Written Pages von Jessa_ ================================================================================ Kapitel 1: A Supposedly Easy Day -------------------------------- Kapitel 1: A Supposedly Easy Day „Du meinst das ernst. Du meinst das wirklich ernst!“ Kurenai schüttelte angewidert den Kopf, als Asuma in den rötlichbraunen Apfel biss. „Das ist so ekelig. Warum isst du das?“ „Der ist doch noch gut.“ „Der liegt seit mindestens einer Woche in deiner Schublade.“ Asuma stieß die Schreibtischschublade mit dem Knie zu und grinste, bevor er noch einmal in den Apfel biss. Ganz frisch war der nicht mehr, aber manchmal mochte er es seine Partnerin auf die Palme zu bringen. Sie war einfach zu süß, wie sie sich aufregte! „Ist das widerlich, Ibiki?“ Asuma drehte sich mit dem Schreibtischstuhl um 180 Grad. Der große, breite Kerl vor ihm blickte hoch, schaute einen Moment auf den Apfel in Asumas Händen, schüttelte dann den Kopf und vertiefte sich wieder in seinen Papierkram. Kurenai schnaubte. „Klar ist das widerlich. Kakashi und Obito würden mir zustimmen.“ „Aber die sind – überraschenderweise – schon wieder“, Asuma linste auf seine Armbanduhr, „15 Minuten zu spät dran. Also hab ich gewonnen.“ „Wobei gewonnen?“, kam eine Stimme aus der Ecke hinter dem Schrank. „Was tust du da, Gai?“ Kurenai drehte sich mit dem Schreibtischstuhl und beschaute das Treiben des Schwarzhaarigen. „Ich suche etwas.“ „Unter dem Schrank?“ Asuma tat es ihr gleich, hob die Augenbraue, biss ein letztes Mal in den Apfel und warf ihn in den, ein paar Meter entfernten, Mülleimer. „Ja.“ Gai krabbelte aus der Ecke raus, blieb vor dem Schrank auf den Knien und tastete mit dem Arm zwischen Boden und Schrank. „Was suchst du denn, Gai?“, wollte Kurenai wissen und erhob sich, um ihm zu helfen, während Asuma ihn nur belächelte. Es kam öfter vor, dass Gai Dinge an den sonderbarsten Orten suchte, weil er vergessen hatte, wo er alles Mögliche hinpackte. „Lees Lieblingsmurmel“, antwortete Gai verzweifelt. Lee war sein sechsjähriger Sohn, der die Wochenenden und einige Feiertage bei ihm verbrachte. Manchmal brachte Gai ihn Freitagnachmittags, nachdem er ihn von der Schule abholte, mit in die Office. Vergangene Woche Freitag war solch ein Tag gewesen und während der Vater noch an Papierkram gesessen hatte, spielte der Junge mit Murmeln. Seine Liebste musste ihm wohl verloren gegangen sein. „Fundgrube. Da geben die Putzfrauen alles hin, was die finden“, sagte Asuma und wandte sich wieder seinem Schreibtisch zu. Er hörte Gai aufspringen und schüttelte grinsend den Kopf. Es war angenehm nicht der größte Idiot im Team zu sein. Kurenai ließ sich wieder in ihren Stuhl sinken, trank einen Schluck Kaffee und begann gewissendlich mit ihrem Papierkram. Schon die letzte Woche war ruhig gewesen und es schien ganz so als würde diese genauso verlaufen. Es war zwar noch früh, aber häufig kamen die Fälle morgens, kaum dass sie die Office betraten und an ihren Schreibtischen saßen und sie mussten nur auf Kakashi und Obito warten, bis die Analytiker oder der stellvertretende Direktor sie über den neuen Fall aufklären konnten. Asuma mochte die ruhigen Tage nicht. Hießen solche Tage zwar, dass die nationale Sicherheit mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht bedroht war und hoffentlich auch dass, jedenfalls für den Moment, kein Soldat der U.S. Navy im eigenen Land getötet wurde oder sich strafbar machte; bedeuteten sie aber auch, dass ihnen langweilige acht Stunden voller Papierkram, Meetings und, wenn sie Glück hatten, Training bevorstand. Asuma linste zu seiner Teampartnerin. Er wusste, dass sie solche Tage trotzdem dann und wann schätzte. Ibiki, Kakashi und Obito taten das auch, jedenfalls nach besonders heftigen Fällen, wenn ihnen zuweilen der Boden unter den Füßen weggerissen wurde, weil das was sie hatten sehen müssen zu schrecklich war um einfach wegzugehen, ohne noch mal zurückzuschauen. Dabei sollte dies eine der selbst aufgelegten Regeln sein, die sie in ihrer Position zu befolgen hatten. Gai, glaubte er manchmal, konnte das leichter befolgen. Es war als erinnere er sich nach kurzer Zeit nicht mehr an die Täter und die Opfer. Nur wenige Fälle schienen so fest in seiner Seele verankert, dass er sie nicht aus seinem Gedächtnis bekam. Kurenai war noch frisch in ihrem Team. Sie hatte noch nicht viel gesehen, vieles andere war neu für sie und sie musste erst ihre Art finden, mit Gesehenem fertig zu werden. Bis dahin war es okay, wenn sie die ruhigen Tage als Pausen benutzte. Ibiki hatte viel gesehen. Er war der Älteste des Teams, hatte Tonnen an Menschen verhört und hatte nicht immer nur gute Dinge getan. Er kam mit vielem klar, aber auch er brauchte diese Pausen, in denen Papierkram vor ihm lag und er nicht die Welt retten oder Menschen zerstören musste. Obito war gerne unterwegs, ähnlich wie Asuma. Er brauchte die Arbeit mit seinem Körper, musste rennen, sich bewegen, musste auf den Beinen sein, um sich nützlich zu fühlen. Aber Obito war sensibel. Unter anderen Umständen wäre dieser Job der denkbar schlechteste für ihn. Aber Kakashi war hier und wusste Wege Obitos Tränen zum Versiegen zu bringen, weil sie einander seit Ewigkeiten kannten. Kakashi selbst überspielte viel. Nur wenige Menschen wussten, wer wirklich hinter der Maske steckte und dass dieser Mensch auch seine schwachen Momente hatte. Kakashi brauchte die ruhigen Tage, um locker zu sein. Während eines offenen Falles war er gefasst und wirkte oft unterkühlt, obwohl er derjenige war, der ihre Fälle am häufigsten persönlich nahm und es sich zur Aufgabe machte, den Opfern Gerechtigkeit zu bringen, ohne sein Team in unnötige Gefahr zu bringen. Sehr zu Asumas Leidwesen bedeuteten ruhige Tage aber das genaue Gegenteil von unnötiger Gefahr, nämlich Papierkram. Er seufzte und schaute zurück auf die Zettel auf seinem Schreibtisch, als er die Aufzugtür aufgehen hörte. Schritte drangen an sein Ohr und er wusste, dass es nur eine Frage von Sekunden war, bis Obito seine Jacke über den Stuhl warf, einen Mars-Riegel aus seiner Schreibtischschublade fisch und den dann genüsslich aber im Eiltempo zum Frühstück verspeiste, während Kakashi es ruhiger angehen ließ und erstmal den PC anschmiss. Doch heute sah Asuma keine durch die Luft fliegenden Jacken, hörte kein raschelndes Schokoladenriegelpapier und nicht das Surren des hochfahrenden Computers. „Schnappt euer Zeug. Wir haben einen Fall. Beeilt euch“, trieb Kakashi sie unerwartet an und machte sich auf, wieder den Aufzug nach unten zu nehmen, ehe er sich umwandte und fragte: „Wo ist eigentlich Gai?“ „Bei der Fundgrube“, antwortete Asuma, ohne sich was aus Kakashis Laune zu machen. Da hatte wohl jemand heute Morgen seinen Kaffee nicht bekommen. „Soll ich ihn holen gehen?“, fragte Kurenai, bevor sie nach Asuma und Ibiki zu Kakashi in den Aufzug stieg. Doch Kakashi schlug gegen den Knopf, der die Tür schloss und sie nach unten brachte. „Lass. Wir brauchen den nicht unbedingt“, sagte der Special Agent in Charge zusätzlich, vielleicht um sich zu erklären, während er ungeduldig mit seinen Fingern gegen den Oberschenkel schlug. „Was ist passiert?“ Ibikis Frage unterbrach die Diskussion über Gai und brachte Kakashi wieder zum sprechen. „Eine Frau wurde tot in ihrem Haus aufgefunden. Der Ehemann ist nicht zu erreichen.“ „Ist das nicht ein Fall für das SDPD?“, warf Kurenai ein, wurde aber ruppig von Kakashi unterbrochen. „Der Mann ist Navy Captain.“ „Ja, okay. Schon klar.“ Asuma trat nach Kurenai aus dem Aufzug, blieb aber dem Hatake zugewandt. „Aber warum die Eile? Die Leiche bleibt doch wo die ist und wir müssen am Tatort doch eh auf die aus der Forensikabteilung warten, bevor wir was Sinnvolles tun können.“ „Absolut richtig, wenn wir nur die Leiche hätten, Klugscheißer. Aber wir haben zwei Kinder am Tatort.“ Asuma wechselte einen Blick mit seiner Partnerin. Das war also aus seinem vermeintlich ruhigen Tag geworden. „Haben die Kinder die Leiche gefunden?“ Kurenai klang besorgt. Sie hatte erst einmal Kinder am Tatort gehabt, als ein toter Marine auf dem Spielplatz gefunden wurden war und es ganz und gar nicht gemocht. Kinder in der Nähe einer Leiche wirkten nie richtig. „Glücklicherweise nicht. Aber es wird ihnen trotzdem nicht gefallen, dass ihre Mutter tot ist und der Vater nicht zu erreichen. Und jetzt beeilt euch mal ein bisschen, verdammte Scheiße!“ Selten war Kakashi so hitzig, aber wenn es um Kinder ging, war der Hatake immer ein bisschen unentspannter als sonst. Sie alle verstanden das, waren selbst auf high alert, wenn Kinder involviert waren, aber bei Kakashi wirkte es oft extrem. Vielleicht, glaubte Asuma, dachte Kakashi in solchen Momenten an seinen Jungen, den er morgens vor der Arbeit ins Day Care Center brachte und der nur bei ihm lebte, weil beide Elternteile verstorben waren. In Kakashis Auto wartete Obito auf dem Beifahrersitz und kaute missmutig Kaugummi. Ibiki rutschte neben den leeren Kindersitz auf die Rückbank, ehe Kakashi die Tür hinter sich zuschlug und aufs Gas drückte. Er hatte Asuma und Kurenai die Adresse gegeben, damit er nicht darauf achten musste, dass die beiden im Auto hinter ihnen nicht den Anschluss verloren. In Rekordzeit schaffte er den Weg über die Interstate nach Mira Mesa und hielt an der Flanders Cave, einer Straße, die an ihrem Ende eine Art runde Ausbuchtung besaß, um die herum man eine Reihe von großen Häusern gebaut hatte. Kakashi parkte neben einem Polizeiwagen mitten auf dem runden Platz, holte die blaue Jacke mit der NCIS-Aufschrift raus und schritt auf eines der Häuser zu, während er sie anzog. Er bückte sich unter dem gelben Absperrband mit der Aufschrift CRIME SCENE DO NOT CROSS und betrat das im europäischen Stil errichtete Haus durch die geöffnete Eingangstür. Weder der Flur, noch das Esszimmer, in das er hineinschaute, waren verwüstet, aber in der Küche, wo die Leiche lag, war ein Stuhl umgekippt, einige Schubladen waren geöffnet und Erde von der umgefallenen Grünpflanze lag auf dem Boden neben dem reglosen Körper der Frau. Kakashi zog Gummihandschuhe an, grüßte die Polizisten des SDPD mit einem Handzeichen und näherte sich der Leiche. Offensichtlich war die Todesursache eine der vielen Stichwunden, die den Körper bedeckten. Ein großes Messer mit blutbesudelter Klinge lag neben der Frau in einer Blutlache auf dem Boden. Kakashi ließ das Messer an seinem Ort. Dann freuten sich die Forensiker. Er griff nach den Handgelenken der Frau, hob sie sachte an, beschaute sie und legte sie zurück auf den Boden. Das gleiche machte er mit dem Kopf der Leiche, wobei er die Platzwunde am Hinterkopf entdeckte. Aber damit hatte er gerechnet. Sie musste mit dem Kopf auf die weißen Küchenfliesen aufgeschlagen sein. Das war nicht ungewöhnlich in solchen Fällen. Kakashi schüttelte den Kopf, als er an die Kinder der Frau dachte und fragte sich, was mit dem Ehemann war. Wieso erreichte man ihn nicht? Wusste er, dass seine Frau tot war? War er vielleicht sogar der Täter? Kakashi hoffte auf einen anderen Ausgang. Er mochte den Gedanken nicht, möglicherweise einen Fall begonnen zu haben, an dessen Ende zwei Kinder mehr im System waren. Er selbst war nach seinem elften Lebensjahr in Foster Care gewesen und von da an in diveresen Familien, bis er zur Jiraiya gekommen war, der zwar nie sein Vater geworden ist, ihm aber dennoch ein Zuhause bot, bis er bereit gewesen war auf eigenen Beinen zu stehen. Noch heute sah er den Mann regelmäßig, aber es änderte nichts an seiner Meinung, dass nicht noch mehr Kinder in Foster Care gehörten. Amerika hatte schon genug Kinder im System. Der Hatake erhob sich, machte Platz für Ibiki und Obito, die sich ebenfalls ein Bild der Leiche machen wollten. Er selbst trat zu einem der Officer und fragte nach den Kindern und der Dame, die das SDPD gerufen hatte. Der dickliche Officer lotste ihn ins Wohnzimmer. Im Fernseher lief Mickey Mouse Clubhouse, aber nur der Kleinere der beiden Jungs schien ein wenig Interesse an der Sendung zu zeigen. Kakashi näherte sich dem Sofa. Er nickte der blonden Frau grüßend zu, hockte sich aber neben der Couch zu den Jungs hinunter. „Hallo“, sagte er, „Ich bin Special Agent Kakashi Hatake. Könnt ihr mir sagen, wie ihr heißt, Jungs?“ Kakashi war sich der Aufmerksamkeit der Kinder bewusst. Die Augen des größeren hatten auf ihm gelegen, seit er den Raum betreten hatte und den Jüngeren hatte er spätestens mit den Worten Special Agent gehabt. „Itachi Uchiha“, antwortete der Ältere, „und mein kleiner Bruder Sasuke.“ Die Jungs saßen eng beieinander am Rand der Couch und als Kakashi sich zu ihnen runter gehockt hatte, hatte der Ältere einen Arm um seinen kleinen Bruder gelegt. „Ihr schaut Mickey Mouse?“, fragte Kakashi. Es war nie gut, direkt mit Kindern über den Fall zu sprechen. Erstmal musste er sich ein Bild davon machen, inwieweit die Jungs überhaupt fähig waren mit ihm zu sprechen. Für Kinder waren solche Situationen immer viel erschreckender als für Erwachsene, weil sie die Komplexität der Sache nicht verstanden. Kinder wussten nicht, warum plötzlich ein halbes Dutzend fremde Leute bei ihnen zu Hause waren die gelbes Band anbrachten, komische Fragen stellten und sie in einen Raum zum Fernsehen steckten. Der Ältere nickte, sein kleiner Bruder machte es ihm nach und fragte: „Guckst du das auch?“ „Sasuke. Du sollst nicht immer Du sagen, hörst du?!“ Itachis Stimme war leise, Kakashi hörte sie kaum, aber der Kleine nickte wieder und drückte sich an seinen großen Bruder. „Ja, manchmal gucke ich Mickey Mouse mit meinem Sohn“, antwortete Kakashi trotzdem. Es war schon okay, wenn der Junge ihn duzte, absolut kein Problem, aber er wollte darauf nicht eingehen. Der Kleine schien auf seinen Bruder zu hören und es war immer gut, wenn Kinder jemanden hatten, an den sie sich klammern konnten, wenn ihnen so etwas passierte, wie diesen Jungs heute Morgen. Das Blöde war nur, dass der Ältere niemanden hatte, an den er sich klammern konnte, weil er so damit beschäftigt war, für seinen kleinen Bruder da zu sein. Kakashi hoffte, dass es nicht immer so war. Solch eine Kindheit konnte schwer sein. Der Hatake lächelte den Kindern aufmunternd zu, sagte: „Ihr guckt noch ein bisschen weiter, einverstanden?“ und erhob sich, um mit der Frau zu sprechen, die die Leiche gefunden zu haben schien. „Agent Hatake vom NCIS“, stellte er sich auch bei ihr vor und lotste sie ein Stück weg vom Sofa und den Kindern. Sie standen an der Tür zum Flur, als er sie nach ihren Personalien fragte. „Ich heiße Sayo Tanaka und wohne im Haus nebenan. Wissen sie schon wer es war, Officer Hatake?“ Sie war aufgeregt und der Typ Frau, der es einem oft schwer machte, anständig zu ermitteln. „Bedauere.“ Kakashi schüttelte den Kopf, warf einen prüfenden Blick zu den Kindern und fragte dann: „Wie sind sie auf die Leiche aufmerksam geworden?“ „Es war ein Zufall. Eigentlich komm ich nie rüber, Mrs. Uchiha und ich haben kaum miteinander zu tun, aber manchmal stiehlt sich unser Kater bei den Nachbarn ins Haus, deswegen war ich erst bei Familie Nagasi klingeln heute Morgen und dann hier. Als keiner aufgemacht hat, hab ich kurz durch das Küchenfenster gelinst, weil Licht an war, wissen Sie? Normalerweise tu ich so was nicht, aber ich musste Miku unbedingt finden, der hatte heute noch kein Leckerchen.“ Ja, es gab nichts Interessantes bezüglich eines Mordfalles als das Futter eines Katers. Absolut. Kakashi zwang sich nicht die Augen zu verdrehen. „Was haben Sie gesehen, als Sie durch das Küchenfester geschaut haben?“, fragte er und hoffte präzisere Antworten zu bekommen. „Na, Miku natürlich!“ Die Frau nickte zustimmend, dann weiteten sich ihre Augen und sie stieß aus: „Und Mrs. Uchiha! Ich dachte erst, sie wäre hingefallen. Das ist mir auch mal passiert in der Küche und ich hatte eine ganz böse Platzwunde am Kopf. Deswegen hab ich noch mal geklingelt und dann haben auch ihre Söhne endlich aufgemacht. Der Ältere, Itachi, genau.“ Sie nickte wieder. „Haben die Jungs Sie rein gelassen?“ „Na, zuerst wollten die nicht. Dabei wissen die doch, dass ich nebenan wohne! Aber das sind ganz merkwürdige Kinder, sage ich ihnen! Nie spielen die draußen mit den Jungs aus der Nachbarschaft.“ An den Gedanken schüttelte sie den Kopf nach rechts und links, ein paar Mal, während Kakashi sie bat, leiser zu sprechen. Es tat den Jungen auch nicht gut zu hören, sie währen merkwürdige Kinder, nur kurz nachdem ihre Mutter augenscheinlich ermordet wurde. „Was ist dann passiert?“ „Ich bin natürlich rein gegangen. Ich konnte ja jetzt schlecht wieder gehen! Ich hab den Kindern gesagt, sie sollen ins Wohnzimmer gehen und bin dann in die Küche zu Mrs. Uchiha. Da hab ich dann auch das ganze Blut gesehen und das Messer. Ich hab mir direkt gedacht, da kann doch was nicht stimmen und hab sofort die vom SDPD angerufen. Sie sind aber nicht von der Polizei, oder? Die Officer haben mich nämlich schon befragt.“ „Nein, ich bin vom NCIS. Naval Criminal Investigative Service. Der Vater der Jungen ist bei der United States Navy, so wurden wir um Verstärkung gebeten. Haben Sie eine Ahnung, wann Mr. Uchiha zuletzt zu Hause war und um welche Zeit er normalerweise heim kommt?“ „Hat Mr. Uchiha was damit zutun? Um Himmels Willen, er hat doch nicht seine eigene Frau umgebracht, oder?“ „Wenn Sie einfach meine Frage beantworten würden …?“, bat Kakashi. „Ich weiß nicht, wann er heute Morgen gefahren ist, aber üblicherweise ist er immer früh weg und kommt abends spät heim. Die Nachbarn reden, wenn Sie wissen, was ich meine.“ „Nicht ganz. Möchten Sie mir erzählen, was die Nachbarn reden?“ Kakashi blieb freundlich. Es machte keinen Sinn eine Frau wie Mrs. Tanaka wütend zu machen. „Ich möchte nicht ins Detail gehen, Agent Hatake, aber es gehen Gerüchte um, dass es in der Ehe Probleme gab.“ Das, entschied Kakashi, war eine interessante Information. Kakashi schätze das lose Mundwerk der Nachbarin. Obwohl solche Frauen die Ermittlungen oft nicht leicht machten, waren gerade sie es, die oft wichtige Informationen lieferten. Man musste diese nur aus dem ganzen anderen unwichtigen Gequatschte aussieben. „Probleme welcher Art? „Na, wir wissen ja auch nichts Genaues. Aber was würden Sie denn denken, wenn der Ehemann so selten Zuhause ist?“ Sie erwartete wirklich eine Antwort! Kakashi unterdrückte ein Seufzen und zuckte entschuldigend mit den Schultern. „Über Ehen weiß ich nicht so besonders viel.“ Die Frau hatte keine weiteren Informationen geben können, die von Bedeutung für den hiesigen Fall gewesen wären. Weil alle Befragungen ihr bezüglich gelaufen waren und sie sonst nur noch im Weg rum gestanden und alle Beteiligten bei der Arbeit gestört hätte, wurde sie nach Hause geschickt. Man bat sie jedoch, vorerst erreichbar zu bleiben. Kurz nach ihrem Gespräch hatte Kakashi Aufgaben an sein Team verteilt und sich zurück zum Sofa begeben, auf dem die Jungs immer noch eng beieinander saßen und mehr schlecht als recht am Fernsehprogramm interessiert schienen. „Ist alles ganz schön erschreckend heute, nicht? Mit den vielen fremden Menschen“, sagte Kakashi, woraufhin der Ältere nur mit den Schultern zuckte. Dennoch sah der Hatake, dass die beiden Jungs ganz schön aufgewühlt waren. Der Kleinere saß mittlerweile fast auf dem Schoß seines großen Bruders, während auch im Wohnzimmer die Durchsuchungsarbeiten stattfanden. „Warum gucken die alle in unsere Schränke, Itachi?“, hörte Kakashi den Kleinen flüstern. Er schaute von den Jungs weg und tat als hätte er nichts mitbekommen, sah aber aus dem Augenwinkel, wie Itachi Uchiha seinem kleinen Bruder bedeutete still zu sein. Er tat es nicht auf eine böse Art und Weise. Man spürte wie sehr er Sasuke zu beschützen versuchte und wie gern er ihn hatte. Man sah aber auch wie überfordert der Junge selbst mit der Sache war. Kakashi wollte die Beiden gerade aus der Situation im Wohnzimmer herausholen und mit ihnen zum Burger King in der Nähe am Mira Mesa Boulevard fahrend, als Kurenai und Asuma mit einem Officer des SDPD zu ihm kamen. „Kakashi“, machte Asuma leger und winkte ihn ein Stück von den Jungs fort. Kakashi folgte, obwohl er es nicht unbedingt fördernd und gut fand die beiden immer wieder, und gerade jetzt wo es erneut voller im Wohnzimmer wurde, alleine auf dem Sofa zurück zu lassen. Das gab ihnen schließlich auch keine Sicherheit, obwohl die genau das war, was die Jungs nun brauchten. „Haben Sie schon was aus den Jungs rausbekommen, Agent Hatake? Mit unseren Männern waren sie vorhin nicht bereit zu sprechen.“ „Die Kinder sind traumatisiert, Officer! Wir wissen nicht, ob sie ihre Mutter da liegen gesehen haben.“ Kakashi zeigte mit dem Finger raus in den Flur. „In der letzten Stunde haben diese Jungs zusehen müssen wie haufenweise fremder Leute in ihr Haus kamen, die alles durchsuchen und durcheinander bringen, während keiner ihnen erklärt, was überhaupt los ist.“ Kakashi schluckte den Ärger hinunter. Es war nie gut sich mit dem SDPD anzulegen. Es brachte ihm und im schlimmsten Fall auch seinen Vorgesetzten nur unnötigen Ärger, wenn der Direktor des San Diego Police Departments sich mal wieder auf den Schlips getreten fühlte. Kakashi wandte seinen Blick wieder den Kindern zu. Schon eben hatte er das Hämatom unter dem Auge und auf der Wange des Größeren bemerkt. Er fragte sich, ob dies die einzige Verletzung an den Kindern war und was sie wohl zu bedeuten hatte. „Außerdem beunruhigt mit sein Bluterguss“, sagte Kakashi mehr zu sich selbst, als zu seinen Kollegen und dem Officer. „Den haben meine Leute vorhin auch schon bemerkt“, meinte der Beamte nachdenklich. „Scheint frisch zu sein.“ Kakashi nickte und schaute etwas genauer hin. Es war im wahrsten Sinne des Wortes ein blauer Fleck, sehr dunkel und nur an wenigen Stellen noch rötlich. Kakashi schätzte auf drei Tage, höchstens, und fragte sich erneut, wie das wohl passiert war. Er hoffte, dass nicht der Vater der Jungen die Verletzung verursacht hatte, genauso wie er hoffte, dass er nicht die Mutter der gemeinsamen Kinder getötet hatte. Solche Fälle, die Kinder involvierten, waren immer unangenehm, richtig scheiße wurden sie, wenn man am Ende feststellte, dass es niemanden gab, der mehr für sie da war. „Ich werd mit den Jungs was essen fahren“, beschloss Kakashi, der sich vorstellen konnte, dass Frühstück heute ausgefallen war. Außerdem glaubte er den Magen des Kleineren eben Grummeln gehört zu haben, als er neben den Jungs auf dem Sofa gesessen hat. „Danach nehme ich die beiden mit zum NCIS. Nützt ja nichts, wenn wir den Vater nicht erreichen können.“ Kurenai räusperte sich. „Ibiki ist noch bei der Leiche und wartet auf unsere Forensiker. Obito streift weiter durchs Haus und sucht nach Einbruchsspuren, aber als ich ihm das letzte Mal über den Weg gelaufen bin, hatte er noch nichts.“ „Und wirkte sehr angepisst“, ergänzte Asuma. „In Ordnung.“ Kakashi schwieg einen Moment betreten, nickte dann aber. „Asuma, fahr zurück zum NCIS, klär Gai auf und helft den Analytikern bei der Suche nach dem Ehemann. Kurenai, du kommst mit mir.“ Kurenai und Kakashi verabschiedeten sich von Asuma und dem Officer, die gemeinsam das Wohnzimmer verließen, und gingen zum Sofa. Kurenai blieb ein Stück weit weg von den Jungs stehen, während Kakashi sich noch mal neben den Beiden auf den Boden hockte. Er stellte sie den Jungen vor und fragte dann: „Was haltet ihr davon, wenn wir rüber zum Burger King frühstücken fahren? Habt ihr Lust dazu?“ Kakashi lächelte den beiden aufmunternd zu. Er sah den Größeren mit den Schultern zucken und erhob sich. „Na, kommt. Wir finden schon was, was euch da schmeckt.“ Außerdem gab es da Frühstück, dass wusste er sicher, weil sein Adoptivsohn Naruto das im Fernsehen gesehen und unbedingt hatte ausprobieren wollen. Er schickte Kurenai mit einer Kopfbewegung vor, damit sie für eine Weile die Küchentür schließen konnte und bedeutete den Kindern, ihm zu folgen. Er lotste sie durch den Flur und dann zu seinem Auto, wo er dafür sorgte, dass der Kleine sicher in Narutos Kindersitz saß. Weil Itachi nicht zu weit von der Seite seines kleinen Bruders rutschen wollte, hatte Kakashi ihn gelassen, als er sich auf dem Mittleren der hinteren Sitze festgeschnallt hatte. Alle Türen geschlossen und Kurenai ebenfalls im Auto, fuhr Kakashi die Straße wieder zurück, den Flanders Drive entlang, über die Camino Santa Fe auf den Mira Mesa Boulevard und von dort auf den Parkplatz des Burger Kings. Er selbst hatte mit seinem letzten Pflegevater in Mira Mesa gewohnt und kannte den Laden noch aus seiner Jugend. Im Burger King war es leer, so hatte Kakashi die Möglichkeit den Jungs Zeit zu geben, sich die Tafel mit den Frühstücksutensilien über der Kasse anzugucken. „Habt ihr was gefunden, dass lecker aussieht, Jungs?“, fragte der Hatake nach einer ganzen Weile. „Dürfen wir Pancakes haben?“, fragte der Ältere leise, ohne die Hand seines kleinen Bruders loszulassen. „Klar“, machte Kakashi, bestellte die gewünschten Pancakes, Kaffee für sich und Kurenai, Milch für die Jungs und, weil er selbst immer versuchte ein verantwortungsvoller Vater zu sein, Apple Slices dazu. Mit dem blauen Tablett das ihm über die Theke zugeschoben wurde und den Jungs im Schlepptau setzte er sich zu Kurenai an einen der freien Tische weiter hinten im Laden. Er nahm den Kaffee für sich und Kurenai vom Tablett und schob es den Kindern rüber. „Lasst es euch schmecken“, sagte er, damit die Beiden sicher sein konnten, essen zu dürfen. Kakashi kannte die Erziehung der Uchihas nicht, aber er wusste sicher, dass es Kinder gab, die so zurückhaltend waren, dass man sie sogar zum Essen auffordern musste, wenn nicht grad die Eltern dabei waren. Naruto hatte eine kleine Freundin aus seiner Kindergartengruppe, die sehr schüchtern war und die er jedes Mal ermuntern musste sich auch einen Snack zu nehmen, wenn sie nachmittags zu ihnen zum spielen kam. Und er selbst kannte es ja auch: Die Unsicherheit bei neuen Leuten zu sein und die Regeln nicht zu kennen. Jedes ehemalige Pflegekind kannte das. Kakashi nahm einen Schluck Kaffee und schaute den Jungs dabei zu, wie sie sich einen Pfannkuchen teilten, ihre Milch tranken, die Kakashi für sie geöffnet hatte und den Rest unberührt stehen ließen. „Habt ihr keinen Hunger mehr, Jungs?“, fragte Kakashi, der es kaum kannte, dass Essen bei Burger King liegen blieb. Naruto liebte dieses Zeug! Fast so sehr wie die Nudelsuppe vom Japaner bei ihnen um die Ecke. Der Hatake sah wie Itachi seinen kleinen Bruder einen Blick zuwarf und dann fast gequält sagte: „Darf mein kleiner Bruder ein Stück Apfel haben, bitte?“ Kakashi schob das kleine Papiertütchen mit den Apple Slices ein Stück näher zu den Jungs hin. „Die sind für euch. Ihr könnt die ganz aufessen, okay Itachi?“ Der Junge nickte bloß, nahm eine Apfelscheibe und gab sie seinem kleinen Bruder in die Finger. Kakashi bemerkte wieder einmal, wie nah die Beiden beieinander saßen und fragte sich, wie solch eine enge Geschwisterbeziehung entstand. Er konnte sich an keine Sekunde der letzten einundeinhalb Stunden erinnern, an den Itachi seinen kleinen Bruder nicht irgendwie festgehalten oder angeschaut hätte. Kakashi wartete, ob einer der beiden noch nach einem Stück Apfel oder Pfannkuchen griff, aber als es nicht danach aussah, trank er den Rest seines Kaffees, wechselte einen Blick mit Kurenai und wandte sich dann wieder an die Kinder. „Wir fahren jetzt gleich dahin, wo wir beide arbeiten. Wisst wir was der NCIS ist?“ „Naval Criminal Investigative Service“, antwortete Itachi leise und duckte seinen Kopf ein Stück. Kakashi war beeindruckt, aber dann doch nicht erstaunt. Itachi war der Sohn eines Navy Captains und schien ein helles Köpfchen zu sein. Der NCIS war nicht nur eine Militärstrafverfolgungsbehörde der Vereinigten Staaten von Amerika, sondern auch eine Bundesbehörde, die über eine Website verfügte und deren zivile Agenten nicht grundsätzlich komplett undercover waren. Sicherlich, auch diese gab es, um der Sicherheit des Landes zu dienen, aber häufig waren es jene, die in den Offices of Special Projects arbeiteten und nicht in einer normalen Office inmitten der Naval Base in San Diego. Deswegen war es nicht unüblich, dass ein Kind in Itachis Alter, gerade aus einer Militärfamilie, wusste, was NCIS bedeute und was er tat. „Genau“, sagte Kakashi deswegen. „Und ihr beide bekommt heute eine ganz besondere Führung durchs Haus. Was haltet ihr davon?“ Sasuke reckte den Kopf ein bisschen und flüsterte fasziniert: „Echt?“ Kakashi kam nicht umhin zu grinsen, als er sah, wie der Mund des Kleinen vor Begeisterung ein Stück offen stand. Anscheinend war der Ältere nicht der einzige, der bisher vom NCIS gehört hatte. Itachi schien weniger beeindruckt. Sein Gesicht blieb beinahe regungslos auf Kakashis Vorschlag hin, auf das Wort des Kleinen jedoch zuckte er zusammen. Der Hatake sah, wie er die Schulter seines kleinen Bruders sachte drückte, dieser seinen Blick von Kakashi zu seinem Bruder hin wandte und ein Kopfschütteln des Älteren erntete. Beinahe sofort verzog sich seine zuvor so begeisterte Miene zu einer Fluppe. Naruto hätte jetzt gemeckert und geschmollt, dachte Kakashi und war nur minder überrascht, dass Sasuke Uchiha es nicht tat. Aber hatte sich schon gedacht, dass die Beiden anders erzogen wurden, als er seinen Jungen erzog. Dennoch nahm der Hatake die Jungs mit zum NCIS. Er konnte ihnen ja doch eine kleine Tour geben, entschied er im Auto. Außerdem hoffte er darauf, dass Obito und Asuma mit Hilfe der Analytiker den Vater ausfindig gemacht hatten und sich alles zum Guten auflöste. Den Jungs würde es nicht helfen, wenn ihr eigener Vater der Mörder ihrer Mutter wäre. Er wäre zwar dann noch am Leben, aber von keinem Nutzen mehr für seine Kinder. Sie wären kaum was anderes als Waisen. Er bog in die Welles Street ein, auf der die Southwest Field Office des NCIS ihren Sitz hatte. Dort parkte sein Auto auf der dafür vorgesehenen Parkanlage und machte sich mit Kurenai und den Jungs auf den Weg ins Gebäude. Sie mussten die beiden unten anmelden, wie es für fremde Personen üblich war, und nahmen dann den Aufzug nach oben in den zweiten Stock. Sie mussten nur einen kleinen Flur nehmen, die Tür zum Büro seines Teams stand offen und er lotste die Jungs hinein. Kakashi wies auf seinen Schreibtisch. Er zog den Stuhl von Gai rüber und stellte ihn neben seinen. „Setzt euch“, bot er den Jungs an, zog weißes Papier aus seinem Drucker und suchte in seiner Schreibtischschublade nach den Buntstiften, die Naruto zuletzt hier gelassen hatte. „Ihr könnt gerne malen, wenn ihr Lust habt. Ich leg euch die Sachen hier hin, okay?“, meinte Kakashi, während die Jungen Hand in Hand näher kamen. Itachi half seinen kleinen Bruder auf den Stuhl, bevor er sich selber in den anderen setzte und wieder Sasukes Hand nahm. Kakashi staunte einmal mehr über den beharrlichen Beschützerinstinkt des großen Bruders. „Ich bin gleich da drüben“, sagte Kakashi und zeigte auf eine geschlossene Tür, die zur Operationszentrale führte. „Kurenai wird solange bei euch bleiben und wenn was ist, sagt ihr ihr Bescheid, einverstanden?“ Der Große nickte bloß, Kakashi tat es ihm gleich und verschwand dann durch die Tür in den Nebenraum. Er musste raus finden, ob sein Team schon was Positives für die Jungs gefunden hatte. Den Vater zum Beispiel. Und seine Unschuld. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)