Bleeding Hearts von RubyRose (Bis(s) dass der Tod uns nie mehr scheidet) ================================================================================ Kapitel 3: Ein blöder Kerl? --------------------------- Am nächsten Morgen konnte ich es kaum erwarten in die Schule zu kommen. Dad lag noch in seinem Bett und war am Schlafen. Er machte seine Werkstatt erst auf, wenn ich schon in der Schule war. Deswegen war ich, wie jeden anderen Morgen auch, ganz alleine, als ich mich fertig machte. Ich suchte mir an diesem Tag etwas aus meinem Kleiderschrank, das ein bisschen figurbetonender war als die Sachen, die ich sonst immer trug. Ja, sogar ich besaß Klamotten, die ein bisschen mädchenhafter und schicker waren als das, was ich sonst immer an meinem Körper trug. Ich entschied mich für eine meiner üblichen Jeans. Die saßen einfach gut. Dazu wählte ich ein enges rosafarbenes Top mit Spaghettiträgern mit einem zarten Blümchenmuster, und darüber eine dünne Jacke. Es war zwar noch warm draußen, aber es ging langsam auf den Herbst zu. Aus meinem schlecht bestückten Schuhregal holte ich ein Paar weißer Sandalen. Die trug ich sonst eigentlich nur zu besonderen Anlässen wie Familienfeiern oder so, wenn ich mal ein wenig schicker aussehen musste. Im Bad hatte ich sogar ein wenig Schminke, aber nicht viel. Ich schminkte mich normalerweise nicht, das war mir einfach zu kompliziert. Aber um Kajal, Wimperntusche und Lipgloss aufzutragen reichte es so gerade noch. Meine Haare trug ich heute mal offen anstatt wie üblich zu einem Zopf gebunden. Ich gefiel mir heute eigentlich ganz gut. Das war auch wichtig, denn schließlich wollte ich Victor ja gefallen, wenn er mich schon zu seiner Begleitung für die Party bei Richard am nächsten Wochenende ausgewählt hatte. Ich konnte es immer noch nicht fassen, unter all den Mädchen aus denen er hätte wählen können hatte es mich getroffen, und ich war so glücklich darüber. Aber in der Schule redete er nicht mit mir, so wie ich es mir erhofft hatte. Eigentlich hatte ich angenommen, dass er jetzt ein wenig mehr Kontakt zu mir haben würde, wo er mich doch eingeladen hatte, aber während des Unterrichts saß er bloß auf meinem Platz und hörte den Lehrern zu. In der Pause nickte er mir nur kurz zu, ehe er sich wieder mit seinen Freunden unterhielt. Ich schnappte mir Lilly und schleppte sie zu meinem Lieblingsplatz auf dem Pausenhof. Es handelte sich um eine Bank, die unter einem großen Baum stand. Was das für eine Art Baum war wusste ich nicht, ich hatte damals, als wir das in Biologie durchgenommen hatten, nicht wirklich aufgepasst. Ich fand es auch gar nicht so schrecklich wichtig wissen zu müssen was für ein Baum nun dieser oder jener war. Sollte doch einmal der unwahrscheinliche Fall eintreten, dass ich so etwas einmal wissen musste, dann gab es ja schließlich immer noch das Internet. Ich ließ mich also auf die Bank aus Holz plumpsen und seufzte. Lilly nahm neben mir Platz. „Was ist denn los“, wollte sie von mir wissen und sah mich besorgt an. Wie konnte sie denn nur nicht wissen was los war, hatte sie denn keine Augen in ihrem Kopf? Sie hatte doch den ganzen Tag bisher mit mir verbracht und musste schließlich wissen was passiert war, oder was in meinem Fall eben nicht passiert war, nämlich dass Victor mit mir geredet hätte. Ich war ziemlich traurig wegen der Zurückweisung. „Weißt du, ich hatte gedacht, dass er jetzt mehr mit mir reden würde, nachdem er mir schon auf Facebook geschrieben hat. Er hat mich sogar seiner Freundesliste hinzugefügt.“ Darauf war ich ganz besonders stolz gewesen, dass sich meine schon nicht so geringe Anzahl an Freunden um jemanden erweitert hatte, der so beliebt war bei anderen. „Er ist halt ein blöder Kerl.“ Lilly wusste genau wie man einer frustrierten Freundin half. „Nimm es nicht so schwer. Er redet bestimmt noch mit dir. Spätestens wenn er dich zur Party abholt, denn dann muss er ja wohl mit dir reden. Wie sähe das denn sonst aus?“ Sie grinste und stuppste mir in die Seite. Ich wagte ein schüchternes Lächeln. Sie hatte bestimmt recht. Die beste Freundin hatte doch immer recht, nicht wahr? Also konnte ich erst einmal nichts weiter tun als darauf zu vertrauen, dass alles so eintreffen würde, wie meine Freundin es mir vorhergesagt hatte. Immerhin hatte ich dann nach Schulschluss doch noch einmal das große Glück, dass Victor mit seinem Motorrad an mir vorbeifuhr und neben mir anhielt. Er nahm seinen Helm ab und rief mir nach. Ich drehte mich um, weil ich erst nicht mitbekommen hatte, dass es Victor war. Ich hatte nämlich meine Kopfhörer drin, weil ich über meinen MP3-Player Musik hörte. Erstaunt nahm ich die Stöpsel aus den Ohren. Als Victor mich anlächelte kribbelte es ganz stark in meinem Bauch. Victor hatte die Sonne im Rücken und sah einfach unverschämt gut aus. Obwohl er im Sommer an das Meer gefahren war, wie er irgendwann nach den Sommerferien einmal behauptet hatte, war er sehr blass. Seine Haut war makellos und so weiß wie edler Marmor. Und in seinen blauen Augen, die wie funkelnde Saphire waren, hätte ich in diesem Moment versinken können. „Hey. Tut mir leid, dass ich heute keine Zeit für dich hatte. Ich freu mich, dass du mit mir zu der Party gehen willst. Ich hoffe du hast was Schickes zum Anziehen.“ Ich nickte automatisch, wie gebannt von seinem Gesicht und dem leicht kratzigen Klang seiner Stimme. Dabei wusste ich gar nicht, ob ich wirklich was Schickes zum Anziehen zuhause hatte. Na ja, zur Not würde ich vorher noch shoppen gehen müssen. Das war gut, da konnte ich dann Lilly mitnehmen, die hatte eh einen viel besseren Geschmack als ich. „Gut, dann sehen wir uns also morgen.“ Victor setzte seinen Helm wieder auf und fuhr davon. Ich blickte ihm nach, bis er um eine Straßenecke verschwand. In dem Moment fuhr Victors Bruder, Jason, mit seinem schwarzen Auto an mir vorbei, warf mir einen merkwürdigen Blick zu, und war dann sofort wieder verschwunden. Das kam mir schon ein bisschen merkwürdig vor, mir kroch ein leichter Schauer über den Rücken, aber alles in allem war ich froh, dass Victor nun doch noch mit mir geredet hatte, auch wenn es nicht viel war. Es war immer noch besser als gar nichts. Und ich war so aufgeregt! Ich konnte die Party bei Richard Dean kaum noch erwarten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)