Amputiert von kleines-sama (CrocodileXDoflamingo) ================================================================================ Kapitel 17: Kapitel 16 ---------------------- Auf der Couchgarnitur im Wohnzimmer saß ein großer Mann mit kurzem, hellem Haar und dunkler Haut, die sich über seine imposanten Muskeln spannte. Sein Gesicht wirkte auf den ersten Blick recht ausdruckslos, doch Crocodile kannte ihn viel zu gut, als dass er auf diese Farce hereingefallen wäre. Er registrierte genau jede Veränderungen in der Miene seines Gegenübers, mochte sie auch noch so winzig sein, und stellte fest, dass dieser ihn erwartungsvoll musterte. "Daz", sagte Crocodile mit belegter Stimme und ging einen einzelnen Schritt auf seinen ehemaligen Untergebenen zu. Just erhob sich ebenjener von seiner Sitzgelegenheit und überwand rasch die kurze Distanz zwischen ihnen beiden. "Boss", erwiderte Daz in einem Tonfall, der auf jeden Anderen einen gleichgültigen Eindruck gemacht hätte, während er in Crocodiles Ohren erleichtert und beschwingt klang. Daz wollte ihm die rechte Hand anbieten, ehe er seinen Fehler selbst bemerkte. Er nahm sie eilig wieder zurück und wandte verlegen den Blick ab, während Crocodile nicht umhin kam, in leises Gelächter auszubrechen. "Ist schon gut", meinte er, nachdem er sich wieder gefangen hatte. "Es macht mir nichts aus. Mit der Zeit habe ich mich daran gewöhnt." Beim Verzicht auf das obligatorische Händeschütteln handelte es sich wahrlich nicht um das Schlimmste an seiner derzeitigen Lebenssituation, fand er. Dass Daz sich dennoch für dieses peinliche Malheur zu schämen schien, rührte Crocodile ein klein wenig. "Welche alternative Art der Begrüßung würdest du bevorzugen?", fragte ihn sein ehemaliger Untergebener höflich. "Eine Verbeugung?" "Anbetracht der Tatsache, dass ich dir mein Leben verdanke", erwiderte Crocodile leichthin, "sollte lieber ich mich vor dir verbeugen als du dich vor mir, Daz." Daz verzog verdrießlich den Mund. Schließlich meinte er: "Das wäre mir unangenehm. Immerhin stehst du in der Rangordnung deutlich höher als ich. Ich möchte dir gegenüber nicht respektlos erscheinen, Boss." Crocodile war sich nicht sicher, ob er das ehrerbietige Verhalten seines ehemaligen Untergebenen amüsant oder traurig fand. "Es gibt keine Rangordnung mehr, Daz", erklärte er, und auch bei dieser Aussage war er sich selbst nicht sicher, ob er sie positiv oder negativ werten sollte. "Alle Attribute, denen ich meinen hohen Rang zu verdanken hatte, sind längst verloren. Ich bin kein Shichibukai mehr und auch kein Pirat. Meine Gelder hat nach meinem Fall die Weltregierung beschlagnahmt. Und meine Teufelskräfte beschränken sich auf ein Minimum. Es gibt keinen Grund, um sich mir gegenüber so demütig zu verhalten, wie du es vorhast." "Doch, den gibt es", erwiderte Daz und Crocodile sah, dass er aufmunternd lächelte. "Zumindest solange nicht auch deine Intelligenz und dein Scharfsinn unter dem Verlust deiner Hand gelitten haben." Angesichts dieses Kompliments konnte Crocodile gar nicht anders als Daz' Lächeln zu erwidern. Aus dieser Perspektive hatte er seine derzeitige Lebenssituation tatsächlich noch nie betrachtet. "Trotzdem möchte ich nicht, dass du dich vor mir verbeugst", meinte er. "Wie wäre es stattdessen mit einer freundschaftlichen Umarmung?" Mit diesem Vorschlag schien sein ehemaliger Untergebener einverstanden zu sein. Sie schlossen einander in die Arme und Crocodile merkte, dass Daz sich darum bemühte, ihn auf keinen Fall zu feste zu drücken. Ihm missfiel es, dass dieser ihn anscheinend für so fragil wie eine Porzellanpuppe hielt, doch da er Verständnis für Daz' Rücksichtnahme aufbringen konnte und außerdem nicht gleich schon ihr erstes Wiedersehen durch eine solche Bagatelle belasten wollte, beschloss Crocodile lieber zu schweigen. "Wie geht es dir?", wurde er gefragt, als sie beide sich wieder voneinander lösten. "Den Umständen entsprechend ganz gut", antwortete Crocodile. "Angeblich soll sogar die Prothese für meine rechte Hand in weniger als zweieinhalb Monaten fertiggestellt sein." "Das ist schön zu hören", meinte Daz, der sich trotz seines neutralen Gesichtsausdrucks über diese Neuigkeit zu freuen schien. "Und wie geht es dir?", gab Crocodile die Frage zurück. "Wie war deine Reise nach Dressrosa? Und wieso bist du überhaupt hergekommen? Ich dachte, du hieltest mich für tot." "Das tat ich tatsächlich", gab sein ehemaliger Mitstreiter zu. "Jedenfalls bis mich dein", er warf Doflamingo einen abschätzenden Blick zu, "Partner vor wenigen Wochen ausfindig gemacht hat, um mir mitzuteilen, dass du aus deinem Koma erwacht bist. Er bat mich darum, nach Dressrosa zu kommen, um dir während deines Genesungsprozesses Gesellschaft zu leisten. Besucht hätte ich dich allerdings sowieso. Du kannst dir nicht vorstellen, wie froh ich darüber bin, dass du am Leben bist und dass es dir gut geht. Es ist sehr schön, dich wiederzusehen." "Mich freut es auch, dich wiederzusehen", gab Crocodile zu. Tatsächlich waren seine Worte nicht gelogen. Er sah in der Anwesenheit von Daz eine Lösung, die sowohl ihm als auch Doflamingo zugute kam: Nun würde er sich nicht mehr vernachlässigt und einsam fühlen, wenn sein Partner keine Zeit für ihn erübrigen konnte. Und Doflamingo wiederum würde ganz in Ruhe seinen Pflichten als Shichibukai nachgehen können, ohne dass ihn sein schlechtes Gewissen plagte. "Es gibt so viele Dinge, die ich dich fragen möchte", meinte Crocodile. "Wo bist du in den letzten Monaten gewesen? Was hat sich getan draußen in der weiten Welt? Und gibt es irgendwelche Neuigkeiten über Eustass Kid oder Mugiwara?" Bevor Daz auch nur auf eine dieser Fragen antworten konnte, wurden sie beide von Doflamingo unterbrochen. Sein Partner hatte die ganze Zeit über schweigend in der Nähe des Türrahmens gestanden und sich diskret zurückgehalten, doch nun klinkte er sich in ihr Gespräch ein. "Ich kann gut verstehen, dass ihr beide viel zu bereden habt", meinte er. "Aber trotzdem muss ich euch bitten, eure Unterhaltung morgen früh fortzusetzen. Es ist schon sehr spät. Daz, ich hoffe, du fühlst dich nicht vor den Kopf gestoßen, doch Crocodile sollte sich jetzt lieber wieder schlafen legen. Auch wenn die Wunde an seinem Arm gut heilt, ist er noch immer nicht vollkommen gesund. Er braucht viel Ruhe und Schlaf. Es wird noch lange dauern, bis er endlich wieder ganz der Alte ist." Es ärgerte Crocodile, dass sein Partner ihn vor seinem ehemaligen Untergebenen blamierte und als Schwächling darstellte. Immerhin würde es ihm nicht schaden, mal eine oder zwei Stunden länger wach zu bleiben als üblich. Die kritische Phase seines Heilungsprozesses hatte er schließlich längst überwunden. Ehe er jedoch die Gelegenheit dazu bekam, Doflamingo zurechtzuweisen, hatte längst Daz wieder das Wort ergriffen. "Natürlich", meinte er mit einsichtig klingender Stimme. "Crocodiles Genesung hat selbstverständlich oberste Priorität." Er verbeugte sich leicht vor dem Shichibukai, ehe er sich wieder seinem ursprünglichen Gesprächspartner zuwandte: "Gute Nacht, Boss. Vielleicht bekommen wir ja morgen die Gelegenheit, uns ein wenig länger zu unterhalten." "Das hoffe ich doch", erwiderte er. "Dir auch eine gute Nacht, Daz." Nachdem sie beide sich voneinander verabschiedet hatten, griff Doflamingo sanft, aber bestimmt nach dem linken Unterarm seines Partners und dirigierte diesen aus dem Wohnzimmer. Crocodile wartete, bis er außer Sicht- und Hörweite seines ehemaligen Untergebenen war, ehe er sich aus dem Griff seines Freundes befreite und diesem einen finsteren Blick zuwarf. "Sag mal, was sollte denn das eben?", fragte er mit giftiger Stimme. Er schämte sich sehr dafür, dass Doflamingo sich ihm gegenüber wie eine überbesorgte Mutter benommen hatte. Vor allen Dingen vor den Augen von Daz. Dieser musste ihn nun doch für einen vollkommenen Versager halten! "Was meinst du?", erwiderte Doflamingo und täuschte naive Unwissenheit vor. "Du weiß ganz genau, was ich meine", schimpfte Crocodile und verschränkte die Oberarme vor der Brust. "Dein Verhalten! Wieso hast du mich vor Daz so niedergemacht?" "Ich habe dich überhaupt nicht niedergemacht", meinte Doflamingo. Inzwischen hatten sie den Korridor erreicht, auf dem Crocodiles Krankenzimmer lag. "Ich habe lediglich einige Tatsachen geäußert. Nichts von dem, was ich gesagt habe, ist gelogen gewesen." "Darum geht es doch gar nicht!", hielt er wütend dagegen. "Ich kann dein Verhalten einfach nicht nachvollziehen: Du zerrst mich spätabends aus meinem Bett, um mich damit zu überraschen, dass du Daz nach Dressrosa eingeladen hast... und kaum eine Viertelstunde später willst du uns gleich wieder voneinander trennen!" Crocodile hielt einen kurzen Moment lang inne. Er zog nachdenklich die Augenbrauen zusammen und warf seinem Partner einen skeptischen Blick zu. "Doffy", sagte er schließlich. "Kann es sein, dass du eifersüchtig bist?" Das Schweigen, das auf diese Frage folgte, war ihm Antwort genug. "Ich fasse es nicht!", meinte Crocodile, während sie beide sein Krankenzimmer betraten. "Deine Eifersucht ist absolut lächerlich und fehl am Platz, Doflamingo! Ich hoffe, dass du dir dessen bewusst bist. Wir haben doch überhaupt nichts getan." "Ihr habt euch umarmt", gab Doflamingo spitz zurück. Crocodile seufzte leise auf. Um ehrlich zu sein, war er es gewohnt, dass sein Partner recht schnell eifersüchtig wurde. So war es eben immer schon gewesen. Doch bloß aufgrund einer kurzen Umarmung gleich ein solches Theater zu veranstalten, war selbst für eine so eigentümliche Person wie Doflamingo sehr untypisch. "Es war eine rein freundschaftliche Umarmung", meinte Crocodile. Und als er merkte, dass er bloß auf taube Ohren stieß, fügte er in einem ziemlich zynisch klingenden Tonfall hinzu: "Ich hätte ihm auch die Hand geschüttelt, wenn ich es gekonnt hätte!" Diese Aussage schien seinen Partner endlich dazu zu bewegen, ein klein wenig Einsicht zu zeigen. "Schon gut, schon gut", sagte Doflamingo und wirkte beschwichtigt. "Ich gebe zu, dass ich eben vielleicht ein klein wenig überreagiert habe. Es ist nur so, dass ich es einfach nicht mehr gewöhnt bin, dich zu teilen. Wenn du verstehst, was ich meine." "Du musst mich doch überhaupt gar nicht teilen", lenkte Crocodile mit besänftigter Stimme ein. "Es stimmt, dass ich sowohl dich als auch Daz sehr gerne mag. Der springende Punkt ist jedoch der, dass die Art meiner Zuneigung sich unterscheidet. Ich liebe dich, Doflamingo, während ich für Daz kameradschaftliche oder höchstens freundschaftliche Gefühle hege. Ich versichere dir, dass kein Anlass zur Eifersucht besteht!" Zur Bekräftigung seiner Worte legte Crocodile seine Arme um den Hals seines Partners, stellte sich auf die Zehenspitzen und gab ihm einen zärtlichen Kuss auf den Mund. Als sie sich wieder voneinander lösten, wirkte Doflamingo erfreulicherweise endgültig überzeugt. "Ist ja schon gut", meinte er und fuhr sich mit einer Hand durch sein kurzes, blondes Haar. "Ich glaube dir. Aber nichtsdestotrotz solltest du dich jetzt schnell bettfertig machen und schlafen legen. Es ist schon spät. Immerhin ist tatsächlich kein einziges Wort, das ich von mir gegeben habe, erlogen gewesen." Crocodile kam nicht umhin, mit den Augen zu rollen und leise aufzuseufzen. "Von mir aus", meinte er schließlich, um auch selbst guten Willen zu zeigen. "Hilfst du mir aus meiner Kleidung? Und keine Sorge: Wenn du möchtest, dann verspreche ich dir hoch und heilig, dass ich Daz niemals um diesen Gefallen bitten werde." "Das will ich doch schwer hoffen", erwiderte Doflamingo teils ernst, teils neckisch, während er mit geschickten Händen das Hemd seines Partners aufknöpfte. Am nächsten Morgen erhob Crocodile sich aus seinem Bett, kaum dass er aufgewacht war. Die Begegnung mit seinem ehemaligen Mitstreiter kam ihm inzwischen vor wie ein kühner Traum und er wollte sich unbedingt davon überzeugen, dass sie tatsächlich stattgefunden hatte. Die leichten Bauch- und Unterleibsschmerzen, die ihn bereits so früh morgens plagten, ignorierte Crocodile gekonnt, während er ein paar Sklaven herbeirief, die ihm beim Waschen und Ankleiden helfen sollten. Weil er auf Daz einen guten Eindruck machen wollte, legte er heute besonders viel Wert auf adrette Kleidung. Crocodile fühlte sich wie in einem Rausch. Die Anwesenheit seines ehemaligen Untergebenen erinnerte ihn an alte Zeiten zurück. Sofort schossen ihm Bilder von ihrem Leben in Alabasta, ihrer gemeinsamen Flucht aus Impel Down und ihrem Dasein in der Neuen Welt durch den Kopf. Die wenigen Monate, die seitdem vergangen waren, kamen Crocodile vor wie eine halbe Ewigkeit. Er konnte nicht verhehlen, dass ihn die Gesellschaft von Daz freute. Dadurch bekam er auf eine verquere Weise das Gefühl, er könnte die Zeit zurückdrehen. Es war beinahe schon wie früher. Gedanklich machte Crocodile sich eine Notiz, sich unbedingt bei Doflamingo für diese wundervolle Überraschung zu bedanken. Sicherlich war es nicht gerade einfach gewesen, Daz in der Neuen Welt ausfindig zu machen; Crocodile konnte sich gut vorstellen, dass sein Mitstreiter sich nach ihrer Trennung eher bedeckt gehalten hatte. Umso mehr fühlte er sich Doflamingo zur Dankbarkeit verpflichtet. Die Wut, die er in den letzten Wochen gehegt hatte, hatte sich praktisch in Luft aufgelöst. Woher hätte er auch wissen können, dass sein Partner nicht an irgendwelchen großen und geheimen Projekten arbeitete, sondern sich daran gemacht hatte, ihm eine solche Freude zu bereiten? Sofort bekam Crocodile heftige Gewissensbisse, weil er so schrecklich schlecht von Doflamingo gedacht hatte. Er nahm sich vor, seine Skepsis wieder gut zu machen. Doch darum würde er sich erst zu einem späteren Zeitpunkt kümmern. Zuerst wollte er mit Daz sprechen. Crocodile lagen hunderte verschiedene Fragen auf der Zunge; die eine dringlicher als die andere. "Bereitet für Daz und mich ein Frühstück vor", wies Crocodile eines der Sklavenmädchen an. "Am besten draußen auf der Terrasse, wenn das Wetter es zulässt. Und seid ja nicht geizig mit dem Essen! Sollte ich mitbekommen, dass einer von euch meinen Gast unhöflich behandelt, werde ich dies unverzüglich an den jungen Lord weiterleiten; und der wird sich sicher eine schöne Bestrafung für diejenige Person ausdenken! Verstanden?" Crocodile wollte seinem ehemaligen Untergebenen beweisen, dass, auch wenn er derzeit körperlich eingeschränkt war, sich ansonsten nicht allzu viel verändert hatte. Er bemühte sich darum, den Reichtum und Luxus deutlich zu machen, in dem er noch immer lebte. (An die Tatsache, dass er seine hochwertige Lebensqualität allein seinem überaus reichen Partner zu verdanken hatte, verschwendete er keinen Gedanken.) Die Komplimente, die Daz gestern Abend verstreut hatte, hatten Crocodiles Selbstbewusstsein gestärkt. Er wollte vor diesem nicht als armer, vom Schicksal bestrafter Verlierer dastehen, sondern als ein intelligenter Angehöriger der Oberschicht, der zwar körperlich leicht angeschlagen war, doch mit diesem Umstand gut zurechtkam. Crocodile nahm sich vor, im Verlauf ihres Gesprächs unbedingt noch einmal einfließen zu lassen, dass seine Prothese bereits in nicht einmal zehn Wochen fertiggestellt sein würde. Und dass man sogar an einer Variante arbeitete, durch die er seine Teufelskräfte hindurch leiten konnte. Crocodile warf einen letzten, prüfenden Blick in den Spiegel. Mit seinem rechten Unterarm strich er sich über sein sorgsam nach hinten gekämmtes Haar. Erst als er der Ansicht war, dass es adrett genug aussah, machte er sich auf den Weg zur Terrasse. Daz saß bereits am reichlich gedeckten Tisch, als Crocodile sich zu ihm gesellte. Eine Sklavin rückte ihm den Stuhl zurecht, auf dem er sich anschließend niederließ. Insgesamt fühlte Crocodile sich gut. Abgesehen von seiner fehlenden Hand (und seinem ebenfalls fehlenden Goldhaken) erweckte die Situation beinahe den Eindruck, als hätte sich niemals irgendetwas zwischen ihnen beiden verändert. Als hätte Crocodile niemals gegen Kid verloren, niemals seine rechte Hand eingebüßt, niemals drei Monate lang im Koma gelegen. Für einige herrlichen Sekunden lag gab er sich der wunderschönen Wunschvorstellung hin, all diese Ereignisse hätten niemals stattgefunden. "Guten Morgen, Boss", begrüßte ihn sein ehemaliger Untergebener. Diesmal machte er nicht den Fehler, aufzustehen und ihm seine rechte Hand hinzuhalten. Stattdessen blieb er auf seinem Stuhl sitzen und warf ihm ein kaum sichtbares, freundliches Lächeln zu. "Guten Morgen, Daz", erwiderte Crocodile mit unbekümmerter Stimme. "Hast du gut geschlafen? Ich hoffe doch, man hat dich für die Nacht angemessen untergebracht." Daz nickte und meinte: "Ich bewohne derzeit ein sehr komfortables Gästezimmer. Gemütliches Bett, Balkon, eigenes Bad... Ich habe keinen Grund, um mich zu beklagen." "Das ist schön zu hören", sagte Crocodile, der froh darüber war, dass Doflamingo trotz seiner Eifersucht anscheinend genug Etikette gezeigt hatte, um seinen ehemaligen Mitstreiter angemessen wohnen zu lassen. Es hätte ihn auch nicht gewundert, wenn sein Partner diesen in einer absoluten Absteige untergebracht hätte. Auch wenn Doflamingo nur wenige Jahre jünger als er selbst war, benahm er sich manchmal so unreif wie ein wütendes Kind. "Und wie geht es dir?", fragte ihn Daz. "Ich bin, um ehrlich zu sein, sehr überrascht angesichts deiner, nun ja, Lebenseinstellung. Ich habe nicht damit gerechnet, dass du einen solch fröhlichen und zuversichtlichen Eindruck machen würdest. Dasselbe gilt für deinen gesundheitlichen Zustand. So, wie ich dich jetzt vor mir sitzen sehe, könnte man leicht vergessen, dass du monatelang auf der Türschwelle zum Tod gestanden hast." "Ich habe mich tatsächlich sehr schnell wieder erholt", meinte Crocodile, in dessen Ohren die Worte seines ehemaligen Untergebenen wie zuvorkommende Komplimente klangen. "Inzwischen bin ich beinahe genauso belastbar wie früher. Ich denke, wenn erst meine Prothese fertiggestellt ist, wird es nichts mehr geben, was mich von der See fernhält." "Du hast vor, dein Leben als Pirat fortzuführen?", fragte Daz und Crocodile konnte deutliche Skepsis aus seiner Stimme heraushören. "Du möchtest Dressrosa verlassen, sobald du wieder über eine rechte Hand verfügst?" "Nun ja", gab Crocodile zurück. Eigentlich hatte er eben bloß ein wenig prahlen wollen. Er hatte sich noch nicht sonderlich viele Gedanken darüber gemacht, was er mit seinem Leben anstellen würde, sobald er wieder vollkommen genesen war. Weil er weder lügen noch seine Aussage zurücknehmen wollte, meinte er schließlich: "Nicht sofort. Bei der Prothese, die ich in etwa zehn Wochen erhalten werde, handelt es sich bloß um einen Prototypen. Ich werde mit ihr wohl meinen Alltag bewerkstelligen können, doch um auf der Grandline zu bestehen, reicht sie noch lange nicht aus. Ich werde warten müssen, bis man es geschafft hat, eine Prothese herzustellen, durch die man meine Teufelskräfte leiten kann. Die Prognose der zuständigen Wissenschaftler liegt bei sechs bis vierundzwanzig Monaten. Mit einer solchen Wartezeit komme ich allerdings zurecht, denke ich. Du kennst mich gut genug, um zu wissen, dass ich mich nicht einfach auf ins Blaue mache. Ich werde diese Zeit nutzen, um Vorbereitungen zu treffen. Erst dann werde ich wieder in See stechen." Daz zog eine Augenbraue nach oben. "Eine Prothese, durch die man Teufelskräfte hindurch leiten kann?", hakte er nach. "Ist so etwas denn überhaupt möglich?" "Doflamingo hat einige der besten Wissenschaftler der Welt eingestellt, um an diesem Projekt zu arbeiten", warf Crocodile ein, der sich durch die Skepsis seitens seine ehemaligen Mitstreiters verletzt fühlte. "Er verfügt über ausreichend Geld, um solche aufwändigen Forschungsarbeiten in die Wege leiten zu können. Ich werde über die Fortschritte laufend in Kenntnis gesetzt. Erst vor kurzem habe ich einen detaillierten Bericht zugestellt bekommen, der die aktuelle Lage beschreibt. Wenn du dich für dieses Thema interessierst, darfst du ihn bei Gelegenheit gerne mal durchlesen." "Sehr gerne", meinte Daz und nahm einen Schluck aus einer Tasse, die vermutlich Tee enthielt. "Es ist wirklich unfassbar, was die Wissenschaft heutzutage leisten kann. Ich hoffe sehr, dass der Bau deiner Prothese gelingen wird. Es wäre großartig, wenn du bald wieder vollkommen gesund werden würdest." "Ich bin beinahe schon wieder gesund", meinte Crocodile. Er wollte nicht, dass Daz ihn für schwach und schwerkrank hielt. Immerhin ging es ihm inzwischen wieder recht gut. Er war schon lange nicht mehr bettlägrig und auch die Dosis seiner Medikamente und Schmerzmittel wurde zunehmend gesenkt. "Dein Partner sieht das anders, denke ich", erwiderte Daz. "Doflamingo übertreibt in seiner Sorge um mich", sagte Crocodile. "Er befürchtet, dass sich mein gesundheitlicher Zustand wieder verschlechtern könnte. Aber bald wird auch er einsehen müssen, dass es mir gut geht." "Ich kann gut verstehen, dass er sich Sorgen macht", wandte Daz überraschenderweise ein. "Ich selbst habe deine Genesung für absolut unwahrscheinlich, beinahe schon unmöglich gehalten. Schon als ich zu dir kam und Erste Hilfe leistete, nachdem du den Kampf gegen Eustass Kid verloren hattest, habe ich mir gedacht, dass die Chancen schlecht für dich stehen. Ich meine, du warst nicht bloß einfach verwundet.... Deine rechte Hand war weg! Überall war Blut. Ganz zu schweigen von der schweren Vergiftung, die du dir zugezogen hattest. Du hättest Doflamingos Gesichtsausdruck sehen sollen, als er dich fand. Zuvor habe ich ihn immer bloß grinsend oder lachend erlebt... doch in diesem Moment wirkte er, als wäre irgendetwas in ihm gestorben. Ich war froh, als er half, aber ich habe trotzdem nicht daran geglaubt, dass du überleben würdest. Den Ärzten gelang es, deinen Zustand zu stabilisieren, und du bist in ein Koma gefallen. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich im Prinzip schon jede Hoffnung für dich aufgegeben. Du darfst nicht denken, ich hätte dich für schwach gehalten oder nicht an dich geglaubt, Boss... aber du weißt einfach nicht, wie es war. Du lagst in diesem Bett und eigentlich warst du längst schon tot. Maschinen atmeten für dich, Röhrchen aßen für dich... Hunderte Kabel ragten aus deinem Körper heraus... Als du nach einigen Wochen immer noch nicht aufgewacht warst, habe ich beschlossen, zu gehen. Um ehrlich zu sein, fällt es mir schwer zu fassen, dass du mir jetzt gegenüber sitzt und ich dir von all diesen Dingen erzählen kann. Diese Situation kommt mir unwirklich vor, als würde ich träumen. Du solltest es Doflamingo nicht übel nehmen, dass er sich um dich sorgt, Boss. Dass du am Leben bist, dass du sprechen und lachen kannst, ist ein Wunder, an das niemand von uns mehr geglaubt hat." Crocodile schluckte und scharrte mit den Füßen. Er wusste nicht, was er auf diese Aussage erwidern sollte. Es war ihm sehr unangenehm, dass sein ehemaliger Mitstreiter die simple Tatsache, dass er noch nicht tot war, für ein unerklärliches Wunder hielt. Außerdem erinnerten ihn dessen Erzählungen an das Anfangsstadium seines Heilungsprozesses zurück; an diese furchtbare Zeit, in der er weder hatte laufen noch eigenständig essen dürfen. Er wollte nicht daran zurückdenken. "Wir haben genug über mich geredet", meinte er darum und bemühte sich um eine feste Stimme. "Wie sieht es bei dir aus? Was hast du in den letzten Wochen getan? Wo bist du gewesen?" "Mal hier, mal dort", antwortete Daz recht ausweichend. "Nachdem die Marine dich für tot hielt, machte man sich auf die Suche nach mir. Vermutlich dachte man, dass ich allein eine leichte Beute darstelle. Ich habe versucht, mich bedeckt zu halten. Aus diesem Grund hat es auch relativ lange gedauert, bis dein Partner mich ausfindig machen konnte." Irritiert zog Crocodile die Augenbrauen zusammen. "Die Marine hält mich für tot?", hakte er mit skeptischer Stimme nach. Daz nickte. "Kid ist nicht gerade eine sonderlich zurückhaltende Persönlichkeit", erklärte er. "Er hat überall damit geprahlt, dass er einen ehemaligen Shichibukai getötet hätte. Da du seitdem auch nicht mehr auf der Bildfläche erschienen bist, nahm die Marine seine Worte für bare Münze. Sie erklärten dich offiziell für tot und zahlten Kid dein Kopfgeld aus." "Aber hat denn Doflamingo niemals verlauten lassen, dass ich noch lebe?" Crocodile konnte kaum fassen, was sein ehemaliger Untergebener ihm da auftischen wollte. Die Welt hielt ihn für tot? Niemand hatte eine Ahnung, dass er noch lebte? Er wusste selbst nicht wieso, doch aus irgendeinem Grund schlug Crocodile diese Neuigkeit gewaltig auf den Magen. Selbst sein Kopfgeld war bereits an seinen vermeintlichen Mörder ausgezahlt worden. "Wieso hätte er das tun sollen?", meinte Daz in einem sachlichen Tonfall. "Es stellt doch schließlich einen großen Vorteil für Doflamingo dar, dass du offiziell als tot giltst. Niemand kommt hierher nach Dressrosa, um dich zu suchen, und bedroht sein Königreich. Du bist sicher hier." Crocodile musste zugeben, dass der Einwand von Daz durchaus berechtigt war. Trotzdem hatte die Tatsache, dass ausgerechnet sein vermeintlicher Tod sein Leben schützen sollte, einen faden Beigeschmack. Es war ein seltsames Gefühl zu wissen, dass man seine Existenz als ausgelöscht betrachtete. Unweigerlich fragte Crocodile sich, wie die Leute, die ihn kannten, auf diese Nachricht reagiert hatten. Hatte sich Mugiwara über seinen Tod gefreut? Hatte Nico Robin einen Hauch von Wehmut überkommen? "Hat dir Doflamingo denn niemals davon erzählt?", fragte Daz. Crocodile zögerte kurz, ehe er den Kopf schüttelte. "Er hält viele wichtigen Informationen von mir fern", gab er schließlich wahrheitsgemäß zu. "Vermutlich denkt er, eine solch schockierende Nachricht könnte sich negativ auf meinen Gesundheitszustand auswirken. Ich erwähnte ja bereits, dass er in seiner Sorge häufig übertreibt." "Wenn es stimmt, was du sagst, dann bin ich deiner Meinung", sagte sein ehemaliger Untergebener. "Ich kann es noch immer nicht recht fassen, doch ich muss zugeben, dass du auf mich einen sehr gesunden Eindruck machst. Du läufst, sprichst und denkst wie früher. Zumindest an deinem mentalen und psychischen Zustand scheint sich nichts verändert zu haben. Du wirkst auf mich noch genauso vernünftig und scharfsinnig wie früher." "Wenn nur Doflamingo es genauso sehen würde", erwiderte Crocodile halb ernst, halb spaßig. "Wie gesagt, es ist schwer, ihn von meinen Fortschritten zu überzeugen. Ich nehme ihm meine Sorge um mich nicht übel, doch allmählich muss er begreifen, dass ich nicht mehr so fragil und empfindlich bin wie vor einigen Monaten noch." Daz nickte bedächtig. Schließlich meinte er: "Vielleicht kann ich dir dabei ja helfen, Boss. Gemeinsam könnten wir versuchen, Doflamingo davon zu überzeugen, dass sich dein gesundheitlicher Zustand verbessert hat." "Gute Idee!", meinte Crocodile begeistert. "Auf dich wird er eher hören als auf mich." Womöglich, dachte er insgeheim, bestand der große Nutzen seine ehemaligen Untergebenen nicht bloß darin, dass er ihm Gesellschaft leistete, während Doflamingo sich um seine Pflichten als Shichibukai kümmerte. Er könnte ihm auch dabei helfen, seine Beziehung zu seinem Partner wieder in normale Bahnen zu lenken. Daz würde auf seiner Seite stehen und sich für ihn einsetzen, sobald Doflamingo mal wieder zur Überfürsorge neigte. "Ich werde alles tun, was in meiner Macht steht, um dir zu helfen, Boss", hörte er Daz mir ernster Stimme sagen. Crocodile zweifelte nicht an der Treue seines Untergebenen. Nur mit viel Mühe gelang es ihm, ein triumphierendes Grinsen zu unterdrücken. bye sb Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)