Written Pages von Jessa_ ================================================================================ Kapitel 3: Anchor ----------------- Kapitel 3: Anchor Über eine halbe Stunde verging, bis Sasuke erneut heftig blinzeln aufwachte. Kakashi hatte sich vor wenigen Minuten auf in die Küche gemacht und seitdem lauschte Itachi dem leisen Klirren von Geschirr. Er drehte den Kopf rüber zu seinem Bruder und lächelte ihm zu. „Hast du gut geschlafen, Sasu?“, fragte er flüsternd und hoffte, dass dieses Mal auch seinem kleinen Bruder das Flüstern gelang. „Uh-huh“, machte dieser jedoch nur und kuschelte sich an seine Seite. Itachi legte den Arm um seine Schultern und seinen eigenen Kopf gegen den des Jüngeren. Er wünschte ihre Mama wäre hier. Bei den Gedanken an sie kamen ihm die Tränen, aber er zwang sich, nicht zu weinen, so wie er schon den ganzen Tag das Bild von seiner toten Mutter verdrängte. „Ich hab Durst, Itachi“, hörte er das misslungene Flüstern seines kleinen Bruders. „Bleib hier“, sagte er, löste widerwillig die halbe Umarmung und rutschte vom Sofa. „Ich hol’ dir was.“ Itachi öffnete die angelehnte Tür und trat einen Schritt in die Küche. „Könnte ich…“, begann er, stockte dann aber, bis Kakashi sich ganz zu ihm umdrehte und fing erneut an. „Könnte ich etwas zu Trinken haben, bitte?“ „Natürlich.“ Kakashi ging zum Kühlschrank, nahm ein Packet Saft aus der Seite und stellte es auf die Küchentheke. Dann öffnete er einen Hängeschrank, nahm ein Glas, blickte zu Itachi und fragte: „Möchte dein kleiner Bruder auch was zu trinken?“ „Das ist für Sasuke“, murmelte Itachi, obwohl er zuerst nicht hatte sagen wollen, dass es für seinen Bruder war. „Dann hast du keinen Durst?“, fragte Kakashi, während er den Saft eingoss, und der Junge schüttelte den Kopf. Er konnte einen Schluck bei Sasuke trinken. Itachi wollte nicht, dass sein Bruder und er gierig wirkten. Er nahm das Glas voll Saft entgegen, sagte artig: „Danke“, und ging zurück ins Wohnzimmer. Dort gab er es an seinen Bruder weiter und ließ ihn so viel trinken, wie er mochte. Als das Glas halb geleert war, blickte der Kleine auf und fragte: „Magst du auch?“ Itachi nickte bloß. Sofort hielt Sasuke ihm das Glas an die Lippen. Der Ältere legte die Hände um die seines kleinen Bruders, trank einen Schluck, aber ließ den größten Teil für Sasuke übrig. Itachi fuhr unbewusst mit der Zunge über die, vom Saft, süßen Lippen. Es war nett von Agent Hatake ihnen so was Leckeres zu geben. Überhaupt war Agent Hatake nett zu ihnen, aber Itachi wollte seine Achtsamkeit nicht aufgeben. Es hatte auch Momente gegeben, da war ihr Vater nett zu ihrer Mama, Sasuke und ihm. Als das Glas leer war, nahm Itachi es, bedeutete Sasuke erneut hier auf ihn zu warten und brachte es zurück in die Küche. Er wollte keine Unordnung machen. Zuhause hatte er früh gelernt, dreckiges Geschirr immer in die Küche zu bringen. Agent Hatake stand immer noch am Geschirrspüler und war gerade dabei ihn wieder zu füllen. Itachi trat näher und reichte ihm das Glas. Der Mann nahm es und fragte: „Möchtet ihr noch was?“ Itachi schüttelte den Kopf. Er wollte schon – der Saft war wirklich lecker gewesen – aber Sasuke hatte später sicherlich noch mal Durst. Wenn Itachi jetzt noch was nahm, sank die Wahrscheinlichkeit, dass sie später wieder etwas bekamen und Itachi musste an seinen kleinen Bruder denken. Er trat rückwärts einen Schritt nach hinten, als Kakashi sich, nachdem er das leere Glas in die Spülmaschine geräumt hatte, erhob. Er zog das von Sasuke gemalte Bild aus seiner Hosentasche, faltete es auf, strich es glatt und ging zum Kühlschrank. Er löste zwei Magnete von der glatten Oberfläche und hielt sie Itachi entgegen. „Mit welchem sollen wir es dran pappen?“ Kakashi glaubte, über Unverfängliches mit dem Jungen zu reden, konnte dazu führen, dass er sich sicherer fühlt. So jedenfalls hatte Jiraiya das damals bei ihm erreicht, als er den ersten Tag dort gewesen war. Er hatte nicht nach seiner Vergangenheit gefragt, ihn nicht bemitleidet; er hatte ihn einfach angenommen und ihn wie einen ganz normalen Jungen behandelt. Bei Kakashi hatte es Wunder gewirkt und ohne den Mann, das wusste er sicher, wäre er heute nicht der, der er war. „Sie müssen das nicht aufhängen“, hörte er die ernste Stimme des Kindes. „Mein Bruder hat das bestimmt schon wieder vergessen.“ Und wenn nicht, würde er ihm schon erklären, warum Agent Hatake sein Versprechen nicht gehalten hatte. „Ich würde aber gerne, wenn ich darf, Itachi.“ Unbewusst legte sich die Stirn des Jungen in Falten. Fragte der Mann ihn grade wirklich um Erlaubnis? Er zuckte nur unsicher mit den Schultern. „Super“, hörte er die freudige Stimme des Agenten. „Also welcher Magnet ist cooler?“ Itachi schaute auf das Raumschiff, dann auf die gelbe Banane und zeigte auf ersteres. „Stimmt. Dumme Frage. Natürlich sind Raumschiffe cooler als Obst“, räumte Kakashi ein, grinste schief, befestigte die Zeichnung mit dem bunten Magneten an der Kühlschrankwand und drückte die Banane zurück an den Rand. Für die würde sich auch noch irgendwann ein Bild, eine Zeichnung oder irgendein anderes Zettelchen finden. Unschlüssig blieb Itachi in der Mitte der Küche stehen. Er wollte zurück zu seinem Bruder ins Wohnzimmer, aber er wusste nicht, ob er gehen durfte. Er sah dabei zu, wie Agent Hatake die letzten Tassen in die Spülmaschine räumte und sie, ohne sie anzumachen, zuschlug. Erst als der Mann sich auf den Weg ins Wohnzimmer machte, folgte er ihm. Es war egal, ob er durfte oder nicht – er würde seinen kleinen Bruder nicht mit einem Fremden alleine lassen. „Wer ist denn da wieder wach?“, machte Kakashi, gab sich besonders viel Mühe erstaunt zu klingen und setzte sich an den Rand des Sofas. Itachi ging zurück zu seinem Platz neben Sasuke und nahm die Hand des Kleinen. Der grinste Agent Hatake nur zu, woraufhin dieser leise lachte. „Na dann können wir ja endlich was zusammen spielen, richtig? Dein Bruder wollte nämlich, glaube ich, nicht ohne dich spielen“, sagte Kakashi und hoffte die richtigen Worte gewählt zu haben. „Was spielen?“, fragte er Ältere misstraurig und war kurz davor seinen Bruder noch weiter von dem Mann weg zu ziehen. „Was ihr möchtet. Wir können etwas malen oder mit Bastelknete spielen. Ich kann auch Legosteine runterholen.“ „Bastelknete?“, fragte Sasuke und schien die Idee zu mögen. „Ja, habt ihr Lust dazu?“ „Ja!“, machte der Kleine freudig und auch sein Bruder nickte. Das schien ungefährlich zu sein und er konnte Sasuke gut im Auge behalten. Es war okay mit Bastelknete zu spielen, entschied Itachi. Die beiden Jungs wurden von Kakashi in die Küche geschickt. Sie würden am Esstisch basteln. Er ging hoch in Narutos Zimmer um die Kiste mit dem Play-Doh zu holen. Bastelknete war der große Hit bei dem Jungen und er hatte alles mögliche Zubehör wie stumpfe Messer und Scheren, kleine Hammer, Dr. Wackelzahn mit Zahnarztgeräten, Formen zum Ausstechen und das Schoolhouse-Set um Buchstaben und Zahlen bei seinem Lieblingsspiel zu üben. Die durchsichtige Spielkiste schleppte Kakashi nach unten in die Küche und stellte sie auf einem der leeren Holzstühle ab. Beide Jungen saßen artig auf ihren Plätzen, wobei Sasuke kaum über den Tischrand gucken konnte. Auch Naruto hatte das Problem noch, für sich aber schnell kapiert, dass er auch auf dem Stuhl knien konnte und Abendessen so eh viel mehr Spaß machte. Kakashi ließ ihn. Er wusste, dass es vielleicht nicht unbedingt pädagogisch wertvoll war, aber er sah keinen Sinn darin, sein Kind dafür zu ermahnen. Er tat es ja nicht ohne Grund und wenn sie im Restaurant essen waren, saß er ja auch anständig. Der Hatake holte die kleinen Kneteimer und das Zubehör aus der Kiste. Der Esstisch war groß genug und er wollte den Kindern zeigen, dass sie mit allem spielen konnten und nicht nur mit einem Teil der Sachen. Kakashi setzte sich gegenüber den Jungen hin, griff nach einem der kleinen Kneteimer und holte etwas von dem Inhalt raus. Er knetete die kleine Kugel in seinen Fingern, bis sie weich war und begann ein Tierchen zu formen. Der Hatake wollte die Jungen nicht drängen, deswegen ließ er ihnen die Wahl, wann sie zu einem der Spielzeuge griffen, aber er wollte ihnen zeigen, was man damit tun konnte. Itachi linste rüber zu Sasuke und wusste, dass er gerne spielen wollte, sich aber nicht traute. Manchmal was sein kleiner Bruder so unheimlich schüchtern und obwohl Itachi ihn sonst so häufig ermahnte, sich zu benehmen und leise zu sein, mochte er auch das nicht. Er wusste, dass Sasuke in solchen Momenten unglücklich war. Aber so war er sicherer! Itachi hob die Hände aus seinem Schoß und griff nach einem der kleinen Kneteimer vom Tisch. Er öffnete den Deckel und holte etwas von dem bunten Spielzeug heraus. Er würde seinem kleinen Bruder zeigen, dass es okay war zu spielen. Jedenfalls jetzt. Und wenn der Hatake doch seine Meinung ändern sollte, wäre hoffentlich er und nicht Sasuke der Adressat seiner Wut, weil er es war, der zuerst begonnen hatte, mit der Knete zu spielen. Itachi knetete ein paar Sekunden, spürte sie schon formbarer in seiner Hand werden und gab sie dann Sasuke rüber. Der Kleine vergnügte sich eine Weile damit, das Spielzeug in den Händen zu kneten, bevor er es auf seine flache Handfläche legte und mit der anderen zu einer langen Wurst rollte und später wieder zu einem Ball kugelte. Itachi nahm sich erneut ein bisschen aus dem gelben Eimer und formte ebenfalls eine Kugel. Er teilte die Kugel mit einem der stumpfen Messer vom Tisch und legte eine Hälfte beiseite. Dann griff er nach etwas brauner Knete aus einem anderen Eimer, formte kleine Flecken, die er auf den Halbkreis pappte. Aus noch mehr braun machte er ein rundes Gesicht und Füße für seine Schildkröte. Vom dem anderen gelben Halbkreis riss er ein paar Stückchen raus und formte Augen. Mit seinem kleinen Kunstwerk zufrieden, stieß er Sasuke ganz sachte an und zeigte es ihm. „Wow!“, machte der Kleine und staunte. Was sein großer Bruder alles aus Knete machen konnte! „Das ist ja eine tolle Schildkröte!“, meinte auch Kakashi bewundernd und hielt in seiner Bastelei inne. Der Junge schien echt vielseitig begabt. Zuerst seine strukturierte Art zu puzzeln und jetzt die Knetfigur. „Spielt ihr Zuhause oft mit Bastelknete?“ „Nein.“ Sasuke schüttelte traurig den Kopf. „Aber Mama hat mal welche selbst gekocht!“ Sasukes wusste, dass sein Vater es nicht mochte, wenn Itachi und er Unordnung machten. Er hätte nie Bastelknete erlaubt! Damit konnte man viel zu viel dreckig machen! Aber seine Mama hatte mal welche in der Küche aus Mehl gemacht, aber die war nicht so bunt gewesen wie die hier. Außerdem hatte sie ihr Gebasteltes nachher wegschmeißen müssen, damit Papa nicht schimpfte. Kakashi nickte. Er bezweifelte, dass jetzt ein guter Zeitpunkt war, die Kinder an ihre Mutter zu erinnern und über den Fall zu sprechen. Sie waren hier, um geschützt zu werden. Da sollte er sie nicht unnötig quälen. Der Hatake wandte seine Aufmerksamkeit wieder Itachis Schildkröte zu und meinte: „Aber die Schildkröte braucht doch ein paar Spielgefährten, oder nicht? Welche Tiere können wir denn noch basteln?“ Sasuke hob die Knie auf den Stuhl, um sich ein Stück über den Tisch lehnen zu können. Er wollte sehen, was der Mann für eine Figur bastelte. „Du machst einen Hasen!“, sagte er und blieb einen Moment so hocken, mit den Knien auf dem Stuhl und den flachen Händen auf dem Holztisch abgestützt. „Sasuke“, hörte er seinen großen Bruder raunen und spürte dessen Hand an seinem weißen Oberteil. „Setz dich richtig hin, Sasuke.“ „Hey hey“, sagte Kakashi. „Er kann ruhig so sitzen bleiben, Itachi. Alles ist in Ordnung, okay?“ Itachi nickte ergeben. „Ja“, sagte er dann und fuhr seinem kleinen Bruder sachte über den bedeckten Rücken um sich für seine harsche Art zu entschuldigen. Er hatte sich nur Sorgen gemacht! Ihr Vater hatte es nie erlaubt, dass sie unartig am Tisch saßen. „Und was bastelst du?“, fragte Kakashi den Kleinen. „Ich… uhm… ich kann das gar nicht gut…“, murmelte der und präsentierte eine gelbe, unsymmetrische Blume ohne Stiel. „Ach Quatsch.“ Kakashi schüttelte den Kopf. „Ich finde deine Blume richtig toll. Die braucht bloß noch einen Stiel, oder nicht?“ Der Kleine machte einen zustimmenden Laut, woraufhin Kakashi den Eimer mit der grünen Knete öffnete und ein kleines bisschen rausholte. Er gab sie Sasuke rüber und schaute zu, wie der Junge die Knete weich knetete und dann zu einer dünnen Wurst formte. Die drückte er ein bisschen auf dem Tisch platt, nahm sie dann hoch und pappte sie an die rote Blume. „Siehst du!“, meinte Kakashi lobend, „Du kannst richtig toll mit Knete basteln!“ Itachi lächelte, als er seinem Bruder beim Kneten zusah und die Ermutigungen und Lobeshymen von Agent Hatake hörte. Er wusste wie viel es Sasuke bedeutete, Lob zu bekommen. Ihre Mutter hatte sie beide immer so oft gelobt und auch Itachi versuchte Sasuke davon zu überzeugen, dass er toll malte und ließ ihn ganz oft in Spielen gewinnen. Irgendwie mussten sie ja versuchen, die Unzufriedenheit des Vaters Sasuke gegenüber zu kompensieren. Itachi griff nach dem Rest seiner gelben Knete und formte eine dicke Wurst, die er zu zwei Dritteln platt drückte und da knickte. Er nahm ganz wenig von der roten Knete und machte seiner Schnecke Augen, Mund und Fühler. „Uh, ich will auch eine Schnecke machen, Itachi!“, hörte er seinen, nun wieder viel selbstbewussteren, kleinen Bruder. „Dann mach doch, silly“, sagte er und grinste. Sein kleiner Bruder wusste, dass er ihn nicht für blöde hielt und er mochte seinen Spitznamen. Er streckte Itachi die Zunge raus (das machte er immer, wenn Itachi ihn silly nannte), nahm sich etwas blaue Knete und formte ebenfalls eine Wurst. Einundeinhalb Stunden, drei Schnecken, eine Baby-Karotte für den Hasen und einen knallgrünen Frosch später, hatten die Jungs genug vom Kneten und Kakashi begann die Sachen wegzuräumen. Ihre Basteleien stellte er auf die Fensterbank. Wenn die Jungen wollten, konnten sie die mit nach Hause nehmen. Solange war es völlig okay, wenn die da stehen blieben. Die Spielkiste jedoch brachte Kakashi wieder hoch in Narutos Zimmer und als er die Treppe runter ging, schellte es an der Tür. Er Hatake nahm die letzten Stufen und öffnete. Er begrüßte Rin mit einem Lächeln, hockte sich zu seinem Jungen runter und küsste ihn auf die Stirn. Sakura fuhr er über das blassrote Haar, das in der Sonne schon wieder rosa schien. „Entschuldige, dass wir schon so früh klingeln. Naruto hat dein Auto gesehen und hat sich nicht überreden lassen, erstmal mit rüber zu kommen. Stören wir?“ „Ach Quatsch, Rin“, meinte Kakashi, blieb in der Hocke und drückte Naruto an seine Seite. „Konntest es nicht abwarten, was Knirps?“ „Jep! Wenn das Auto da ist, bist du auch da und ich kann auch kommen.“ „Richtig. Heute bin ich schon was früher Zuhause, hm?“ Kakashi linste auf seine Armbanduhr, während Naruto fleißig nickte. Zehn vor vier, zeigte sie an. Er hatte ganz die Zeit vergessen. Um kurz nach drei holte Rin die Kinder üblicherweise aus der Day Care ab und behielt Naruto drüben bis er ihn, meistens irgendwann zwischen fünf und sechs, nebenan abholte. „Ich hätte dich gleich angerufen“, sagte Kakashi entschuldigend an Rin gerichtet, während er die Haustür hinter ihr und ihrer Tochter schloss. Er war ihr sehr dankbar für die Hilfe mit Naruto, da musste er sie nicht noch belasten, wenn er selbst auf den Kleinen Acht geben konnte. „Warum bist du schon Zuhause? Gab’s heute keine böses Seemänner?“ Kakashi lachte leise. Er hatte Rin irgendwann vor zwei Jahren erzählt, was er beruflich tat. Diese Ehrlichkeit hatte sie verdient, wo sie seinen Sohn nachts zu sich nahm, wenn er zu Notfällen gerufen wurde. „Kommt erstmal rein.“ Kakashi, schob Naruto ein kleines Stück von sich und meinte zu ihm und Sakura: „Geht ihr ein bisschen oben spielen, ihr Zwerge?“ Die Kinder nickten und liefen, kichernd über Kakashis Spitznamen für sie, die Treppe hinauf. Der Hatake wandte sich Rin zu und winkte sie in die Küche. Es war gut, dass er Itachi und Sasuke zuvor zurück ins Wohnzimmer geschickt hatte – so konnte er nun ungestört seine Nachbarin aufklären, warum er so früh schon daheim war. „Ist irgendwas passiert, Kakashi?“, fragte die schon besorgt. „Ich habe zwei Kinder unter Protective Custody hier. Die Jungs sitzen im Wohnzimmer. Ich habe bis eben mit ihnen gebastelt und habe einfach versucht, dass sie sich hier ein bisschen sicherer fühlen. Darüber habe ich die Zeit vergessen, entschuldige bitte.“ „Unsinn. Es macht mir nichts, auf Naruto aufzupassen. Soll ich ihn noch mal mit rüber nehmen?“ Sie schwieg einen Moment. „Du weißt schon, damit du den Kindern helfen kannst, sich hier ein wenig einzuleben.“ „Nicht nötig. Ich drück ihn dir schon oft genug auf.“ „Hörst du mir nicht zu, Kakashi?“ Sie lachte leise. „Ich habe ihn gern bei mir. Ist dir noch nie der Gedanke gekommen, dass ich ihn auch lieb haben könnte?“ Das brachte auch Kakashi zum lächeln. Natürlich wusste er, wie gerne Rin Naruto hatte und andersherum. Der Kleine schwärmte oft genug von ihr: Wie gut sie kochte, wie toll sie vorlas, wie nett sie war. Und er hatte schließlich Recht. Rin, und auch ihre kleine Tochter, waren großartig! Er hatte beide schnell in sein Herz geschlossen, als er vor drei Jahren mit Naruto hergezogen war. „Wie geht es den Jungen denn?“, fragte Rin mit einem besorgten Blick Richtung Wohnzimmertür und riss ihn aus seinen Gedanken. „Sie haben Angst. Der Ältere – Itachi – noch mehr, als sein kleiner Bruder. Er hält mich auf Abstand, er ist angespannt, aber er versucht das alles von seinem kleinen Bruder, von Sasuke, fernzuhalten.“ „Wie alt sind die Beiden?“ „Ich weiß nicht genau. Itachi vielleicht zehn, eher was jünger. Sasuke müsste in Narutos Alter sein.“ „Die armen Babys“, bedauerte Rin die Jungen. Sie stützte ihre Hand auf dem Holztisch ab und fragte, ob Kakashi ihr erzählen dürfe, warum die Jungen bei ihm waren. Kakashi zeigte ein verlegendes Grinsen und zuckte mit den Schultern. Er hatte ihr schon häufiger mehr erzählt, als er vielleicht durfte. Aber in den meisten Fällen, fand er, dass sie verdiente zu erfahren, warum sie schon wieder mitten in der Nacht aus dem Schlaf gerissen wurde und er Naruto bei ihr ablieferte. Er hatte natürlich in Erwägung gezogen, Rin und ihre Tochter an der Tür fortzuschicken. Er wusste, dass sie ihm darüber nicht böse gestimmt wäre, denn sie verstand den Ernst seines Berufes. Aber er wollte diesen Fall nicht vor ihr geheim halten. Wie andere Agenten sich ihren Ehepartnern mitteilten, so teilte er sich seiner engsten Vertrauten mit. Niemand erwartete wirklich, dass all jenes, was sie in ihrem Beruf als Bundesagenten sahen und erlebten, bei ihnen blieb. Sonst hätte man wohl viele labile und gebrochene Persönlichkeiten in den Behörden. Man erwartete lediglich, dass jeder einzelne Agent genau abzuwägen wusste, wem sie was erzählten. Hier entschied er, Rin ins Vertrauen zu ziehen. Sie war eine liebenswerte Frau, vielleicht konnte sie den Jungs dabei helfen, sich ein bisschen sicherer zu fühlen. „Ihre Mutter wurde heute Morgen ermordet aufgefunden.“ „War sie… in der Navy?“ Kakahi schüttelte den Kopf. „Ihr Mann ist Series Commander drüben im Marine Corps Recruit Deport in Midway.“ „Und warum sind die Kinder nicht bei ihm, Kakashi?“ Sorge stand in ihren Augen. „Wir wissen nicht, wo er sich aufhält.“ Rin nickte. Wie schrecklich! Sie erinnerte sich an den Sommer und die Wochen, die ihr Ex-Mann in einem Hotel ein paar Straßen von hier verbracht hatte, um die Tage mit seiner Tochter zu verbringen. Rin zweifelte nicht daran, dass Sakura ihren Vater sehr liebte und auch nicht daran, dass die Wochen voller Eiscreme, Shopping und Schwimmen mit die besten ihres jungen Lebens gewesen waren. Aber sie erinnerte sich auch an den Abschied und an all die Nächte, in denen Sakura ihren Vater vermisst hatte, obwohl sie es gewohnt war, ihn selten zu sehen. Es waren nicht nur schon über zwei Jahre vergangen seit der Trennung ihrer Eltern, auch vorher hatte es Abschiede gegeben, denn Soldatenkinder lebten so. Aber auch Telefonate und die Liebe, an der ihre Tochter nie zweifeln musste, waren etwas Permanentes in ihrem Leben. Es hatte nie einen einzigen Tag gegeben, an dem Rin nicht gewusst hatte, wo sich ihr Ex-Mann aufhielt – ob er im Einsatz war, auf Heimurlaub oder am Stützpunkt. Morgen Abend würde er auf der Bühne des Kodak Theatre am Hollywood Boulevard stehen und einen Song zum Besten geben, den ihn unter Umständen in nächste Liveshow American Idols brachte. Rin nickte sich selbst zu. Als Mutter musste sie wissen, wo sich der Vater ihres Kindes aufhielt und gleichzeitig hatte sie ihrem Ex-Mann damals zu verstehen gegeben, dass er – selbst wenn er nicht hier sein konnte um Sakura am Wochenende zu sich nehmen – präsent sein musste. Es gab keine Entschuldigung, nicht erreichbar zu sein. Sakuras Vater war immer erreichbar. „Möchtest du sie kennen lernen?“, fragte Kakashi und sie wunderte sich, ob seines leicht unsicheren Tones. Er nickte in Richtung Wohnzimmer und öffnete die Tür, als sie bejahte. Rin ging ein paar Schritte in den Raum hinein. Sie nahm sich die Zeit, die Jungen zu mustern. Die beiden saßen eng beieinander auf dem Sofa und hielten sich an den Händen. Der Ältere hatte ein übles Hämatom auf der Wange, die Haare des Jüngeren waren ein bisschen zu zerzaust, um stylisch zu sein und beide sahen sie viel zu warm angezogen aus für dieses Wetter. Aber nichtsdestotrotz waren es süße Kinder, fand Rin. Sie ging rüber zum Sofa und setzte sich, den Jungs zugewandt, mit ein wenig Abstand auf die weichen Sitze. „Hallo“, meinte sie und lächelte ihnen zu. „Ich heiße Rin.“ „Hallo.“ Der Kleine lächelte schüchtern zurück, während Itachi still blieb und die fremde Frau musterte. „Ich bin Sasuke.“ „Ich freu mich dich kennenzulernen, Sasuke.“ Während die fremde Frau und sein kleiner Bruder einander weiterhin zulächelten, fragte sich Itachi, was sie wollte. War sie vom Jugendamt? Kam sie, um ihn und seinen kleinen Bruder zu trennen und sie in verschiedene Pflegefamilien zu stecken, weil ihre Mama tot und ihr Vater nicht da war, um sich um sie zu kümmern? Er durfte das nicht zulassen. Er hatte doch versprochen, seinen kleinen Bruder immer zu beschützen. Itachi rutschte vom Sofa und stellte sich vor seinen Sasuke, ohne je seine Hand loszulassen. Erschrocken erkannte Rin die Abwehr des Großen und rutschte ein Stück zurück. Sie hatte nicht in den Sicherheitsraum der Jungen eindringen wollen. „Itachi.“ Der Kopf des Jungen schoss hoch und er blickte rüber zu Kakashi, während sich der Griff um Sasukes kleine Hand festigte. „Rin tut euch nichts. Sie wohnt nebenan und hat bloß meinen Sohn rübergebracht.“ Itachi warf einen unsicheren Blick in Richtung der fremden Frau. Sollte sie wirklich keine Gefahr für seinen Bruder und ihn bedeuten? Er musterte sie unauffällig. Ihr dunkelbraunes Haar trug sie zum Zopf nach hinten gebunden. Sie war leicht geschminkt, wie seine Mutter es manchmal gemacht hatte, wenn sie ausgegangen waren. Er schaute auf ihr hellblaues Top und runter zu den rosa Scrubs. Sie arbeitete im Krankenhaus. Itachi biss sich auf die Lippe. Er war unsicher, ob er wirklich glauben konnte, dass sie keine Gefahr für seinen Bruder bedeutete. Sie wirkte nicht böse. Sie lächelte. Vielleicht sagte Kakashi die Wahrheit. Seine Augen wanderten von ihr zu dem Hatake und er nickte sachte, bevor er wieder ein Stück zur Seite rückte. Rin blickte auf den Couchtisch und auf das Puzzle darauf. Sie schwieg einen Moment, beäugte die Jungs und fragte dann: „Habt ihr heute schon fleißig gepuzzelt?“ Sasuke schüttelte den Kopf, während der Ältere nickte. Es hatte Spaß gemacht, er puzzelte gerne, aber er traute sich nicht, weiter zu machen. „Itachi hat gepuzzelt, während der kleine Mann geschlafen hat. Stimmt’s Jungs?“, warf Kakashi ein, um Rin aufzuklären. „Uh-huh“, machte der Kleine und kuschelte sich mit dem Rücken an seinen großen Bruder, der einen Arm um ihn legte. Wie süß die beiden waren! – Rin konnte ein verzücktes Lächeln nicht unterdrücken. „Itachi kann richtig gut puzzeln!“ „Bestimmt kann er das.“ „Oh ja. Ich war kaum zehn Minuten im Flur und als ich zurückkam, hatte Itachi schon den gesamten Rand gepuzzelt“, bestätigte Kakashi. Dabei entging ihm nicht die leichte Röte, die dem Jungen in die Wangen schoss. „Ich kann das nicht so toll…“, murmelte Sasuke dann und wirkte einen Moment niedergeschlagen, doch bevor Kakashi oder Rin ihn vom Gegenteil überzeugen konnten, hatte Itachi sich ein Stück runtergebeugt und flüsterte seinem kleinen Bruder Dinge ins Ohr. „Ehrlich? Kannst du’s mir jetzt zeigen?“ Sasukes Augen leuchteten vor Freude, als er sich auf der Couch zu seinem Bruder umdrehte. Aber als er sah, wie Itachi unsicher von dem Puzzle zu Agent Hatake linste und fast unmerklich den Kopf schüttelte, verflog die Freude wieder. Aber er war artig, setzte sich wieder anständig auf das Sofa, kuschelte sich an seinen Bruder, lehnte den Kopf gegen dessen Brust und schloss die Augen. Ihm war langweilig. Entschuldigend fuhr Itachi über seine Oberarme. Ihre Mutter hatte gerne mit ihnen gebastelt oder gespielt, wenn sie die Zeit dazu fand und sie hatte immer Ideen, um ihre Jungs zu beschäftigen, selbst wenn ihr Ehemann kein Fan von vielem Spielzeug gewesen war. Itachi hatte über die Jahre seine eigenen Methoden entwickelt, um Sasukes Langeweile zu vertreiben. Oft ging er mit ihm nach draußen in den Garten. Dort konnten sie nichts kaputt machen und ihr Vater würde es nicht mitbekommen, wenn Sasuke ein bisschen wilder war. Sie spielten Fangen und Verstecken, spielten mit Stöcken und Steinen, beobachteten Vögel, Insekten und den Kater ihrer Nachbarin, der sich andauernd in ihren Garten verirrte. Wenn es mal regnete, hatte Itachi immer ein paar Extra-Blätter und Stifte, die sein kleiner Bruder benutzten konnte, oder er erzählte ihm Geschichten. Hier konnte Itachi nicht einfach mit Sasuke raus gehen. Und er traute sich nicht Agent Hatake zu fragen, ob sie raus durften oder ein paar Blätter zum Malen bekamen. Er wollte einfach nichts falsch machen. Wenn er den Erwachsenen wütend machte, würde es so viel schwerer sein auf seinen kleinen Bruder Acht zu geben. „Bist du immer noch müde, Sasuke?“, fragte ein besorgter Kakashi. Er hockte sich neben Rin ans Sofa und hob vorsichtig seine Hand, um sie auf Sasukes Stirn zu legen. Sofort öffnete der Kleine die Augen und Kakashi merkte, wie sich Itachis ganzer Körper versteifte, als er den kleinen Bruder berührte. „Hat er Fieber, Kakashi?“ „Nein.“ Der Hatake schüttelte den Kopf und nahm seine Hand weg. „Sasuke“, sagte Kakashi, um die Aufmerksamkeit des Jungen zu bekommen und wiederholte seine Frage, als er sich sicher war, dass er sie hatte. Doch der Kleine schüttelte den Kopf. Er war nicht müde. „Dann wolltest du nur mit deinem großen Bruder kuscheln, hm?“, machte Rin und lächelte. Sie hoffte, dass der Kleine nicht kränkelte. Die Kinder hatten schon genug Leid für diesen Tag, da musste das nicht auch noch dazu kommen. „Er meint das nicht böse“, hörten die Erwachsenen Itachis leise Stimme. „Er ist doch noch klein…“ Ihr Vater hatte es gar nicht gemocht, wenn Sasuke zu ihm kuscheln kam. So verhielten sich keine Männer, hatte er immer gesagt und irgendwas von Weicheiern gebrummt, die er nicht erziehen wollte. Itachi festigte die Umarmung, obwohl es eigentlich seine Aufgabe, als der Ältere, war, dafür zu sorgen, dass sie einander los ließen. Aber er hatte Sasuke nie wegschicken können, wenn er Nähe brauchte. Er war doch sein kleiner Bruder! Und Itachi mochte es ja selber gerne, Sasuke im Arm zu halten. Deswegen hatte er Zuhause auch immer versucht dafür gerade zu stehen, wenn sie Ärger für Sasukes Anhänglichkeit bekamen. Hier würde er seinen Bruder auf keinen Fall die Schuld tragen lassen und er würde nicht damit beginnen, ihn wegzudrücken. Er war doch wirklich noch klein. Es war doch nicht schlimm, wenn er kuscheln kam. „Natürlich nicht“, versuchte Rin die Jungs zu beruhigen, obwohl sie selbst äußerst beunruhigt über die starke Verteidigung des Älteren war. „Kuscheln ist prima, stimmt’s Sasuke?“ Der Kleine nickte nur gegen die Brust seines älteren Bruders, der ihm tröstend über den Kopf fuhr. Wahrscheinlich vermisste Sasuke ihre Mama. Das tat Itachi auch, aber er musste jetzt stark sein, für sie beide, und Sasuke besser beschützen, als je zuvor. Er schaute runter auf seinen kleinen Bruder und wusste, dass er Angst hatte. Itachi hatte auch Angst. Er schaute hoch zu den Erwachsenen und fühlte sich plötzlich hilflos. Rin erhob sich, streifte dabei Kakashis Schulter und verschwand in der Küche. Der Hatake und die Jungs hörten eine Schublade und eine Schranktür auf- und zugehen. Itachi fuhr seinem kleinen Bruder immer wieder tröstend über den dunklen Schopf, während Kakashi still auf Rins Rückkehr wartete. Er hoffte sie hatte den perfekten Plan um dieses kleine Fiasko wieder gerade zu biegen. Es tat ihm Leid, sie wieder in eines seiner Probleme rein gedrängt zu haben und er fühlte sich schuldig. Aber als sie mit einem Lächeln auf den Lippen und einem kleinen Teller zurückkam, hoffte er, sie nahm es ihm nicht übel. Er mochte sie wirklich gerne. „Ich denke ein paar Trauben und Äpfelstückchen sind der perfekte Snack für heute Nachmittag.“ Sie setzte sich zurück aufs Sofa und stellte den Teller zwischen sich und Sasuke auf die Polster, bevor sie eine Traube nahm. Genüsslich kauend wartete sie darauf, dass die Jungen nach dem Obst griffen, aber als sie keine Anstalten machten, schob die den Teller etwas näher und nickte aufmunternd. Dann nahm sie sich noch ein Stück Apfel und bedeutete Kakashi ihr in die Küche zu folgen. Vielleicht brauchten die Kinder einfach etwas Zeit für sich allein. Der Hatake folgte ihr, lehnte die Verbindungstür an und machte sich in der Küche daran, Kaffee zu kochen. Er füllte zwei Tassen, schob eine rüber zu Rin, die sich an den Tisch gesetzt hatte, und lehnte sich mit seiner eigenen gegen die Küchentheke. Er folgte ihrem Blick zu den Knetfiguren und kam nicht umhin, vor sich selber zuzugeben, dass er die Jungs mochte. „Sie hängen sehr aneinander“, sagte Rin nach einiger Zeit, in der sie beide schweigend ihren Kaffee getrunken hatten. Kakashi nickte. Das war nicht zu übersehen. Itachi ließ seinen kleinen Bruder kaum einen Moment aus den Augen und beide schienen sie es zu mögen, nah beieinander zu sitzen und miteinander zu knuddeln. Der Hatake fragte sich, warum Itachi so abwährend reagiert hatte, als Rin sie darauf angesprochen hatte. Warum sollte der Kleine es böse meinen, wenn er sich an seinen großen Bruder schmiegte? Naruto kam andauernd zu ihm kuscheln, thronte beim Fernsehen auf seinem Schoß oder krabbelte morgens in sein Bett, um ihn zu wecken. Das war doch normal bei kleinen Kindern und der Hatake hatte nie einen Grund gesehen, irgendetwas an Narutos Verhalten komisch zu finden. Und auch an Sasukes sah er keinen Fehler. Wenn Kinder Nähe suchten, war es nie falsch, sie ihnen zu geben. Und Kakashi wollte schließlich auch nicht auf die Umarmungen, Küsschen und Knuddelattacken seines Adoptivsohnes verzichten. Er würde früh genug groß werden und das alles gar nicht mehr cool finden. „Und sie sind so tapfer“, murmelte Rin schließlich. Sie starrte in ihren Kaffeebecher. Erneut nickte Kakashi. Ja, die beiden waren tapfer. Kakashi war sich sicher, dass der Große um den Tod seiner Mutter wusste. Er wusste nicht, ob die Polizisten es ihm gesagt hatten oder ob der Junge vielleicht sogar selbst etwas gesehen hatte, aber Itachi war nicht dumm – selbst wenn nicht, hatte er es sich zusammenreimen können. Auch Sasuke ahnte wahrscheinlich oder spürte, dass etwas nicht stimme. Doch beide Jungen hatten in seiner Gegenwart kein Tränchen verdrückt. Sie waren wirklich tapfer. „Aber sie haben auch Angst.“ „Natürlich. Wer hätte das nicht, Kakashi“, erwiderte Rin, von Kakashis misstrauischen Unterton verwundert. War es nicht normal, dass die Jungen unsicher und ängstlich waren, nachdem was sie heute hatten erleben müssen? „Da ist was komisch.“ „Was meinst du?“ „Keine Ahnung.“ Kakashi zuckt die Achseln. „Ich hab’ da so ein Bauchgefühl.“ Rin schwieg. Sie vertraute auf Kakashis Bauchgefühl, selbst wenn er es noch nicht bestimmen konnte. Wenn Kakashi sagte, dass irgendwo etwas nicht stimmte und dabei diesen Ausdruck im Gesicht hatte, konnte er einfach nicht falsch liegen. Das war einer der Gründe, warum sie ihn in ihren Gedanken als ihren Anker bezeichnete. Kakashi war nicht der Pünktlichste, aber auch ein Anker brauchte Zeit, bis er den Meeresgrund erreichte. Aber er war verlässlich. Das schätzte sie so an ihm. „Soll ich noch eine Weile bleiben? Ich könnte uns heute Abend etwas kochen?“, schlug sie vor und nahm sein sachtes Nicken wahr. „Danke.“ Sie lächelte. Rin nahm ihre Tasse, trank einen letzten Schluck und erhob sich. „Wir sollten sie nicht zu lange alleine lassen. Sie sind unsicher“, sagte sie, neben Kakashi an der Spüle stehend, und stellte die Tasse ins Becken. Der Hatake stimmte ihr zu und wollte ihr gerade ins Wohnzimmer folgen, als das Handy in der Hosentasche ihrer Scrubs klingelte. Sie zog es heraus, klappte es auf, schaute einen Moment auf das Display und hielt es nach einem Knopfdrücken an ihr Ohr. „Dan“, sagte sie leise und bedeutete Kakashi einen Moment zu warten. Er nickte und machte sich daran in den Flur zu gehen, um ihre Privatsphäre sicherzustellen, doch sie schüttelte lächelnd den Kopf, während sie ins Telefon lauschte. Er nickte erneut, lächelte ebenfalls und zog sich zum Küchenfenster zurück, um hinauszusehen. „Wir sind drüben bei Kakashi. Soll ich sie eben holen, dann kannst du ihr kurz Hallo sagen und…“ Sie verstummte, lauschte eine Weile ins Telefon und seufzte dann. „So war das nicht gemeint, Dan. Ich dachte nur an deine Handykosten und…“ Erneut verstummte sie, aber viel kürzer dieses Mal. Kakashi linste aus dem Augenwinkel rüber, um festzustellen, ob es nicht doch besser wäre, ihr die Küche für einen Moment zu überlassen, sah sie aber sich selbst zunicken und hörte erneut ihre Stimme. „Du hast Recht, Entschuldige. Ich hole sie eben.“ Rin drückte das Telefon sachte gegen ihren Oberschenkel, als sie auf einer der unteren Treppenstufen stand und nach ihrer Tochter rief. Fast sofort öffnete sich die Türe zu Narutos Kinderzimmer und die Kleine steckte den Kopf in den Flur. „Jaa?“, rief sie zurück. Rin unterdrückte ein Kichern und sagte gerade so laut, dass ihre Tochter sie hörte: „Papa ist am Telefon, Süße.“ „Ich komme!“ Auf Socken lief die Vierjährige über das Holz im Flur. „Langsam, Sakura“, mahnte Rin, als sie im gleichen Tempo die Treppenstufen runter laufen wollte, gab ihrer Tochter aber ihr Handy in die Hand, als diese bei ihr angekommen war. Sie sah zu, wie die Kleine sich auf die Stufen setzte, während Naruto sich an ihr vorbeidrückte. Rin hörte ihre Tochter: „Hallo, Papa!“, ins Handy rufen und folgte Naruto in die Küche. „Honey, alles klar bei dir?“, hörte Sakura ihren Papa fragen und kicherte. „Jup! Ich hab bis grade mit Naruto Eisenbahn gespielt.“ „Wow! Hattet ihr Spaß, baby?“ „Oh ja! Naruto ist lustig.“ „Ganz sicher“, sagte ihre Papa, während sie einfach nicht aufhören konnte zu strahlen. Ihr Papa war der Größte! „Stör ich dich, Honey? Möchtest du lieber wieder spielen gehen?“ „Eh eh.“ Sakura schüttelte den Kopf. „Was machst du, Papa?“ „Ich telefoniere mit dir, Dummy!“ Sakura kicherte. „Und danach?“ „Danach muss ich proben. Morgen Abend ist Show, Honey.“ „Was singst du?“ „Erinnerst du dich? – Den Song, den wir diesen Sommer immer im Auto gehört haben?” „Von den Chili Peppers!“ „Genau, baby. By the way von den Red Hot Chili Peppers.” „Toll!“ Ihr Vater lachte ob ihrer Freude. „Ich sing ihn für dich. Ich sing alle Songs für dich.“ „Das weiß ich doch, Papa!“, kicherte sie vorwurfsvoll ins Telefon. „Ja, das weißt du, Honey. Das weißt du.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)