Bubble and Squeak von Nifen ================================================================================ Kapitel 5: V. ------------- Das Essen verlief erstaunlich entspannt und sie ließen bald den Fall hinter sich. Nun ja, nicht ganz, aber bald drehte sich das Gespräch mehr um allgemeine Profilerstellung und wie man vielleicht das beste beider Welten darin vereinen könnte. Blaise erkannte mit Verwunderung, dass Harry Magie an sich nicht ablehnte, sondern lediglich die magische Gesellschaft in England. Dass er aber zugleich nicht vorhatte, sie zu ändern. „Es steht mir nicht zu, zu entscheiden, was tausende von Menschen gutheißen müssen oder nicht. Jeder hat eine Wahl, auch wenn die wenigsten es so sehen. Aber es zwingt sie niemand, in den engen Mauern der magischen Gesellschaft zu bleiben“, erklärte er. „Aber ist es nicht schwierig, so unter den Muggeln zu leben und ständig aufpassen zu müssen?“ „Vielleicht“, erwiderte Harry achselzuckend. „Aber andererseits kann man in der Muggelwelt jede Menge obskurer Bücher lesen, die vom Ministerium als schwarzmagisch und somit verboten eingestuft würden, ohne behelligt zu werden. Es ist also letztlich mehr eine Entscheidung, auf welche Weise man sein Leben zensiert.“ „Harry Potter und schwarze Magie?“ Blaise hätte sich beinahe an seiner Cola verschluckt. „Wissen ist Macht. Wissen über den Gegner ist Macht über den Gegner. Ich bin Polizist und als solcher habe ich eine Schusswaffe. Heißt das deswegen, dass ich losziehe und blindlings Menschen erschieße? Nein. Genauso ist es mit schwarzer Magie. Sie ist gefährlich, aber es ist der Mensch, der entscheidet, sie anzuwenden oder eben nicht. Der große böse Wolf hätte beinahe den letzten Krieg gewonnen, weil niemand aus unserer Generation wusste, was ein Horcrux ist, bis Dumbledore es für richtig befand, mir davon zu erzählen. Ein Fehler seinerseits, der von unzähligen Menschen teuer mit dem Leben bezahlt wurde. Ein Fehler von Slughorn. Ein Fehler vom Ministerium. Und willst du noch etwas wissen? Weiße Magie ist genauso tödlich. Nimm nur mal unseren Fall... Genau betrachtet, wird es sich bei dem Fluch um einen Verwandlungszauber handeln. Einen tödlichen Verwandlungszauber, aber eben nur einen Verwandlungszauber. Hast du dich jemals gefragt, wie sich die Schildkröte fühlt, die wir in der Schule in eine Teekanne verwandelt haben? Oder die Maus mit der Schnupftabaksdose? Sicher, die Zauber in der Schule waren nur temporär... und vermutlich ist es schwarze Magie, eine Verwandlung dauerhaft zu machen. Aber ohne den Verwandlungszauber bräuchten wir den schwarzmagischen Teil der Dauerhaftigkeit nicht. Und was, wenn schon eine Sekunde verwandelt sein reicht, um den Tod herbeizuführen? Ist es dann schwarze Magie? Oder weiße?“ „Reichlich abgeklärte Sichtweise“, sagte Blaise und wusste nicht, ob er Anerkennung oder Furcht vor dieser Sichtweise empfinden sollte. „Ich habe mehr in meinem Leben gesehen, als mir lieb ist. Und auch wenn nach dem Sieg über den großen bösen Wolf viele es nicht sehen wollten, ich habe nur gekämpft, um am Leben zu bleiben. Und dafür, dass die, die mir wichtig waren, am Leben blieben. Nicht für Ruhm und Anerkennung. Nicht, weil ich die Gefahr, den Kick gesucht habe. Nicht, um aller Welt zu beweisen, was für ein mächtiger Zauberer ich bin. Ich bin kein mächtiger Zauberer. Ich hatte nur verdammt viel Glück. Und erst nachdem ich der magischen Welt den Rücken gekehrt habe, wurde mir bewusst, wie viel Glück ich hatte. Wie wenig ich tatsächlich wusste. Selbst der große böse Wolf ist über Jahre gereist, um sich das nötige Wissen anzueignen, ehe er Zauberengland terrorisiert hat. Dumbledore konnte auf das Wissen eines ganzen Lebens zurückgreifen. Und ich? Sechs Jahre Hogwarts und die Muggelgrundschule...“ „Wieso sagst du eigentlich der große böse Wolf, statt...“ Blaise zuckte zusammen, als ihm Harry einen Finger an die Lippen legte. „Es mag zwar die Greifer nicht mehr geben, aber der Auffindezauber, der auf dem Namen liegt, wurde nie aufgehoben. Und man weiß nie, wann jemand mit wenig freundlichen Absichten über dieses Detail stolpert und zu seinen Gunsten ausnutzt.“ „Verdammt, woher weißt du so was?“, entfuhr es Blaise. „Hat mir Kingsley verraten, als er Übergangsminister war. Als er wohl noch hoffte, ich würde Auror oder so... Wie auch immer der große böse Wolf es angestellt hat, selbst die klügsten Köpfe im Ministerium haben den Auffindezauber nicht aufheben können. Und zum Glück auch nicht reproduzieren können.“ „Oder so... Sie hatten dich schon als den übernächsten Zaubereiminister gesehen.“ „Nicht den nächsten?“ Blaise schüttelte den Kopf. „Einen Minister dazwischen, damit du die Gelegenheit hast, zu lernen, was man als Minister macht und was besser nicht. Keine Ahnung, welchen Trottel man dir als Vorbild oder Nicht-Vorbild vor die Nase gesetzt hätte. Aber du musstest ja eigene Pläne haben. Wieso eigentlich?“ „Wieso ich die Zauberwelt verlassen habe?“, fragte Harry unbehaglich. Blaise nickte. „War nicht mein Ding. Ich mein, klar, zuerst fand ich alles toll. Und ich rede hier von Hogwarts, die ersten paar Wochen. Nicht die ersten Wochen nach dem Krieg. Aber weißt du, wie bescheiden es ist, mit elf zu erfahren, dass du ein Held für die Zauberwelt bist? Zu erfahren, dass der Mörder deiner Eltern noch am Leben ist und es die Gesellschaft offenbar nicht kümmert, denn schließlich haben sie ja ein elfjähriges Kind als Helden, das schon alles wieder richten wird? Sicher, es gab auch noch den Orden und so... es haben sich nicht alle rausgehalten. Aber das war erst nachdem ich vier Jahre auf mich allein gestellt war. Vier Jahre, in denen ich dem großen bösen Wolf begegnet bin, als er unseren Geschichtsprofessor als Wirt benutzt hat, dem großen bösen Wolf in Horcrux-Jugendgestalt und einem Basilisken begegnet bin, einem Werwolf und einem angeblichen Massenmörder gegenüberstand und trotz Minderjährigkeit gezwungen wurde, an einem tödlichen Turnier teilzunehmen, an dessen Ende ich dabei helfen durfte, den großen bösen Wolf wieder vollständig ins Leben zu holen. Sicher, mit meiner kindlich naiven Neugier hab ich auch meinen Teil dazu beigetragen. Aber weißt du, was bei all diesen Episoden am meisten wehgetan hat? Der Neid und die Abscheu in den Gesichtern meiner Mitschüler. Die Genugtuung, wenn Dinge nicht gut für mich liefen. Die Bereitwilligkeit, mit der die Gesellschaft einer flotten Schreibfeder Glauben schenkt, statt mit den eigenen Augen zu sehen. Irgendwann fängt man dann an sich zu fragen, ob man in diesem weiten Meer von ausdruckslosen Gesichtern überhaupt wahre Freunde hat.“ „Was ist mit Ron und Hermione?“ „Nett zu hören, dass du von ihnen mit Vornamen und nicht mit Nachnamen sprichst.“ „Ein paar Jahre Abstand von Hogwarts können viel bewirken. Zumindest bei denjenigen, die sich entschließen erwachsen zu werden“, gab Blaise nonchalant zurück, sah Harry dann aber fragend an. „Ron und Hermione... sie waren das, was wahren Freunden am nächsten kam. Aber sie haben mich nie so gebraucht, wie ich sie. Und ich weiß nicht, ob unsere Freundschaft Friedenszeiten überlebt hätte. Solange Gefahr bestand, hat Ron es meist geschafft, seine unsinnige Eifersucht auf mich zu bezwingen. Und solange Gefahr bestand, war Hermione bereit, ihre Obrigkeitshörigkeit zu unterdrücken. Aber wie sähe es jetzt aus? Ich wäre immer noch der Held der Zauberwelt, nach deinen Worten zu schließen, vielleicht sogar schon Zaubereiminister. Was kaum dazu beigetragen hätte, Rons Eifersucht zu mindern. Und Hermione... kannst du dir vorstellen, wie es wäre, wenn meine beste Freundin in mir das Heil der Welt sieht, bloß weil ich das höchste politische Amt in Zauberengland bekleide?“ Bei dem geistigen Bild von einer Hermione, die gleich dem Hauselfen von der Springbrunnenstatue Minister Harry Potter anbetete, musste Blaise laut lachen. „Okay, vielleicht nicht“, gestand er schließlich und wischte sich eine Lachträne aus den Augen. „Aber selbst wenn eure Freundschaft nicht in der gleichen Stärke fortbestanden hätte, du hättest neue Freunde gefunden, dir auch in unserer Gesellschaft ein neues Leben aufbauen können.“ „Weißt du, was die Reaktion war, als ich jemandem von einem Aspekt erzählte, wie dieses neue Leben aussehen müsste? Totale Ablehnung. Regelrecht hysterische Ablehnung. Vehemente Beteuerung, dass ich das nicht machen könnte. Und da hat es mir gereicht. Es hat mir ein für alle mal gezeigt, dass die Zauberwelt gar nicht an mir als Person interessiert war, sondern nur an mir als ihrem Helden. Und wenn ich nicht der Wunschvorstellung ihres Harry Potters entsprochen habe, war flugs eine flotte Feder zur Hand, die den allgemeinen Unmut zu Papier brachte und die Zeitungen haben sich darum gerissen, diesen Ramsch auch noch zu drucken.“ „Autsch!“, murmelte Blaise. „Was wolltest du denn in deinem Leben ändern, dass die betreffende Person so ausgeflippt ist?“ „Erzähl ich dir ein andermal. Vielleicht“, meinte Harry und signalisierte Peter, dass er zahlen wollte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)