Scare me von Reid (Criminal Minds) ================================================================================ Kapitel 4: Erkenntnisse ----------------------- „Peter Caleb.“ sagte der untersetzte, grauhaarige Gerichtsmediziner und deutete mit einer ausladenden Geste auf den nackten Körper, dessen flache Brust durch einen langen, frisch genähten Schnitt zweigeteilt wurde, als wolle er ihn den beiden Agents auf eine sehr morbide Art und Weise vorstellen. Dr. Stenson war ein unruhiger kleiner Mann, dessen beinahe wässrige Augen ein ums andere Mal ihren Bezugspunkt wechselten, als wäre es ihm unangenehm, lebenden Menschen länger als nötig seine Aufmerksamkeit zu schenken. „Meine Assistentin und ich haben die Obduktion bereits gestern Vormittag beendet, die üblichen Proben befinden sich bereits im Labor.“ Sein schmutzig grauer Schnurrbart wackelte leicht, und er befeuchtete sich mit der Zunge die Lippen, während Derek Morgan sich über den Leichnam beugte, um ihn sich genauer anzusehen. Spencer folgte seinem Beispiel, umrundete langsam das kalte Metallgestell und betrachtete den bleichen, bloßgestellten Leib. Stenson räusperte sich, runzelte unwillig die Stirn und wackelte von einem Bein auf das Andere. Das folgende Schweigen schien ihm nicht zu gefallen, denn es folgte ein weiteres Hüsteln. „Wir haben es hier mit insgesamt vierunddreißig Messerstichen zu tun, ausgeführt von einem Jagdmesser mit einer 9cm Klinge. Die Heftlänge dürfte gute 11cm betragen. Zwei Stiche direkt ins Herz, einer in die Lunge, von denen jeder tödlich gewesen wäre.“ Wieder legte sich die Stille über den sterilen, weiß gekachelten Raum. „Es ist deutliche Brutalität hinter den Stößen zu erkennen.“ setzte der Pathologe nun wieder ein wenig ungeduldig an und holte Luft, um seine Beobachtungen weiter zu schildern, wurde jedoch von Dereks Stimme unterbrochen. „Overkill.“ stellte dieser nun ernüchtert fest, legte die Stirn leicht in Falten und verharrte mit den dunklen Augen auf den klaffenden Einstichen, die ein trauriges Muster auf dem blassen Körper hinterlassen hatten, der von weiteren Wunden und Prellungen geziert war. „Ja.“ Stenson schnappte nach Luft und deutete mit seinem Kugelschreiber, der in der behandschuhten Hand leicht zitterte auf einen Einstich an der Innenseite des rechten Oberschenkels. „Diese Wunde ist nicht so tief, wie die anderen und ein paar Tage älter. Ebenso wie die Schnitte an Gesäß und Rücken.“ Um ihnen zu zeigen, wovon er sprach, legte er seine kurzen Finger an die schmale Hüfte und hob den Körper etwas an. „Es gibt noch weitere Hinweise auf Folter. Zwei Rippen sind gebrochen, das Schlüsselbein deutlich geschwollen, aber es gibt deutliche Anzeichen dafür, dass diese Verletzungen behandelt worden sind. Wir haben Rückstände von Mullverbänden, sowie Salben an den Wundrändern ausmachen können.“ „Was ist mit diesen Hämatomen?“ mischte Spencer sich nun ein und deutete auf eine Reihe unterschiedlich gefärbter Flecken auf den Schenkelinnenseiten, dem Hals des Jungen und seinen hervorstehenden Hüftknochen. „Knutschflecke.“ entgegnete Derek und blickte seinen Kollegen mit erhobener Braue über den toten Peter hinweg an. Nun war es an Reid, sich zu räuspern, leicht zu nicken und zu hoffen, dass das unbarmherzig grelle Licht nicht offenbarte, dass diese Belehrung das Blut in seine Wangen getrieben hatte. Knutschflecke. Natürlich. Über den Missbrauch wussten sie bereits bescheid. Diese grausame Tatsache war recht früh in die Fallakte aufgenommen worden. Und auch der Rest dieses traurigen Bildes menschlicher Gewalt glich im wesentlichen dem, was dem anderen Jungen, Marcus Donovan, wenige Wochen zuvor widerfahren war. Das gleiche Muster, der gleiche Hergang. Beide waren in leerstehenden Gebäuden abgelegt worden, die Arme seitlich neben dem geschunden Körper, die Beine gespreizt, umringt von heruntergebrannten Kerzen, nachdem ihre Familien sie einige Tage zuvor als vermisst gemeldet hatten. „Er foltert seine Opfer, versorgt jedoch ihre Wunden.“ murmelte Spencer und begann nun, neben der Bahre auf und ab zu gehen, während er zusammenfasste, was sich ihnen als erster Eindruck offenbarte. „Er hält sie über Tage hinweg versteckt, doch sie zeigen keine Zeichen von Dehydrierung. Er kümmert sich um sie, doch irgendwann wird seine Lust zu töten so groß, dass sie ihn übermannt und er in einen wahren Blutrausch gerät.“ folgerte er und setzte weiterhin ein schlankes Bein vor das Andere. „Oder seine Wut.“ ergänzte Derek und strich sich über das Kinn. „Vielleicht versucht er etwas in ihnen zu sehen und muss erkennen, dass sie doch nicht das sind, wonach er verlangt. Immerhin sind beide Opfer vom gleichen Typ. Schlank, hochgewachsen, beinahe schmächtig, helles Haar.“ Reid nickte nachdenklich. Unweigerlich trat ihm das Bild von Jonathan Seaker vor Augen. Seine Verstrickung in diese Sache war nicht zu leugnen, was fehlte, war der Zusammenhang. Ein schriller Ton unterbrach seine Gedanken und er brachte einen Moment, um zu verstehen, dass es sich hierbei um das kleine Mobiltelefon handelte, das sich in der Brusttasche seines Hemdes befand. „Entschuldigung.“ er nickte den beiden anderen Männern zu, trat auf den mit Linoleum ausgelegten Flur und warf einen Blick auf das Display. Es waren nicht wie zu erwarten Hotch oder Garcia, sondern ein unbekannter Teilnehmer. „Reid?“ meldete er sich und spürte, wie es ihn kalt erschauderte, als am sich am anderen Ende niemand meldete, sondern lediglich tiefe Atemzüge in sein Ohr drangen. „Hallo?“ fragte er und spürte, wie sich eine Gänehaut auf seinen Gliedern bildete. „Wer ist da? Mit wem spreche ich?“ Nun, eigentlich war es nur er selbst der sprach. Durch die Nervosität eine Oktave zu hoch und vermutlich eine Spur schneller als üblich. Doch alles was folgte war ein leises Knacken, als die Verbindung unterbrochen wurde und man ihn einfach verwirrt stehen ließ. Hosted by Animexx e.V. 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