Mit Hang zum Plüsch von Zorro-san (Law/Kid) ================================================================================ Kapitel 11: Wie im schlechten Film ----------------------------------   „Wie kann man nur so unfassbar blöd sein?“, mit verschränkten Armen steht Killer vor meinem Bett und schaut auf mich herab, voller Verachtung wie ich meine (sein monotones Gemurmel lässt wie immer keinerlei Gefühlsregungen deuten). Angesichts der Sachlage kann Fürsorge jedoch eindeutig ausgeschlossen werden… „Wie wäre es mal mit etwas mehr Mitgefühl?!“, plärre ich und zucke sofort unter Schmerzen zusammen. So eine verfluchte Scheiße! Killer schüttelt nur abwertend den Kopf. Dann stauche ich ihn eben gedanklich nach allen Regeln der Kunst zusammen! Konomi, der in sein Taschentuch schnieft und sich die feuchten Augen abwischt, ist nach seinem Lachanfall (hat denn hier keiner einen Hauch Mitleid?!) wieder sprachfähig. „Großartig, Kid! Einfach nur großartig!“, klatscht er auch noch Beifall. WTF? Raus hier, aber sofort!! „Raus hier, aber sofort!!“, wütend will ich mich aufrichten, jedoch zwingt mich ein heftiger Stich in meiner Linken kleinlaut grummelnd wieder zurück. Fuck, fuck, fuck! Das sorgt für noch mehr Spott von meinem (angeblichen) Freund, der es jetzt auch noch wagt, ein freudiges Selfie mit einem einbandagierten Eustass Kid im Hintergrund zu machen! „Hör mit der verfluchten Scheiße auf und verpiss dich aus meinem Zimmer!“ Am liebsten würde ich das verkackte Beistellwägelchen nach ihm werfen, aber die schlechten Erfahrungen belehren mich eines Besseren… Zombie, der bisher (zu seinem Glück) still war, meldet sich nun auch zu Wort: „Ich schätze, dein Plan ist nach hinten losgegangen. (Ach was!) Mal wieder.“ Hat denn hier wirklich niemand ein liebes, aufbauendes Wort für mich übrig? „Schert euch zum Teufel! Das wäre alles nicht passiert, wenn ihr mich nicht im Stich gelassen hättet!“, diesmal richte ich mich trotz Schmerzen (und einem unnatürlich Quieken) doch auf. „Pah! Dann hätten wir noch am Ende an deiner Stelle hier gelegen! Geschieht dir ganz Recht!“, der Typ in kurzen Lederhotpants schießt noch ein Gruppenselfie - und ich hebe mi letzter Kraft meinen Mittelfinger.      Zuvor    In einer dunklen Gasse blinkt unregelmäßig der (schlechte) Slogan On Air – sonst hört dich ja keiner! in roten Buchstaben auf einer verschmutzten Leuchtreklame über dem Eingang der heruntergekommenen Musikschule. Kein Wunder, dass das Ding kurz vor dem Bankrott steht! Ich kann nicht glauben, dass ich tatsächlich hier her gekommen bin. Aber die letzte Woche im Zombietrakt unter den immer bösartigeren Sticheleien des Trolls (inklusive 3 [!] Doppelschichten) und die permanente Unbereitschaft meiner sogenannten Freunde lassen mir keine andere Wahl: Ich brauche Hilfe – und zwar von jemandem, bei dem ich mir sicher sein kann, dass er auf gar keinen Fall auch nur ansatzweise irgendetwas mit dem Troll oder seinem Skalpellrottweiler zu tun hat…! Von innen ist das Gebäude noch verschrotteter als von außen. Keine Überraschung also, dass der Affe auf krumme Dinger angewiesen ist, um sich über Wasser zu halten. Das ohrenbetäubende Gedudel macht mich schlagartig wütend. Ist das überhaupt noch Musik?! Wie kann der sich, ohne verhaftet zu werden, überhaupt Musiker schimpfen?! Ich folge einfach dem Lärm und laufe durch das menschenleere Treppenhaus und den Gang im 3. Stock (ein Fahrstuhl wäre ja auch zu viel gewesen!), bis ich vor einer milchig verglasten Tür stehe: Scretchman Apoo steht verblasst darauf. Einer der wenigen, die sich selbst noch mehr feiern als ich. Wie selbstverständlich trete ich einfach ein. Der Schimpanse hockt mit dem Rücken zu mir auf einem abgewetzten Ledersessel und starrt auf die dreckige Wand (in einem schlechten Film wäre es wohl ein teurer Bürostuhl und die Panoramaaussicht über die Stadt  gewesen). Genauso schlecht wie in den Filmen dreht er sich langsam zu seinem Besucher um, in der Hand eine unangezündete Zigarette (für eine imitierte Zigarre hat’s wohl nicht mehr gereicht) und grinst selbstgefällig. Bei dem Anblick (das hätte echt nur noch eine weiße, fette, schnurrende Katze auf seinem Schoß übertroffen) kommt mir Wut und Kotze gleichzeitig hoch. „Hallo, old Buddy! Ich hab dich schon erwartet~“ Ich bin empört über so viel Unhöflichkeit (der Penner hat keinen einzigen Stuhl im Raum für mich)! „Ich hoffe, du musstest keine wichtigen Termine extra für mich verschieben, alter Buddy! Da das aber so schnell ging, gehe ich davon aus, dass dein Terminkalender nicht platzt.“, provokant verschränke ich die Arme vor der Brust und schaue auf ihn herab. Er tut cool und unbeleidigt: „Für dich ist mir kein Umstand zu groß. Also, how are you?“ „Ich bin nicht hier, um über irgendwelche Prinzenpaare, deren Familienplanung mir gehörig am Arsch vorbei geht, zu plaudern!“ mürrisch lehne ich mich gegen den Türrahmen. „Also bettelst du mich um Hilfe an, ja?“, geht’s eigentlich noch überheblicher? Am liebsten würde ich dem Typen an die Gurgel springen! Stattdessen versuche ich das ekelhafte Gedudel auszublenden. „Ich bin hier, um den Gefallen einzufordern, den du mir noch schuldest.“ Apoo lacht. „Hahahahahahahahahaaa!! Gefallen? Ich? Dir?“ Die unversehrte Zigarette wird sauber in die leere Verpackung (für den nächsten coolen Auftritt) verstaut. „Wie kommst du denn auf die Idee?!“ Ich stemme mich vom Türrahmen ab, um mich bedrohlich vor ihm aufzubauen. „Hast du schon vergessen, dass ich das letzte Mal vor den Bullen für dich ausgesagt habe?! Damit du nicht im Knast landest?!“ Unglaublich! Fast so undankbar wie Konomi! „Du hast da genauso drin gesteckt wie ich!“, Apoo erhebt sich und beugt sich am Tisch abgestützt zu mir vor. „Allein weil du dein Maul nicht halten konntest, sind wir überhaupt erwischt worden!“ Geht’s noch?! „Geht’s noch?! So auffällig wie du dich verhalten hast, ist der Kontrolleur doch überhaupt erst auf uns aufmerksam geworden!“ „Der Plan war, sich ganz natürlich zu verhalten!“ Okay… er ist ein Affe – gutes Argument. Nichtsdestotrotz wurden wir aufgrund meiner Ausrede nicht wegen widerholten Schwarzfahren und nicht bezahlter Strafsätze eben aufgrund von Schwarzfahren eingebuchtet! „Deine Visage bedeutet nur Ärger, Rotkäppchen! Wenn du meine Hilfe willst, dann musst du bezahlen. Und bei dir nehme ich nur Vorkasse – vom gesamten Betrag versteht sich. Sonderfreundschaftsrabatt (also noch teurer als sonst).“, er verschränkt entschlossen die Arme vor der Brust. Mit finsterem Blick versucht er mich einknicken zu lassen. Es gibt auf der Welt keinen Menschen, der es so sehr auf Prügel anlegt, wie dieser Gorilla mit unsäglich schlechtem Musikgeschmack! Nur leider habe ich nicht viele Alternativen, wenn ich nicht im Knast landen will (außer der, einfach mein Schicksal und die Demütigungen bis zum Ende der Sozialstunden hinzunehmen)...   Die Sonne strahlt hell über Amazon Lily und lässt beinahe vergessen, welche absolut grausamen Dinge dort passieren („Kitty! Zimmer 530 ist vollgenässt, Bettwäsche wechseln!“ // „Rotschopf! Warum zum Teufel ist der scheiß Gemeinschaftstisch noch nicht abgedeckt?!“ // „Wenn Sie nicht im Knast landen wollen, bespaßen Sie jetzt gefälligst die verfluchten Kinder, so lange ich die Aufnahmegespräche mit der Familie führe!“ // „Siehst du mich etwa Pausen machen?! Ab an die Gartenarbeit, aber pronto!“). Die Gebäude erscheinen in hellen Gelbtönen, die Fenster spiegeln das warme Orange der Sonnenstrahlen wieder – direkt in mein Gesicht! Fluchend versuche ich einarmig das Laub von den Gehwegen zu fegen und gleichzeitig mein Gesicht mit der Hand vor der scheiß blendenden Sonne zu schützen (Fliegerbrillen sind nicht gestattet, aber wenn gewisse Andere sogar im Dunkeln mit Sonnenbrille herumlaufen, ist das okay?!). Dazu schwitze ich fürchterlich! Wie viele Blöcke voller niedergeschriebener Rache- und Mordgelüste ich zuhause herumliegen habe, kann ich mittlerweile nicht mehr sagen. Noch knappe 4 Wochen, dann kann ich diesen Vorfriedhof endlich als freier Mann verlassen! Enel sei Dank! Und Bellemere muss (m)ich danach hoffentlich auch nicht nochmal sehen... Als Erstes werde ich dem Troll zeigen, dass er sich mit dem Falschen angelegt hat und ihm jeder meiner Spitznamen einbrennen, so dass er sich auch sicher für immer an mich erinnern wird (dass diese eindeutigen Indizien mich geradeaus in den Knast bringen könnten, ist in meinen Tagträumereien keine Option)! Wie aufs Stichwort sehe ich den hinterhältigen Hobbit aus dem Augenwinkel auf mich zustampfen. Provokant stiere ich weg und widme mich weiter dem Fegen (diesmal mit 2 Armen um cooler zu wirken)  - dann klatscht mir hartes Papier ins Gesicht und fliegt mir um die Ohren. WTF? „Seit wann dürfen psychisch Labile hier ohne Begleitung herumlaufen?! Hier draußen wirst du deine Gefährten auch nicht finden!“, mit aller Mühe schaffe ich es, den Besen nicht in seine Richtung zu heben. Mein Keifen ignoriert er gekonnt „Hast du irgendwas dazu zu sagen?“ und deutet auf die Fotografien zu meinen Füßen. „Falls du mir wieder irgendwas anhängen willst-“, zischend bücke ich mich, um eines der Bilder aufzuheben. „-muss ich dir leider sagen, dass ich mir absolut nichts… geleistet… was zum...?!“  Die Schwarz/Weiß-Aufnahme zeigt einen Kerl mit Papiertüte auf dem Kopf und einem T-Shirt mit deutlicher Aufschrift: Schöne Grüße von Eustass Kid Zögernd schaue ich mir die anderen Bilder an. Alle zeigen sie diesen Kerl mit Augen und Mund eingeritzter Papiertüte. Die Fotos sind vermutlich aus einem Haus durchs Fenster geschossen worden. Der Troll wurde wohl von dieser Gestalt (wie in diesen immer gleichen Home Invasion-Filmen) vor seiner Wohnung belästigt. Die Idee ist genial, aber was zum Geier hab ich- Oh nein! „Danke für die netten Grüße, Kittylein, aber eine Postkarte hätte mir auch gelangt! Du scheinst mich ja sehr zu mögen, wenn du dir eine solche Mühe mit mir gibst!“ Shachi plärrt auf mich herab, während ich in der Hocke die anderen Bilder begutachte. Das hat der Wichser nicht getan! „Könntest du jetzt bitte so freundlich sein und mir erklären, warum mich so ein Affe nachts bis zu meiner Haustür verfolgt und dann um meine Wohnung herumschleicht, an meine Fenster klopft und winkt?!“, die (verdiente) Horrornacht scheint ihm noch in den Knochen zu stecken. „Der Typ ist erst abgehauen, als ich mit meinem Gewehr (WTF?!) auf ihn los bin! Wenn du meinst, mir etwas heimzahlen zu wollen, Billy the Kid, dann solltest du das vielleicht etwas raffinierter anstellen!“ Ich wende mich ihm zu und keife zurück: „Du hast keinerlei Beweise, dass ich das war!“ Shachi verschränkt die Arme und schenkt mir durch die Sonnenbrille einen Blick, der alles sagt: Geht es eigentlich noch offensichtlicher? Ich erhebe mich und sage (ausnahmsweise) die Wahrheit: „Ich schwöre, ich war das nicht! Das ist irgend so ein Irrer der sich an mir rächen will!“ Shachi seufzt theatralisch. „Ach, Eustass… und wie kommt der dann auf mich, hm?“ Er dreht sich um und winkt mir überheblich zum Abschied, während er gemütlich Richtung Terrasse schlendert „Was soll ich nur mir dir machen? Allmählich gehen mir die Ideen aus, dich zu knechten.“, begleitet von höhnischen, leeren Versprechungen. Nichts. Es tut sich einfach nichts. „Fuck, fuck fuck!!“, als ob es die Lösung meiner Probleme wäre, hämmere ich wie wild auf das Lenkrad meiner abgesoffenen Karre ein. Ausgerechnet jetzt! „Komm schon, komm schon, na los!!“ Es zündet einfach nicht. „Gott!!“ Alles rütteln bringt nichts. Und als würden meine Pläne sich mit meinem Schicksal absprechen, fallen wie selbstverständlich einzelne Regentropfen auf die Windschutzscheibe. Ächzend lehne ich meine Stirn an das eben noch geschändete Lenkrad. Denk daran, was sie dir in der Aggressionsbewältigung immer gesagt haben: tief ein- und ausatmen. – Es geht zwei Atemzüge gut, dann packt mich die blanke Wut! Ich muss hier raus, bevor ich meinen eigenen Wagen auseinander nehme! Ächzend schlage ich meine Autotür hinter mir zu und überbrücke (selbstverständlich ohne Regenschirm und/oder Kapuze) die restlichen Meter stampfend zu Fuß, bevor der verkackte Regen heftiger wird. Ich kann es kaum erwarten, all diese Wut an dieser Ausgeburt der Hölle auszulassen!   Keine einzelne der 15 Minuten Fußweg haben meine Wut auch nur ansatzweise gemildert (ich hatte denen ja schon immer gesagt, dass die ganzen Wuttherapien nichts bringen) – ganz im Gegenteil. Und Tatsache: da oben ist der Mistkerl, friedlich an der hässlichsten Leuchtreklame der ganzen Stadt herumbastelnd - völlig ahnungslos, welches Gewitter gleich über ihm zusammenbrechen wird (und damit ist nicht das beschissene Herbstwetter gemeint). „Scretchmen Apoo!“ Er sieht auf und dann zu mir herunter. Selbst auf die Distanz provoziert mich seine Visage! „Aloha, Eustass Kid. Alter Buddy.“ Apoo winkt mit einem Schraubenschlüssel. „Vielen Dank für das Geschäft. Die Kohle konnte das alte Mädchen hier gut vertragen, you know…“ Er weicht meinem Wurfgeschoß aus, welches glücklicherweise genau mit einem lauten Scheppern ein Loch in das frisch reparierte A reißt. „Das hast du dich nicht gewagt, Rotkäppchen!!“, brüllt er entsetzt und wütend zu mir herunter. „Komm sofort da runter und lass uns das wie Männer klären, du Feigling!“ Gerade so kann ich dem angeflogenen Schraubenschlüssel ausweichen. „Verpiss dich in das Loch, aus dem du gekrochen bist! Wir sind quitt!“ Der Ziegelstein verfehlt leider beides – ihn und die beschissene Reklame. Mir fliegt sämtlicher Inhalt seines Werkzeugkastens samt wüster Beschimpfungen (inklusiver der von sich beschwerenden Nachbarn) um die Ohren. Schließlich kann ich mich hinter einem Müllcontainer in Sicherheit bringen – allerdings nicht, ohne ihn mindestens genauso zu beleidigen. „Gut, wenn du nicht runter kommen willst, komme ich eben rauf!“ Wie in einem schlechten Matrix-Remake springe ich aus meinem sicheren Versteck hervor, weiche (mehr oder weniger gekonnt) den Wurfgeschossen aus und schlittere auf dem nassen Boden durch die verschlossene Tür ins Gebäude. Fuck (tut das weh)!   Schwer atmend (ich habe einen sehr langen und harten Tag hinter mir) hieve ich mich die Treppen hoch (der Schimpanse kriegt auch gleich für den nicht vorhandenen Fahrstuhl eine Abreibung verpasst!) und stemme die anvisierte Tür auf (zu meiner Schande kenne ich dieses Gebäude beinahe in- und auswendig), um erhaben und selbstsicher auf das Vordach zu treten. Apoo hört das Knirschen des Kies unter meinen Sohlen und erhebt sich völlig gefasst in meine Richtung, fixiert mich genauso finster wie ich ihn. Mit jedem Schritt den ich auf ihn zugehe, macht er einen zur Seite, bis wir uns westernmäßig (dass bei diesem Trottel auch alles zu einer Show gemacht werden muss!) im Kreis anpirschen, ohne den jeweils anderen auch nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen. Beide zu allem entschlossen. Ohne den Grund meines (von ihm erwarteten) Besuchs zu nennen, wissen wir beide, weshalb ich hier bin: „Schöne Grüße von Eustass Kid?!“ „Ich müsste noch Nachzahlung verlangen, immerhin ist der Psychopath mit einer Schrotflinte auf mich losgegangen!“ Im Moment bin ich nicht sicher, wem (von zweien) meiner Erzfeinde ich diese Horrornacht mehr gönne. Das ruhige Ein- und Ausatmen habe ich schon lange aufgegeben. Der Reflex, im alle Knochen zu brechen, ist kaum noch  zu unterdrücken. „Ist dir klar, dass ich heute das ganze verschissene Lager aufräumen musste?! Kannst du dir vorstellen, wie verdammt müde, hungrig und dreckig, gebrochen und pleite (wenn ich an meine Kreditgeberin denke, wird mir ganz übel) ich bin?! Dass ich meinen Körper wieder an einen abwegigen Arzt verscherbeln muss, um die nächsten Wochen einigermaßen heil zu überstehen, damit ich nicht im Knast lande?! Kannst du dir das vorstellen, alter Buddy?!!“  Wieso erzähle ich dem Typen sowas überhaupt?! „Wieso erzählst du mir sowas überhaupt?! Für geheucheltes Mitleid bist du hier (der ihn in den Ruin treibenden Musikschule) eindeutig an der falschen Adresse!“ Der Regen ist stärker geworden und weit entfernt ertönt ein dramatischen Donnern. Der Schimpanse geht in Kampfposition. „Im Knast erwartet dich dann ein hübsches Foto von mir und meiner florierenden Musikschule; mit schönen Grüßen von Scretchmen Apoo!“ Das bringt das Fass zum Überlaufen!! „Ich bring dich um!“ Blind vor Wut stürze ich mich im strömenden Regen auf ihn. Blitze erhellen den wolkenverhangenen Himmel und werden Zeuge, wie der Affe und ich aufeinander losgehen, uns hier und da eine verpassen und ihm Wust aus verzweifeltem Gerangel („Ist das schon alles, Eustass Kid?!“ // „Ich breche dir alle Knochen!“ //„Du wirst den Tag noch bereuen, dich mit mir angelegt zu haben!“ // „Wenn ich mit dir fertig bin, komm ich dich im Zoo im Affengehege besuchen, mit schönen Grüßen von deiner Familie!“  // „Du meinst, wenn du dann deine nächsten Sozialstunden im Tierheim abarbeiten musst?!“ // „Ich hasse dich!“) versuchen, den anderen am Boden festzupinnen. Schwer atmend lassen wir kurz voneinander ab. Die nassen Klamotten kleben uns an den Körpern (und ich danke Enel, dass der hässliche Neandertaler kein weißes Shirt angezogen hat). Ich wische mir die Strähnen aus dem Gesicht und überlege fieberhaft, wie dem Schimpansen der Gar auszumachen ist, ohne Spuren zu hinterlassen (ich muss danach ganz schnell meinen verreckten Wagen hier wegkriegen). Dann geht alles ganz schnell: in einem unachtsamen Moment geht Apoo in die Knie und vollführt einen erstaunlich gezielten Roundhouse-Kick in der Hocke genau in meine Kniekehle. Noch taumelnd muss ich einen Ganzkörpertackle einstecken, der mich geradeaus in das notdürftig montierte, blinkende N befördert, mit welchem ich gemeinsam den Flug in die Tiefe aus dem 1. Stock vollführe. OMFG!! „Aaaaahhhhh!!“ „Oh Scheiße!“, panisch tritt Scretchmen an den Rand des Daches und erblickt, wie das N an einem seidenen Stahlgestell (das Dank dem Regen auch noch Funken sprüht und mit einem Kurzschluss dafür sorgt, dass allen Buchstaben der Zapfhahn abgedreht wird) nach unten hängt – mit dem roten Alptraum, der sich daran festklammert, als ginge es um Leben und Tod. Mein Gewicht tut sein Übriges, um uns dem weit entfernten Boden und dem unumgänglichen Fall näher zu bringen. Ein weiteres Knirschen und Funken lässt ihn aus seiner Schockstarre erwachen und der blanken Panik verfallen: „Eustass, lass gefälligst los, du machst alles kaputt!“ Ist das zu fassen?! „Geht’s noch?! Ich lasse garantiert nicht los!“ Mein verzweifeltes Zappeln verursacht einen Ruck an dem Gerüst, der mich beinahe abrutschen lässt. Dieser verfluchte Regen (fehlt nur noch, dass der Blitz genau hier einschlägt)! „Hör auf dich zu bewegen, sonst reißt du noch alles runter! Lass einfach los!“ „Wenn ich das hier überlebe, Scretchmen, bist du tot, das schwöre ich!“ „Wir sind im ersten Stock, du verdammter Trottel! Du fällst höchstens 2 Meter, das überleben sogar so Bescheuerte wie du!“ – was ich von meiner Position aus natürlich nicht sehen kann. Und die Erfahrung hat mich gelehrt, diesem Spinner nicht zu vertrauen! Wieder löst sich eine weitere Schraube und bringt mich dem Boden noch näher (so dass ich auf jeden Fall überleben würde). Völlig außer sich vor Sorge um die (von meinem Geld) frisch reparierte und jetzt doch wieder zerstörte Reklame plärrt er mich weiter durch den lauten Regen an: „Oh mein Gott, Rotkäppchen! LASS. LOS.!!“ Dann passiert es: die Befestigung löst sich vollständig und ich lande schmerzhaft auf dem Boden - und das dämliche, Funken sprühende N laut scheppernd auf mir. Wie durch ein Wunder habe ich überlebt – und konnte den klitschnassen, zeternden („Das wirst du mir gefälligst nochmal bezahlen!“) Wahnsinnigen dann doch noch (unter höllischen Schmerzen) überreden (bzw. anplärren), sein heißgeliebtes N von mir herunterzuhieven. Um mich noch weiter zu demütigen, ließ er es sich auch unter all meinen gepeinigten Protesten nicht nehmen, einen Krankenwagen zu rufen („Ich muss doch sicher gehen, dass mein alter Buddy wieder gesund wird, damit er mir meine jetzt bei ihm offenen Gefallen wieder gut machen kann!“ // „Der einzige Gefallen, den ich dir erbringe, ist dich ein für alle Mal von deinem leidlichen Dasein zu befreien!“). Gott sei Dank hatte der Chirurg des Todes an diesem Abend keinen Dienst in der Notaufnahme. Und in meinen Gebeten ging es mir weniger um die peinliche Konfrontation (ich habe ihn nie zurückgerufen) als um die unseriösen Behandlungsmethoden… Diagnose: linker Arm gebrochen inkl. verstauchter Schulter, Platzwunde am Kopf und geprellte sowie zum Teil gebrochene Rippen. Und die Angst im Nacken, meine gefälschte Krankenkassenkarte könnte nicht akzeptiert werden.      Im Jetzt     Grummelnd lösche ich die von Konomi herumgeschickten Bilder auf meinem Smartphone und sehe eine neue Nachricht reinkommen. „Konomi, ich schwöre dir…!“, knurrend tippe ich auf das Symbol und verfluche dieses scheiß langsame Gerät. Dann ploppt das Chatfenster auf: 17:41 Uhr: Du bist hier im Krankenhaus?!! – Dr. Lecter 17:45 Uhr: Nein – Du 17:48 Uhr: Ich habe deine Krankenakte in der Hand – Dr. Lecter    Scheiße. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)