwas, was die meisten Menschen schon immer falsch verstanden haben. Der Schatz ist nicht das One Piece. Das One Piece hältst du gerade in Händen.“ Für einen Moment nahm Trafalgar das Medaillon nochmals an sich und drehte es abwesend in den Fingern. „Ich weiß nicht wirklich etwas darüber, wie gesagt, ich war zu Lebzeiten Arzt, kein Priester. Aber ich weiß, dass wann immer ein Fluch ausgesprochen wird, auch der Gegenfluch existiert. Etwas, was in der Lage ist alles rückgängig zu machen. Und genau das suchen die Priester, wenn sie Himmelreich betreten, genau das ist es, was das One Piece darstellt.“ Er reichte es Kid zurück. „Ich bekam es einstmals von Alice selbst geschenkt, welche es bei sich getragen hatte und mir anvertraute, nachdem ich einige Zeit lang in der Kathedrale gelebt und sie etliche Mal gefressen hatte. Ich war damals dem Wahnsinn verfallen und Alice hatte wohl Mitleid mit mir, weshalb sie mir das Medalion gab. Zuerst habe ich es nicht mal wahrgenommen, habe sie dennoch immer wieder getötet, doch mit der Zeit klärte sich mein Verstand und das war allein auf das One Piece zurück zu führen. Es hat mich vor dem endgültigen Wahnsinn bewahrt und mich davor gerettet meinen Verstand und meine Menschlichkeit endgültig zu verlieren Und ich bin Alice auf ewig dankbar dafür, dass sie es mir gegeben hat.“ Ein Glucksen war von Trafalgar zu vernehmen, welcher nun Kid breit angrinste. „Weißt du, Eustass? Ich mag dich. Ich mag dich sogar sehr. Und ich will nicht, dass du eines Tages eben so wahnsinnig, wie ich es war, zurückkehrst und stirbst. Daher will ich dir das One Piece schenken. Ich befreie dich damit von dem Fluch und von Alice und der Stadt Himmelreich. Ich selbst brauche es nicht mehr, jetzt, wo ich endlich sterben darf. Aber du sollst mein Schicksal nicht teilen. Du sollst dein Leben leben! Geh und finde alle Schätze der Welt, kauf dir ein Königreich, such dir eine Frau und setzt eine Schar Kinder in die Welt, bau ein Haus und zähme dir einen Hund, es ist mir alles gleich lieb, nur sei am Ende eines Lebens, wenn du alt und grau bist stolz auf dich und was du getan hast. Glaub mir, es gibt nichts Wertvolleres im Leben als das Leben selbst.“ Offen und ehrlich lächelte Trafalgar ihm ins Gesicht und Kid wusste nicht, was er mit den Worten anfangen sollte. Ein seltsam beklemmendes Gefühl machte sich in ihm breit, von dem er zwar wusste, dass es gut war, er es aber nicht leiden konnte. So wie er keine Abschiede leiden konnte, nicht, wenn er dabei schwach war. Und diese Worte schmeckten nach Abschied. Fast trotzig wandte er das Gesicht ab. „Bleib mir weg mit diesem Weibergeschwätz!“ Das brachte Trafalgar zum Lachen und Kid war irgendwo in sich froh, dass der Albtraum, der Mensch, verstanden hatte, was er eigentlich hatte sagen wollen und was er nicht hatte aussprechen wollen. Fast vergnügt wippte Trafalgar auf den Fußballen hin und her. Nun schien er doch glücklich zu sein, vollkommen glücklich. „Du kannst das Medalion zwar nicht verkaufen, aber vielleicht lernst du es ja trotzdem zu schätzen. Wenigstens als Geschenk.“ Kid grummelte vor sich und hängte sich nun selbst die Kette um, betrachtete das One Piece noch einen Moment und steckte es dann unter sein Hemd. Es würde ihn vor dem Wahnsinn bewahren und war damit wahrlich mehr wert als der Schatz im Glockenturm. „Ich habe zwar damals gesagt, dass ich mich nicht freuen würde, dich kennen zu lernen, aber ich habe meine Meinung geändert. Heute kann ich guten Gewissens sagen, dass es mir eine unvergleichliche Ehre war deine Bekanntschaft machen und dich kennen lernen zu dürfen, Kid Eustass. Danke für deine Hilfe und Zusammenarbeit. Ich wünsche dir alles Glück der Welt.“ Überrumpelt starrte Kid auf die ihm dargebotene Hand und realisierte erst jetzt, dass sie sich damals gar nicht die Hand gegeben hatten, als sie sich kennen lernten. Und nun war ihre Begrüßung der Abschied für immer. Plötzlich schlucken müssend, ergriff er die Hand seines Gegenübers und stellte verwundert fest, dass tatsächlich ein Hauch Wärme zurück in die kalten Glieder gefahren war. Ob es an dem lebendigen Herz lag oder an etwas anderem, konnte Kid jedoch nicht ausmachen und es kümmerte ihn auch nicht. In diesem Moment war es ihm egal, als er Trafalgars Lächeln beantwortete. „Es war mir ebenfalls eine Ehre und ich kann dir nicht genug Danken, für das, was du für mich getan hast. Ich wünsche dir, dass du den Frieden finden mögest, den du suchst.“ Trafalgar nickte und sie lösten sich von einander, sahen sich noch einen Moment in die Augen, bevor der tote Mensch sich erneut dem Wald zuwandte und einen Schritt tat, bevor Kid ihn plötzlich aufhielt. „Warte mal!“ Fragend trafen die blauen Augen ein letztes Mal auf die Goldenen. „Woher weißt du eigentlich meinen Vornamen? Ich habe ihn dir doch damals gar nicht genannt.“ Trafalgar lächelte mysteriös. „Dieses Geheimnis nehme ich mit ins Grab. Aber sei dir dessen bewusst, dass ich deinen vollständigen Namen bereits in dem Moment kannte, in dem du den Fuß in diese Stadt gesetzt hattest.“ Dann nickte er und ging. Ging quasi vor und ließ Kid zurück, welcher diesem schwarzhaarigen Mann mit dem Zylinder, den er im Theater verlor und dem Schwert, welches er im Theater ließ, hinterher blickte und zusah, wie er sich einfach so auflöste und zu feinem Staub wurde, den der Wind davontrug. Zu dem wurde, was er heute gewesen wäre, wenn er vor 200 Jahren tatsächlich hätte sterben dürfen. Und Kid schluckte, nun allein und musste sich, über sich selbst schockiert, daran erinnern, dass er ein Mann war. Und deshalb war es schlussendlich ein Lächeln auf seinen Zügen, welches sich bildete, als er die Stadt hinter sich ließ und zurück in den Wald ging aus dem er vor nur drei Tagen gekommen war, plötzlich doch lachen müssend. „Und dein blöder Wein war doch vergiftet, Law Trafalgar!“, rief er, den Kopf in den Nacken gelegt und sich noch nie in seinem Leben so frei fühlend. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)