Der Dämon von Akio21 ================================================================================ Kapitel 34: Die Spiegelwelt 2 ----------------------------- Wir kamen an einem Raum vorbei, in dem es vor Angst so dermaßen stank, dass ich mir die Nase zuhalten musste. „Die Kammer der Angst,“ erklärte mir mein rechter Gargoyle ungefragt. „Wie heißt du?“ wollte ich wissen. „Mein richtiger Name ist Gwendolyn.“ Ich schielte nach rechts. Unmöglich an Statur oder Stimme auszumachen ob man es mit einem Weibchen oder Männchen zu tun hatte. Das konnten sie vielleicht nur untereinander feststellen. Aber so genau wollte ich auch nicht gucken. Schließlich hatte ich ja Manieren. „Das heißt, du warst mal ein Mensch?“ fragte ich nach. „Hm, ja. Ist lange her.“ Sie klang nicht so, als ob sie darüber reden wollte, aber vielleicht hatte ich hier ja eine Verbündete? „Und? Wie stehst du zu Angtom?“ „Ich bin nur hier, weil es mir von Gorod befohlen wurde. Sobald es möglich ist, kehr ich in unsere Burg zurück.“ „Ah ja.“ Ich nickte verstehend. Obwohl ich eigentlich nichts verstand, aber sie hatte abweisend geklungen. „Ich weiß so ungefähr, was bei der Bluttaufe passiert, aber was passiert in der Kammer? Du warst doch drin?!“ „Wie gesagt, es ist lange her. Aber es ist noch schmerzhafter, als die Bluttaufe, bei der das dämonische Blut das menschliche zerstört. Was soll man erwarten? Die Knochen verformen sich, um nur eine Sache zu nennen, natürlich tut es weh.“ „Armer Sasuke.“ „Wieso hast du ihn hergebracht? Du hättest ihn doch einfach sterben lassen können? Das wäre sicher besser gewesen als...“ „Wir sind da,“ unterbrach uns Abik. „Oho,“ entfuhr es mir. „Eigentlich ist das das Brautzimmer,“ gab er missmutig seinen Kommentar ab. „Du meinst wohl, das schönste Gefängnis hier,“ ohne es zu wollen musste ich laut auflachen. „Wer kommt schon freiwillig als Angtoms Zukünftige oder Zukünftiger her.“ Ich ließ mich aufs Bett fallen und drehte ihm, sein Schnauben ignorierend, den Rücken zu. „Hab Hunger,“ verkündete ich. „Ich hol dir was.“ „Nein du nicht.“ Ich zeigte auf Gwen. „Sie holt mir was.“ Damit drehte ich mich wieder um. „Wie du willst,“ knirschte Abik. Dieser dämliche Vampir. Anscheinend brach seine Fassade oder er bemühte sich überhaupt nicht, sie aufrechtzuerhalten, bei mir. Ach du Schreck, was wenn Sasuke als Vampir da raus kam? Na dann, auf Nimmerwiedersehen. Nachdem die Drei verschwunden waren drehte ich mich auf den Rücken und sah nach oben. Nicht zu fassen. Ich lag hier auf einem kitschigen Himmelbett. Was glaubte dieser Typ zu erreichen bei einem angsterfüllten Menschen, wenn er ihn in dieses protzige Zimmer steckte? Mit der Ankündigung ihn heiraten zu wollen. Freudige Überraschung etwa? Nicht jeder war käuflich, schon gar nicht wenn man dafür diese Scheußlichkeit heiraten musste. „Brr.“ Ich schüttelte mich. Es klopfte an der Tür. Sicher Gwendolyn. „Ja, komm rein.“ Mit einem schelmischen Grinsen und einem Tablett auf den Klauen kam sie rein und schlug mit ihrem Schwanz die Tür wieder zu. Dann setzte sie sich neben mich. „Also? Du hast doch nicht wirklich Hunger, oder?“ „Nein, aber Fragen.“ Gwen stellte das Tablett auf den Nachttisch und machte es sich bequem. „Schieß los.“ Ich setzte mich auf. „Was denkst du, ich meine, als welche Art Dämon kommt Sasuke da wieder raus?“ „Kann ich dir nicht sagen. Vielleicht als Vampir?“ „HÄ? Wieso das?“ „Na ja, nachdem er soviel Blut verloren hatte...aber – ich weiß es wirklich nicht.“ „Und sonst? Hast du was erfahren, ich meine, was Angtom vorhaben könnte.“ Sie schüttelte den Kopf. „Normalerweise meide ich seine Gegenwart, ich könnte aber im Thronsaal bleiben und es dich wissen lassen. Kommt drauf an.“ „Worauf?“ „Auf deine Antwort.“ „Meine Antwort? Was meinst du?“ „Wieso hast du hin hergebracht? Kein Mensch will freiwillig ein Dämon sein.“ „Er schon.“ „Wie?“ „Ja, er wollte einen Pakt mit mir schließen. Ein Dämon werden. Ich hab ihm gesagt, das er seine Seele dafür nicht verkaufen kann. Und außerdem wollte ich sie ohnehin nicht mehr haben.“ „Du bist ein Kitsune. Wofür solltest du eine Seele wollen?“ „Lange Geschichte,“ seufzte ich. „War nicht meine Idee. Sasori wollte seine Schönheit bewahren, aber er hatte nicht mehr genug Platz unter seinen Puppen. Wie auch immer, Sasuke wollte keinen Pakt schließen, bis er dann auf die Idee kam, ein Dämon zu werden. Aber ich war davon nicht begeistert.“ „Das geht doch gar nicht.“ „Ja, hab ich ihm ja gesagt.“ „Und dann?“ „Dann passierte dieser Unfall.“ „Beantwortet aber nicht meine Frage, wieso du ihn hergebracht hast.“ „Na, ich konnte ihn doch nicht einfach sterben lassen.“ „Warum nicht?“ „Warum nicht? Eben darum. Was soll das? Ich dachte, du könntest mir helfen. Und nun krieg ich zu hören, ich hätte ihn lieber sterben lassen sollen.“ „Liebst du ihn?“ „B...bitte? Das ist ja lächerlich.“ Anscheinend hatte ich mich gründlich in diesem blöden Gargoyle getäuscht. Gerade als ich sagen wollte, das sie abhauen soll, lächelte sie komisch und sagte kurz: „Ich helf dir.“ Verblüfft sah ich ihr nach, wie sie wieder das Zimmer verließ. Besser, ich würde mich nicht auf die verlassen. Die saß wohl im Schnellzug mit Endstation Irrenhaus. Wie auch immer. Im Moment konnte ich nichts anderes tun, als zu warten. Das ich hier nicht frei herumlaufen durfte, hatte mir ja meine „Begleitung“ mehr oder weniger zu verstehen gegeben, die mich wie einen Häftling hergeführt hatte. Und auf Sasukes Dämonisierung hatte ich auch keinen Einfluss. Den hatte keiner, sobald erst mal einer in der Kammer war. Ein richtiges Zeitgefühl hatte man in der Spiegelwelt auch nicht, es machte also nichts, dass ich keine Uhr hatte, die liefen sowieso rückwärts. Vielleicht war ich erst seit ein paar Minuten hier, vielleicht schon seit Stunden. Ich beschloss zu schlafen und drehte mich wieder auf die Seite. So übel war das Bett nicht, wenn man die Augen geschlossen hatte. Etwas Lederartiges umklammerte meinen Arm und ich schreckte hoch. Wind blies mir ins Gesicht, als das Wesen zurück flog weil ich reflexartig nach ihm geschlagen hatte. „Beruhig dich, ich bin es.“ Die Stimme kannte ich. „Gwen?“ „Ja. Hör zu, du kennst ja Angtoms Vorliebe für Spiele?“ „Kennen ist zu viel gesagt.“ Ich ließ mich wieder zurückfallen, wollte weiterschlafen. Gerade hatten Sasuke und ich das Zelt aufgebaut in meinem Traum und uns herrlich gestritten dabei. „Du musst unter sieben Sasukes den Richtigen herausfinden. Liegst du daneben, bleibt er hier.“ „Wie bitte? Das soll wohl ein schlechter Scherz sein.“ Ich war plötzlich hellwach. „Er will seine idiotischen Spiele sogar mit mir spielen?“ Dieser Dämon war so was von abgedreht. „Na ja. Was kann man von einem ehemaligen Engelskrieger auch anderes erwarten?“ Ich gähnte. „Moment mal, heißt das, Sasuke ist nicht mehr in der Kammer?“ „Nein, er hat es überstanden.“ „Dann los.“ „Nicht so schnell, Mann. Er muss sich erst noch erholen,“ wurde ich gebremst. „Aha, und wie lange?“ „Nicht so lange, glaube ich, du kannst ja bis dahin weiterschlafen.“ „Spinnst du, wie soll ich jetzt noch schlafen können. Ähm, und was für eine Art ist er?“ „Weiß ich auch nicht. Ich weiß nur, das die sieben denen du gegenüber stehst so aussehen werden wie der Mensch Sasuke.“ Ah ja. Angtom hielt das sicher für einen seiner brillanten Einfälle. „Bin froh, wenn ich hier weg bin,“ brummte ich. Gwen lachte. Dann fragte sie: „Und? Hast du einen Plan?“ „Was meinst du?“ „Woran du ihn erkennen kannst, natürlich.“ „Ich kann ihn an seinem Geruch erkennen.“ Das war doch einfach. Gwens Gesichtsausdruck wurde plötzlich sehr ernst. „Ich glaube, du unterschätzt Angtom ganz gewaltig. Er war nicht umsonst einer der Besten und hat so viele von uns zu Fall gebracht. Und er ist auch nicht umsonst Gorods Nummer eins. Nur weil du ihn nicht leiden kannst, heißt das nicht, dass du es dir erlauben kannst unvorsichtig zu werden. Denn dann verlierst du.“ Gwen ging zur Tür. „Wenn du nicht alleine hier weggehen willst, pass lieber auf.“ Uh. Ich musste zugeben, das Gwendolyns Standpauke nicht ohne gewesen war. Vermutlich hatte sie recht und ich sollte das hier nicht auf die leichte Schulter nehmen. Ich konnte Sasuke doch unmöglich in der Spiegelwelt zurücklassen. Vielleicht sollte ich schon lieber mal unsere Flucht planen, falls was schief laufen sollte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)