Weil du da bist von NejiTen-Schreiber ([NejiTen] Adventsprojekt 2012) ================================================================================ Kapitel 3: [4. Advent] Von irrationalen Befürchtungen und Internetbrowsing -------------------------------------------------------------------------- Die Seltsamkeit steigerte sich. Es war ihm das erste Mal vor ein paar Tagen aufgefallen. Er war heimgekehrt und der himmlische Duft von Broccoli-Gratin war ihm in die Nase gestiegen, aber als er in die Küche gespäht hatte, hatte er seine Frau mit einem verzweifelten Gesichtsausdruck und eine bevorstehende Katastrophe erkannt. Zum Glück war nichts Schlimmeres passiert als dass sie sich verbrannt hatte, aber es war bestürzend herauszufinden, dass es immer schlimmer wurde. Mit jedem Tag schien sie ein bisschen mehr zerstreut und wenn sie abends gemeinsam auf der Couch lagen und zusammen die flimmernden Bilder des Fernsehers ignorierten, war ihr Körper angespannt und hart. Er wurde zurück in die Realität gerissen von dem Bier, das Shikamaru vor ihm absetzte. Er nickte ihm seinen Dank zu. Die Jungs unterhielten sich über irgendein Fußball-/Basketball-/Baseball-/Bitte-weitere-sinnlose-Sportart-einfügen-Spiel, das er nicht gesehen hatte und so ließ er das Gespräch einfach an sich vorüber ziehen und trank sein Bier. Tenten war heute mit den Mädchen weg. Vielleicht wäre sie danach etwas entspannter. Vielleicht hatten die Frauen gerade irgendeinen Stress – Zickenterror? Sowas kam schließlich vor und Ärger im Freundinnenkreis konnte sehr belastend sein. „Hey!“ Das war Narutos nervtötende Stimme. „Kann es sein, dass unser Herr Tenten noch schweigsamer ist als sonst?“ Seine eisblauen Augen funkelten spöttisch und sein rechter Mundwinkel war zu einem schrägen Grinsen verzogen. Neji seufzte. Herr Tenten. Den Spitznamen hatten sie ihm einmal vor langer Zeit gegeben, weil sie der Ansicht waren, dass Tenten ihn so im Griff hatte, dass er ihren Namen statt umgekehrt annehmen sollte. Es war ihr kleiner, privater Scherz. Anfangs hatte es ihn verwundert, doch er störte sich nicht daran, denn er wusste, dass sie sich gegenseitig im Griff hatten, festhielten, damit sie nicht ertranken in dieser großen, komplizierten Welt. „Und kann es sein, dass du noch lauter bist als sonst?“, konterte er gelassen und setzte die Flasche nochmals an die Lippen. Naruto lachte, beugte sich dann aber verschwörerisch über den Tisch zu ihm:„Aber jetzt ’mal ehrlich, was’s los, altes Haus?“ Neji war sich keineswegs sicher, ob er ein altes Haus war (wahrscheinlich eher nicht), aber er sah einen Vorteil darin den anderen von dem seltsamen Verhalten seiner Frau zu berichten. Wenn es tatsächlich Zickenterror war, dann würden die anderen auch so etwas von ihren Frauen mitbekommen haben. Herrgott, Shikamaru wüsste wahrscheinlich die Details in- und auswendig, weil er sie so oft gehört haben würde. „Sind eure Frauen … etwas seltsam? In letzter Zeit?“ Shikamaru begann sofort zu nicken. Naruto wandte sich ihm verwundert zu ob seiner heftigen Reaktion und Kiba und Lee blickten einander ratlos an. Kiba winkte ab ob Shikamarus bekräftigendem Nicken. „Ino ist nicht seltsamer als sonst. Die ist einfach nur gestresst. Sobald Weihnachten vorbei ist, sie wieder das Haus für sich und Shika hat und eine Runde Entspannungsshoppen gegangen ist, wird sie wieder ganz die Alte sein“, versicherte Kiba. Shikamaru seufzte. „Ich weiß“, meinte er, aber es klang erschöpft. Er warf Kiba über den Tisch einen müden Blick zu. Das könnte einerseits daran liegen, dass es anstrengend war den besten Freund seiner Frau im Freundeskreis zu haben oder aber auch daran, dass jeder Blick Shikamarus müde war. Neji glaubte letzteres, denn Naruto hatte ihn einmal gefragt, wie er die Situation einschätzte und ob er sich nicht manchmal Sorgen machte, aber Shikamaru hatte nur gelassen mit dem Kopf geschüttelt und geantwortet „Wenn Ino Kiba haben wollen würde, hätte sie ihn auch. Die gibt sich nicht mit dem Zweitbesten zufrieden“. Neji musste gestehen, dass er diese Einstellung außerordentlich bewundernswert fand. Wenn er daran dachte, dass Tenten jemand anderem mehr erzählen würde als ihm, schloss sich ein dunkler Schraubschlüssel um sein Herz und zog sich immer enger zusammen. Er tolerierte es, dass Lee sie so oft umarmte, aber nur … weil es eben Lee war. Lee war … in jeder Hinsicht … Hmmm … Eine Ausnahme, stellte er fest als er beobachtete wie der Mann mit dem glänzenden Topfschnitt seinen Cosmopolitan trank. Aber sobald sonst irgendwer seine Frau anpackte, konnte dieser nur hoffen, dass er nicht schon vorher schlechte Laune gehabt hatte. „Vielleicht liegt es bei Tenten ja auch nur am Weihnachtsstress“, riss Kiba ihn aus seinen düsteren Gedanken und Neji legte die Stirn in Falten. „Wir haben keinen Weihnachtsstress.“ Shikamaru begann untypisch ausgelassen zu lachen, aber alle anderen Männer schauten zweifelnd drein. „Wir laden keine Familie ein-“ „Danke, ich weiß“, warf Naruto maulend dazwischen „Dafür wollen sie unbedingt, dass wir jetzt kommen!“ „-Wir haben nichts Großartiges vor, es muss kein großes Abendessen gekocht werden...“ Er zuckte mit den Schultern. „Was schenkst du ihr denn?“ Neji blinzelte. „Wie bitte?“ „Na, was schenkst du ihr denn?“, wollte Kiba wissen. „Nichts.“ Er blickte auf drei perfekte Os, die von bierfeuchten Mündern geformt wurden. „Nichts?“, versicherte sich Naruto, der sich schon auf seine Reise mit Hinata freute. „Nichts“, bestätigte er. „Wir haben uns noch nie was geschenkt.“ Da setzte Lee an: „Ja, aber Neji … Das lag doch nur daran, dass es unglückliche Umstände waren. Das ist dieses Jahr anders.“ „Anders?“, wiederholte er und der unsichere Ton in seiner Stimme war ihm fremd. „Ja, letztes Jahr war bei euch doch so bedrückende Stimmung. Da wär’s unangebracht gewesen, aber dieses Jahr – Dieses Jahr muss doch was Besonderes werden!“ „Besonderes?“ Die drei übrigen Männer nickten bestätigend, allen voran Shikamaru, der viel Erfahrung mit hohen Ansprüchen hatte. Neji fühlte wie etwas seinen Rücken herauf krabbelte bis es in seinem Haaransatz prickelte. Dieses Gefühl war noch viel schlimmer als der dunkle Schraubschlüssel. Ihn beschlich eine schreckliche Ahnung. Ino war wohl nicht verrückter als sonst auch und Hinata schien nicht seltsam zu sein. Lag es etwa an ihm? Fühlte sie sich nicht mehr wohl in seinen Armen? War er zu eifersüchtig, nicht aufmerksam genug? Neji hatte sich nicht oft Sorgen um seine Beziehung gemacht. Vielleicht ganz am Anfang als sich alles noch darum drehte, dass er seine eigenen Komplexe für sie überwinden musste, aber dieses Gefühl hatte er in den letzten zwei Jahren nicht einmal gehabt. Sie hatte ihm immer das Gefühl gegeben, ihn genauso zu lieben wie er war und ihre Beziehung so erfüllend zu finden wie sie war. Ohne Schmuck, ohne Blumen… Hatte sich das etwa geändert? Um ihn herum war alles schwarz geworden, die Bar in den Hintergrund verdrängt. Als er wieder auftauchte, schlug sein Herz schneller als normal. Die anderen unterhielten sich gerade über irgendwas. „Mann, was wünschte ich, Ino würde sich nichts zu Weihnachten wünschen-“ „Und was tut man da? Wenn man etwas Besonderes macht?“, unterbrach Neji ihn in seiner aufkommenden Panik unhöflich. „Schmuck! Aus Gold – mit Diamanten!“ „Ein romantisches Abendessen mit einer Bootsfahrt!“ „Genau, Neji, das, was Naruto sagt!“ „Eine Peitsche!“ Alle blickten Kiba überrascht an. Warum gab es eigentlich in jedem Freundeskreis einen, der ein verkappter BDSM-Sympathisant war? Tenten hatte ihm vor ein paar Monaten erzählt, dass es unter den Frauen auch jemanden von der Sorte gab… „Nein“, brach es aus Neji heraus. Das war doch nichts Besonderes! Alles wertloser, kitschiger Tand. Oder etwa doch nicht? War es das, was Tenten sich wünschte? Zum ersten Mal fühlte sich Neji überfordert. „Ich weiß, was du brauchst“, zwinkerte Lee ihm zu. Und - zurückblickend – wäre es besser gewesen, hätte Neji in dem Augenblick sein Bier ausgetrunken, bezahlt und wäre gegangen. Aber stattdessen lehnte er sich über den Tisch und besah sich das Display von Lees iPhone… „Ich bin mir nicht sicher, ob ich ein Diamantcollier übers Internet kaufen möchte, Shikamaru“, gab Neji zögernd von sich. „Besser als in den Laden zu laufen. Juweliere sind schreckliche Menschen“, beteuerte er mit einem mutlosen Schaudern. „Das ist nicht meine Hauptsorge“, murmelte er und blickte auf den Preis und die Zahlungsmöglichkeiten. „Schenk ihr doch Schokolade. Was Süßes für die Süße!“, schlug Lee vor. Neji hatte Tenten noch nie ‚Süße’ genannt. Das klang … nicht nach ihnen. „Nein.“ „Okay, wie wär’s hiermit?“ Neji hob die Augenbrauen. „Ehm, … sehr schön, aber nein.“ Nicht, dass er Tenten nicht gern in einem Traum aus blauer Spitze und Satin gesehen hätte, wo weniger mehr war, aber er war sich nicht sicher, ob das zum Ausdruck brachte, wie viel sie ihm bedeutete. „Okay, dann vielleicht in eine ganz andere Richtung?“, fragte Naruto. Neji nickte. „Tenten backt doch die ganze Zeit – Wie wär’s hiermit?“, schlug Lee vor und mit der leichtesten Berührung seiner Fingerspitzen präsentierte er auf dem übergroßen Mobilfunktelefonbildschirm seinen Vorschlag. „Lee, das ist doch noch schlimmer. Ich werde ihr keine Backutensilien schenken. Außerdem hat sie so was schon. Damit macht sie immer diese kleinen Rundlichen mit der flüssigen Füllung und dem-“ „Ach ja!“, sagte Lee. „Die Cookies mag ich auch besonders gern!“ „Weiter“, erinnerte Naruto. “Wie wär’s mit einem Gutschein für den teuersten Friseur in der Stadt?“ Natürlich stammte dieser Vorschlag von Shikamaru. „Nein“, war alles, womit Neji diesen Kommentar würdigte. Er mochte Tentens Haar genauso wie es war. Schlicht und unglaublich weich. Lee verdrehte die Augen. „Bücher! Bücher sind eine sehr schöne Idee. Das gefällt ihr und es ist persönlich.“ Neji ließ sich darauf ein. „Wie verführe ich ihn?“, fragte Neji, aus allen Wolken fallend. Lee nickte. „Das ist ein Bestseller auf Amazon bei den Frauen.“ „Das ist super, das Buch“, bestätigte Shikamaru und schaute dann sehr ertappt drein. „Ich weiß“, sagte Kiba berechnend und Naruto klopfte Shikamaru gratulierend auf die Schulter. Auch etwas, das Neji nie ganz hatte begreifen können. Warum gratulierten Männer sich, wenn der andere Sex gehabt hatte? Vielleicht hätte er in dieses eine Seminar gehen sollen, das sie während seiner Zeit als Student angeboten hatten …. „Nein“, beschied er abwesend. „Schenk ihr doch was Praktisches: Einen süßen Magneten für an den Kühlschrank!“ Naruto war begeistert von seiner Idee. „Nein.“ „Außerdem hatten wir doch schon geklärt, dass es etwas Persönliches sein muss“, erinnerte Lee. „Magneten können sehr persönlich sein“, nuschelte Naruto in sein Bier. „Hey, ‚The History of Soccer’. Das klingt doch nach einem tollen Buch!“, freute sich Kiba und legte einen Finger auf den Touchscreen, um Lee davon abzuhalten, weiter zu scrollen. Neji konnte es kaum glauben. „Nein.“ Langsam hatte er genug. Er musste es irgendwie anders schaffen das perfekte Geschenk für die Frau, die er liebte, zu besorgen. Diese Freaks würden ihm dabei bestimmt nicht helfen. „Ich mach das lieber allein“, versicherte er ihnen. Morgen konnte er ja ein bisschen früher Schluss machen. Wenn er den 18:30-Termin verlegte… Er trank noch auf, bezahlte und ließ die Kerle weiter über Sport reden. Es war nicht so, dass er sich nicht angestrengt hätte, denn das hatte er wirklich. Er war in Läden herumgelaufen, hatte sich von aufdringlichen Verkäuferinnen beraten bzw. beschwatzen lassen und hatte immer noch nichts gefunden. Warum glaubte die ganze Welt, dass Frauen auf nichts geiler waren als auf Schmuck? Er wollte ihr nichts schenken, das nur durch die Summe, die es gekostet hatte, beeindruckte. Aber jetzt war es schon fast so weit. Morgen Abend war es soweit und er hatte noch immer nichts. ER stand mit leeren Händen da und sie wurde immer merkwürdiger. Sie wirkte irgendwie nervös und besorgt und litt in letzter Zeit an einem beunruhigenden Minderwertigkeitskomplex als glaubte sie nicht, dass sie gut genug für ihn wäre. Was für ein Schwachsinn. Aber das machte das Geschenk noch wichtiger. Es musste sie vom Hocker hauen, aber es gab nichts. Auf dem Weg von der Praxis nach Hause verzweifelte Neji beinah an diesem Gedanken. In seinem langen dunklen Mantel und dem Aktenkoffer konnte man ihn schlecht im Dunkeln erkennen, aber dafür konnte er den Schal umso deutlicher erkennen. Er erstrahlte in allen bunten Farben und würde sie warm halten. Traurig schlenderte er hinüber. Naja, besser als gar nichts. An Heiligabend schnappte er sich also den Schal, tat sein Bestes mit etwas Geschenkpaper, einer anklebbaren Schleife und einem Namenskärtchen, war völlig am Ende mit den Nerven und hoffte bedrückt auf das Beste. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)