Du kannst ihm nicht entkommen! von Miena ================================================================================ Kapitel 2: ----------- Du kannst ihm nicht entkommen!   Kapitel 2:   Farewell   ◊ Alles um Alexa herum verlor gänzlich an Bedeutung. Sie hörte ihren Atem, spürte ihren Herzschlag, der schmerzhaft gegen ihre Brust pochte. Das Rauschen in ihren Ohren war so laut, dass sie kaum mehr ein Wort verstand, was Matt zu ihr sagte. Ihr Körper zitterte, Schweiß sammelte sich an ihren Händen und an ihrer Schläfe, während sich heiße Tränen ihren Weg über Alexas Wangen kämpften. Mama ist tot… Das waren ihre einzigen Gedanken. Immer und immer wieder tauchte das Gesicht ihrer Mutter vor ihrem geistigen Auge auf. Die lächelnde Lia, die mit ihrem Mann glücklich Seite an Seite stand. Ein Kind rannte kreischend vor Freude auf die beiden zu - Alexa. Das junge Mädchen wurde abrupt aus ihren Erinnerungen herausgerissen, als Matt damit begonnen hatte, die 17-Jährige an ihren Schultern zu schütteln. »Alexa! Alexa, hörst du mich?!« Alexa schaute ihm in die Augen. Sie hatten den Glanz, der vor wenigen Minuten noch in ihnen strahlte, verloren. Mit leerem Blick schaute sie ihn an, doch es kam Matt so vor, als würde Alexa durch ihn hindurch schauen. Im nächsten Moment kniff sie ihre Augen zusammen und wehrte sich gegen Matt. Sie schlug um sich, fing an zu schreien. Sie wollte diese Stimme aus ihrem Ohr bekommen. Diese verdammte Stimme aus dem Fernsehen, der berichtete, dass ihre Mutter ermordet wurde. Schlagartig öffnete sie ihre Augen und blickte direkt in Matts Augen. Dieser hatte sie keinen Moment lang los gelassen und ihr die Zeit gegeben, die sie gebraucht hatte. »Mama…«, kam es heißer aus ihrem Mund. Erneute Tränen bahnten sich ihren Weg über ihre Wange. Sie konnte sie einfach nicht zurückhalten. Matt nahm sie behutsam in seine Arme, so als wäre ihr Körper aus Glas, der jeden Moment hätte zerspringen können. Sanft strich er ihr über den Rücken und versuchte, sie so etwas zu beruhigen. Völlig außer Kraft schloss sie hilflos ihre Augen, die schmerzhaft angefangen hatten zu brennen. Die Tränen hatten aufgehört, waren jedoch noch lange nicht getrocknet. Ihr Herzschlag pochte noch immer gegen ihre Brust. Plötzlich wurde das junge Mädchen von einer heftigen Müdigkeit überrannt. Sie merkte nur noch, wie ihre Beine zusammen sackten und alles um sie herum in tiefe Dunkelheit getaucht wurde…   »Sie hatte einen leichten Schwächeanfall. Sie wird in kürzester Zeit wieder bei Kräften sein.« »Ich danke Ihnen. Sie haben mir wirklich sehr geholfen.« Alexa hörte Stimmen, die sehr weit weg klangen. Sie kannte die Stimme nicht, doch eine kam ihr so bekannt vor, doch konnte sie einfach nicht heraushören, zu wem diese gehörte. Sie öffnete kurz ihre Augen. Das Licht blendete sie jedoch so stark, dass sie sie im nächsten Moment wieder schloss und leise aufstöhnte. Matt hatte bemerkt, dass Alexa sich gerührt hatte und war schneller, als der Arzt schauen konnte, bei Alexa’s Bett angekommen. »Alexa? Hörst du mich?« Erneut öffnete Alexa ihre Augen und schaute Matt an. Sie sah alles verschwommen, weshalb sie nicht ganz erkennen konnte, wer vor ihr stand. Sie fasste sich mit der rechten Hand krampfhaft an ihren Kopf. »Mein Kopf tut so weh…«, kam es schwach von Alexa. Alexa fühlte sich wie gerädert. Ihr Kopf schmerzte. Sie hatte das Gefühl, als würde ihr Kopf platzen. Tausende, kleine Stiche rasten durch ihren Kopf und ließen das junge Mädchen abermals schmerzvoll aufstöhnen. »Ich gebe dir gleich etwas gegen deine Schmerzen«, sagte Matt, der sichtlich erleichtert war, dass Alexa wieder aufgewacht war. Nachdem die 17-Jährige plötzlich zusammen gebrochen war, hatte er auf schnellstem Wege seinen privaten Arzt kontaktiert, der keine Zeit verloren hatte und nach weniger als 10 Minuten bei Matt auf der Matte stand. Er war froh darüber gewesen, dass er sich so gut auf seinen Arzt verlassen konnte. »Was ist passiert? Ich kann mich an nichts mehr erinnern. Wie bin ich hier her gekommen?« Alexa hatte inzwischen wieder ihre klare Sicht erhalten und konnte somit erkennen, wo sie sich gerade befand. Sie beobachtete Matt, der am anderen Ende des Zimmers etwas in einem Schrank suchte. Nachdem er gefunden hatte, was er suchte, kam er lächelnd zurück zu Alexa. »Hier«, sagte er, gab ihr eine Tablette und überreichte ihr ein Glas Wasser. »Das wird deine Schmerzen lindern.« Alexa setzte sich etwas auf, nahm die Tablette und das Glas entgegen. Mit einem mulmigen Gefühl in der Magengegend schluckte sie die Tablette und nahm einen kräftigen Schluck von dem Wasser. Alexa hasste Tabletten! Nachdem sie diese Hürde überstanden hatte, legte sie sich wieder zurück in die weichen Kissen. Müde schloss sie ihre Augen. Im nächsten Moment zuckte ein starker Schmerz durch ihren Kopf und mit einem Mal kamen die Erinnerungen wieder zurück. Erinnerungen, die sie am liebsten für immer in einer Kiste verschlossen und ganz weit weg gepackt hätte. Tränen sammelten sich in ihren Augen und suchten sich einige Sekunden später erneut ihren Weg über ihre Wangen. »Ich werde Mama nie wieder sehen«, flüsterte sie traurig. Ihr Herz zog sich qualvoll zusammen. Jetzt hatte sie nicht nur ihren Vater verloren, sondern auch noch das letzte Stück Familie, was ihr geblieben war. Matt schwieg. Er wusste einfach nicht, was er in dieser Situation sagen, geschweige denn tun sollte. Also ließ er Alexa die Zeit, die sie brauchte, um das geschehene zu verarbeiten.   Es war bereits eine Stunde vergangen seitdem Alexa wieder aufgewacht war. Inzwischen war es später Nachmittag. Das junge Mädchen hatte einfach nur im Bett gesessen und stumm die Wand gegenüber angeschaut. Kein einziges Wort hatte sie mehr gesagt. Matt stand im Türrahmen und beobachtete sie traurig. Was sollte er bloß tun? Jason trat an Matt vorbei in ihr Zimmer. Langsam tapste er auf ihr Bett zu, sprang auf dieses und schaute Alexa mit traurigem Blick an. Vorsichtig leckte er ihr über ihre Wange, um die Tränen etwas zu entfernen und legte sich dann neben sie auf das Bett, den Kopf auf ihren Bauch liegend. Alexa streichelte Jason sanft über seinen Kopf und kraulte seinen Nacken. »Jason…« Der Hund blickte auf und leckte Alexa freudig einmal quer übers Gesicht. Alexa schaute ziemlich überrascht auf Jason, der fröhlich mit dem Schwanz wedelte und einmal laut bellte. »Ist ja schon gut, Großer!«, sagte sie und streichelte ihm erneut über den Kopf. »Scheint wohl, dass Jason eine besondere Gabe besitzt«, kam es von Matt, der noch immer am Türrahmen stand. Alexa, die ihn nicht im Blickfeld hatte, zuckte kurz zusammen und schaute ihn an. »Scheint so.« »Wirst du zur Polizei gehen?«, fragte Matt nach und betrat nun das Zimmer gemeinsam mit Leila. Alexas Blick wurde leer. Ihr schossen die Bilder durch den Kopf, als sie ihre Mutter das letzte Mal gesehen hatte. Wie Jack sie in ihrem Griff hatte, wie verletzt und ängstlich ihre Mutter geschaut hatte. »Ja«, antwortete sie. »Ich will, dass Jack genauso leidet, wie meine Mutter leiden musste!«   Inzwischen waren drei Tage vergangen. Seit dem tragischen Vorfall am Morgen, hatte Alexa sich wieder einigermaßen gefasst. Heute war Lia’s Beerdigung. »Können wir, Alexa?« Die braunhaarige kam nach einigen Minuten die Treppen hinunter gestiegen. Sie trug ein schwarzes Kleid und hatte eine kleine schwarze Tasche an ihrem Arm hängen. Sie rief Jason zu sich und streichelte ihm kurz über seinen Kopf. In den letzten Tagen waren die beiden keinen Schritt mehr alleine gegangen. Jason war immer an ihrer Seite, beschützte sie vor allem und jeden. So sollte es auch heute der Fall sein. »Jetzt können wir«, erwiderte sie. Gemeinsam verließen die drei das Haus. Leila war von nun an dafür zuständig, dass keine Unbefugten das Haus betreten konnten. Nach einer 10-Minütigen Busfahrt stiegen die beiden wieder aus, dicht gefolgt von Jason. Einige Schritte später standen sie auf dem großen Friedhof, auf dem ihre Mutter beerdigt werden sollte. Mit langsamen Schritten bewegte Alexa sich, gemeinsam mit ihrem Vierbeiner, auf die Kirche zu. Auf dem Weg dorthin begegneten ihr bereits einige alte Bekannte ihrer Mutter, die ihr Beileid aussprachen und unter Tränen weiter gingen. Alexa hatte sich daran gewöhnt. Jedes Mal, wenn jemand starb, kamen die ganzen Heuchler wieder aus ihren Löchern gekrochen. Sie wollten sich wichtigmachen, dabei hatten sie Lia nie in der Not geholfen. Die braunhaarige betrat die Kirche, setzte sich mit Matt in die vorderste Reihe und zeigte Jason an, dass er sich neben die Bank legen konnte. Nach einer Stunde war die Beerdigung zu Ende. Alexa, Matt und Jason waren nun die einzigen, die noch an Lias Grab standen. Nun erlaubte sich die 17-Jährige endlich zu weinen. Sie wollte nicht vor den ganzen Leuten weinen, doch vor Matt brauchte sie sich nicht zu schämen. Hatte er sie in den letzten Tagen mehr als genug weinen gesehen. Alexa hielt eine Rose in ihrer Hand, die sie nun auf das Grab ihrer Mutter legte. »Lebe wohl, Mama…« Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)