Meine Creepypastas von Sky- (Paranormale (Horror) Geschichten) ================================================================================ Scarecrow Jack Teil 6: Requiem ------------------------------ Kurz nachdem der ganze Alptraum um Scarecrow Jack vorbei war, packten wir unsere Sachen und kehrten Annatown für immer den Rücken. Es war einfach zu viel in dieser Stadt passiert, als dass ich hier noch mit Lewis hätte weiterleben können. Charles war tot, Officer Morgan war an den Folgen seiner Verletzungen gestorben… Madison war tot und mit diesem Ort verband ich zu viel Angst und Schmerz. Lewis war ein wenig still geworden und traute sich nicht mehr, alleine im Bett zu schlafen. Ich konnte es ihm nicht verdenken und so lagen wir nachts im Hotel und ich blieb wach, weil mich immer noch die leise Angst verfolgte, dass Scarecrow Jack noch nicht besiegt war. Mr. Morgan hatte mir gesagt, nichts und niemand könne die Vogelscheuche aufhalten. Er würde niemals zufrieden sein, niemals genug haben und er würde niemals aufhören. Zwar hatten wir die Vogelscheuche zu einem Haufen Asche verbrannt, aber ich war mir trotzdem nicht sicher, ob es wirklich schon vorbei war. Nach der ganzen Aufregung hatte ich einen erneuten Asthmaanfall erlitten und musste zur Beobachtung ins Krankenhaus, Lewis ebenfalls. Zum Glück war aber alles in Ordnung, zumindest äußerlich. Innerlich waren wir alles andere als in Ordnung. Ich hatte meinen Mann verloren und Lewis seinen Vater. Für unser Überleben hatten wir einen sehr hohen Preis bezahlt und es würde nichts mehr so wie früher sein, das stand fest. Wie es weitergehen würde, konnte ich nicht sagen. Ich wusste nur, dass ich weit weg ziehen wollte. So weit weg wie möglich und versuchen, irgendwann wieder ein normales Leben führen zu können, auch wenn es bis dahin noch ein langer Weg werden würde. Ein Leben mit Lewis, das war es, was mich noch bei Kräften hielt. Immer, wenn ich alleine war, weinte ich und vor Lewis versuchte ich stark zu bleiben. Er brauchte mich und ich musste für ihn da sein. Wir verließen Annatown so schnell es nur ging, ohne uns zu verabschieden. Die ersten drei Tage schliefen wir in einem Hotel und fuhren dann zurück nach Sandlefort, wo wir zuvor gelebt hatten. Wir zogen in ein kleines Apartment und gegenüber meinen Freunden, die ich hier zurückgelassen hatte, schwieg ich größtenteils über die Geschehnisse in Annatown. Nicht einmal meiner Schwester Bridget erzählte ich von Jackson, der als Vogelscheuche zurückgekehrt und dieses schreckliche Unheil angerichtet hatte. Als sie mich nach Charles fragte, brach ich wieder in Tränen aus und konnte ihr nur sagen, dass er von einem Verrückten ermordet worden war. Da ich die Miete nicht aufbringen konnte, mussten wir die Wohnung schnell wieder räumen und solange unsere Lage schwierig blieb, nahm Bridget uns bei sich auf. Sie stellte keine Fragen über das, was wir erlebt hatten, sie spürte selbst, dass es etwas wirklich Schreckliches gewesen sein musste, über das ich noch nicht sprechen konnte. Die meiste Zeit, wenn ich nicht gerade versuchte, einen Job zu finden, verbrachte ich mit Lewis, der seit diesen Ereignissen deutlich anhänglicher geworden war und am liebsten gar nicht mehr allein sein wollte. Meist spielten wir Spiele zusammen oder ich las ihm Geschichten vor, wonach er mich vorher noch nie gefragt hatte. Zu meiner Erleichterung konnte er wieder auf seine alte Schule gehen, obwohl das erste Halbjahr sich bald dem Ende zuneigte. Da ich mit der Rektorin der Schule gut bekannt war, bot sie mir den Job als Sekretärin in der Schule an. Es war ein Halbtagsjob und von dem Geld kamen wir einigermaßen über die Runden und ich hatte genügend Zeit für Lewis. Die Ersparnisse, die wir dank Charles’ Schriftstellerei zusammengespart hatten, wurden durch die Beerdigung vollständig geschluckt und ich musste mein Elternhaus verkaufen. Während der ganzen Zeremonie stand Lewis still schweigend da und starrte auf den Sarg und vergoss nicht eine einzige Träne. Er verstand es noch nicht richtig, er musste es erst für sich selbst begreiflich machen, dass sein Vater nicht mehr wiederkommen würde. Ich hielt seine Hand fest und versuchte selbst, meine Trauer vor Lewis zu verbergen. Die darauf folgende Zeit war hart aber wir schafften es irgendwie. Nachdem ich genug Geld verdient hatte, zog ich mit Lewis in ein kleines billiges Apartment und ich sorgte dafür, dass er möglichst nicht alleine war. Die Lehrer in der Schule hatten großes Verständnis für Lewis und ich war unendlich dankbar, dass sie ihm einiges nachsahen, eben weil sie wussten, dass sein Vater von einem gefährlichen Serienmörder vor seinen Augen umgebracht worden war. Aber es ließ sich leider nicht leugnen, dass Lewis’ Freundschaften nach und nach in die Brüche gingen. Seine Freunde spürten, dass er sich verändert hatte und wollten nicht mehr mit ihm spielen und die Lehrer kamen oft nach der Schule zu mir, um mit mir über meinen Sohn zu sprechen. Da ich sein Verhalten immer wieder neu erklären musste, war ich gezwungen, immer mehr von den Geschehnissen in Annatown preiszugeben und dabei versuchte ich möglichst zu vermeiden, von der Vogelscheuche zu sprechen, die von Jacksons wahnsinnigem Geist besessen gewesen war. Ich sprach höchstens von einem Psychopathen im Vogelscheuchenkostüm. Etwas anderes hätte man mir nicht geglaubt oder man hätte mich für verrückt erklärt. Leider blieb es nicht lange vor den anderen Kindern verborgen, weshalb Lewis oft mit unangenehmen Fragen belästigt wurde. Seine alten Freunde begannen nun, ihn zu hänseln und ihn damit aufzuziehen, dass sein Dad von einem Psychopathen umgebracht worden war. Es tat mir in der Seele weh, mein Kind so leiden zu sehen und in mir wuchs die Wut, als auch noch die Eltern hinter unserem Rücken zu tuscheln begannen. Ich besprach mich mit der Rektorin, die daraufhin ein Treffen einberief, um mit den Eltern der Kinder zu reden und damit ich endlich eine Gelegenheit bekam, meinem Ärger und meiner Wut Luft zu machen. Aber wie sich herausstellte, hatten mir sowohl Lewis als auch die Lehrer einiges verschwiegen. Wie ich nämlich erfuhr, verhielt sich Lewis auffällig, seit er wieder auf seiner alten Schule war. Meist saß er auf der Schaukel und beobachtete die anderen beim Spielen aber wenn er geärgert wurde oder die Kinder über mich gespottet hatten, rastete er aus und begann sich zu prügeln. Mir wurde dringend angeraten, den Schulpsychologen zu sprechen, damit er Lewis helfen konnte. Ich hätte eigentlich viel früher ahnen müssen, dass Lewis irgendwann explodieren würde. Der Schulpsychologe war mir gleich von Anfang an sympathisch und erklärte sich sofort bereit, Lewis zu helfen. Doch es war Lewis, der sich scheinbar nicht öffnen wollte, sondern nur schwieg. Also redete ich ihm ins Gewissen und erst dann versprach Lewis mir, sich helfen zu lassen und mit dem Schulpsychologen zu reden. Währenddessen versuchte ich, die Situation in der Schule zu bessern, auch wenn es nicht gerade einfach zu sein schien. Die Kinder hatten es regelrecht auf Lewis abgesehen und als ich sie fragte, warum sie das alles taten, sagten sie alle, er sei ein gruseliger Freak. Die Rektorin riet mir an, besser auf eine andere Schule zu wechseln, wo man Lewis’ Vergangenheit nicht kannte und wo er gute Chancen auf einen Neuanfang hatte. Ich war wütend über diese Schikanen und fragte mich, wie manche Kinder und Eltern nur so grausam sein konnten, ein traumatisiertes Kind zu schikanieren, welches vor kurzem erst seinen Vater verloren hatte. Lewis selbst war in eine völlige Lethargie verfallen, offenbar auch auf das Trauma zurückzuführen. Ihm schien wirklich alles egal geworden zu sein. Meist saß er still für sich alleine da und malte. Die einzigen Momente, wo seine Lethargie wich, war dann, wenn wir beide zusammensaßen und zusammen spielten. Da schien Lewis ganz der Alte zu sein. Als ich eines Tages ganztätig arbeiten musste, weil eine Kollegin sich krank gemeldet hatte, bat ich Bridget, solange auf Lewis aufzupassen. Sie war begeistert davon und freute sich auf einen netten Tag mit ihrem Neffen, aber wie ich später erfuhr, wurde daraus nicht viel. Bridget zog mich beiseite und sagte „Ich weiß ja nicht, wie du ihn so erlebst, aber Lewis hat sich ziemlich verändert. Er wirkt auf mich wie jemand anderes…“ „Du hast ja Recht, aber der Schulpsychologe hat gesagt, dass ein völliges Zurückziehen typisch für traumatisierte Kinder ist. Alles, was wir tun können ist, Lewis das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit zu geben. Er gibt sich ja auch Mühe und versucht, sich an seiner neuen Schule zurechtzufinden.“ Bridget schwieg dazu und kehrte wieder zu Lewis zurück, dem sie ein kleines Geschenk bereitete: Malstifte. Darüber freute sich Lewis und sogleich begann er zu malen. Die meiste Zeit malte er uns beide zusammen und immer, wenn ich ihm dabei zusah, lächelte er mich an und sagte „Ich hab dich lieb, Mommy!“ Bei mir war er ganz mein kleiner Liebling. Knapp zwei Monate nach der Beerdigung von Charles erfuhr ich, dass Lewis auch an seiner neuen Schule nicht wirklich Anschluss fand und offenbar keinerlei Wert darauf legte, mit anderen Kindern Freundschaft zu schließen. Dabei hatte mir der Schulpsychologe gesagt, er hätte großartige Fortschritte gemacht. Sprach ich ihn darauf an, sagte er, dass alles in Ordnung sei und ich mir keine Sorgen machen müsse. Ich wollte mir selbst ein Bild machen und begann daraufhin, Lewis heimlich zu beobachten, wenn er unterwegs war. Und tatsächlich bestätigte sich schnell das Bild, welches mir die Eltern, Lehrer und Schüler beschrieben hatten: Lewis saß immer abseits und malte oder schrieb irgendetwas. Ich machte mir ernsthaft Sorgen, denn Lewis verhielt sich irgendwie… wie Jackson. Da ich nicht wollte, dass Lewis genauso wie er wurde, suchte ich einen richtigen Psychologen und schickte meinen Sohn in Therapie. Das war das einzig Richtige, was ich tun konnte. Aber trotzdem hatte ich das Gefühl, dass Lewis nicht mehr der Gleiche war. Zumindest nicht dann, wenn ich nicht in seiner Nähe war. Das Verhalten meines Sohnes wurde immer seltsamer. Manchmal schlich er sich aus dem Haus und blieb ein oder zwei Stunden weg, bis er wieder zurückkehrte und hatte irgendwelche Ausreden. Der erste seltsame Vorfall ereignete sich mit dem Nachbarhund. Unsere neuen Nachbarn hatten einen Hund im Garten, der ununterbrochen laut bellte und selbst nachts keine Ruhe gab, was mir sehr zu schaffen machte. Eines Tages jedoch blieb er plötzlich ruhig und so wie ich erfuhr, hatte jemand Gift ins Futter gemischt. Natürlich war ich mir sicher, dass Lewis nichts damit zu tun haben konnte, denn immerhin hatte er große Angst vor Hunden, aber er war so seltsam geworden. Mich ließ das Gefühl nicht los, als wäre dieser ganze Alptraum noch nicht ganz vorbei, als würde sich noch ein Unheil zusammenbrauen. Die Angst, Jackson könnte vielleicht wieder zurückgekehrt und für das seltsame Verhalten meines Jungen verantwortlich sein, weil er ihn wieder bedrohte. Ich war durcheinander und fühlte mich hilflos. Nach der Schule kam Lewis nach Hause und setzte sich still an den Tisch und las das Buch, welches sie gerade im Unterricht bearbeiteten. Normalerweise las Lewis nie Bücher, er war einmal richtig sauer geworden, als ich ihm ein Buch zu Weihnachten geschenkt hatte. Seit wann also las er denn so gerne? Und das Malen…. Lewis hasste Kunstunterricht und war sonst immer eine Sportskanone gewesen. In Sport hatte er immer zu den Klassenbesten gehört, aber jetzt hatte sich seine Note um zwei verschlechtert und auch im Sozialbetragen war er spürbar abgesunken. Dafür aber gehörte er in Mathe nun zu den Besten und war von einer vier auf eine eins hochgestiegen. Auch im Lesen und in Kunst war er hervorragend und eigentlich wäre dies ein Grund gewesen, sich zu freuen, aber stattdessen war mir das Ganze sehr merkwürdig. Ich setzte mich schließlich zu Lewis und fragte ihn, wie denn die Schule so war. „Ganz toll. Wir haben Bilder aus der Vogelperspektive gemalt und Rechnen war auch ziemlich einfach. Ich hab auch einen Test zurückbekommen!“ Lewis präsentierte mir freudestrahlend den Test, der mit der Bestnote ausgezeichnet war. „Super mein Schatz. Wie wäre es, wenn es zur Feier des Tages Pizza gibt?“ „Au ja gerne!“ „Mit extra viel Pepperoni?“ „Nein, lieber mit Salami!“ Ich versuchte, mir nichts anmerken zu lassen, als ich zum Telefon ging und den Pizzaservice anrief. Dabei schaute ich immer wieder zu Lewis hinüber, der in seinem Buch vertieft war. Lewis liebte Pepperoni Pizza über alles. Warum auf einmal mochte er sie nicht mehr bestellen? Mir war unbehaglich zumute und ich begann, wilde Theorien in meinem Kopf zusammenzuspinnen. Was, wenn Jackson gar nicht tot war? Was, wenn er versuchte, Besitz von meinem Jungen zu ergreifen und dieser immer mehr die Persönlichkeit von Jackson annahm? So etwas hatte ich bereits in diesem Stephen King Roman „Christine“ gelesen. Aber steigerte ich mich nicht vielleicht in irgendetwas rein? Was sollte ich bloß tun? Ich musste mir ganz sicher sein. Ich musste mein eigenes Kind beschatten, um herauszufinden, ob wirklich Jackson in ihn gefahren war. In den nächsten Tagen begann ich damit, heimlich Kameras in Lewis’ Zimmer anzubringen und ihn immer aus den Augenwinkeln zu beobachten. Zunächst war alles ganz ruhig und Lewis benahm sich relativ normal, aber dann geschah etwas, das mich sehr schockierte. Zwei Mitschüler von Lewis waren brutal zusammengeschlagen und über zwei Tage in einem Container eingeschlossen worden. Sie hatten mehrere Knochenbrüche und einer der Jungs starb schließlich an inneren Blutungen. Dem anderen wurden die Augen regelrecht eingedrückt und er konnte nicht sprechen, weil man ihm die Zunge rausgeschnitten hatte, nachdem er zusammengeschlagen worden war. Das Ganze war am Abend passiert und als ich mir die Aufnahmen der Kameras ansah, bemerkte ich, dass Lewis mitten in der Nacht in sein Zimmer zurückgekehrt sei. Und er hatte eine Tasche bei sich, die er unter seinem Bett versteckte. Daraufhin ging ich sofort in sein Zimmer und zog die Tasche hervor. Ich öffnete sie und erstarrte, als ich das viele Blut sah… und das Messer. Schritte ertönten vom Flur her und ich sah zur Tür und im Rahmen stand Lewis. Er sah mich erschrocken, fast schuldbewusst an und sagte leise „Mommy… was machst du da?“ Ich schüttelte den Inhalt der Tasche aus und zum Vorschein kam das Messer, blutverschmierte Taschentücher und etwas, das wie eine Zunge aussah. Lewis wurde blass und sah aus, als würde er sich ertappt fühlen. Seine Augen schauten mich schuldbewusst an und er sagte „Mommy, ich kann das erklären!“ Doch ich schüttelte nur den Kopf und ich war nicht imstande, die Tränen aus meinen Augenwinkeln zu wischen. „Was hast du mit meinem Jungen gemacht?“ „Mommy, was redest du denn da?“ „Hör auf damit!“ rief ich und warf die Tasche von mir. Lewis zuckte zusammen und begann selbst in Tränen auszubrechen. Doch das kaufte ich ihm nicht mehr ab. Das da war nicht mehr mein kleiner Junge. Das war Jackson, da war ich mir jetzt ganz sicher. „Hör auf, mich für dumm zu verkaufen. Du hast wohl geglaubt, ich merke es nicht. Dein seltsames Verhalten, die Veränderung deiner Noten und die aggressiven Angriffe auf deine Mitschüler. Ich war so naiv und dachte, es läge an dem Trauma aber jetzt wird mir alles klar. Du hast mich die ganze Zeit hinters Licht geführt.“ „Nein!“ rief er und klang dabei so hilflos und verzweifelt, dass ich für einen Moment glaubte, wieder meinen Jungen vor mir zu haben. Aber ich versuchte mir klar zu machen, dass es nicht Lewis war. Auch wenn es sein Aussehen und seine Stimme waren. In meiner Wut und Verzweiflung rutschte mir schließlich die Hand aus und ich gab ihm eine Ohrfeige. „Wie konntest du mir das nur antun? Hat es dir nicht gereicht, meinen Mann umzubringen du Mistkerl?“ „Ich hab das doch nur gemacht, damit wir beide glücklich werden. Wir sind eine Familie und wir brauchen niemanden, außer uns beide.“ „Hör auf!“ schrie ich und gab ihm noch eine Ohrfeige. Nun begann er zu heulen, aber das machte mich nur noch wütender. „Was hast du mit meinem Kind gemacht, Jackson? Was hast du mit Lewis gemacht?“ Doch er antwortete nicht, sondern weinte nur. Er weinte nur und egal wie sehr ich ihn durchrüttelte, ich konnte keine Antwort aus ihm herausbekommen. Und dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen und es war noch schlimmer, als es aus seinem Munde zu hören. Ich erinnerte mich nämlich an den Blick der Vogelscheuche. Wie verängstigt und verzweifelt sie mich ansah, als sie auf mich zukam. Sie hatte die Hand nach mir ausgestreckt und versucht, etwas zu sagen, hatte aber kein Wort herausbekommen. Ihre Stofflippen hatten Worte geformt, die stumm blieben. Und jetzt verstand ich endlich, warum sie sich in ihren letzten Momenten so seltsam verhalten hatte. Es war gar nicht Jackson gewesen. Es war Lewis. Jackson hatte Lewis in diesen von Ungeziefer verseuchten, nach Verwesung stinkenden Vogelscheuchenkörper gesperrt und ich hatte ihn getötet…. Ich hatte mein eigenes Kind getötet. Mir wurde schlecht, als ich daran dachte. Tausende schreckliche Szenarien rasten mir durch den Kopf. Ich sah Lewis vor mir, gefangen in diesem stinkenden Vogelscheuchenkörper, der hilfesuchend die Hand nach mir ausstreckte und kraftlos hervorbrachte „Mommy, hilf mir!“ Und ich brachte ihn einfach um. Großer Gott, was hatte ich nur getan. Ich hatte mein Kind getötet. Mein Kind musste grausam in diesem von Ungeziefer und Tod verseuchten Körper sterben und ich hatte es nicht gemerkt. Das war das allerschlimmste, was Jackson oder irgendjemand anderes mir antun konnten. Wütend und unendlich verzweifelt nahm ich das Messer und stieß Jackson zu Boden und drückte ihn nach unten. Er seinerseits sah mich genauso hilflos und verzweifelt an. „Mommy, bitte… ich will doch nur…“ „Ist mir egal was du willst du mieses Stück Scheiße!! Du hast meine Familie getötet, du hast mir mein Kind genommen und dafür sollst du krepieren!“ „Aber ich wollte doch nur eine Familie haben. Ich wollte, dass wir eine Familie sind. Bitte Mommy…“ „Hör endlich auf damit. Ich bin nicht deine Mommy!“ Und das waren die letzten Worte, die ich zu Jackson sagte, bevor er noch einmal starb…. Während ich mit dem Messer auf ihn einstach, versuchte ich nicht in diese verzweifelten Augen zu sehen, die sich nach der Liebe einer Mutter sehnten. Ich versuchte zu verdrängen, dass es die Augen meines Kindes waren. Wie viel Zeit danach verging, kann ich nicht sagen. Ich hatte jegliches Gefühl dafür verloren. Aber das war für mich bedeutungslos geworden. Alles war bedeutungslos geworden. Ich hatte meinen Mann verloren… ich hatte mein eigenes Kind getötet. Wie sollte ich mir das jemals verzeihen? Als ich mein Kind da liegen sah… blutüberströmt mit einem Messer in der Brust, die Augen von Angst und Hilflosigkeit zeugend, wurde mir klar, was ich tun musste. Aber ich ließ mir noch Zeit. Ich musste diese schrecklichen Ereignisse noch einmal Revue passieren lassen. Und dann beschloss ich, all diese Dinge niederzuschreiben. Das hier ist mein Abschiedsbrief und meine letzte Beichte, zu Papier gebracht, damit jemand die Wahrheit erfährt. Wer mich hier findet, der soll nicht eine verrückte Selbstmörderin vorfinden, die im Wahn ihr Kind abgestochen hat. Nein, die Wahrheit ist, dass mein Sohn bereits tot war. Das, was da in seinem Körper steckte, war ein Toter! Aber das änderte nichts an der Tatsache, dass ich meinen kleinen Lewis getötet habe…. Wäre ich niemals in diese Stadt zurückgekehrt, dann wäre unser Leben ganz normal verlaufen. Lewis wäre eines Tages Profisportler geworden, so wie er es sich immer gewünscht hätte und Charles hätte den großen Durchbruch geschafft. Heute Morgen habe ich die Zeitung gelesen, einzig aus dem Grund, weil da drin die Meldung von einer Reihe bizarren Morden stand, die vor kurzem begangen worden waren. Vier Menschen wurden in der Nacht brutal ermordet, aufgeschlitzt und ausgeweidet. Ihre Körper hatte man mit Süßigkeiten ausgestopft. Mir ist klar geworden, dass Mr. Helmholtz Recht hatte. Jackson kann man nicht aufhalten. Er wird niemals aufhören, Jackson wird sein Ziel nicht aufgeben, sondern es stur weiterverfolgen, ganz egal was auch kommen mag. Ich werde nicht versuchen, ihn weiter zu bekämpfen, für mich ist der Kampf vorbei. Es tut mir Leid mein Liebling… bitte verzeih Mommy, dass sie dich nicht beschützen konnte. Aber hab keine Angst, gleich ist sie bei dir… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)