Laterna Magica von Night_Baroness ================================================================================ Kapitel 12: Ab durch den Kaninchenbau ------------------------------------- “Begin at the beginning," the King said, very gravely, "and go on till you come to the end: then stop.” „Was für ein Spiel wird hier gespielt?“ Er glaubte, ein großmütiges Lächeln im Augenwinkel erkennen zu können, allerdings verschwand der eiskalte Lauf der Waffe keineswegs aus seinem Nacken. Mit der Großmütigkeit konnte es also nicht weit her sein. „Welches Spiel meinst du denn? Das Spiel, das wir beide spielen? Das, das die Organisationen spielen? Oder das, das wir alle spielen?“ Trotz der Beiläufigkeit, mit der sie sie ausgesprochen hatte, blieben die Worte einen Moment lang haften und strichen wie bedeutungsschwere Schatten durch den Raum. Das Spiel, das wir alle spielen. Solange bis wir keine Kraft mehr dazu haben. In seinem Nacken schien das Metall noch eine Spur kälter geworden zu sein. „Was hat es mit diesem Apparat auf sich?“ Sie lachte leise. Offenbar genoss sie das kleine Fragespiel, das zu beginnen sicher nicht seine Entscheidung gewesen war. Shuichi hasste nichts mehr als diese dämlichen Spielchen, vielleicht war das ja der Grund, warum man ihm stets Außeneinsätze, aber keine Verhöre oder Befragungen anvertraut hatte. Er war jemand der handelte, zwar konnte er geduldig sein, wenn es darauf ankam, aber sich in Gedanken wie zwei Raubtiere zu umtanzen, nur um letztendlich doch zu handeln, erschien ihm als bloße Zeitverschwendung. Der direkte Angriff war eher sein Stil. „Hast du diese Menschen umgebracht? Bezahlst du jemanden, der sie für dich tötet, während du dich in Japan versteckst?“ Ihr Lachen verstummte. Fast erwartete er, ins Schwarze getroffen zu haben, doch Vermouths vor spöttischer Anerkennung strotzender Pfiff sprach eher für das Gegenteil. „Ehrlich jetzt, Sherlock? Denkst du wirklich, ich habe so viel Freizeit, dass ich mir so etwas erlauben kann? Mal abgesehen davon, dass ich schneller tot wäre, als ich Anokata sagen könnte.“ „Immerhin sind wir jetzt beim Thema, oder?“, erwiderte er trocken. Solange man sein Ziel erreichte, kam es nicht auf den Weg dorthin an. „Na schön.“, seufzte sie. „Wie ich sehe, bist du immer noch der alte Spielverderber. Allerdings wendest du dich in diesem Fall an die völlig falsche Person.“ „Dann willst du mir also erzählen, diese Laterna Magica hier hat nichts mit der aktuellen Mordserie in den Staaten zu tun?“ „Doch, selbstverständlich. Soll ich dir die genaue Adresse des Mörders geben oder reicht der Name?“ „Vermouth!“ „Schon gut, keep calm darling. Ich weiß nichts über diese Morde, ich habe meine Vermutungen, aber die haben wir alle, oder nicht? Alles, was ich dir geben kann, sind ein paar sehr alte Geschichten.“ „Wenn sie mit dem Fall zu tun haben, dann möchte ich sie hören, egal, wie alt sie sind.“ Shuichi verschränkte ungeduldig die Arme vor der Brust und wünschte sich heimlich, Vermouth würde endlich die Waffe von seinem Kopf nehmen. Langsam wurde es durchaus ungemütlich, immer in der gleichen Position zu verharren. Natürlich tat sie ihm diesen Gefallen nicht. „Möchtest du zuerst die schöne oder die traurige hören?“ „Ist mir gleich.“ „Also gut, dann beginnen wir doch mit der fröhlichen Geschichte. Du weißt doch, dass ich gut darin bin, mich zu verkleiden?“ Leider nur zu gut. „Nun ja, ich habe das damals von einem bekannten Magier gelernt, der selbst ein Verkleidungskünstler war – sein Name war Toichi Kuroba. Er hegte damals große Sympathien für mich, weshalb er mir ein Geschenk machte, das mich immer an meine Zeit dort und die Magie, die uns umgab, erinnern sollte.“ „Die Laterna Magica?“ Obwohl er sich nicht umdrehen konnte, glaubte er, ein Nicken zu erkennen. „Aber was hat das mit dem Serienmörder zu tun?“ „Habe ich je etwas in dieser Richtung behauptet?“ „Du hast es auch nicht abgestritten.“ „Also schön, ich will mal nicht so sein. Schließlich quäle ich dich schon genug, oder?“ Shuichi überlegte kurz, ob sein Ellbogen schnell genug ihre Nase zertrümmern würde, bevor sie den Abzug drücken konnte, entschied sich dann aber dagegen. Es war einer dieser Momente, in denen man geduldig sein musste. „Kommen wir zur zweiten Geschichte. Es gibt eine Verbindung zwischen mir, dem Fall und der Laterna Magica, die du hier siehst. Das ist das Großartige an solchen Spielen, alles hängt irgendwie zusammen.“ „Was für eine Verbindung soll das sein?“ „Du kennst sie, ihr Name lautet, wenn ich mich recht entsinne, Jodie Starling.“ Shuichi erstarrte, als sich der Name wie eine der eiskalten Kugeln aus dem Lauf hinter ihm in seinen tauben Körper bohrte. Jodie… Tick-Tack. Tick-Tack. Der Zeiger glitt so langsam über das Ziffernblatt, dass sie beinahe fürchtete, er würde jeden Augenblick stehen bleiben und mit ihm die Zeit zum absoluten Stillstand bringen. Nicht, dass es sie gekümmert hätte. Sie wusste nicht genau, wie lange sie schon so dalag oder wie spät es war und das, obwohl sie seit Stunden die unscheinbare Uhr auf ihrem Nachtkästchen anstarren musste. Wer hätte gedacht, dass es einmal so enden würde? Ihre müden Ohren nahmen ein leises Surren wahr, das klang, als würde es von einem sehr großen und sehr aufgeregten Insekt stammen. Habe ich vergessen den Wecker auszumachen? fragte sie sich unwillkürlich, wobei sie einen misstrauischen Blick nach oben warf. Die Uhr tickte weiter in ihrer unschuldigen Langsamkeit, keine Spur von den penetranten Alarmsignalen und Leuchtzeichen, die sie sonst von sich gab. Als es nun schon zum vierten oder fünften Mal brummte, registrierte Jodie, dass das Geräusch irgendwo aus ihrem Bett kam. Entnervt durchwühlte sie ihre Decke, wobei sie deren Wärme leider verlassen musste und fischte ihr Handy zwischen zwei Kissen heraus. „Hallo?“ Erschrocken stellte sie fest, dass ihre Stimme ebenso rau und kraftlos klang, wie sie sich fühlte. Zwar hatte es jetzt keine Bedeutung mehr, doch der mickrige Rest ihres Selbstwertgefühls zwang sie, sich zu räuspern und die Frage noch einmal energischer zu wiederholen. „Jodie? Wie geht es dir?“ „Camel? Also, ich- “ Ja, wie geht es mir? Ich bin gerade entlassen worden, weil ich meinen Job nicht richtig machen konnte und eine Kollegin verprügelt habe. Bestens, einfach toll. „Geht schon.“, antworte sie stattdessen resigniert. Hunderte Fragen brannten ihr auf der Zunge, aber sie hatte bei jeder einzelnen Angst, sie zu stellen. Bei einer ganz besonders. „Es gibt gute Neuigkeiten. Eigentlich darf ich nicht mit dir darüber sprechen, aber keiner hier ist glücklich mit der Situation.“ Er lachte leise. „Du wirst nicht glauben, wie aufgebracht Anna war. Sie hat Black angeschrien, kannst du dir das vorstellen?“ Obwohl ihr gar nicht danach war, musste Jodie bei dem Gedanken an eine fuchsteufelswilde Anna schmunzeln. Auch wenn ihr Ausbruch vermutlich alles nur noch schlimmer machte, kam Jodie nicht umhin, eine jähe Dankbarkeit für ihre Freundin zu verspüren. „Ich versuch‘s. Aber was sind das jetzt für Neuigkeiten?“ Bitte, lass ihn seine Meinung geändert haben. Wenn er es nicht akzeptiert hat… „Der Hutmacher hat sein Versprechen gehalten. Zwar waren wir mit dem zweiten Teil etwas zu spät dran, aber offenbar hat es ihm gereicht, dass du das mit der E-Mail-Adresse herausgefunden hast, er hat niemanden mehr umgebracht.“ Jodie atmete tief aus vor Erleichterung und spürte, wie ein kleiner Teil des riesigen Brockens, der sie wie einen Käfer zu erdrücken ersuchte, absplitterte und in den imaginären Ozean, der sie umgab, stürzte. Er hat niemanden mehr getötet. „M-moment mal.“, stutzte sie plötzlich. „Was meinst du mit dem zweiten Teil? Ihr habt das Rätsel komplett gelöst?“ „Gut aufgepasst.“, fast glaubte sie, sein Lächeln hören zu können. „Ja, das zweite Gedicht ist mittlerweile auch entschlüsselt, anscheinend war dein Team nach deinem ersten Erfolg hochmotiviert. Allerdings sind wir immer noch meilenweit davon entfernt, den Täter tatsächlich zu identifizieren.“ Aber es ist ein Anfang. Sie spürte, wie sie mit jedem Wort wacher wurde, wie eine Eisskulptur, die nach und nach dem Frühling nachgab und auftaute. „Und wie lautet die Lösung?“ „Wir haben wieder mal den Wald vor lauter Bäumen nicht gesehen. Nach deiner Entdeckung glaubten wir, dass das zweite Rätsel Aufklärung darüber gibt, wie genau die Adresse lautet – und tatsächlich ergeben die Anfangsbuchstaben einen Satz.“ Jodie versuchte angestrengt, sich an den Text zu erinnern, jedoch flimmerten lediglich kleine Wortfetzen durch ihre dunkle Gedankenwelt. „A is mad, oder eher Alice is mad war in dem Gedicht versteckt. Gerade überprüfen wir, welche E-Mail-Adressen es mit dieser Kombination gibt und versuchen, sie zurückzuverfolgen.“ Ein Schauer lief ihr über den Rücken. Alice is mad. Alice ist verrückt. Da könntest du gar nicht mal so Unrecht haben. „Was meinst du damit? Was hat Jodie mit alledem zu tun?“ Shuichi war so verblüfft, diesen Namen aus ihrem Mund zu hören, dass er kaum registrierte, wie Vermouth die Waffe herunternahm und langsam um ihn herumschritt. „Hat Jodie dir erzählt, welche Hinweise der Hutmacher auf den Laterna Magica hinterlassen hat?“ Er schüttelte den Kopf, wobei er sie keine Sekunde aus den Augen ließ. „Nein und woher weißt du davon?“ „Sagen wir, ich habe so meine Quellen.“ Shuichi schnaubte. „Jedenfalls zeigte der Hutmacher die Geschichte, die ich dir erzählen wollte – die Welt ist so klein, nicht wahr?“ „Und diese Geschichte hat etwas mit Jodie zu tun?“ „Ganz richtig, es geht um die Ermordung ihres Vaters.“ Sein Gesicht blieb vollkommen ausdruckslos, doch in Shuichis Kopf brodelte das Chaos wie ein wütendes, schwarzes Meer. Was hatte der Mörder mit Jodie zu tun? Was verband ihn mit Vermouth? Und was wollte er wirklich? „Jodie war damals noch ein Kind. Ihr Vater war FBI-Agent, wie sie jetzt auch und steckte seine Nase womöglich zu tief in Angelegenheiten, die ihn nichts angingen, jedenfalls wurde er umgebracht und sein Haus ging in Flammen auf. Das waren die Bilder, die der Hutmacher den Agenten zeigte.“ Er überlegte fieberhaft, wie das alles ins Bild passte. War Jodies Vater hinter der Organisation her gewesen? War das die Verbindung zu Vermouth? Aber warum sollte der Mörder ihres Vaters Kontakt zu Jodie aufnehmen? „Hat der Hutmacher ihn umgebracht?“ Ihr Lachen machte ihn wütend. Wieder einmal spielten sie ein Spiel ganz nach ihrem Geschmack. „Nein das hat er nicht, aber warum glaubst du kontaktiert er das FBI?“ „Weil Jodie beim FBI ist? Er weiß, wer ihren Vater umgebracht hat?“ „Möglich. Aber wenn er schon sagt, wo die Verbindung liegt, warum weiß es dann das FBI nicht?“ Ihre Blicke trafen sich. Obwohl es leichtsinnig war, schloss Shuichi einen Moment lang die Augen. Seine Schläfen begannen unangenehm zu pochen. Weil Jodie es ihnen verheimlicht. Sie weiß es, aber sie kann es nicht sagen. Weil sie sonst wüssten, warum sie zum FBI gegangen ist, warum sie wirklich Agentin geworden ist. Weil sie es nicht ertragen kann, vor ihnen ihr Gesicht zu verlieren. „Jodie verschweigt ihnen die Verbindung, oder?“ „Tragisch, oder?“, seufzte Vermouth theatralisch. „Unsere vielversprechende Agentin legt so viel Wert auf ein bisschen Kosmetik in ihrem Lebenslauf, dass sie lieber verschweigt, dass ein armseliger Rachefeldzug ihr Antrieb ist, bevor sie zugibt, dass eine Verbindung zwischen ihr und dem Killer besteht.“ Das ist lächerlich. Jodie weiß, dass es zwar negativ auffallen, aber letztendlich keine Rolle spielen würde, solange sie ihre Arbeit gut macht. Es geht doch nicht um das Warum, sondern um das Wie. Doch in einem kleinen Teil des Meeres, das noch düsterer als der Rest war, hallten Vermouths Worte wider und fanden schließlich ihren pechschwarzen Nährboden. „Warum sollte Jodie das FBI so belügen? Warum sollte sie riskieren, dass noch mehr Leute sterben?“ „Vielleicht erpresst er sie? Vielleicht hat sie Angst? Oder aber sie ist zu stolz? Du kennst sie besser als ich. Aber ich dachte, du solltest vielleicht wissen, dass die heißeste Spur des FBIs in ihren eigenen Reihen sitzt.“ Jodie, warum? Warum lässt du zu, dass er so mit dir spielt? Warum kannst du nicht zu dem stehen, was du bist und deine Vergangenheit hinter dir lassen? „Wenn ich du wäre, wüsste ich, was ich mit diesen Informationen machen würde.“ „Du weißt rein gar nichts über mich.“, knurrte er und wandte sich zum Gehen. Er wusste, dass sie ihn nicht aufhalten würde. Genauso wie er wusste, dass er genau das tun würde, was sie von ihm erwartete. Willkommen im Spiel, wie klein die Welt doch ist. Solange, bis uns die Kraft ausgeht. Alice is mad. Alice is mad. Wie ein unheimliches Mantra wiederholte Jodie die Worte immer wieder, bis ihr der Kopf schwirrte. Ihre Untätigkeit machte sie wahnsinnig. So antriebslos sie vor dem Anruf auch gewesen war, jetzt hätte sie alles dafür gegeben, in die FBI-Zentrale fahren zu können. Allerdings ist das leider unmöglich. Mit einem frustrierten Seufzer stand sie auf und ging in die Küche, um sich einen Kaffee zu machen. Vielleicht würde sie das heiße Gebräu ja etwas aufheitern. Nachdem die Maschine ihr mit einem Piepsen bedeutet hatte, die Tasse entgegen zu nehmen, setzte sie sich vor ihren altersschwachen PC und öffnete eine Suchmaschine. Ein bisschen Recherche kann ja nicht schaden. A-L-I-C-E-I-S-M-A-D tippte sie in die dazu vertraut klackernde Tastatur. Obwohl sie nicht viel Wert auf technischen Schnickschnack legte, hatte sie aufgrund ihrer Arbeit viel mit Computern zu tun. Leider half das ihrem Computer auch nicht dabei, schneller zu arbeiten. Jodie verfluchte sich zum gefühlt hundertsten Mal, dass sie sich immer noch nicht dazu aufgerafft hatte, sich einen neuen zu kaufen. Hauptsächlich weil sie es hasste, sich an solche Neuerungen gewöhnen zu müssen. Es würde ewig dauern, bis sie mit dem neuen Modell so klar kam, wie mit ihrem vertrauten Gefährten, vor dem sie schon so manche Nacht mit müden Augen nach Verbindungen gesucht hatte, die ihr tagsüber noch verborgen geblieben waren. So langsam war er allerdings noch nie gewesen. Ärgerlich klickte sie mehrmals mit der linken Maustaste, wie sie es immer tat, wenn sie befürchtete, die Internetverbindung sei mal wieder eines tragischen Todes gestorben oder der PC habe sich aufgehängt. Dummerweise schien das diesmal nicht die beste Idee gewesen zu sein, denn das Ladesymbol des Bildschirms erstarrte zunächst, dann wurde dieser schlagartig schwarz. Na großartig. Warum musst du gerade jetzt den Geist aufgeben? Gerade wollte sie frustriert dem Rechner den Strom abschalten, als plötzlich ein kleines Fenster auf dem schwarzen Bildschirm erschien. # Are you there? Irritiert blinzelte Jodie. Wie hatte sich einfach so ein Chat öffnen können? Eine Ahnung, die ihren Puls in die Höhe schießen ließ, beschlich sie. # Who are you? # A friend. Jodies Anspannung wuchs mit jedem Moment. Jeder Gedanke daran, was sie in der FBI-Schule zum Täterkontakt gelernt hatte, war plötzlich wie weggeblasen. # What do you want? # You. # Why? # Meet Me. # No. # You can ask me your question. # What would you know about my questions? # About your father. In Jodies Kopf überschlugen sich die Gedanken. Sie hatte das Rätsel gelöst. @Web spielte nie auf eine E-Mail-Adresse an, sondern auf einen Chatroom. Einen, den nur sie erreichen konnte, weil der Hutmacher ihren Computer manipuliert hatte. Er ist bei mir eingebrochen. Er war hier, als ich geschlafen habe oder als ich bei der Arbeit war, vielleicht als ich gerade mit Mel Kaffee getrunken oder mit Frau Sanders gesprochen habe. Sie musste dagegen ankämpfen, sich zu übergeben. Aber beinahe genauso schrecklich war, dass sie die ganze Zeit über Recht gehabt hatte. Sie war Alice und es hing alles mit den Ereignissen von damals zusammen. Mit dem Mord an ihrem Vater. # Who killed him? # Meet me. # Where? # It’s your choice. Jodie wusste, dass das einzig Vernünftige gewesen ware, den Chat abzufotografieren und Camel zu verständigen. Wenn sie den Hutmacher traf, musste das FBI dabei sein, sie musste verkabelt sein, beobachtet von Scharfschützen und absolut gesichert – keine Eventualität durfte offen bleiben. Aber manchmal ist man nicht vernünftig. Manchmal gibt es etwas, das alles überschattet, das eine Entscheidung für einen trifft und einen Weg, den man immer fürchtete zu beschreiten in einem ganz anderen Licht erscheinen lässt. Als eine Notwendigkeit. # We meet at the Los Angeles Mall. In 1 hour. # I’ll be there. Jede Entscheidung, die wir treffen, beeinflusst unser Leben. Sei es nun eine Entscheidung die still und heimlich getroffen wird oder eine, die wir guten Gewissens in die Welt hinausschreien. Stolz und Angst liegen oftmals ebenso nah beieinander wie Erfolg und Niederlage und Schmerz und Erlösung. Jodie schloss ihren Wagen ab und ging auf die trotz der frühen Uhrzeit schon gut bevölkerte Mall zu. Der alles entscheidende Sieg kann so eingeläutet oder aber unser Schicksal besiegelt werden. Angespannt sah sie sich um, wobei sie sich schmerzlich bewusst wurde, dass sie sich in der Aufregung viel zu sehr in eine passive Rolle begeben hatte. Der Hutmacher war es, der sie erkennen konnte – schließlich war inzwischen erwiesen, dass er selbst beim FBI spioniert hatte oder zumindest einen Kontaktmann dort gehabt hatte – sie hingegen hatte nicht einmal ein Phantombild, das sie zur Hilfe nehmen konnte. Am gravierendsten sind jedoch die Entscheidungen, die wir allein treffen – Auf einmal glaubte sie, einen Luftzug hinter sich zu spüren, etwas Warmes, Feuchtes – Atemluft? – tanzte in ihrem Nacken. „Wer ist da?“ Und die endgültig sind. Das letzte, was sie spürte, als sie zu Boden ging, war ein dumpfer Schmerz an ihrem Hinterkopf. Ohne Rückweg, wie ein Sturz in ein tiefes, dunkles Loch. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)