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Meine Creepypastas

Paranormale (Horror) Geschichten
von

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Vincent: Die Befreiung

Es war alles abgedunkelt worden und Vincent hatte dafür gesorgt, dass Anthony es behaglich hatte. Nun gut, in solch einer Zelle konnte man nicht viel machen, aber es kam nicht sehr oft vor, dass sein bester Freund eine günstige Gelegenheit fand, um ihn zu besuchen. Und Anthonys Besuch war ungeheuer wichtig für Vincent und er war voller Gedanken und Sorgen über die Zukunft. Ungeduldig lief er auf und ab in der abgedunkelten Zelle und wartete nervös auf die Ankunft seines Gastes. Die Tür der Zelle wurde schließlich aufgeschlossen und ein fürchterlich magerer Junge von vielleicht fünfzehn Jahren trat herein und wies die Soldaten an, draußen zu bleiben. Er wolle sich alleine um den Gefangenen kümmern. Er wartete, bis die Tür geschlossen war und sich die Soldaten weit genug entfernt hatten, dann setzte er sich zu Vincent auf den Boden und holte unter seiner Jacke ein Stück Brot hervor, das er ihm reichte. Dieser nahm es nur unter der Bedingung an, dass sie es sich teilen sollten, sonst würde Anthony nur noch aus Knochen bestehen. Der Gast lächelte, doch das Lächeln erreichte nicht seine Augen, die allzu besorgt und betrübt aussahen. Anthony zählte knapp 16 Jahre und Vincent inzwischen 19 Jahre, was ihm zum ältesten Versuchsobjekt der Anstalt machte. Anthonys Haut war fast völlig weiß und von blauen Adern überzogen, was ihn sehr kränklich aussehen ließ. Diese kränkliche Blässe rührte daher, dass er sehr empfindlich auf das Tageslicht reagierte und es vorzugsweise vermied, sich dort aufzuhalten. Insbesondere schmerzten ihm die Augen davon und oft zog er sich schmerzhafte Rötungen und Ausschläge zu. „Nun Vince, wie geht es dir hier in diesem Rattenloch?“

„Sehr bescheiden, aber ich komme schon durch. Sag schon, wie geht es den anderen?“

„Gerda ist gestern an einer Hirnoperation verstorben und Marie haben sie in die Hungerzelle gesperrt, weil sie die Soldaten angegriffen hat. Sie verhält sich in der letzten Zeit immer aggressiver und ich habe alle Mühe, sie unter Kontrolle zu halten, insbesondere weil sie mich für einen Verräter hält. Wenn da nicht diese… Sache… mit dem Doktor wäre, dann hätten sie Marie schon längst in die Gaskammer gebracht.“ Vincent senkte betrübt den Blick, als er das hörte, aber gleichzeitig war er seinem guten Freund unendlich dankbar für die Bürde, die er da eigentlich auf sich nahm. Ohne ihn wäre schon so einiges verloren und ihr Plan, der die Flucht und die Ermordung von Dr. Helmstedter beinhaltete, wäre von vornherein zum Scheitern verurteilt. „Ich werde versuchen, mit ihr zu reden, wenn sie es zulässt. Ich weiß sehr zu schätzen, was du für uns tust, mein lieber Freund.“

„Ach was, es ist allerhöchste Zeit, dass diesem Bastard endlich das Handwerk gelegt wird. Nur wegen ihm muss ich meine Herkunft verschweigen und den Mädchennamen meiner verstorbenen Mutter annehmen, nur weil er da ist. Aber man sucht sich seine Familie ja leider nicht aus. Außerdem finde ich, dass Anthony Winter viel besser klingt als Anton Friedrich Helmstedter. Ich bin dir ja schon dankbar, dass du dieses Geheimnis für dich behältst!“

„Ich halte meine Versprechen, das weißt du auch. Und du kannst ja nichts dafür, dass du solch einen Bruder haben musst.“

„Er hätte schon längst die Todesstrafe kriegen sollen, wenn du mich fragst. Aber diese verdammten Amerikaner mussten ja unbedingt seine Forschungsunterlagen finden und sich mit dem Dream Weaver Projekt beschäftigen. Hätte ich die Unterlagen schon früher gefunden, dann hätte ich sie schon längst vernichtet.“

„Mach dir keine Vorwürfe, Anthony. Was geschehen ist, das ist geschehen und jetzt müssen wir überlegen, wie wir nun vorgehen wollen. Fehler dürfen wir uns auf keinen Fall erlauben, wir setzen immerhin unser Leben und das der anderen aufs Spiel.“ Der magere 16-jährige nickte ernst und lehnte seinen Rücken gegen die Wand. Seine Augen brannten noch von dem unangenehmen Licht der Lampen auf dem Gang und ihm war heiß wie an einem Hochsommertag. Aber hier in der Dunkelheit, spürte er, wie dieser leicht brennende unangenehme Schmerz wich. Sein dunkles Zimmer zu verlassen, geschweige denn nach draußen zu gehen, war ihm jedes Mal eine Qual, die er nach bester Möglichkeit zu vermeiden versuchte. Manchmal war die Folge, dass er am ganzen Körper einen fürchterlich schmerzhaften Ausschlag bekam, oder dass seine Haut rot wurde wie ein gekochter Hummer. Vincent kannte die Krankheit, an der sein Freund litt und er hatte großes Mitgefühl für ihn, dass dieser so hart gestraft war mit diesem Leiden. Sie unterhielten sich über die letzten Tage und was in der Zwischenzeit geschehen war. Anthony erzählte von der angespannten politischen Situation in Berlin, welches nun geteilt war und Streitpunkt der beiden Großmächte war. „Die Situation in Deutschland ist nach wie vor sehr angespannt, doch im Westen scheint es langsam wieder besser zu gehen. Zumindest gibt es wieder genug zu essen und die Menschen sind zufrieden.“

„Sie werden bloß geködert und als Spielball benutzt“, entgegnete Vincent verächtlich und schüttelte den Kopf. „Und was bedeutet das für uns? Rein gar nichts. Egal ob die Sowjets herumstänkern oder nicht, wir werden hier drin krepieren, wenn wir nichts unternehmen. Die Welt selbst hat uns schon längst vergessen. Wir sind doch nur ein Haufen Waisen, deren Familien alles Nazis waren. So denken doch alle über uns. Und egal ob wir Gefangene der Amis oder der Sowjets sind, steht unser Todesurteil doch bereits fest.“

„Da magst du Recht haben, aber inzwischen interessieren sich alle nur noch dafür, dass sich die Amis und Sowjets bekriegen. Du wirst sehen, schon jetzt interessiert sich keiner mehr für die Nazis. Sonst hätte mein ältester Halbbruder schon längst die Todesstrafe gekriegt. Aber so sind sie alle… Es wurden unzählige KZ-Ärzte und Nazigeneräle freigesprochen, nur weil man ihre Fähigkeiten und ihr Wissen gebrauchen konnte. Also gut, wollen wir dann?“

Vincent nickte und begann mit einem Stück Kohle, das er heimlich gestohlen hatte, auf dem Boden zu schreiben. „Ich hab es mir folgendermaßen gedacht: Du bleibst in Bereitschaft und wartest das vereinbarte Signal ab. Wenn es soweit ist, schaltest du das Sicherheitssystem aus, dann wird Mary die Wachen lahm legen und ich werde die anderen befreien. Du stößt dann zu uns und führst die anderen durch die Fluchttunnel hinaus. Ich werde Dr. Helmstedter ausschalten und die Erinnerungen der Forscher und Soldaten manipulieren, damit sie denken, sie hätten alle erschossen und ich wäre der einzige Überlebende, wenn ich mich aus dem Staub mache. Vor dem Institut stehen oft irgendwelche Militärfahrzeuge, die meist unbewacht stehen. Du müsstest den Wagen kurzschließen und dann abhauen, falls ich es nicht rechtzeitig schaffen sollte.“ Der Plan klang bis dahin gut, aber Anthony hatte seine Zweifel. Er vertraute Vincent und seinen Fähigkeiten, aber Mary bereitete ihm Kopfzerbrechen. „Ich weiß nicht, ob wir uns tatsächlich auf Mary verlassen sollten. Sie ist zwar die Stärkste von uns allen, aber sie ist gefährlich, extrem gefährlich. Ich will nicht den Teufel an die Wand malen, aber sie könnte zum Problem werden.“

„Nein Anthony, wir brauchen sie, sonst funktioniert das nicht und ich will sie nicht im Stich lassen. Vertrau mir, es wird schon alles gut gehen. Aber trotzdem hast du Recht… Marie ist gefährlich…“ Vincent senkte den Blick und fuhr sich durchs Haar. „Wenn ich bei ihr bin, ist ihr psychischer Zustand einigermaßen stabil, doch ich mache mir Sorgen, was passiert, wenn ich es nicht schaffen sollte. Und ich kann nicht auch noch von dir verlangen, dass du den Rest deines Lebens sie aufpasst, wenn ich nicht mehr da bin. Marie hasst dich sowieso abgrundtief.“

„Keine Sorge Vince, ich lass mir schon etwas einfallen, wenn sie wirklich durchdrehen sollte. Versprich mir nur, dass du auf dich aufpasst und am Leben bleibst.“

„Das letzte kann ich dir leider nicht versprechen. Ehrlich gesagt glaube ich kaum, dass ich die ganze Sache überleben werde. Aber das ist schon okay, solange ihr es schafft… Trotzdem habe ich ein klein wenig Angst.“ Vincent lachte müde und schloss die Augen, während er nachdachte. Anthony betrachtete ihn eine Weile besorgt und stellte dann zögernd die entscheidende Frage: „Was genau hast du eigentlich vor? Wieso bist du hinter dem Dream Weaver her?“ „Ich will uns ein Zuhause schaffen, Anthony. Wenn sich nicht bald etwas tut, wird diese Welt in einen neuen Krieg gestürzt und es wird nur noch mehr Leid und Zerstörung geben und wir werden nicht überleben. Wenn ich den Dream Weaver unter meine Kontrolle bringen kann, dann könnte ich eine Welt erschaffen, in welcher wir sicher sind. Vielleicht kann ich dann auch Marie von ihrem Wahnsinn heilen und eine Möglichkeit finden, etwas gegen deine Krankheit zu finden.“

„Das sind doch bloß Wunschträume und Fantasie, Vincent! Was du vorhast, ist Schwachsinn.“

„Kennst du nicht die Geschichte von Alice im Wunderland? Wir erschaffen uns unsere eigene Welt, in der wir nicht betrogen, getötet und eingesperrt werden. Und wir können entscheiden, wer sie betritt und wer nicht.“

„Dann könntest du doch genauso gut diese Welt verändern.“ Doch Vincent schüttelte den Kopf und erklärte, dass er das niemals tun würde. Er könnte nicht abschätzen, welch schwer wiegende Konsequenzen das hätte, besonders weil es gefährlich war, Traum und Realität durcheinander zu werfen und alles auf den Kopf zu stellen. Es könnte vielleicht noch schlimmere Auswirkungen auf die Menschen haben, als ein Krieg und das wollte er nicht verantworten. Seine größte Angst bestand aber darin, dass bei der Vermischung von Realität und Traum alles verschwinden und zu Nichts werden würde. „Natürlich wäre es ein tolles Gefühl, Gott zu sein, aber ich habe Angst, dass ich vielleicht Marie und die anderen in Gefahr bringen könnte. Ich könnte es mir nicht verzeihen, wenn ihnen etwas passieren würde.“

„Du bist echt viel zu gutherzig und das ist dein Problem. Ich an deiner Stelle hätte da weniger Skrupel, diese Menschen allesamt zu töten. Hättest du dich dazu überwinden können, schon viel früher eine Revolte zu starten, müsstest du nicht dein Leben riskieren und darüber nachdenken, was nach deinem Tod passieren soll.“

„Ja aber bei einer planlosen Revolte würden alle auf der Stelle vergast oder erschossen werden und damit wäre uns auch nicht geholfen. Ich habe auch keine Lust, mich mit dir darüber zu streiten. Wenn dir mein Plan nicht gefällt, dann kannst du gerne aussteigen. Ich zwinge dich zu nichts.“

„Verdammter Dreckskerl…“, gab Anthony scherzhaft zurück und gab ihm einen freundschaftlichen Knuff in den Oberarm. Die angespannte Stimmung löste sich merklich und die beiden lachten zusammen. „Wenn ich jetzt kneifen würde, könnte ich euch doch nicht mehr in die Augen sehen. Wo ich doch extra meinen Stolz runtergeschluckt habe, um mit meinem Halbbruder zusammenzuarbeiten. Die meisten hassen mich jetzt sowieso dafür, aber so komme ich wenigstens an die Informationen, die du brauchst. Was deinen Plan betrifft, bin ich ehrlich gesagt skeptisch, aber ich helfe dir, weil du mein Freund bist und ich dir vertraue.“ Anthony klopfte Vincent auf die Schulter und reichte ihm ein Taschenmesser. „Das ist für den Notfall, falls etwas schief geht. Und versprich mir, dass du es auch benutzen wirst, wenn es darauf ankommt.“

„Na klar, keine Sorge. Aber tust du mir einen Gefallen? Wenn ich es nicht schaffen sollte, dann kümmere dich bitte um die anderen. Die meisten von ihnen sind gerade mal acht bis neun Jahre alt und würden es nicht überleben.“ Hier aber zeigte sich Anthony nicht gerade begeistert und er wich Vincents Blick aus. Sich um die anderen zu kümmern und mit ihnen zu fliehen war kein Problem. Doch eine ganz bestimmte Person bereitete ihm Kopfzerbrechen: Marie Lena alias Mary Lane. Er erinnerte sich noch gut an das Treffen mit ihr vor zwei Wochen, als er ihr heimlich etwas zu essen gebracht hatte, damit sie nicht verhungerte. Sie hatte ihn mit einem wahnsinnigen Grinsen angestarrt und gesagt „Warte nur, bis ich draußen bin, dann mach ich dich kalt!“ Aber im Grunde war sie nicht Schuld daran, dass sie so war. Vincent wusste, was ihrer Familie passiert war und was für eine unsagbare Ungerechtigkeit ihr widerfahren war. Sie hatte ihre Freunde und ihre Familie im Konzentrationslager sterben sehen und die riesigen Leichenberge, die in die Massengräber oder in die Brennöfen geworfen worden waren. Ihre einzige Hoffnung war, dass mit der Niederlage Deutschlands endlich die Freiheit kam, doch das ihr versprochene Glück war nur eine Lüge. Kein Wunder, dass sie in dieser Hölle den Verstand verlor. Anthony hatte nichts Persönliches gegen das Mädchen, aber es widerstrebte ihm ganz einfach, dass er eventuell alleine mit ihr war. Vincent war immerhin der Einzige, der sie unter Kontrolle halten konnte, weil die beiden so ein enges Verhältnis zueinander hatten. Wer weiß, was Mary alles anrichten würde, wenn Vincent nicht mehr da sein sollte. Für diesen Fall musste er sich etwas überlegen. „Ich würde mich gerne um die anderen kümmern, aber was mache ich, wenn Mary durchdreht? Du kennst sie genauso gut wie ich. Und sie ist zu stark, als dass ich ihr Gedächtnis löschen könnte. Konstrukteure können sich leider nicht gegenseitig beeinflussen.“

„Tja, dann musst du tun, was du in solch einer Gefahrensituation tun musst, wobei ich aber inständig hoffe, dass Mary sich ruhig verhält. Ich werde noch mal mit ihr reden. Auf mich hört sie wenigstens.“

„Das hoffe ich, denn ich habe keine Lust, mich von ihr umbringen oder zum seelischen Krüppel machen zu lassen. Und keine Sorge, ich tue es auch nur, wenn es keine andere Möglichkeit gibt.“ Damit verabschiedete sich Anthony von seinem Freund und verließ die fast völlig finstere Zelle, um mit äußersten Widerwillen ins Licht der Lampen auf dem Gang zu treten. Er versuchte, seine fast schneeweiße Haut so gut es ging zu verdecken und senkte den Blick, damit seine Augen nicht wehtaten. Trotz dieser Vorkehrung spürte er den unangenehmen Schmerz auf seiner Haut, der sich anfühlte wie ein frischer Sonnenbrand. Er wollte nur noch so schnell wie möglich raus aus dem Licht. Schnell eilte er zum Sicherheitstor, welches in die obere Etage führte, zeigte seinen Ausweis und wurde durchgelassen. Als er endlich den Gang erreichte, wo er sein Quartier bezog, beschleunigte er seine Schritte, ja er rannte beinahe, riss die Tür auf und flüchtete sich in die rettende Dunkelheit. Lediglich ein paar Kerzen brannten. Müde und erschöpft legte sich Anthony auf sein Bett und kühlte seine Augenlider mit seiner Hand. Wie sehr wünschte er sich, dass alles schon längst vorbei wäre, dass er sich nicht mehr diesen Strapazen und den Sorgen aussetzen musste. Aber es würde nicht mehr lange dauern….
 

Es geschah zwei Tage später, als es zu einem Zwischenfall kam. Dr. Helmstedter, der von den Versuchsreihen äußerst enttäuscht war, weil sich nicht die gewünschten Ergebnisse und Erfolge einstellten, veranlasste eine Säuberung. Die Versuchsobjekte, die seine Anforderungen nicht erfüllten, sollten in die Giftgaskammer gebracht werden. Kaum erfuhr Anthony davon, alarmierte er Vincent und das war der Startschuss für ihre Flucht. Während Anthony das Notfallsystem deaktivierte, wodurch sich die Zellentüren öffneten, nahm sich Mary Lane mit großer Genugtuung ihre Peiniger vor. Während sie die Soldaten außer Gefecht setzte, eilte Vincent zu den Zelltüren, um die Kinder rauszuholen. Doch leider wirkte diese Ruhe nicht lange, denn Mary verlor kurz die Kontrolle und so wurden die Soldaten aus ihrem Griff bereit und eröffneten das Feuer. Es kam zu einem fürchterlichen Blutbad und während viele der Flüchtlinge verzweifelt versuchten, ihre Kräfte einzusetzen um sich somit psychisch gegen ihre Peiniger zu verteidigen, war Vincent bemüht, so viele von ihnen wie nur möglich von hier wegzubringen. Aber da er sich in diesem Labyrinth nicht auskannte, wusste er nicht, wohin er gehen sollte. Zum Glück kam Anthony, um die Führung über die kleine Gruppe zu übernehmen. „Helmstedter befindet sich in der oberen Etage. Ich bringe die anderen durch den Fluchttunnel raus.“

„Nein Vincent, du darfst nicht gehen!“ rief Mary und hielt ihn am Arm fest. „Ich will nicht, dass du gehst! Bitte bleib bei mir!“

„Mary, du musst mir vertrauen und mit Anthony gehen. Wenn du immer schön brav bleibst, dann komme ich auch ganz sicher wieder. Pass gut auf dich und die anderen auf!“ Doch Mary brach in Tränen aus, versuchte Vincent aufzuhalten, doch Anthony hielt sie fest und versuchte das kleine Mädchen zu beruhigen, doch sie wehrte sich mit Händen und Füßen und schrie immer wieder Vincents Namen. Anthony zerrte Mary hinter sich her, während die anderen Kinder ihm freiwillig folgten und schließlich gelang es ihnen, den Tunnel zu erreichen und im Schutze der Dunkelheit zu fliehen. Es waren fast fünfzehn Minuten vergangen und Anthony begann bereits nach seinem besten Freund Ausschau zu halten. Tatsächlich sah er ihn, blutverschmiert und völlig außer Atem. Er hielt das Messer in der Hand, welches Anthony ihm gegeben hatte und schleppte sich nur noch mit Mühe vorwärts. Anthony, der in ein Militärfahrzeug gestiegen und die Zündung kurzgeschlossen hatte, beobachtete ihn aus der Ferne und wartete, dass er herkam. Doch Vincent schaffte es nicht. Ein Schuss, der ihn in den Rücken traf, warf ihn zu Boden und die Soldaten ergriffen ihn sogleich. Wenn Anthony nicht diese vielen Kinder im Laderaum versteckt hätte, würde er sofort aussteigen und seinem Freund zur Hilfe eilen, aber er hatte keine Wahl, er musste ihn zurücklassen. Das war es, was sein älterer Freund sowieso beabsichtigt hatte. Für ihn stand von vornherein fest, dass er zurückbleiben würde. Nur so konnte er das Gedächtnis der Forscher und Soldaten verändern und sie glauben lassen, es wären alle bei der Schießerei getötet worden und er sei der letzte Überlebende. Er hörte einige der Kinder weinen, zwei von ihnen waren schwer verletzt worden. Von den anfangs 15 Kindern, die er und Vincent zu retten versucht hatten, waren nur noch sechs übrig. Und sie alle waren schrecklich verängstigt und verstört. Anthony versuchte, einen ruhigen Kopf zu bewahren, denn er fuhr zum ersten Mal einen Militärwagen, aber diese Szene, in der Vincent von einer Kugel getroffen zu Boden fiel und weggebracht wurde, übermannte ihn. Er legte traurig seine Stirn aufs Lenkrad und kämpfte mit den Tränen. „Vincent… es tut mir leid…“ Und während er diese leisen Worte sprach, betete er, dass sein bester Freund es schaffen würde. Dass er genug Glück haben würde, am Leben zu bleiben. Wenigstens hatten sie beide es geschafft, sechs Kinder zu retten. Eine erschreckend geringe Zahl, wo es ganz zu Anfang noch dreißig Kinder und danach nur noch die Hälfte waren, aber zumindest hatten es überhaupt welche geschafft. Und allein das zählte.



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