Ein Lachen wie der Sommer von Anna-Earwig ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Ein Lachen wie der Sommer Der September hatte gerade erst begonnen, doch schon erinnerte er mich bitter daran, dass der Sommer nun endgültig vorbei war. Zum ersten mal seit langem trug ich meinen langen Mantel. Ein seltsames Gefühl, wenn man bedenkt, dass ich monatelang nur in kurzen Shirts rumgelaufen bin. Ich vermisste den Sommer und vor allem die Wärme jetzt schon. Kaum zu glauben, dass ich den herbst als Kind liebte. Manchmal wünschte ich mir diese Unbeschwertheit eines kleinen Kindes wieder. Wenn man klein war, war einfach alles bunter, schöner und leichter. Jede Jahreszeit hatte einen einzigartigen Zauber, selbst mein verhasste Herbst. Langsam stapfte ich durch das nasse, matschige Laub und erinnerte mich an die Zeit, in der ich Kastanien sammelte und durch das Laub tollte. Ein trauriges Lächeln huschte über mein Gesicht und weckte mich aus meinen Träumereien. Den Himmel, den sonst so wunderschönen Himmel, färbte jetzt ein dreckiges grau. Nach einer gefühlten Ewigkeit war ich da: Ein kleiner Laden am Ende des Stadtviertels. Ich hatte schnell alles was ich brauchte und machte mich auf den Heimweg. Kaum als ich den Laden verließ, begann es zu Regnen. Erst waren es nur ein paar tropfen, doch schon bald musste ich meinen Regenschirm aus der Tasche holen. Genervt schlurfte ich die matschige Straße entlang. Trotz des Schirms durchweichte der Schirm meine Jacke, was mein Laune noch mehr sinken ließ. Zusammengefasst: Der Herbst kotzte mich echt an. Doch plötzlich zerriss etwas meine schlechte Laune: Ein Lachen ertönte plötzlich und unerwartet. Ich schaute hoch und sah ein Mädchen auf der anderen Straßenseite. Sie hatte die Arme ausgebreitet und stand lachend im Regen, den Kopf zum Himmel gerichtet. Sie hatte weder einen Regenschirm,noch eine richtige Jacke. Sie stand einfach da und lachte. Doch irgendwas hatte dieses Lachen. Es war kein normales Lachen, es war einzigartig. Warm, herzlich, wunderschön- es war wie der Sommer. Ich schaute ihr eine Weile zu und erwischte mich selbst bei einem Lächeln. Ich wurde neugierig und rief: „Was machst du da? Ist es nich ein wenig zu kalt ohne Jacke?“ Das Mädchen, das bis mich bis dato nicht bemerkt hatte, schaute erschrocken zu mir und antwortete, immer noch mit einem Lächeln auf den Lippen: „Na und? Der Regen ist wunderbar- komm doch her!“ Ich zögerte kurz, wechselte dann aber doch die Straßenseite. Ich war ein wenig misstrauisch, doch meine Neugierde war größer. Das Mädchen lächelte noch immer.„Und wer bist du? Hab dich noch nie hier gesehen,“ fragte ich sie gelassen. „nenn mich Warai und wer bist du?“ ich legte den Kopf leicht schief. Ich solle sie „Warai" nennen, hieß das nicht „Lachen“? „ich bin Bao, aber zurück zu dir: wieso hast du das da eben gemacht?“ Warai zuckte mit den Schultern.„Einfach so“ „Einfach so?“ fragte ich. „Ja,einfach so. Aus Spaß. Das Leben ist viel zu kurz um Trübsal zu blasen. Sollte man nicht lieber Lachen und das Leben genießen? Oder einfach mal im Regen stehen und lachen?“ Darauf sagte ich nichts, ich nickte nur. Irgendwie hatte sie recht. Doch bevor ich etwas sagen konnte schnappte sie sich meine Hand, legte den Regenschirm beiseite und begann mit mir zu tanzen. Ich wollte mich wehren, doch es begann Spaß zu machen. Wir drehten uns im Regen, tanzten zu imaginärer Musik und Lachten. Es war unglaublich. Mein Lachen spiegelte sich in ihren kristallblauen Augen. Weder Regen, noch Kälte oder der Matsch machten mir was aus. Der Regen prasselte einfach auf mich herab, erfüllte mich mit Leben. Zum ersten mal seit Jahren fühlte ich mich wieder wie ein Kind. Doch wir konnten nicht ewig tanzen. Nach kurzer Zeit holte die Realität, beziehungsweise die Kälte, uns wieder ein und wir hörten auf. Wir hörten kurzerhand auf zu lachen und verabschiedeten uns: „Warai ,ich muss los. Aber vielleicht sehen wir uns ja nochmal“ Ich nahm den Schirm und lächelte leicht bedrückt. „Ja, vielleicht tun wir das. Doch vergiss nie: Lebe. Das ist das seltenste auf der Welt- die meisten Menschen existieren nur... “ Das war das letzte was sie sagte bevor sie ging. Sie hatte frei nach Oscar Wilde zitiert. Und obwohl ich sie nie wieder sah, hörte ich ihr Lachen immer wenn es regnete. Genauso wie ihre Worte immer in meinem Kopf hallten. Diese Begegnung hatte mein Leben für immer verändert. Ich lebte mein Leben und immer wenn es regnete ging ich nach draußen, drehte mich im Regen in der Hoffnung sie wieder zu sehen... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)