Weihnachtszeit mal anders von Nightalp ================================================================================ Kapitel 18: 18.12.20XX ---------------------- 18.12.20XX Sie standen wieder vor einer Wand. Diesmal war es eine braune Wand, und sie gehörte weder zu einer Bank noch zu einem Casino, sondern lediglich zu der Privatvilla eines der reichsten Männer der USA – so reich, dass er es sich leisten konnte, dieses Haus leer stehen zu lassen, während nur wenige Straßen weiter Menschen keine Unterkunft hatten. Vern wusste, dass er sich nicht wirklich schlecht fühlen musste, bei diesem Mann einzubrechen. Selbst wenn er das Haus zusammenbrechen und das Geld zu Staub zerfallen lassen würde, würde der Mann den Verlust kaum bemerken. Trotzdem war es fremdes Eigentum. Allerdings hatte Ric in seinem Bemühen, ihn umzustimmen, zumindest teilweise Erfolg gehabt. Vern gab es nicht gern zu, aber bei dem Gedanken, sich noch einmal von dem anderen eine Unterrichtsstunde in Selbstverteidigung geben zu lassen – was im Endeffekt darauf hinauslief, sich von diesem verprügeln zu lassen -, wurde ihm übel. Also hatte er nachgegeben. Der Geist ist willig, doch das Fleisch ist schwach., dachte er und rieb sich über die Rippen, die von violetten und gelben Flecken übersäht waren, wo Ric ihn getreten hatte. Er konnte von Glück reden, dass der Boss ihn lebend brauchte, und auch in gutem Zustand, sonst wäre er ganz sicher nicht so glimpflich davon gekommen. Und das hätte den zweiten Teil seines Plans um einiges schwieriger gemacht. Rasch unterdrückte er den Gedanken. Ric hatte die unheimliche Fähigkeit, ständig zu wissen, wann er rebellisch zu werden begann, und verpasste ihm dann jeweils sofort eine Ohrfeige, die sich gewaschen hatte. „Nicht zögern!“, zischte er auch jetzt, und Vern zuckte zusammen. Die Boshaftigkeit in der Stimme des anderen verursachte ihm Gänsehaut. Rasch legte er die gespreizten Finger auf die Wand, genauso wie er es zuvor bei der Gartenmauer getan hatte, und rief seine Macht herbei. Sie kam widerwillig – er hatte schon früh bemerkt, dass es ihm schwerer fiel, sie auszuüben, wenn er es nicht wirklich wollte. Dennoch kam sie, und er spürte mit ihr in das Mauerwerk vor sich hinein. Er spürte das Alter des Gebäudes – es musste schon einige Jahrzehnte hier stehen und war immer wieder ausgebessert und erweitert worden – dann veränderte er es. Langsam, als drehe er an einem Regler, ließ er den Stein und Zement vor sich altern, bis er brüchig wurde, Risse bekam. Als der Halt zwischen den Ziegeln zu schwach wurde, brachen erst einzelne Stein ab, dann immer mehr, bis endlich ein fast rundes, 2 Meter großes Loch in der Mauer vor ihnen klaffte. „Na bitte, geht doch.“, sagte Ric hinter ihm und Vern musste die Zähne zusammen beißen, um den anderen nicht merken zu lassen, wie erschöpft er war. Immerhin hatte er zuvor schon ein Loch in der Außenmauer geschaffen und die diversen Kameras und andere Sicherungen außer Kraft gesetzt. Allerdings fürchtete er, was Ric tun würde, wenn er merkte, wie sehr die Ausübung seiner Fähigkeit Vern anstrengte. Im Moment hatte er jedoch glücklicherweise besseres zu tun. Mit einem scharfen Blick wandte er sich Vern zu und sagte: „Du bleibst hier!“, ehe er durch das Loch trat und sich auf die Suche nach dem Tresor machte. Da er die Kombination kannte, brauchte er dafür Verns Hilfe glücklicherweise nicht - was genau das war, worauf dieser gewartet hatte. Er kniete sich hin, griff in den Staub zu seinen Füßen, und warf in das Loch. Eine kurze Berührung mit seine Gabe, und der Staub erinnerte sich daran, dass er noch Minuten zuvor Jahre jünger und eine Mauer gewesen war. Einige Handvoll Staub mehr und die Bresche in der Außenmauer des Hauses war wieder geschlossen. Mit ein bisschen Glück würde Ric gefasst werden, aber selbst wenn der Verbrecher entkommen konnte musste er immer noch einen anderen Weg aus der Villa finden – Zeit genug für Vern, um abzuhauen. Zum ersten Mal seit langer Zeit wieder grinsend lief er zur Mauer und schwang sich hinüber. Dann verschwand er lautlos in der dunklen Gasse dahinter. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)