Meine Creepypastas von Sky- (Paranormale (Horror) Geschichten) ================================================================================ Das Haus der tausend Masken --------------------------- Ich hatte ein Jahr als Austauschschülerin gemacht und in Tokio bei einer Gastfamilie gelebt. Japan war schon immer das Land meiner Träume gewesen und ich gebe zu, dass es zuerst mal ein echt großer Kulturschock war, als ich diese große Stadt erblickte. Und schnell fühlte ich mich auch recht hilflos, denn ich konnte mit den meisten Schriftzeichen nicht viel anfangen und der Taschenübersetzer war mir oft auch keine große Hilfe. Ich hatte aber das Glück, dass der Sohn meiner Gastfamilie ziemlich gut Englisch, Russisch und Deutsch verstand und mir in jeder Situation half. Er erklärte mir, was ich alles zu beachten hätte, er übersetzte für mich und zeigte mir die tollsten Sehenswürdigkeiten in Tokio. Wir besuchten außerhalb der Schule einige Tempel oder machten Ausflüge in die Nachbarstädte. Kosuke zeigte mir auch die Paläste und Pagoden und irgendwann hatte ich den ersten Film meiner Kamera voll. Schließlich erzählte er mir vom Haus der tausend Masken, in der Nähe vom Aokigahara. Es sei ein riesiges, herrschaftliches Anwesen, wo die Familie Karano seit Ewigkeiten Masken anfertigte. Sei es für das Theater oder für andere Dinge. Allerdings sei die Familie eines Tages spurlos verschwunden und seitdem stand das Haus verlassen. Nur die eintausend Masken hatte man dort gelassen. „Warum hat man die Masken nicht längst geklaut oder verkauft?“ fragte ich, der ich nichts von irgendwelchen japanischen Mythologien und Gebräuchen wusste. Kosuke erklärte, dass die Familie Karano die eintausend Masken verfluchen ließ, bevor sie verschwanden. Sollte es jemand wagen, die Masken von ihrem Platz zu entfernen, würde ein großes Unglück geschehen. Eine Zeit lang war das Haus eine sehr beliebte Touristenattraktion gewesen, doch dann hatte sich ein tragischer Vorfall ereignet und seitdem war das Haus verlassen. „Was genau ist denn passiert?“ „Soweit ich weiß, sind mehrere der Touristen durch einen Blitzeinschlag getötet worden, nachdem dieser durchs Dach einschlug. Da sind vier Menschen ums Leben gekommen und seitdem werden da keine Rundführungen mehr gemacht. Die Leute in der Gegend sind sehr abergläubisch.“ Diese Geschichte interessierte mich und ich wollte mir unbedingt die tausend Masken ansehen. Kosuke schien nichts dagegen zu haben und schlug vor, dass wir gleich morgen zum Karano-Anwesen fahren könnten, um uns dort umzuschauen. Gleich morgens fuhren wir mit dem Zug in Richtung Narusawa. Die Fahrt dauerte ca. drei Stunden und als wir endlich angekommen waren, liefen wir das restliche Stück zu Fuß. Es war eine echte Strapaze und es wurde auch deutlich wärmer, aber schließlich erreichten wir das Haus der tausend Masken. Es war, wie Kosuke bereits gesagt hatte, beachtlich groß. Der Baustil war eher westlich gehalten und es besaß einen groß angelegten Rosengarten, der allerdings ein wenig verwildert war und auch die Außenwand des Hauses war bereits von Efeu bewachsen. Da dieser in vollster Blühte stand, sah das besonders schön aus und irgendwie hatte dieses Haus etwas Verwunschenes, wie aus einem Märchen. Da das Tor offen stand, gingen wir hindurch und gingen den Weg entlang bis zur Haustür, dann blieben wir kurz stehen. „Sollen wir klopfen?“ fragte ich Kosuke unsicher. „Nur falls da jemand inzwischen wohnen sollte…“ „Glaub ich zwar nicht, aber besser wäre es wohl.“ Wir klopften und warteten. Da keine Antwort kam und die Tür zudem einen Spalt breit geöffnet war, dachten wir uns, dass es noch verlassen wäre. Und überhaupt: Wer sollte denn hier schon wohnen, wenn die Familie Karano es längst verlassen hatte? Also schien es auch in Ordnung zu sein, sich hier mal ein wenig umzusehen. Neugierig betraten wir das Haus und wurden schon in der Eingangshalle von unzähligen Masken angestarrt. Angefangen von Frauen- über Männermasken bis hin zu Monstermasken für das Theater. Es gab auch welche, die dem venezianischen Stil nachempfunden wurden. Wirklich überall starrten uns diese Masken an und während Kosuke ein wenig mulmig zumute sein zu schien, kam ich aus dem Staunen gar nicht mehr raus. Wir gingen als erstes nach links und betraten einen großen Saal. Und dort war auch alles voller Masken, die allesamt an der Wand hingen, oder aber auf Gestellen auf dem Kaminsims und auf Regalen aufgestellt waren. Eine Maske faszinierte mich besonders: Sie sah ein klein wenig aus wie das Gesicht einer Geisha und besaß mehrere Goldverzierungen. Ich war schon fast versucht, sie anzufassen, doch Kosuke hielt mich zurück. „Wir dürfen die Masken nicht wegnehmen, hast du das schon vergessen?“ „Mein Gott, ich hätte nicht gedacht, dass du so abergläubisch bist.“ „Ich will es eben nicht darauf ankommen lassen!“ Wir durchwanderten den Saal und kamen schließlich zum Kamin, in welchem die Asche lag. Zu unserem Erstaunen war sie noch ein wenig warm, so als wäre vor kurzem jemand hier gewesen. Und auch auf dem Tischchen vor dem Sofa stand ein Teeservice. Wohnte hier doch jemand? Wieder sahen wir uns und wussten nicht, was wir davon halten sollten. Schließlich sahen wir uns das Regal, in denen die bunt bemalten Masken aufgereiht waren, die wohl für Feiern gedacht waren. Manche waren mit Blumenmustern verziert, manche auch mit Symbolen und es gab auch hier Monstermasken. Schließlich verließen wir den Saal und gingen schließlich in die andere Richtung. Dieser führte in einen langen Flur, von wo wir aus mehrere Räume betreten konnten. Die meisten waren Zimmer, die alle noch genauso eingerichtet waren, als würden noch Leute hier wohnen. Allerdings war alles völlig verstaubt, die Fenster waren schmutzig und es herrschte eine muffige Luft hier drin. Schließlich erreichten wir ein Zimmer, welches offensichtlich einem Mädchen zu gehören schien. Das sah man schon an den vielen Stofftieren auf dem Bett und den Kleidern im Schrank. Auch hier fanden wir viele Masken, die aber hauptsächlich Tiermasken darstellen sollten, wie zum Beispiel Füchse und so weiter. Was mir auffiel war, dass dieser Raum sehr sauber im Vergleich zu den anderen Räumen war und auch die Masken nicht staubig waren. Gerade wollten wir das Zimmer verlassen, da hörten wir hinter uns von der Tür her eine Stimme, die sagte „Was sucht ihr hier?“ Wir zuckten erschrocken zusammen und drehten uns hastig um. Im Türrahmen stand ein Mädchen mit langen Haaren und einem völlig ausdruckslosen und leeren Blick. In ihrer Hand hielt sie eine Maske, die aber umgedreht war, sodass wir sie nicht erkennen konnten. Aber darauf achtete ich in diesem Moment nicht. Meine Aufmerksamkeit galt dem Mädchen, das so urplötzlich hinter uns aufgetaucht war. „Was sucht ihr hier?“ wiederholte sie und starrte uns an. Dafür, dass wir um einiges größer und älter als sie und zudem noch zu zweit waren, schien sie ganz schön ruhig zu sein. Vor allem angesichts der Tatsache, dass wir einfach so ins Haus eingebrochen waren. Ich versuchte mich zu erklären, vergaß aber dabei völlig, dass ich in meiner Muttersprache redete und Kosuke somit übersetzen musste. „Entschuldige, aber wir wussten nicht, dass hier jemand lebt. Wir wollten uns nur ein wenig hier umsehen, das ist alles.“ „Ihr wollt die Masken sehen, oder?“ Das Mädchen zeigte keinerlei Gefühlsregung und auch ihre Stimme war völlig gefühllos. Schließlich fügte sie hinzu „Ich bin Kokoro Karano, ich bewohne dieses Haus hier. Wenn ihr euch die Masken ansehen wollt, führe ich euch gerne herum.“ Kokoro führte uns aus ihrem Zimmer heraus und schickte sich nun an, uns in die Werkstatt zu führen, wo die Masken angefertigt worden waren. Die Werkstatt war auch voller Masken und hier gab es allerlei Werkzeug. Die meisten Masken, so erzählte Kokoro, seien aus Holz geschnitzt worden. Natürlich gäbe es auch einige Masken aus Keramik, allerdings gäbe es nur sehr wenige, weil das Material schwierig anzufertigen sei und sehr schnell zu Bruch ginge, wenn man nicht aufpasste. Außerdem sei es Tradition, aus Holz Masken zu schnitzen. „Warum gibt es eigentlich so viele Masken hier? Und sind es wirklich tausend Masken?“ „Ja. Die Masken haben alle eine bestimmte Funktion. Fast alle von ihnen symbolisieren Emotionen und haben ihre eigene Geschichte. Liebe, Freude, Neid, Trauer, Hass, Zorn und Hoffnung. Das sind nur wenige von vielen. Es gibt auch Masken, die Erinnerungen verkörpern. Sie alle befinden sich in Harmonie miteinander und alle tausend Masken sind im Gleichgewicht. Zu jedem gibt es ein Gegenstück.“ Während der Rundführung hielt Kokoro die Maske in ihrer Hand fest an den Körper gepresst und wollte sie auch nicht zeigen. Sie zeigte stattdessen eine Maske, die einen Oni darstellen sollte. Sie war abstoßend hässlich und die gelben Augen funkelten uns böse an. „Diese Maske hier stellt alle bösen Eigenschaften dar, die ein Mensch haben kann und hält ihm sozusagen den Spiegel vor. Habgier, Eifersucht, Neid, Egoismus und weitere negative Eigenschaften. Alle Masken sind wie Spiegel und sie alle geben einen Teil von uns wieder.“ Und damit setzte Kokoro die Rundführung fort und zeigte uns den Rest des Hauses. Erst jetzt fiel uns auf, dass alle Masken im Haus völlig frei von Schmutz und Staub waren. Offenbar hielt das Mädchen sie alle sauber und reinigte sie regelmäßig. Wenn sie nur mit dem Rest des Hauses so sorgfältig sein würde…. „Sag mal Kokoro“, unterbrach ich sie schließlich „entstaubst du all die Masken?“ „Ja, die Masken sind unschätzbar wertvoll und unersetzlich“, antwortete sie knapp und sah mich mit diesen glanzlosen, leeren Augen an. Sie schwieg schließlich und führte uns ins Arbeitszimmer, wo man wohl die ganzen verwaltungstechnischen Arbeiten erledigt hatte. Hier fand man vor allem Keramikmasken, die fast alle Frauen darstellten. „Und was genau stellen die Frauenmasken dar?“ „Sie stehen für die Schönheit, die Blühte der Jugend und die Poesie. Deshalb wurden diese Masken auch aus rein weißer Keramik angefertigt, weil das Material viel schöner ist.“ „Und stimmt es wirklich, dass ein großes Unglück geschieht, wenn man die Masken entfernt?“ Kokoro schwieg eine Weile und betrachtete uns nachdenklich. Keiner von uns konnte wirklich sagen, was diesem Mädchen wohl durch den Kopf ging. Dann aber war etwas in ihrem Blick zu sehen, was uns deutliches Unbehagen bereitete. „Es ist gefährlich, diese Masken unerlaubt von ihrem Platz zu entfernen. Es sind immerhin besondere Masken.“ Ich hatte irgendwie das Gefühl, als hätte ich etwas Falsches gesagt, denn plötzlich verließ Kokoro das Arbeitszimmer und ging davon und wir versuchten ihr zu folgen. „Entschuldige, wenn ich dich beleidigt habe“, entschuldigte ich mich und eilte dem Mädchen hinterher. Sie blieb stehen und umklammerte die Maske in ihrem Arm noch fester. „Nein, das ist es nicht“, murmelte sie leise und wich unserem Blick aus. Schließlich stiegen wir die Treppen hinunter und Kokoro führte uns in ihr Zimmer zurück. „Es ist nur sehr lange her, dass jemand kommt, um die Masken meiner Familie zu sehen. Ich war überrascht.“ Die Kleine schien sehr schüchtern und introvertiert zu sein. Offenbar hatte sie nur sehr selten Kontakt zu anderen Menschen und ich fragte mich, was wohl mit ihren Eltern war. Als ich sie danach fragte, gab sie keine Auskunft und wich unseren Blicken aus. Entweder war sie Waisenkind oder aber ihre Eltern waren weg und sie wohnte solange im Haus. Jedenfalls bedankten wir uns für die Rundführung und tatsächlich durften wir uns noch in aller Ruhe umsehen und sie jederzeit zu den Masken befragen. Sie erlaubte uns sogar, die Masken von ihren Plätzen zu nehmen und sie genauer ansehen, solange wir sie nicht zerbrachen oder aus dem Haus entfernten. Kokoro setzte ihre Arbeit fort und wischte Staub oder fegte den Boden. Wir gingen zurück ins Arbeitszimmer und betrachteten die vielen Keramikmasken. Obwohl es insgesamt 1.000 Masken im Haus waren, glich nicht eine Maske der anderen. Jede war individuell und einzigartig. Und alle hatten eine eigene Geschichte, verkörperten eine Emotion oder eine Erinnerung. So viele Masken hatte ich in meinem Leben noch nicht gesehen. Da Kokoro es uns erlaubt hatte, nahmen wir hin und wieder eine Maske ab und betrachteten sie von allen Seiten. Dabei fiel uns auf, dass jede Maske auf ihrer Rückseite einen Namen trug oder irgendwie beschriftet war. Alles war vertreten. „Mut“, „Angst“, „Schönheit“, „Hässlichkeit“ und noch viele mehr. Eine Maske gefiel uns ganz besonders. Sie war aus Gold und Silber angefertigt worden und es waren sogar Edelsteine eingearbeitet worden. Sie trug den Namen „Glück". Diese Maske war schwer und sicherlich unschätzbar wertvoll. Schließlich kam Kosuke eine Idee. „Lass sie uns mitnehmen.“ „Bist du bescheuert? Kokoro hat doch gesagt, dass wir die Masken nicht klauen dürfen.“ „Meine Güte, hier sind tausend Masken. Wenn eine Einzige fehlt, wird das doch nicht auffallen. Und bis die merkt, dass eine fehlt, sind wir auch schon weg.“ „Kosuke, nein! Ich hab keine Lust, deswegen Ärger zu kriegen. Mir ist nicht wohl dabei zumute. Wir legen die Maske wieder zurück und vergessen das Ganze.“ Aber der Gedanke daran, dass diese Maske einige zehntausend Dollar in den USA einbringen könnte, ließ auch mich schwach werden. Aber meine Angst davor, dass uns noch ein Unheil widerfahren könnte, war größer. Zwar glaubte ich weder an Götter, noch an irgendwelche Flüche, aber es war kriminell, die Maske zu stehlen. Und ich hatte keine Lust, im japanischen Gefängnis zu landen. „Wenn du das Ding da klauen willst, dann mach es ohne mich. Ich werde da nicht mitmachen.“ „Schön, ganz wie du willst.“ Und so steckte Kosuke die Glücksmaske in seine Tasche und gerade wollten wir das Haus verlassen, da hörten wir plötzlich Kokoros Stimme hinter uns. „Wo wollt ihr mit meiner Maske hin?“ Sie war einfach so wie aus dem Nichts hinter uns aufgetaucht und starrte uns mit ihrem leeren Blick an. „Ihr wolltet meine Maske stehlen…“ „So ein Schwachsinn, ich hab deine Maske nicht.“ „Lügner“, rief Kokoro und in ihren Augen loderte die Wut, während ihr Gesicht völlig starr blieb. Doch ihr Blick galt nicht mir sondern Kosuke. Als wüsste sie ganz genau, dass er die Maske in seiner Tasche hätte. Nun hatte ich richtig Angst vor ihr und machte einen Schritt zurück. „Kokoro“ stammelte ich auf Englisch. „Ich wollte die Maske niemals stehlen. Ich hab damit nichts zu tun.“ Doch Kokoro kam weiter auf uns zu und obwohl sie außer der Maske in ihrer Hand nichts bei sich hatte, so verfolgte sie die Absicht, uns für diesen Regelbruch zu bestrafen. Ich riss die Tür auf und rannte davon. Ich drehte mich nicht ein einziges Mal um und bemerkte erst an der Busstation, dass Kosuke gar nicht nachgekommen war. Selbst als ich auf ihn wartete, tauchte er nicht auf. Da ich zu viel Angst hatte, zum Maskenhaus zurückzukehren, fuhr ich zur nächsten Polizeistation und erzählte dort, was vorgefallen sei. Die Beamten schickten mich nach Hause zu meiner Gastfamilie und wollten sich selbst um die Sache kümmern. Ich kam mit dem Zug am Abend wieder in Tokio an und verkroch mich auf mein Zimmer. Ob Kosuke etwas passiert war oder nicht, wollte ich lieber nicht wissen. Aber dieses Mädchen war mir in dem Moment, als sie erkannt hatte, was Kosuke vorhatte, einfach nur unheimlich gewesen. Hoffentlich ging es ihm gut. Irgendwann, wahrscheinlich war es stressbedingte Erschöpfung, schlief ich ein und wurde von Alpträumen heimgesucht, in welchem Kosuke von den Masken attackiert und getötet wurde. Irgendwann jedoch wachte ich wieder auf, da ich glaubte, jemanden zu hören. Ich machte das Licht an und rieb mir schlaftrunken die Augen. Es war tatsächlich jemand im Zimmer, aber es war niemand von meiner Gastfamilie. Nein, im Zimmer stand Kokoro und sie hielt eine Maske in ihren Händen. Dieses Mal konnte ich sie genau erkennen und was ich sah, erschrak mich zutiefst: Die Maske sah genauso aus wie Kosukes Gesicht. Kokoros Gesicht war nach wie vor völlig ausdruckslos, als wäre sie selbst nur eine Maske. „Ich habe euch doch davor gewarnt, die Masken nicht zu stehlen.“ Und damit ging Kokoro auf mich zu und hielt die Maske, die wie Kosuke aussah. Sie war das allerletzte, was ich noch zu Lebzeiten zu sehen bekommen würde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)