Die Bedeutung von Schnee... von Sternenschwester (Angst und Kälte) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Übermütig zerrte Alfred die Rodel hinter sich her als sie beide den Hang hinauf stiegen. Er meinte beinahe deutlich hören zu können, wie Ivan hinter ihm missmutig vor sich hin grummelte. Endlich waren sie an am oberen Ende der Piste angekommen. Ohne auf die nicht gerade heitere Laune des anderen zu achten, drehte sich der Amerikaner um und grinste den Hünen an. "Selbst du musst zugeben, dass es hier einfach traumhaft ist!" Mit bester Laune stemmte Alfred die Hände in die Hüften und zog tief die frische, kühle Luft ein. Selbst wenn er ein wenig fror, -schließlich war er ja ein Held und dickere Kleidung nur was für Weichlinge-, genoss er die Aussicht und ihren kleinen Ausflug in vollen Zügen. Ivan hingegen, welcher in seinem dicken Mantel und seiner brummigen Laune eher den Eindruck eines missmutigen Bären machte, schien sich bei weitem nicht so wohl zu fühlen wie der Amerikaner. "Gut, wollen wir?" Alfred machte eine einladende Handbewegung in Richtung Rodel. Ivan warf ihm hinter seinem Schal, den er sich tief ins Gesicht gezogen hatte, einen eindeutigen verneinenden Blick zu. "Njet, ich warte hier auf dich.", brummte die russische Föderation wenig begeistert, als er merkte, dass das Enerigebündel Made in USA nicht locker ließ. "Ach, jetzt komm schon! Dude! Das wird lustig." Übermütig zerrte der Blondschopf am Arm des Russen, wobei er sein ganzes Gewicht nach hinten verlegte. Dennoch bewegte sich der Riese keinen Zentimeter. Wiederum gewann die Nation aus dem Norden wenigstens ein wenig gute Laune dabei zurück, denn mit der Zeit schien es als wäre der Aschblonde über die Versuche seine Masse bewegen zu wollen eher amüsiert als verärgert. Doch Augenblicke später wich der belustigte Ausdruck in seinen Augen dem der Überraschung, als ihn Alfred zu Boden riss, nachdem dieser aus einer anderen Position an ihm gezogen hatte und dabei im Schnee ausgerutscht war. Nun kugelten sie beide neben der Rodel im Schnee und Alfred fluchte unerhörte Wörter, als er sich in den Armen des anderen wiederfand. Doch nach kurzer Zeit beruhigte er sich, als er spürte wie ihn der Riese fester an sich presste. Ein leises Lachen erklang an sein Ohr und er musste mit ein wenig Schamgefühl, an die vergangene Nächte denken. Es war für ihn noch ungewohnt, sich von einem ehemaligen Feind in solcher Vertraulichkeit anfassen zu lassen. Eine Weile blieben sie so und betrachteten schweigend die verschneite Landschaft vor ihnen. "Sag mal...", begann dann der Amerikaner zögerlich, als sich die Kälte langsam aus seinem Körper zurückzog. "Warum magst du den Schnee nicht? Ich dachte dein mächtigster Verbündeter ist der Winter?" Russland ließ sich sehr lange Zeit mit einer Antwort, so als würde er jedes Wort zuerst abwägen, bevor er sich entschloss es auszusprechen. "Vielleicht deswegen... weil er auch mein grausamster Verbündeter ist. Erfrieren ist ein solch grausamer Tod. Und einsam zu sterben, unterkühlt oder verhungert, ist eines der Schicksale, welche ich besonders widerwärtig finde." Alfred versuchte sich umzudrehen, doch der andere hielt ihn derart an sich gedrückt, dass es ihm misslang. "Der Schnee erinnert mich an ihn. Er erinnert mich an jeden verdammten, einzelnen Tag, an dem er mich aufgesucht hat, um seinen Blutzoll zu holen. Sein Lachen, sein grausames Lächeln, seine stolze Haltung... Er mag mein Verbündeter sein, aber ich schätze seine Gesellschaft nicht und somit auch nicht die Präsenz von Schnee." Die Stimme des Russen wurde rau und Alfred verstand, dass er ein Thema angeschnitten hatte, über welches der andere nicht gerne sprach. "Ich mag den Sommer am liebsten. Besonders die Tage, wo die Sonnenblumen blühen. Es hat was Erwärmendes dieses Meer von Gelb vor sich zu sehen." Der Amerikaner legte sich die Enden des Schales um die Schultern und begann mit steifen Fingern an den zierlichen Quasten herum zu spielen. Er hatte irgendwie das Bedürfnis auch seine Meinung kund zu tun. "Ich mag Schnee... und auch den Winter. Immer wenn Schnee draußen lag, hat es Arthur uns immer besonders kuschelig eingerichtet. Selbst als wir älter wurden, waren die gemütlichsten Abende die ich verbracht habe immer im Winter. Durch die Kälte sind wir immer näher an einander gerückt. Außerdem kann man viel Spaß haben." Alfred legte den Kopf in den Nacken, um in die violetten Augen schauen zu können, aber alles was er sah, waren die aschblonden Strähnen, welche unter der Fellmütze des Russen hervorlugten. "Der Winter muss nicht unbedingt grausam sein, er hat auch schöne Seiten und bringt Menschen zusammen." -So wie wir...- Doch diesen Gedanken sprach Amerika nicht aus. Plötzlich spürte er wie zwei Fäustlinge sich über seine nackten Finger legten und durch das Leder durch die abgekühlte Haut zu massieren begannen. "Außerdem erinnert mich der Schnee ein wenig an dich...", flüsterte der Jüngere abschließend. Die rötliche Farbe auf den Wangen, bedingt durch die kühle Umgebungstemperatur, intensivierte sich. Russland hingegen zeigte keine Reaktion auf den letzten ausgesprochenen Satz. "Du hast nicht Angst vor der Kälte, sondern vor der Einsamkeit, welche man mit ihr assoziiert?", redete Alfred einfach weiter, als eine angemessene Reaktion ausblieb und betrachtete dabei die großen Hände, welche in den Fellfäustlingen steckten. "Mhm..." Der selbst ernannte Held wusste, dass nicht mehr aus dem Russen rauszubekommen war. Tief in einem der letzten Winkel seiner Seele, schmerzte es ihn, dass sich Ivan ihm nicht anvertraute. Doch umgekehrt war er sich selber nicht sicher, ob er bereit wäre, seine Schwächen und Ängste zu offenbaren. Vielleicht war dafür das Band ihrer Beziehung noch einfach zu zart und zu frisch, für solche Vertrauensbeweise. Für die folgenden Minuten kuschelte er sich an den Größeren, während Ivan hingegen voll und ganz zufrieden schien, einfach hier mit ihm im Arm zu sitzen und in den blauen Himmel zu starren um seinen Gedanken nachzuhängen. So verging eine ganze Weile, wobei Alfred, mit weiterem Verstreichen der Zeit, immer stärker den Drang verspürte dem anderen was mitzuteilen. "Ähh, Ivan?" "Mhm?" "Ich glaube mein Hosenboden ist komplett durchgeweicht..." Der Russe seufzte erhaben. "Dann müssen wir wohl oder übel runter rodeln. Ich habe dir doch gesagt, dass es Schwachsinn ist, nur mit einer Jeans und einer dünnen Weste Rodeln zu gehen." Er ignorierte das feundestrahlende Gesicht des Amerikaners und meinte dann noch, "Du kannst manchmal ein ziemlicher Trottel sein." "Ich weiß, aber dennoch liebst du mich..." Alfred drehte sich um und zog über den Schal das Gesicht des anderen zu sich runter, bevor er seine durch die Kälte spröden Lippen auf die des anderen legte. -Und Angst vor der kalten Einsamkeit brauchst du auch nicht mehr zu haben...- Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)