Die Chroniken von Khad-Arza - Die andere Seite des Himmels von Linchan (Drittes Buch) ================================================================================ Kapitel 3: Vorboten der Schatten -------------------------------- „Das ist faszinierend. So etwas Einfaches, da hätte ich ja auch selbst drauf kommen können...“ Yamuru hätte sich getrost darüber ärgern können, dass er es nicht vorher gewusst hatte; im Moment überwog aber eindeutig seine Faszination für Honuk Jamalis Schlüssel zur allmächtigen Maschine Trias... eine Karte, die den Weg zur Trias beschrieb. Das war wirklich faszinierend. Yamuru konnte mit Hilfe seiner Reikyu sehen, wie die Auronen Thira das Pergament überreichten, das ihr Großvater einst hier gelassen hatte, mit dem ausdrücklichen Wunsch, es nur an seine Blutsverwandten abzugeben. Der junge Mann musste ein bisschen über sich selber lachen, als er sich fragte, ob dieser Wunsch nicht ganz leicht zu umgehen gewesen wäre. Thira hatte ihnen bloß das Emblem ihres Clans zeigen müssen. Wie albern, er selbst hätte sich ja getrost das Symbol des Jamali-Clans von irgendwem einbrennen lassen können, um sich selbst als Jamali auszugeben und dann die Karte zu bekommen. Was Thira dann wohl gesagt hätte? Wie sollten die Auronen einen echten Jamali von einem Falschen unterscheiden? Yamuru stammte genau wie Thira von einem der Himmelclans und seine Macht war dadurch mit ihrer mindestens gleichauf; und sowohl ihre als auch seine Familie war eine begnadete Eismagierfamilie gewesen. Thiras eigene Mutter hatte dieselbe Haarfarbe gehabt wie Yamuru, weil sie seine Tante gewesen war, er könnte rein äußerlich also genauso gut ihr Bruder sein... Vermutlich gab es etwas, das er übersah, denn er hielt den alten Honuk nicht für so dämlich, eine so elementar wichtige Karte auf so einfache Weise hier zu lassen und darauf zu vertrauen, dass schon kein Betrüger daher käme, um sie zu stehlen. In sofern war es vermutlich gut, dass er nicht auf eigene Faust versucht hatte, die Karte zu beschaffen... aber Scharan sollte besser nicht erfahren, dass es so leicht gewesen war für Thira, sie zu erhalten. „Was treibst du da oben eigentlich?! Hast du was gesehen, Yamuru?!“ Er drehte auf den genervten Ausruf hin den Kopf, um von dem Felsgrat herab zu spähen, auf den er geflogen war, um sich einen besseren Überblick zu verschaffen. Und, so musste er sich eingestehen, um dem Geschnatter seiner Wachen zu entkommen, die unterhalb des Grates auf einem Vorsprung standen und ihn grantig beobachteten. Manha traute ihm nicht genug, um ihn alleine losziehen zu lassen, um Thira zu beobachten... dazu hatte er auch alles Recht und gute Gründe, das wusste der Zuyyaner. Und dennoch gingen ihm die Schakale der Bestie gehörig auf die Nerven. „Ich habe sie gefunden.“, berichtete er den Männern auf dem Vorsprung so mit gespielt besserer Laune als er eigentlich verspürte. Die Aussicht auf eine Karte, die den Weg zum Ziel enthielt, machte ihn euphorisch und gab ihm das Gefühl, seinem eigenen, ganz persönlichen Ziel zum Greifen nahe gekommen zu sein. Wenn sie diese Karte in die Finger bekamen, konnten sie sich viele Scherereien sparen... „Dann komm runter! Sollen wir hier herum stehen und Tee trinken, während du deine Braut bespannst?!“, meckerte einer der Männer, und Yamuru verdrehte innerlich die Augen. Was die alle von ihm dachten... Meine Braut, hm? Wenn es so leicht wäre, hätten wir gar keine Probleme. Er seufzte und schloss kurz die Augen, um sein inzwischen leicht überarbeitetes Reikyu-Auge zu deaktivieren und es sich hinter dem geschlossenen Lid ein wenig ausruhen zu lassen. Er benutzte die Reikyu enorm viel, seit er für Scharan arbeitete... aber er hatte ja keine Wahl, wenn er voran kommen wollte. Da die gute Chenoa nicht mit ihm hatte reden wollen, war es genau genommen ihre Schuld, dass er jetzt hier war. Falls er je nach Zuyya zurückkehren würde, was er nicht vorhatte, dann schwor er sich, Chenoa mal ordentlich die Fresse zu polieren, denn nicht weniger hatte sie verdient. Glück für sie, dass er eine anständige Erziehung genossen hatte, sonst wären ihm noch ganz andere Dinge für sie eingefallen. Katari, die Frau war über dreißig, das war ja abartig. Nach einem Moment bequemte Yamuru sich, vom Grat herab zu springen und mit Hilfe seiner Fähigkeit als Zuyyaner, zu fliegen, landete er sanft auf dem Vorsprung bei seinen nervigen Anhängern. Oder eher Manhas Anhängern, die der an ihn abgeschoben hatte. Manha hatte sie in Yamurus Kommando gestellt und ihm gesagt, er könnte mit ihnen tun, was er wollte; hauptsächlich war die Truppe dafür da, das zu beschaffen, was ihnen noch fehlte – die Batterie der Tari Randora. Yamuru erkannte aber durchaus Scharans insgeheime Beobachtung in dieser Kämpfertruppe; diese Gruppe junger Magier war auch deswegen hier, um ihn zu überwachen und zu verhindern, dass er irgendetwas tat, was Scharan nicht passte. Zu Manhas Pech hatte der Enkel von Kelar Lyra offenbar noch immer nicht ganz begriffen, mit wem er es hier zu tun hatte. Und dass Yamuru selbst fünf Männer zugleich problemlos niederstrecken konnte, wenn er sich bedroht fühlte... Ach, ich bin eben umgeben von Idioten. Das ist der Preis, wenn man überleben will. Siehst du mir zu, Schwester? Siehst du mich und bist stolz auf mich, weil ich so geduldig mit diesen Hurensöhnen bin? Sei besser stolz auf mich, Ngnhana... ich tue das hier für dich allein. Die fünf Schakale unter seinem Kommando waren allesamt Schamanen. Wo Manha sie aufgetrieben hatte, wusste der Zuyyaner nicht genau; ob sie schon auf Ghia für ihn gearbeitet hatten oder ob er sie erst auf Zuyya eingesammelt hatte... vermutlich eine Mischung aus beidem. Yatli jedenfalls war schon recht lange da. Kanau auch, fiel ihm ein, als er dem Rothaarigen einen Blick schenkte, der sich generell als Anführer der kleinen Gruppe aufspielte. Dann gab es noch Rok, einen wahnsinnig streitlustigen Telepathen, der zwar nicht unbegabt, dessen Klappe aber definitiv größer als sein Talent war; und es gab Daku, er war auf das Element Boden spezialisiert und sprach nicht viel; der letzte Mitstreiter war Turo, der Heiler. Turo war definitiv noch nicht allzu lange dabei, er war ein chronisch missgelaunter kleiner Kerl, aber Yamuru schätzte ihn auf gewisse Weise, weil er von all den Trotteln der Einzige mit etwas Grips zu sein schien. Ergo der Einzige, der durchaus seine eigene Meinung hatte und nicht blind hechelnd Manhas Befehle durch jede Pore seiner Haut inhalierte. Die fünf Männer einen Moment gemustert und von allen Seiten grimmige Blicke geerntet räusperte sich der Zuyyaner wichtig. „Gut, wir sind aus zweierlei Gründen hier, Jungs. Zum einen, die Übergabe des Schlüssels observieren, was meine Aufgabe war. Abgehakt. Zweitens – holt die Batterie. Solange die Hälfte der Spinner da drüben nicht zugegen ist, habt ihr vielleicht gute Chancen, also bewegt eure Ärsche. Von eurem Erfolg hängt etwas ab, wie wir weiter vorgehen.“ „Die Tari Randora ist trotz halbierter Besetzung bewacht.“, erklärte Kanau, „Hast du mit deinem Superauge gesehen, wen sie da gelassen haben?“ „Den Restmüll, der nichts kann.“, zuckte der Zuyyaner mit den Schultern. „Wobei, passt auf Simu auf, er ist ein Wolf im Schafspelz. Sein Vater war oberster General des alten Kaisers, sowas liegt in den Genen.“ Mehr zu sagen beabsichtigte er nicht, so ließ er die erwartungsvollen Blicke der Deppen einen Moment über sich ergehen und machte dann eine wegscheuchende Handbewegung. „Worauf wartet ihr noch, Katari noch mal? Teleportiert euch weg, na los!“ „Vorsicht mit deinem Ton, Zuyyaner.“, warnte Rok ihn, machte sich aber schon bereit, sich und seine Kumpanen zur Tari Randora zu teleportieren, um seiner Aufgabe nachzugehen. Manha hatte ihnen gesagt, sie sollten auf Yamuru hören, wenn er ihnen Befehle gab – sofern sie nicht dem Willen des Meisters widersprachen natürlich. Yamuru war sich sicher, dass sie auch den Befehl hatten, ihn augenblicklich auszuweiden, wenn er es wagen sollte, durchscheinen zu lassen, dass er gegen Manha arbeitete... so weit wollte er es im Moment nicht kommen lassen. Noch war er auf die Scharlatane angewiesen... Sich von Rok alles gefallen lassen musste er aber nicht. Mit einem herablassenden Grinsen beugte er sich zu dem blonden Telepathen herab und sah mit wachsendem Vergnügen, wie der zusammenfuhr bei der unmittelbaren Konfrontation und mit dem gruseligen Reikyu-Auge direkt vor der Nase. „Wie war das bitte, Rok? Möchtest du... mir etwas sagen?“ Rok schauderte und wollte offenbar gerade patzig werden, da hielt Kanau einen Arm zwischen sein und Yamurus Gesicht und unterbrach den drohenden Streit. „Schnauze, Rok, du hast ihn gehört. Solange er uns keinen Grund gibt, ihm zu misstrauen, sind die Seiten klar.“ Der Rothaarige richtete seinen Blick starr auf den Zuyyaner, der sich mit im Rücken verschränkten Armen wie ein strenger Heerführer wieder aufrichtete, um seine braven Soldaten mit einem vor Genugtuung nur so triefenden Grinsen anzusehen. „Du magst Zuyyaner sein... aber ein Gott bist du deshalb noch lange nicht. Rok! Abmarsch!“ Rok gehorchte und mit einem kurzen Blitzen verschwanden alle fünf Männer durch Teleport. Yamuru blieb allein zurück und musste leise lachen, jetzt, wo die Nervensägen weg waren. „Nein... ich bin viel genialer als ein Gott, Kanau.“ Eneela kauerte im Steuerraum am Boden und bekam nur mit einem Ohr mit, wie Tayson, Simu und Asta sich über die Funktionen der Steuerung unterhielten und offenbar versuchten, herauszufinden, wie die Tari Randora wohl gesteuert wurde. Wo die Seherin war, wusste sie nicht, die war irgendwann singend verschwunden und nicht wieder aufgetaucht... das kümmerte niemanden, Ryanne tauchte immer dann wieder auf, wenn man sie sowieso nicht gebrauchen konnte. Nein, es war gemein, so zu denken, fand die Lianerin und zog unsicher die Knie an, um sie mit ihren zierlichen, bleichen Armen zu umschlingen. Ryanne war zwar seltsam, aber ihre Sehensgabe musste auch für etwas gut sein... aber die dunkelhäutige Seherin mit den blonden Haaren war Eneela immer schon unheimlich gewesen. Ihre Gedanken erschlossen sich ihr nicht, sie war zu komplex für die einstige Sklavin, die kaum mehr kannte als Befehlen zu gehorchen, ohne sich dabei selbst viel zu denken. Und Ryannes Augen sahen so unglaublich viel... sie sahen ihr in die tiefsten Winkel ihrer Seele, und das war es, was Eneela Angst machte. Sie wollte nicht wissen, was in den Tiefen ihrer Seele schlummerte. Unruhig dachte sie an ihr Leben als Sklavin in Ulan Manhas Residenz auf Ghia. Sie war dort geboren worden, genau genommen war sie nur produziert worden, um die nächste Generation an Sklaven zu sichern. Sie hatte ihren Vater nie kennengelernt... inzwischen war er bestimmt tot, wenn er das nicht schon lange vorher gewesen war, wie man im Lianerdorf auf Tharr vermutet hatte. Sie, Eneela, hatte ihr Leben lang als Sklavin gelebt, gemeinsam mit ihrer Mutter und vielen Artgenossinnen; in Manhas Haushalt hatte es wenige männliche Lianer gegeben, und mit den wenigen hatte sie kaum Kontakt gehabt. Das alles schien so lange her und ewig weit weg zu sein... wie lange war es eigentlich tatsächlich her, dass sie von Ghia geflohen war? An dem Tag, an dem ihre Mutter für sie gestorben war, um ihr zur Flucht zu verhelfen... an dem Tag, an dem sie der Droge getrotzt hatte, mit der Scharan seine Lianersklaven daran hinderte, die mächtigen, elementaren Bestien zu beschwören. Eneela wusste bis heute nicht, wieso sie damals fähig gewesen war, trotz der Drogen, die sie bekommen hatte, eine Lian zu beschwören. Yolei, die Lian des Wassers... sie hatte sie schon ein paar mal beschworen seitdem. Mit den anderen hatte sie es nie probiert... sie fragte sich, ob sie das vielleicht üben sollte, aber der Gedanke an das Kämpfen machte ihr fast noch mehr Angst als die Seherin. Sie hatte auf Tharr gekämpft, gemeinsam mit den anderen hier... es hatte für ihr Leben gereicht, was sie auf dem Schlachtfeld erlebt hatte. Mit anzusehen, wie Menschen auf grausame Weise getötet wurden, war nichts für sie... und dennoch verfolgten sie die Schlachten, wohin sie auch ging, sie konnte nicht weglaufen... Sie war eine der Sieben. Ihr Schicksal war es, zu kämpfen. Ob nun mit Waffen oder rein geistig, sie würde immer kämpfen müssen. Bei dem Gedanken, Scharan wieder zu begegnen, schauderte sie unwillkürlich und kauerte sich noch mehr zusammen, ohne auf die anderen zu achten, die lauthals (vor allem Tayson) diskutierten. Scharan... der Sklavenkönig, der Mörder ihrer Mutter. Er hatte so viele getötet... es waren Zahlen, die Eneela nicht mehr begreifen konnte, da war sie sicher. Dieser Mann war ein Monster... ein Schlächter, dem sie mehr als jedem anderen Mann der Welt den Tod wünschte. Dass sie solche Gefühle in sich fand, erschreckte sie... so etwas wie abgrundtiefen Hass, den sie für Ulan Manha empfand. „Denkst du nicht, es wäre gut, wenn wir die Tari Randora auch fahren könnten? Dann muss Thira nicht alles alleine machen, meine ich...“ „Natürlich, Tayson, aber ob es wirklich produktiv wäre, dich da ran zu lassen...“ Die junge Lianerin hob den Kopf, als das Gespräch wieder an ihre Ohren drang, und plötzlich war sie alarmiert – es war nicht das Gespräch gewesen, das sie aus ihren Gedanken gerissen hatte. „Seid mal still!“, keuchte sie, und obwohl ihre Stimme kaum Kraft hatte, verstummten tatsächlich sowohl Simu als auch Tayson augenblicklich; vor allem Ersterer fuhr plötzlich japsend zum Fenster des Steuerraums herum und schnappte sein Tsukibo. „Da kommt jemand!“ Eneela sprang in dem Moment auf die Beine, in dem plötzlich ein gewaltiges Beben die ganze Tari Randora durchfuhr und sie zusammen mit den drei anderen wieder auf den Boden warf. Asta kreischte. „W-was ist das?!“, schrie Tayson auch, der das rosahaarige Mädchen gerade noch davor bewahrte, gegen die Wand zu knallen und sich zu verletzen, ehe er sich aufrappelte, „S-Simu?!“ „Raus hier!“, kommandierte der Blonde laut und packte Eneela, zerrte sie am Arm auf die Beine und schubste sie mit sanfter Gewalt aus dem Steuerraum, „Das ist kein natürliches Beben! Raus, schnell!“ Es bebte erneut und ein ohrenbetäubendes Krachen folgte, während sich die vier Kameraden japsend durch den Korridor zum Hauptausgang kämpften, wo sie aus dem Schiff stolperten – nicht auf die glatte Fläche, auf der sie gelandet waren, sondern auf eine verwüstete Kraterlandschaft, während die Erde an allen Ecken und Enden dabei zu sein schien, noch weiter auseinander zu brechen. Risse und Gräben bildeten sich, sodass die Kameraden gleich wieder stolperten, als sie Fuß auf das Chaos setzten. Tayson hatte aus seinem Gürtel ein Schwert gezogen und befahl den beiden jungen Frauen, hinter ihm und Simu zu bleiben. Doch Eneela konnte nur erbleichend herum fahren, als das laute Dröhnen direkt hinter ihr ertönte – und sie sah, wie die Tari Randora in einem der entstandenen Gräben versank. „Simu!“, schrie sie fassungslos, „D-das Schiff, es sinkt ein!“ Der Blonde fuhr herum, um ihrem Fingerzeig zu folgen, und weitete die blauen Augen voller Entsetzen, dann riss ein Schrei von Tayson seine Aufmerksamkeit wieder nach vorne. Eneela erstarrte in blinder Panik, als sie aus dem Nichts einen gewaltigen Feuerball direkt auf sie zukommen sah. Feuer. Sie verabscheute Feuer so sehr... das Feuer, das ihre Mutter verbrannt hatte – Manhas Feuer. „Nein!“, kreischte sie, im selben Moment wurde sie plötzlich zur Seite gerissen und landete unsanft auf dem Boden, irgendetwas warf sich auf sie und schützte sie vor den Funken – der Feuerball erreichte sie nicht. Benommen sah Eneela die Wand aus purem Wasser, die plötzlich vor ihnen aufgetaucht war und an der der Zauber abprallte. Und sie nahm irgendwo am Rande ihres Bewusstseins Simu wahr, der sein Tsukibo keuchend und am ganzen Körper zitternd vor sich ausgestreckt hielt, aus dessen Klinge das Wasser sprudelte, das sie gerade gerettet hatte. „Alter.“, keuchte Tayson irgendwo, und Eneela hob benommen den Kopf, um festzustellen, dass es Asta war, die sie umgeworfen hatte und jetzt auf ihr lag. „Simu, wie hast du das gemacht?!“ „Schnauze, das sind Scharans Jagdhunde...“, keuchte der Blonde und ließ das Wasser verschwinden, indem er seine Waffe sinken ließ, „Schützt um jeden Preis die Tari Randora, die wollen die vermaledeite Batterie!“ Ein weiteres, lautes Krachen und ein neues Erdbeben riss sie geschlossen von den Beinen und Eneela keuchte, als sie Asta gerade noch packte, die in einen Spalt zu stürzen drohte, der sich plötzlich unter ihnen auftat. Beide Frauen halfen sich gegenseitig auf die Beine und dann war da plötzlich dieser Typ vor ihnen, den sie noch nie gesehen hatte. Blonde Haare und ein überhebliches Grinsen – Eneela weitete die blassen Augen vor Entsetzen, als der Typ sie beide mit einem simplen Ausbreiten seiner Arme daran hinderte, sich zu bewegen. Sie wusste nicht, was er machte, aber es war Magie... Magie, die sie lähmte und an Ort und Stelle festhielt. Er ist Telepath... das ist Telepathie! „Du bist also Eneela Kaniy.“, stellte der Blonde grimmig fest, „Das Mädchen, das fliehen konnte. Ich hab irgendwie... mehr erwartet von einer, die der Droge einfach so trotzen kann... du siehst aus wie alle anderen Schlampen eures Volkes.“ „Halt deinen Mund!“, keuchte Asta, während Eneela erbleichte – falls sie das konnte – und der Gegner kicherte. „Himmel, wer bist du denn bitte? Du gehörst nicht zu den Sieben... was hast du hier verloren? - Eigentlich kann es mir egal sein... jetzt stirbst du jedenfalls.“ Mit diesen Worten riss er eine seiner Hände nach vorne und Eneela sah mit Entsetzen, wie Asta neben ihr zuckte und plötzlich heftig nach Luft schnappte. Er musste ihr irgendwie die Luft aus den Lungen drücken mit seiner Druckwelle – verdammt, wenn sie sich doch bloß bewegen könnte! Simu und Tayson waren, wie sie an wüstem Kampfgeschrei und dem Krachen von Zaubern hörte, selbst beschäftigt, die würden ihnen nicht helfen können – und die anderen waren immer noch nicht zurück... Lians... Bestien, hört mich an! Ich kann... ich kann mich nicht bewegen, aber... v-vielleicht hört ihr mich trotzdem! Helft mir... bitte! Yolei... hilf mir! Sie spürte das Rauschen in ihrem Kopf, das sie benommen machte, während Asta neben ihr hustete und gepackt von der Macht der Telepathie zu Boden ging; ihre Lähmung ließ wohl nach, denn sie bewegte die Arme und griff verzweifelt an ihren Hals, panisch mit dem Erstickungstod kämpfend. „H-hilf mir, Eneela...!“, keuchte sie und die Lianerin spürte die Macht in ihren Händen, die sich mit all ihrer Existenz gegen die Kraft des Telepathen wehrte, der sie immer noch lähmte. Helft mir... „Yolei!“, japste die Lianerin und spürte das Wasser, das aus ihren Fingern sprudelte wie zuvor aus Simus Klinge – es war der Moment, in dem der gegnerische Telepath zu ihr herumfuhr und sie fassungslos anstarrte, als seine Macht für einen kurzen Augenblick nachließ. In diesem Augenblick riss Eneela die Hände gegen die Telepathie empor und in die Richtung des Mannes, um aus ihren Händen das Wasser wie eine Springflut schießen zu lassen, die den Kerl traf und um diverse Fuß zurück zu Boden schleuderte. Asta hustete erleichtert am Boden und schnappte keuchend nach Luft; die Lianerin konnte sie nicht beachten, zu heftig war der Rausch in ihrem Kopf, das Geräusch von Wasser, als wäre es kein Blut, das durch ihre Adern floss, sondern pures, kristallklares Wasser, wie das, was sie beschworen hatte. Ihre Hände bebten, als sie sie nach oben schwenkte und dabei das Wasser aus den Augen ließ, das sich jetzt in der Luft sammelte und die Gestalt eines riesigen Fisches annahm. „Bring ihn um... Yolei!“, keuchte sie dann und blendete die Tragweite dieses Befehls kurzzeitig aus – sie konnte sich kein schlechtes Gewissen leisten, wenn sie ihr eigenes Leben und das der anderen schützen wollte. „Eneela!“, japste Tayson, während er rückwärts hechtete und dabei fast über einen Erdbrocken stolperte, der hinter ihm lag. Er entkam nur knapp den magischen Pflanzenranken, die nach ihm angelten und immer wieder versuchten, ihn zu packen, was er bisher dank seines Schwertes hatte verhindern können. Neben ihm versuchte Simu irgendwie, den Kerl mit dem Feuer loszuwerden, der ihn attackierte. „S-sie beschwört ihre Wasser-Lian, Himmel noch mal, hoffentlich kommt sie klar!“ „Scheiße!“, zischte Simu ungehalten und schleuderte seinem Kontrahenten einen weiteren Schwall Wasser aus seinem Tsukibo entgegen, „Ich kann hier nicht weg, wo ist die behinderte Seherin, wenn man sie mal braucht?!“ „Wüsste ich auch gerne!“, entgegnete der Schwarzhaarige grantig und wurde im nächsten Moment von den Ranken gepackt und am Bein in die Luft gezerrt, bis er kopfüber im Himmel baumelte und gerade noch den Reflex besaß, das Schwert festzuhalten. Der Kerl, gegen den er kämpfte, war klein und dunkelhaarig; dass er genau wie die anderen, die sie angriffen, Schamane war, war unverkennbar, offenbar hatte dieser hier ein Faible für Ranken, während Simus Gegner der Feuermagier war – und der Typ, mit dem die Mädchen sich herumschlugen, war Telepath. Es wäre gut, wenn die anderen jetzt mal zurück kämen, dachte der junge Mann sich panisch, als er so in der Luft hing und mit dem Schwert nach der Ranke schlug, die ihn festhielt, aber das wabernde Pflanzending wich ihm aus, als hätte es ein Gehirn. „Schön oben bleiben.“, befahl der kleine Schamane am Boden grinsend, „Boah, Kanau, wie lange brauchst du für den Kerl da?!“ Offenbar meinte er den Feuermagier, der gegen Simu kämpfte – den Moment der Unaufmerksamkeit nutzt der Blonde gerade, um Tayson zur Hilfe zu kommen, und er schwang seine Waffe blitzschnell in Richtung der Ranken und hackte sie entzwei, worauf Tayson schreiend zu Boden fiel; in dem Moment bebte die Erde erneut und warf alle Beteiligten von den Beinen und in einen Graben, der entstand. Tayson rappelte sich hustend auf die Beine und Simu hielt offenbar nach den Mädchen Ausschau, die aber nirgends zu sehen waren. „Alter, was macht Daku mit der Erde?!“, meckerte der Pflanzentyp weiter, „Wieso schmeißt der uns mit um-...?!“ „Kannst du mal aufhören, zu meckern, und arbeiten, Yatli?! Danke!“, schnauzte der Feuertyp ihn an, und Tayson und Simu tauschten einen blöden Blick. So ganz einig schienen die sich aber nicht zu sein... „Wie auch immer, ihr kommt hier nicht lebend raus.“, prophezeite der Halbzuyyaner düster und schwang seine Waffe verblüffend geschickt herum, was offenbar Eindruck schindete, denn die beiden Gegner hielten für einen kurzen Augenblick inne – das gab Tayson und Simu die Zeit, sie synchron anzugreifen. Draußen war ganz schöner Tumult. Ryanne der Yalla hockte in einem schattigen Winkel des Korridors im halb im Geröll versunkenen Schiff und hörte es draußen krachen und wie die anderen nach ihr riefen, damit sie ihnen half. Sie dachte nicht daran, hier war es viel schöner. Hier hatte sie einen Zweck, einen Hauch von Erinnerungen, der ihr ins Gehirn schlich, als sie in fast absoluter Dunkelheit da hockte und die violetten Iriden auf die stählerne Wand vor sich gerichtet, während sie ihr Werk zu vollenden versuchte. Der Geisterwind rauschte durch ihren leergefegten Kopf ohne ernsthafte Erinnerungen; der Wind, der ihr die Sehensgabe brachte, die sie meistens verfluchte. Die Gabe hatte sie anders gemacht... sie war immer anders gewesen, schon als Kind. Wäre ihr Vater nicht Häuptling ihres Geburtsortes gewesen, hätte man sie als Baby bestimmt erdrosselt, denn es hatten nie gute Zeichen über ihrem Leben gestanden. Sie war blond... zuerst hatte man angenommen, ihre Mutter hätte ihren Vater mit einem blonden Mann aus dem Westen betrogen, etwas, was ihr die Todesstrafe eingebracht hätte, wäre ihr Gemahl, Ryannes tatsächlicher Vater, nicht vollkommen überzeugt gewesen von der Unschuld seiner Frau. Was er als Häuptling gesagt hatte, war Gesetz gewesen, und niemand hatte einen Finger an seine Frau legen dürfen, egal, was für Gerüchte kursiert waren. Und ebenso wenig an seine Tochter, obwohl mit jedem Jahr deutlicher geworden war, wie anders sie gewesen war. Ryanne war verblüfft darüber, dass sie sich daran erinnern konnte... daran, dass sie immer anders gewesen war. Nicht nur wegen ihrer blonden Haare, sondern wegen ihrer ausgeprägten, unheimlichen Gabe. Eine Gabe, um die sie nie gebeten hatte, deren Preis ihr gesunder Menschenverstand war. Ein Tausch, den sie, im Nachhinein betrachtet, nie eingegangen wäre, hätte sie jemals die Wahl gehabt. „Die Geister lassen uns... aber keine Wahl.“, raunte sie die Wand mit einem schrägen Grinsen an, und sie sah, wie rechts von ihr jemand in der Bewegung inne hielt. Irgendwer war ins Schiff geklettert, sie konnte ihn jetzt trotz der Dunkelheit sehen. Ein Mann, kaum ausgewachsen, nicht sonderlich furchteinflößend, und doch hatte er etwas, was sie mit rasender Eifersucht erfüllte... Er hatte einen Verstand. Das ist der Typ. Der Mann, der nicht hier sein dürfte. „Scheiße, hier ist ja noch jemand!“, platzte der Kerl heraus und wich zurück, um defensiv seine Hände zu heben. Ryanne schenkte ihm ein betörendes Lächeln und spürte seine Nervosität ob ihrer Mimik beachtlich steigen. So reagierten die meisten Männer auf sie... sie mochte es, wenn sie so reagierten, so beugte sie sich etwas in seine Richtung und beobachtete mit Genugtuung, wie er ihr auf die Brüste starrte und augenblicklich noch nervöser wurde. „Ah, du bist Heiler...“, erkannte sie dann an der Haltung seiner unbewaffneten Hände. Heiler brauchten keine Waffen, um sich zu wehren... wenn sie gut waren. „Hast wohl nicht damit gerechnet, mich hier zu treffen, Turo?“ „Woher kennst du meinen-... ach, verdammte Dreckscheiße. Du bist die Seherin.“ „Die bin ich wohl.“, sagte die Blonde amüsiert und legte den Kopf schief, dabei kokett ihre Position ändernd, worauf er noch heftiger reagierte, weil sie dabei wie zufällig die Beine spreizte, als wollte sie ihm die Einladung ins Gesicht schmeißen. „Und du bist hier, während deine Kameraden da draußen unsere Leute ablenken, um die Batterie zu klauen. Ich würde sagen, deine Aufgabe... scheitert. Komm zu mir. Dann zeige ich dir was Schönes.“ „Kein Bedarf...“, hustete der junge Mann etwas verstört und schien fieberhaft zu überlegen, wie er sie am besten ausschalten oder sich an ihr vorbei aalen könnte. Sie hatte ja gewusst, es wäre richtig, wenn sie hier blieb. Ryanne kicherte und rückte sich ein Stück nach hinten, zurück in den Schatten. „Wer sagt denn, dass ich von Sex rede?“, fragte sie, „Bist du etwa noch Jungfrau? So, wie du reagierst...“ Sie sah stirnrunzelnd auf seine Hose, die seine Gedanken so offensichtlich machte, dass sie definitiv keine telepathischen Fähigkeiten brauchte, um sie zu kennen. „Halt die Schnauze, ich bring dich um und dann hat es sich.“ Ryanne gackerte, weil er ihr drohte und sich trotzdem nicht vom Fleck rührte. Er war kein Idiot, er wusste, dass sich blindlings auf sie zu stürzen vermutlich eher nach hinten los ging, hatte aber wiederum auch keinen Schimmer, was er sonst tun könnte. Heiler hatten den Nachteil, dass sie Nahkämpfer waren. Um seine Methoden anzuwenden, müsste er direkt an sie heran, und Ryanne als Telepathin konnte das mit Hilfe von Barrieren oder Teleport vehement verhindern; was es insgesamt ziemlich schwierig machte, als Heiler gegen einen Telepathen zu kämpfen. „Vielleicht lasse ich dich ja vorbei, wenn du es mir besorgst.“, grinste sie ihn an, worauf er errötete, „Du scheinst es ja echt nötig zu haben.“ „Sagt die Frau, die es sich von einem Feind besorgen lassen und danach ihre Kameraden verraten will. Was für ein Spiel spielst du hier, Seherin?“ „Ich habe meine Erinnerungen aufgemalt.“, sagte sie und hob eine Hand, in der sie den Feuerzauber Vaira erscheinen ließ, um den Korridor zu erhellen. Im Licht der magischen Flamme sah man seine Erregung noch deutlicher und sie verkniff sich ein Lachen, um strahlend die Wand neben sich zu beleuchten. „Ist das nicht wunderbar?“ Turo, der kleine Heiler, starrte auf die jetzt beleuchtete Wand. „Ich sehe Punkte, Striche und Kreise. Und einen Penis...“ Er hüstelte und sie grinste, als sie sich aufrappelte und etwas von der Wand wegtrat. „Ja, ich mag Penisse. Jedenfalls, wenn sie hart sind. Sie machen einem Freude.“ Er sparte sich einen Kommentar. „Sieh es aus Distanz, alle Bilder zusammen ergeben ein weiteres Bild. Siehst du es?“ „Gezeiten, es ist ein Schädel...“, keuchte der Mann und wich unsicher einen Schritt zurück, als sie freudestrahlend in die Hände klatschte, dabei die Flamme ignorierend, die zwischen ihren Händen aus geklatscht wurde und wieder anging, sobald sie ihre Hände wieder voneinander entfernte. „Das ist die Bestimmung der Götter. Das ist meine Bestimmung. Ich habe noch mehr gemalt, du bist auch dabei.“ „Ich?!“, fragte er entsetzt und kam wieder näher, aber immer in einem sicheren Abstand zu ihr. Als er die Zeichnungen sah, auf die sie zeigte, erbleichte er. Ryanne mochte es, wenn die Menschen bleich wurden. Sie konnte das Entsetzen förmlich riechen, es drang ihm aus allen Poren, es steigerte seine Panik und auf bizarre Weise auch seine Erregung, was sie ungeheuer faszinierte. Sie bekam langsam Lust, wirklich mit ihm zu schlafen – ach, sie vermisste Yarek. „Das... bin ich? Wieso hab ich keinen Kopf?“ „Weil du tot bist.“, erklärte sie ihm lächelnd. „Weil ich ihn dir wegnehme.“ Er verhärtete sein Gesicht und straffte grantig die Schultern. „Also, noch lebe ich. Wie kannst du meinen Tod in deine Erinnerungen malen, wenn er doch noch in der Zukunft liegt? Sterben werde ich garantiert, aber nicht hier und jetzt.“ „Meine Erinnerungen funktionieren so.“, grinste sie zufrieden. „Weil ich keine habe. Ich kann nur die Zukunft sehen. Also ist die Zukunft... meine Erinnerung, oder? Ich habe meine Affinität zu Schädeln entdeckt. Ich glaube, ich behalte deinen und setze ihn mir auf, als Kopfschmuck. Vielleicht bekomme ich dann deinen Verstand, was meinst du?“ „D-du bist ja absolut wahnsinnig!“, keuchte er und wich wieder zurück, als Ryanne die Hand in seine Richtung streckte, „B-bleib mir vom Leib!“ Es war ein ohrenbetäubendes Krachen von draußen, das sie unterbrach und Ryanne aufsehen ließ; Turo nutzte den Moment, um davon zu rennen, aber sie beachtete ihn nicht weiter, weil sie draußen unverkennbar die Stimme des Seelenfängers hören konnte. „Ihr dreckigen Hurensöhne, ich zerfleische eure Seelen und mache sie zu Staub und Asche, lasst euch ja nie wieder hier blicken!“ Ah, dachte die blonde Seherin sich fröhlich und hockte sich wieder auf den Boden, um weiter auf die Wand zu malen. Dann ist ja alles geklärt für heute. Die Gegner hatten sich verpisst. Karana runzelte besorgt die Stirn, als sie weg waren – sie mussten sich teleportiert haben, jedenfalls waren sie von einem Moment auf den anderen weg gewesen, sobald er mit den anderen dazu gestoßen war. Dabei hatten sie kaum etwas gemacht... vermutlich hatte allein Zoras' wutentbrannte Erscheinung sie schon zu Tode geängstigt, was der junge Mann den Feinden kaum verübeln konnte – er warf einen unschlüssigen Blick auf seinen Schwager, der immer noch erfüllt von unausgelebten Aggressionen mit seiner Waffe eine gewaltige Schneise in die bröckelige Erde schlug, was absolut unnötig war. Er hatte sich schon öfter gefragt, wann genau Zoras eigentlich dermaßen den Verstand verloren hatte, jedenfalls war er schon als Kind so unberechenbar und aggressiv gewesen. Und seit sie aufgebrochen waren, war es noch schlimmer geworden... er war unruhig, aber Karana war das auch und warf trotzdem nicht mit Landschaft um sich. „Zoras, reg dich ab, sie sind weg.“, versuchte er es genervt, und ihn anzusprechen war wohl ein Fehler gewesen, denn der Zwerg fuhr zu ihm herum und bedrohte jetzt ihn mit seiner Waffe – es war weniger die messerscharfe Klinge kurz vor seinem Hals, die Karana besorgte, als der Blick in Zoras' Gesicht, aus dem eine ungesunde Mischung aus Hysterie und Wahnsinn sprach. Was hatte dieser Typ gesehen in den Gegnern, das ihn so dermaßen aus der Fassung brachte? „Sie kommen zurück...“, prophezeite der Schwarzhaarige gerade düster und die Tonlage, in der er sprach, war so entrückt, dass Karana unwillkürlich schauderte, dabei vor Zoras und seiner Hellebarde zurückweichend. „Scharans Hofhunde... die Vorboten der Schatten.“ Es war Neisa, die ihren Mann mit ungewöhnlicher Intensität am Arm packte und ihn zwang, die Waffe sinken zu lassen. Sie sprach mit Zoras, obwohl ihr Blick auf ihrem Bruder klebte... und er war kaum weniger entrückt als der ihres durchgedrehten Gemahls. „Komm zurück, Zoras.“, befahl sie ihrem Mann ruhig und doch zugleich befehlend, und Karana blinzelte, als der Kleinere tatsächlich die Waffe sinken ließ und die Schultern straffte, dabei aber die Angriffsposition aufgebend. „Das reicht. Karana gehört zu uns.“ Karana blinzelte – dann sprach Zoras, der sich unsanft aus Neisas Griff befreite, ihr einen kurzen Blick schenkte und dann allen den Rücken kehrte: „Weißt du das mit Gewissheit?“ Er schien keine Antwort zu erwarten, und Karana schnaubte. Was zum Geier, natürlich gehörte er zu ihnen! Sie waren beide Teil der Sieben, genau wie Neisa, Iana, Simu, Eneela und Thira! Was auch immer gerade mit Zoras los war, es war besorgniserregend. „Na toll!“, wurden sie von Tayson unterbrochen, worauf alle ihre unschönen Gedanken vergaßen und sich ihm zu wandten – er zeigte auf die Tari Randora, die halb im Geröll eingegraben war und nicht so aussah, als könnten sie jetzt mit ihr starten. „Was machen wir jetzt, wie kriegen wir sie da raus?!“ „Und wo ist Ryanne? Ist sie da drin?“, fragte Yarek, der sich eine Zigarette zwischen die Lippen schob. „Die bekloppte Seherin schert mich gerade einen Dreck, das Schiff!“, rief erstaunlicherweise ausgerechnet Simu völlig in Rage, der mit seinem Tsukibo herum fuchtelte und damit fast wirkte, als wäre er genau wie Zoras verrückt geworden. „Wie sollen wir denn so weiter kommen?“ „Für einen Zuyyaner bist du aber ausgesprochen emotional.“, sagte Karana zu seinem Bruder, der die blauen Augen verdrehte. „Halbzuyyaner, Karana.“ Er hatte gerade ausgesprochen, als die Erde erneut bebte und alle geschlossen zusammenfuhren. „W-was, schon wieder...?!“, keuchte der Blonde, als Karana schon alarmiert sein Schwert packte; dann sah er die Ranken, die aus dem Geröllhaufen kamen wie die Tentakel eines riesigen Oktopus, die das Schiff umschlangen. Doch als Karana schon panisch dachte, dieser merkwürdige Pflanzenzauber würde die Tari Randora zerquetschen oder gar in die Tiefe ziehen, bewegte sich der Geröllhaufen, und stattdessen wurde die Tari Randora langsam nach oben geschoben. „Was ist denn das?!“, fragte Tayson irgendwo, aber niemand schien eine Antwort zu haben – bis auf Asta, die plötzlich aufschrie. „Eneela?!“ Jetzt fuhren alle zu ihr und der kleinen Lianerin herum, die die Arme vor sich ausgestreckt hatte, die Augen starr auf das Schiff gerichtet und vor Anstrengung am ganzen Körper zitternd. Moment... was genau tat sie da? „Du... beschwörst eine Lian?!“, fragte Iana da auch schon, die neben Karana auftauchte und wie er zu Eneela starrte, „Die... Lian der Erde, Urak!“ Karana blinzelte und sah wieder auf das von Ranken umschlungene Schiff, dass jetzt wieder an der Erdoberfläche war und zur Seite geschoben wurden, ehe die Ranken es los ließen, sobald es auf solidem Boden stand, um sich wieder in das Loch zurückzuziehen, in dem gerade noch die Tari Randora gelegen hatte. Das war die Bestie der Erde? Karana hatte irgendwie immer geglaubt, die sechs elementaren Bestien der Lianer wären Tiere – dass eine davon eine Pflanze war, hatte er gar nicht einkalkuliert. Aber augenscheinlich hatte diese Pflanze gerade die Tari Randora gerettet... Am Eingang tauchte jetzt auch Ryanne auf, die den anderen empört winkte. „Was macht ihr denn mit dem Schiff?!“, fragte sie, „Ich dachte schon, es fährt alleine los! Wollten wir hier picknicken oder geht es jetzt weiter?!“ Karana starrte sie an und wurde wiederum von Eneela abgelenkt, die jetzt keuchend zu Boden stolperte, als sie die Lian zurückgerufen hatte. Er hatte sie zum ersten Mal diese Lian beschwören sehen... vermutlich hatte es sie ziemlich angestrengt, er konnte es ihr nicht verübeln. Es war Simu, der ohne weitere Aufforderungen seitens der anderen zu ihr eilte und sie kommentarlos hochhob, um sie zur Tari Randora zu tragen. Darauf folgten ihm auch alle anderen, um den Weg fortzusetzen, jetzt, wo sie die Karte mit dem Weg zur Trias und ihr Schiff wieder hatten. ________________________ Döööh! Und schon das nächste, na überrascht?! >:D *rumhampel* Und ein kapiteltitel mt 'Schatten' drin für die Sammlung :D Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)