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Meine Creepypastas

Paranormale (Horror) Geschichten
von

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Ein leises Rauschen

Ich wollte schon seit längerer Zeit eine Ausbildung zum Hörgeräteakustiker machen. Es ist ein Beruf mit Zukunft, wenn man bedenkt, dass die Menschen immer älter werden und sich die Jugendlichen mit der lauten Musik die Trommelfelle ruinieren. Tatsächlich gibt es kaum Arbeitslose in dieser Branche und man braucht selbst während der schwierigen Wirtschaftslage keine Zukunftsängste zu haben. Um mich besser auf diesen Beruf vorzubereiten, habe ich in meiner Heimatstadt ein vierwöchiges Praktikum angefangen. Das Hörzentrum hatte erst vergangenes Jahr dort eröffnet und so hatte ich wenigstens keinen langen Weg. Die anderen Akustiker in der Stadt nahmen leider keine Praktikanten an. Ich war dort auch nicht ganz so fremd. Zwei Jahre zuvor hatte ich in Walsum ein einwöchiges Praktikum während der Herbstferien gemacht und somit wusste ich zumindest, was mich erwarten würde. Die Leute waren dort sehr nett. Jessica war die Gesellin und Jonas der Auszubildende, der noch im ersten Lehrjahr war. Sie arbeiteten zusammen in der Filiale in meiner Heimatstadt und ich verstand mich auf Anhieb mit ihnen. Jessica war eine lustige Person, die für ihr Leben gerne Handyspiele zockte, witzige Videos schaute und immer einen frechen Spruch auf Lager hatte. Seit zwei Jahren arbeitete sie im Hörzentrum und verstand ihr Handwerk wie kein anderer. Jonas hatte zuvor im Filmgeschäft gearbeitet, jedoch hatte er eingesehen, dass es auf Dauer keine Zukunft in dieser Branche gab. Er wollte etwas Solides haben und war durch seinen Vater auf diesen Beruf gestoßen. Mit ihm konnte man sich wirklich wunderbar über Bücher und Filme unterhalten, aber auch über andere Dinge. Während Jessica den Schriftverkehr regelte, zeigte mir Jonas alles andere. Er zeigte mir, wie man Kommissions- und Lagergeräte einlagerte, wie man Hörwinkel austauschte und erklärte mir, wie man eine Otoplastik fräste. Kamen mal Kunden rein, schaute ich den beiden über die Schulter und wenn mal nichts los war, dann haben wir Hörgeräte voreingestellt oder ich habe mir die interessantesten Kundengeschichten angehört. Jonas zeigte mir, wie die verschiedenen Hörgeräte funktionierten und nannte mir alle technischen Eigenschaften. Auch brachte er mir bei, wie man Beratungsgespräche am besten führte und was man alles zu beachten hatte. Es war ziemlich viel auf einmal, aber ich begriff schnell und konnte mir alles wirklich gut merken. Die Wahrheit war leider, dass kurz nach Weihnachten der Hund begraben war. Die meisten Kunden ließen ihre Hörgeräte meist vor Heiligabend einstellen, um wenigstens die Verwandten zu verstehen. Darum war am Anfang des neuen Jahres nicht sehr viel los. Erschwerend kam auch noch hinzu, dass quasi vor der Ladentür eine große Baustelle war, wodurch sämtliche Parkplätze wegfielen. Das führt eben dazu, dass die ältere Kundschaft aufgrund mangelnder Mobilität nicht herkommen konnte. Da der Frühling partout nicht kommen wollte, zog sich das mit der Baustelle immer weiter in die Länge und es würde wahrscheinlich noch drei bis vier Wochen dauern, bis sie endlich fertig gestellt werden konnte.

Es war Mittwoch und an diesem Tag waren wir hauptsächlich auf Laufkundschaft angewiesen, da die HNO-Ärzte ihre Praxen nachmittags geschlossen hatten. Diese Zeit wurde oft genutzt, um Hausbesuche zu machen. Jessica war also im Altenheim unterwegs, ich saß mit Jonas allein im Laden und schaute ihm zu, während er die Kundendaten aktualisierte, Kommentare verfasste und Geräte für den nächsten Tag voreinstellte. Insgesamt war es sehr ruhig. Wir plauderten viel und es geschah bis 16 Uhr nichts. Dann aber betrat um ungefähr 16:50 Uhr eine Kundin den Laden. Sie war schon recht alt, geschätzte 82 Jahre, bucklig und sie war auffallend dürr. Ihr Haar war zerzaust und sie wirkte ein klein wenig verwirrt. Sie sah irgendwie ein bisschen wie Grandma Death aus dem Donnie Darko Film aus. Kaum öffnete sich die Ladentür, standen wir sofort auf und verließen die Kabine. Wir gingen in den Empfangsbereich und begrüßten die Kundin. Sie stellte sich als eine gewisse Roswita Großmann vor und Jonas rief sofort die Daten auf. Tatsächlich war die gute Dame 84 Jahre alt und trug Chilis. Das sind natürlich keine Chilischoten, es sind Powerhörgeräte für besonders schwere Fälle. Sie sind ziemlich groß, nicht sehr hübsch anzusehen und auch manuelle Kassengeräte. Jonas fragte nach, was mit den Geräten nicht in Ordnung sei und begann währenddessen, das Gehäuse zu reinigen und entfernte die Otoplastik, da diese aufgrund der Verschmutzung im Ultraschallbad gereinigt werden musste. Diese Aufgabe teilte er mir zu und während ich im Labor verschwand, führte Jonas die Kundin schon mal in die Kabine. Die Reinigung dauerte nicht lange und nachdem die Ohrstücke trocken waren, ging ich in die Kabine. Dort erfuhr ich, dass Frau Großmann ein seltsames Rauschen hörte und es auch störend sei. Jonas begann damit, die Hörgeräte noch mal neu einzustellen. Er begann zuerst damit, die hohen Töne zu senken und dafür die tiefen Töne zu heben. Dadurch wurde alles viel dumpfer und normalerweise sollte das Rauschen auch aufhören. Zumindest dachte Jonas so. Aber als er vorsichtig ins Hörgerät reinhörte, war immer noch ein Rauschen wahrzunehmen. Egal wie viel Jonas auch an den Einstellungen änderte, er bekam das Rauschen nicht weg. „Das Rauschen kommt wohl vom Gerät her.“ Jonas legte die Hörgeräte in die Messbox, wo es auf Eigengeräusche getestet werden sollte. Jedes Hörgerät hatte ein Eigenrauschen und je nach Marke durfte es eine gewisse Obergrenze nicht überschreiten. Für das Chili galt eine Obergrenze von 27 dB. Für einen normal Hörenden zu laut, aber für Frau Großmann, die ohne Hörgeräte so gut wie taub war, waren diese 27 dB gar nicht zu hören. Jonas hatte die arge Vermutung, dass das Gerät defekt war und das Eigenrauschen die Obergrenze überstieg. Doch die Messbox zeigte an, dass das Eigenrauschen in einem gesunden Normbereich war. Mit dem Gerät war wohl alles in Ordnung. Da Jonas mit seinem Latein am Ende war, machte er für die Kundin Leihgeräte fertig, die sie tragen konnte, während ihre Geräte in Reparatur waren. Jessica kam schließlich wieder, kurz nachdem die Kundin den Laden verlassen hatte. Sie war müde und auch ein wenig frustriert, weil es wohl nicht ganz so gut gelaufen war, wie sie gedacht hatte. Nachdem wir sie mit einem Kaffee zufrieden gestimmt hatten, erzählte Jonas ihr von dem merkwürdigen Eigenrauschen, welches das Hörgerät von sich gab und dass die Messbox nichts Ungewöhnliches angezeigt hatte. Also testeten wir es noch mal in der Messbox der Nachbarkabine. Doch auch hier war nichts festzustellen. „Warum hörst du nicht mit dem Stethoskop rein?“ fragte ich, während ich den beiden bei der Arbeit zusah. Jessica zog die Augenbrauen hoch und sah zu mir. „Weil das Gerät so laut eingestellt ist, dass uns sofort die Trommelfelle reißen würden, wenn ein Nebengeräusch ertönt. Sandra hat den Fehler mal gemacht und danach hatte sie einen Tinnitus oder einen Hörsturz gekriegt. Ich weiß nicht mehr genau, was von beiden, aber jedenfalls hat sie sich damit das Gehör ruiniert.“ Um also ins Hörgerät reinhören zu können, ohne gleich taub zu werden oder einen Tinnitus zu bekommen, musste es an ein Gerät angeschlossen werden, wodurch die Lautstärke auf ein normales Maß reduziert wurde. Wir hörten alle rein und konnten tatsächlich ein Rauschen wahrnehmen. Jessica begann nun, an den Einstellungen zu basteln, um das Rauschen reduziert zu bekommen, aber egal was sie auch machte, es ging nicht weg. „Wegschicken, Neugerät anfordern, fertig!“ Das war alles, was sie dazu zu sagen hatte. Für sie war das Gerät einfach kaputt und da es ein Kommissionsgerät und somit ein Leihgerät des Herstellers war, konnte es einfach wieder umgetauscht werden. Da die Gesellin entschieden hatte, hörte auch Jonas auf und bereitete alles für den Versand vor. Ich für meinen Teil verstand nicht so wirklich, wie das Gerät rauschen konnte, ohne dass es von der Messbox angezeigt wurde. Also fragte ich nach, aber auch Jonas und Jessica konnten sich das nicht erklären. Sie gingen einfach davon aus, dass die Messbox nicht richtig gearbeitet hatte. Schließlich verschwand Jessica mit Jonas im Labor, um ihm noch mal das Fräsen richtig zu zeigen, während ich mir den Katalog noch mal anschauen sollte. Aber ich hatte eigene Pläne. Ich wollte noch mal in das Hörgerät reinhören. Da ich den Regler nicht bedienen konnte, musste ich mit dem Stethoskop hören. Ich hatte natürlich keine Lust, einen Hörschaden zu erleiden, also musste ich vorsichtig sein. Dazu ging ich in die schallisolierte Kabine und nachdem ich das Stethoskop angelegt und das Hörgerät angeschlossen hatte, knickte ich den Schlauch ab, um den Schallfluss zu regulieren. Ein Trick, den mir Jessica gezeigt hatte. Um mich herum war es totenstill. Das Einzige, was zu hören war, war höchstens mein Atem oder mein Herzschlag. Ich löste vorsichtig den Knick und das Rauschen wurde immer lauter. Schließlich hatte es die Lautstärke von einem laut gestellten Fernseher erreicht und je lauter es wurde, desto mehr bekam ich das Gefühl, dass da ein ganz bestimmtes Geräusch zu hören war. Ich schloss angestrengt die Augen und löste den Knick vollständig. Das Rauschen war inzwischen richtig laut geworden und tatsächlich konnte ich etwas hören. Es klang seltsam, sehr blechern und leise. Als würde meine Schwester ihre Hörbücher auf ihrem Handy hören. Zuerst glaubte ich, dass ich trotz der Schallisolierung Geräusche aus dem Laden hören würde und so ging ich nachsehen. Aber… der Laden war leer und sowohl Jessica als auch Jonas waren immer noch im Labor und auch sie waren nicht zu hören. Ein Schauer lief mir über den Rücken und so ging ich zurück, schloss die Tür und hörte noch mal in das Gerät rein. Unverändert ein superlautes Rauschen und etwas Leises im Hintergrund, das sich wie ein Flüstern anhörte. Ich legte das Hörgerät wieder zurück und glaubte erst, dass ich mir das bloß eingebildet hatte. Wenig später kamen Jessica und Jonas wieder zurück und gingen wieder an die Arbeit. Ich erzählte nichts davon, dass ich heimlich in die Hörgeräte reingehört hatte. Nicht, dass ich dafür Ärger bekommen hätte. Ich wollte nur nicht, dass beide von mir dachten, ich würde mir irgendetwas Verrücktes zusammenspinnen. Schließlich sprach ich Jonas noch mal auf das Chili an und fragte ihn, ob ihm so etwas schon mal passiert sei. „Nun, eine ähnliche Geschichte ist Mirco, dem Azubi aus Walsum bei einem Hausbesuch passiert. Eine Kundin hatte über ein Rauschen geklagt und egal wie oft er die Hörgeräte neu eingestellt hatte, die Kundin hatte es immer noch gehört. Also hatte er mal das Hörgerät ausgeschaltet und die Kundin sagte, sie hörte es immer noch. Sie war schon etwas senil…. Aber ich habe da noch eine viel verrücktere Geschichte: Kurz, nachdem wir den Laden hier eröffnet hatte, bekamen wir eine Kundin rein, die eine spezielle Legierung für ihre Hörgeräte haben wollte.“

„Wofür denn eine Legierung?“

„Weil sie behauptet hatte, sie würde über ihre Hörgeräte Stimmen hören.“

„Was waren das für Hörgeräte?“

„Hm… mal nachsehen.“ Damit öffnete Jonas die Kundendaten und sah nach. „Das waren Chilis. Also Hörgeräte für schwerere Fälle.“

„Und… war das Hörgerät, das Mirco ausgetauscht hat, auch ein Chili?“

„Ich kann es nicht mit Sicherheit sagen, aber ich denke schon.“
 

Das war ein wenig seltsam, zugegeben. Mir ließ diese Story einfach keine Ruhe und nachdem ich wieder ungestört war, schnappte ich mir die Hörgeräte erneut und verschwand wieder in der schallisolierten Kabine. Ich wollte ein allerletztes Mal in die Hörgeräte reinhören. Nur, damit ich endlich Ruhe vor meiner regen Fantasie hatte. Ich legte das Stethoskop an, befestigte das Hörgerät an den Schlauch und hörte wieder das laute Rauschen. Um mich besser auf mein Gehör konzentrieren zu können, schloss ich die Augen und atmete leiser. Ich hörte wieder Rauschen und meinen Atem. Dann hörte ich es tatsächlich: Ein leises, kaum wahrnehmbares Flüstern. Ich musste mich wirklich mit aller Macht darauf konzentrieren, um wenigstens ein oder zwei Wörter heraushören zu können. Doch so sehr ich mich auch bemühte, ich konnte nichts Verständliches heraushören. Und trotzdem konnte ich heraushören, dass da eine Stimme etwas Flüsterte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  _Supernaturalist_
2013-04-26T10:17:33+00:00 26.04.2013 12:17
Wieder eine wirklich tolle Paste, wobei ich hier zweimal lächeln musste:
Einmal mit 'Der Frühling wollte einfach nicht kommen', weil es eindeutig auf dieses Jahr zutrifft und bei 'Frau Großmann', dem deutschen Namen für Slenderman. (Daher dachte ich auch, dass das ominöse Rauschen am Ende von ihm verursacht wird O.O)
Aber das Ende hat einem mal wieder totalen Schauer bereitet. Super! Bitte mehr^^


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