Vergangene Zeiten von abgemeldet (Liebe & Verluste) ================================================================================ Kapitel 1: Der Anfang ist gemacht... ------------------------------------ 8 Jahre vor dem Ereignis: Ich machte mich auf um etwas Neues zu entdecken. Ich war schon immer eine kleine Stalkerin gewesen und niemand konnte mich zügeln. Bis an dem Tag als ich meinen wahren Meister fand. Damals wohnte ich noch in der Juri-Gagarin Straße 39 in Vetschau. Ganz obere Etage eines alten, grün gestrichenen Plattenbaus. Damals war für mich die südliche Zone ein Spielplatz für neue Abenteuer. Ich machte mich auf den Weg zur Zone an einem späten Nachmittag in den heißen Sommertagen. Es war eine Bullenhitze von 31°C im Schatten und die Heuschrecken zirpten freudig Lieder. Als mich meine Füße zum letzten Block der Straße führten, kam mir ein alter Mann entgegen. Er wankte stark und man konnte seine Fahne durch Alkohol meilenweit wahrnehmen. Dieser war nicht größer als ich und er versuchte mit seiner Wodkaflasche mich einzuholen. Ich wollte mit den alten Russen in diesem Ort nichts zu tun haben. Doch er folgte mir paar Schritte weiter bis ich mich verdutzt umdrehte. „Süßes Fräulein!“, hickste er aus seinen versoffenen Bart. „Du bist ja süß!“ Er kam mir näher. Es fehlte kein Zentimeter bis er genau vor mir wankte und versuchte mich zu berühren. Ich wich aus und versuchte ihn mit abweisenden Blick zu verscheuchen, doch er wollte nicht wie ich wollte. Er versuchte mich immer noch anzufassen und redete perverses Zeugs vor sich hin. „Meine Süße, wir könnten beide hintern Busch verschwinden!“ Hickste er weiter mit versoffenem Grinsen. Das entfesselte meine Wut und ich machte ihm noch verbal klar, dass er sich schnellstens lieber verziehen sollte. Er hörte nicht auf mich. Pech für ihn. Ich kickte ihn gezielt mit meinem Fuß in den Unterleib. Das erschrak den Alten so sehr, das er verzweifelt wegrannte so gut wie seine alten Beine ihn tragen konnten. Ich schaute ihm erst nur hinterher und versuchte seinen Fluchtweg zu erkennen. Doch irgendwie hatte ich Blut geleckt und rannte ihn hinterher. Der Alte erschrak zu Tode und rannte zu einer Eingangstür des letzten Blockes hinüber, wo ein junger Bursche sich an die Tür lehnte. „Na warte du alter Sack!“, rief ich hinterher. „Gregory! Junge! Beschütz mich vor dieser Hexe!“, flehte der Alte den Jungen an und dieser öffnete gelassen die Tür damit der Alte verschwinden konnte. Mich wunderte es, das der bei seinem Zustand noch so gut laufen konnte. Genervt und Empört ging ich vorsichtig weiter Richtung Tür. „Der Alte Sack wollte mich vergewaltigen! Schick ihn raus damit ich ihn kalt machen kann!“ Der Junge, der älter war als ich und mit seiner Brille und seinem unrasierten Gesicht bestach, schaute mich nur abweisend an als ob ich nicht da wäre. „Lass den Alten! Ich Entschuldige mich bei dir für dessen Benehmen!“ Mir reichte das nicht und machte weitere Schritte nach vorn. „Öffne mir die Tür!“, knurrte ich ihn an. „Er rührte sich nicht. Stattdessen schaute er mich jetzt interessiert mit einem Grinsen an. „Ihr Russen habt alle eine komische Art!“, griff ich ihn an, doch er streckte plötzlich seine Hand aus: „Ich bin Gregory Rebonov! Verzeih meinen Urgroßvater! Wenn er zu viel trinkt wird er stürmisch und mutiert zum alten Lustmolch!“ Ich wusste nicht was ich davon halten sollte, aber ich nahm die Entschuldigung doch noch unweigerlich an. „Ich heiße Mandy!“ Misstrauisch musterte ich ihn. „Hmm!“, fing er an, „Deine Art gefällt mir! Du lässt dich nicht unterkriegen und bist ziemlich wild! Wie kommt es das wir uns nie kennengelernt hatten?“ Mich verdutze seine Offenheit. Grinsend ließ er von der Frage ab und stellte eine andere, klopfte dabei auf meine Schulter und schob mich mit sich: „Sag mal! Hast du Lust etwas Gutes zu essen? Ich lade dich als Entschuldigung zu einer Soljanka ein!“ Gut… jetzt wusste ich nichts mehr mit dieser Offenheit etwas anzufangen. Aber irgendwie konnte ich nicht nein sagen. Mir knurrte der Magen. Das glaubt mir Keiner. Ich wartete schon eine halbe Stunde unten in den Büschen auf Gregorys Rückkehr. Plötzlich überraschte er mich. Ich erschrak. „Hey! Ich dachte du wärst hartgesottener!“, lächelte er freundlich und reichte mir eine Schüssel. „Argh! Die ist verdammt heiß!“, schrie ich blitzartig auf und stellte sie noch mit schmerzender Vorsicht auf den Boden. Er lächelte mich an und konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. Ich fühlte mich irgendwie verarscht. Gregory gab mir ein Löffel und klopfte mir auf den Rücken. „Lass es dir schmecken! Ist Hausgemacht! Mit 6 verschiedenen Sorten Fleisch!“ Als ich das hörte funkelten wohl meine Augen, weil er mich stolz ansah. „Fleisch? Oh mein Gott ich liebe Fleisch!“, rief ich glücklich sowie ausgehungert und aß als ob ich 3 Monate nichts mehr zu essen bekommen hätte. Das Essen spülte die schlechtesten Gedanken wie eine Wundermedizin weg und ich fühlte mich nur noch wohl. „Ich danke dir Gregory! Ein großes Lob an den Koch!“ „Danke! Ich hab es zubereitet!“, grinste er glücklich. „Sag mal, woher kommst du und was willst du im Süden?“, fragte er auf einmal. „Ach die Zone ist mein zweites Zuhause! Dort kann ich in Ruhe nachdenken! Und zu deiner ersten Frage, gerade mal 3 Blöcke vor eurem wohne ich! Ach und, ihr Russen seit echt in Ordnung!“, lächelte ich zufrieden. „ Sag mal Gregory….hast du Drogen in meine Soljanka reingetan?“, lachte ich. Er schaute verdutzt. Wahrscheinlich weil er es nicht verstand wie ich das meinte. Es vergingen Wochen aber die Freundschaft hatte sich in dieser einen Stunde gefestigt. Man wusste nie was wir noch erleben würden. 1 Monat später machten wir uns gemeinsam auf in die Zone. Gregory wollte mir eine neue Stelle zeigen die er entdeckt hatte. Wilde Sträucher wuchsen aus Beton. Reh, Wildschwein und Wolfsspuren führten durch den lockeren Sand weiter nach Süden. Es war still, aber das einzige was störte war das alte Braunkohle Kraftwerk und die Zugverbindung. „Lass uns tiefer hinein gehen!“, schlug Gregory vor und ich folgte ihm einfach. Wir gingen in der Dämmerung auf den Schienenläufen entlang. Es war kühl und bewölkt. Ausgerüstet mit Jacken & Rucksack wollten wir unser Glück versuchen und Wildschweine suchen. 5km waren wir schon von Vetschau`s Grenze entfernt und betraten menschenleeres Land. Dann fing er an zu erzählen: „Weißt du, in Russland sieht es fast nur so aus! Wunderbare Natur, unberührt und wild! Ich finde es wunderbar!“ Ich versuchte mit ihm Schritt zu halten und strich beim Überholen mit meinem Arm an seinem vorbei. „Ja, das muss wirklich wunderbar sein!“, staunte ich. „Warte! Ich hab hier was!“ Gregory holte aus seinem Rucksack einen alten CD Player. „Hier, hör dir diese Musik an während du hier durch die Zone läufst! Es ist wie, als ob ich in meiner Blutsheimat wäre!“ Er gab mir den Player und die Kopfhörer. Ich setzte sie auf und drückte auf Play. Russische Musik ertönte. „Volksmusik?“, schauderte es mich. „Nein! Das ist die Rote Russische Armee!“, berichtete er mich. Ich hörte die Musik weiter und lief ihm hinterher. Plötzlich machte er halt. „Nur eine kleine Pause, ich bin gleich wieder da!“ Ich nickte nur und drehte mich um. Weiter lauschend an der mir immer mehr gefallenen Musik. Paar Minuten vergingen als Gregory auf mich gestürmt kam und irgendwas panisch rief. Ich schaute ihn nur verdutzt an. Er stürzte auf mich und schupste mich von den Gleisen. Mir fielen die Kopfhörer aus den Ohren. Erst später begriff ich was an mir vorbei rauschte. Gregory hatte mir das Leben gerettet. Der Zug den ich seltsamer Weise nicht wahrgenommen hatte, hätte mich um Haaresbreite erwischt. „Tu das nie wieder!“, sagte er zornig und verzweifelt. Ich war wie erstarrt. Die Zeit verging als Gregory von mir aufstand und mir hoch half. Er umarmte mich nochmal. Ich hatte dieses Ereignis verarbeitet, aber es sollte mich mein ganzes Leben verfolgen. „Ich brauche dich noch!“, meinte er leise. Misstrauisch sah ich ihm in die Augen. Ich erkannte etwas, was mir vorher verborgen war. Seine Aura. Als wir am Bahnsteigtunnel von Märkisch Heide angekommen waren, fing es stark an zu regnen und wir suchten Schutz in den dunklen Schatten des verseuchten Tunnels. „Gregory ich…“, kuschelte ich mich vorsichtig an ihm, doch er ließ mich nicht ausreden. Stattdessen legte er mir seine Jacke um und umarmte mich. Er hatte wohl gemerkt das ich stark fror, aber das war es nicht was ich sagen wollte. Nochmals startete ich den Versuch: „Ich danke dir! Ich bin dir was schuldig!“, flüsterte ich schuldig mit gesenkten Kopf. „Gregory! Zum ersten Mal, auch wenn es unerklärlich klingt, spüre ich etwas in dir brodeln! Etwas Starkes, Stolzes! Etwas…“ Er unterbrach mich: „Jetzt kann ich es dir ja gestehen!“, meinte er und ich schaute ihn nur fragend an. An diesem Abend erzählte er mir dass er ein Führer einer kleinen Gruppierung sei, die sich Project Biohazard nannte und was ihre Ziele seien. „Du kannst so gut Reden halten! Ich bin hin und weg gerissen!“, staunte ich als er zu Ende erzählt hatte. „Du willst damit sagen dass du mir traust und eintreten willst?“, lächelte er zufrieden. Es war sein Plan gewesen mich dafür zu begeistern. Er gab mir einen Kuss auf die Stirn und kuschelte sich näher ran. „Treue ist dein höchstes Gebot das jetzt dein Leben entscheiden wird!“ Gregory nahm mich an einem schönen Sonnenaufgangs mit zu der Zone. Er redete nicht viel, nahm meine Hand und führte mich an eine Stelle wo man die Sonne aufblühen sah. Wir setzten uns auf einen großen Fels der mit Moos bestreut war. Das Licht strahlte so mächtig und pompös auf die Wolken. Einen schöneren Ausblick hatte ich in meinem bis vor kurzen wilden Leben noch nie gesehen. „Was denkst du von mir?“, fragte er plötzlich im ruhigen Ton. Seine Augen schweiften mit erhobenem Haupt zum Sonnenaufgang der violett golden leuchtete. Mir verschlug es die Sprache. Bevor ich antworten konnte, blickte er seelenruhig und gutmütig zu mir herab. „Weißt du, als ich dich zum ersten Mal sah. So wild verspielt und so stolz, da sah ich deine Augen und wusste sofort das du ein ganz besonderes Blut in dir trägst!“ Ich schaute verdutzt zu ihm herauf. Er lächelte gütig und nahm wiedermal meine Hand und strich sanft über sie. „Ich bin es nicht wert dich in ein schönes Leben zu führen!“ „Was meinst du damit Gregory?“ Ich legte mich als Zeichen meiner ehrwürdigen Treue auf seinem Schoß. „Du trägst reines Preußenblut in dir! Ich brauch nicht nach deinem Vorfahren zu fragen, ich sehe es in deinen stählernen Augen!“ Er hob mein Kinn zu sich hoch und starrte in meine Augen. „Du wirst in deinem Leben viele finden die dich bekehren wollen und dir Geschichten erzählen werden, die zum Teil stimmen werden, doch lass es mich so erklären…“ Er holte tief Luft während ich aufmerksam ihm lauschte. „Ich habe mir ein Ziel gesetzt das niemand erfahren sollte, doch du, du bist der Beweis dafür, dass wirklich jeder mir gehorchen kann! Ich will die alten Ländereien den alten Preußen wiedergeben!“ Ich verstand nicht ganz was er damit meinte doch er hielt inne. „Falls jemand dich nach deiner Vergangenheit fragt, falls du jemanden triffst der dich bekehrt was nicht ganz zu meiner Ideologie passt, dann erzähle nichts von dir und vor allem von mir. Es ist widersprüchlich! Ich weiß das wir Russen vor allem deswegen gehasst werden, doch ich will es rückgängig machen und danach mein eigenes Land führen verstehst du! Damit keine Last meiner Vorfahren auf mir liegt…“ Er blickte Wiedermals auf die Sonne die schon vor uns stand und prächtig strahlte. „Mein Führer, ihr macht mir Angst! Ich glaube schon fast, dass es soweit kommen mag und ihr alles vorausseht, doch ich werde euch ewig in meinem Herzen tragen, egal wie weit mein Leben sich erstrecken mag, aber warum sollte es niemand wissen? Vielleicht würde man euch vergeben?“ Er blickte kalt auf den Boden: „Niemand vertraut einem Russen…“ Mich erschrak sein eigengerichteter Spott. Ich kuschelte mich sanft neben ihn. „Ich glaube jeder der daran denkt was ihr Russen damals alles Schlechtes Getan hat sollte nicht auf den Kindern des Landes lasten. Aber das lernt niemand.“, sprach ich und Gregory nickte stolz: „Du bist wahrlich eine Preußin!“ Am nächsten Morgen ging ich gleich zu Gregory der mich schon erwartete. Wir beide liefen zu den Garagen die einzeln und zertrümmert in den Wäldern von alter Zeit übrig geblieben waren. Dort warteten schon 5 weitere seltsame Typen auf uns. Der eine hieß mit Spitznamen Saitàn, er war krebskrank und grade mal 15Jahre alt, 1,68m groß und mager. Er trug eine runde Brille, Schal und einen Wanderstock. Der zweite hieß Malakay und hatte seine dunkelblonden Haare zu einer kurzen Frisur gestylt bis auf seine Nackenhaare. Die waren lang und glatt. Er trug provokante Lederkleidung, ein EK um den Hals und einen Ledermantel der braun schimmerte. Nebenbei rauchte er eine Zigarette. Der Dritte war ein Zwielicht und schien mich noch nie zu mögen, weil ich seine später anerkannte Stellung übernahm. Er hieß Nemesis und hatte lange schwarze Haare, dunkle Augen und wirkte sehr stark und eine eiskalte Aura umgab ihn. Der Vierte namens Trash war ein ausgeflippter drahtiger Typ der aber sehr freundlich schien. Der Feuerteufel der Truppe. Seine Haare waren leicht rötlich und zu einer Sturmfrisur gestylt. Er trug eine Schweißerbrille des Typs „Flieger“. Seine zerklüftete Jacke verbarg ein zerfetztes T-Shirt wo groß draufstand: „Fair Play“. Und der letzte und Fünfte namens Jack war der sogenannte perfekte Stalker. Er hatte schwarze kurze Haare und war perfekt ausgerüstet mit Handschuhen, Stiefel, Gasmaske und Schweißerbrille. Er besorgte alles was man brauchte für ein wenig Geld. Ich lebte mich in diese kleine Organisation hinein. Zuerst war ich nur eine einfache Stalkerin, aber als ich eines Tages mein wahres Können unter Beweis stellte, haschte ich mir immer mehr Vertrauen in die Gruppe und sie zu mir. Wir wurden ein eingespieltes Team nur Nemesis beobachtete mich genau und konnte es immer noch nicht fassen dass ich, ein Mädchen, in die geheime Truppe aufgenommen wurde und Gregorys Liebling war. In einer etwas milden und nebligen Sommernacht machten Malakay, Trash, Gregory & Ich mich auf den Weg zu unserem neuen Gebiet. Gregory meinte dass die Fabrik am Sportplatz schon lange leer stand und man kaum was befürchten müsste. Nur die Polizei vermag uns aufzuhalten. Als wir angekommen waren stellte ich mit entzücken fest, dass die Fabrik wirklich groß war und die Gegend so gut wie menschenleer. Ein perfekter Ort für unser neues Hauptquartier. Malakay schlich sich vorsichtig an den Eingang. „Keine Chance mein Führer!“, rief er zu Gregory zu. „Der Eingang ist festgenagelt mit Eisenplatten! Nur mit einem Bunsenbrenner könnten wir es schaffen die Tür aufzubekommen!“ Plötzlich meldete sich Trash freudig zu Wort: „Kein Problem, überlasst das ganze mir!“ Nur ein fanatisches Grinsen sah man ihn an, da er total vermummt mit Schweißerbrille und Halstuch auf ein Zeichen Gregorys wartete. Gregory schaute sich die Gegend misstrauisch an und bewegte seinen Arm Richtung Trash der schon wild losstürmen wollte wie ein Irrer der Beute roch. „Nein Trash! Es gibt noch einen anderen Eingang, aber dort müssen wir uns gegenseitig helfen, sonst schaffen wir es nicht hinein!“ Er zeigte uns hinter einer Mülltonne und einem alten Auto eine etwas ramponierte Tür die zu hoch eingemauert erschien. Als ob man die Treppe hinzu entfernt hatte. „Malakay! Hol schon mal die kaputte Leiter aus dem Schuppen! Trash! Versuch mit Hilfe Termits das Schloss zu knacken!“, kommandierte Gregory und schaute dann zu mir als ich anfing ihn am Ärmel zu ziehen. „Aber wieso machen wir das nicht am Eingang?“, fragte ich ihn verwundert. „Dann könnte ja jeder hinein! Die Leiter haben wir versteckt! Die findet niemand so schnell!“ Er klopfte mir behutsam auf die Schulter und half Trash Aluminium zu finden. Währenddessen sammelte ich, was ziemlich einfach bei einer Fabrik war, guten Rost ein. Für eine gute Mischung musste dieser etwas nass sein. Als wir fertig wurden und Trash schon voller Vorfreude das Feuerzeug in der Hand hielt, flüchteten wir weit weg vom Eingang. Es war keine große Menge Termit, eher so groß wie eine Katzenpfote und doch schmolz das Zeug das Schloss mit einem Knall weg. „Scheiße das war zu laut!“, fluchte Gregory der hinter einer Deckung raus rannte. „Malakay wo bleibt die Leiter!“ In der Fabrik war es sehr dunkel und ich holte die Taschenlampe heraus. „Nicht an die Fenster leuchten!“, flüsterte Gregory mir zu und ging voraus. „Wie gemütlich es hier doch ist mein Führer!“, leckte sich Trash sich die Lippen und begutachtete die Ecken. Ich währenddessen schaute mir die alten Papiere an, die sich meterhoch stapelten. Der alte modrige Geruch stieg mir in die Nase und ich sah eine Ratte an mir vorbei rauschen. Nichts Besonderes für ein Mitglied Project Biohazards die sich ständig in solchen Gegenden aufhielten. Gregory setzte sich mit Trash an ein altes rostiges Fass. Er bat mich zu sich rüber. „Sag mal, für dich haben wir ja noch keinen geeigneten Spitznamen?“ Mich wunderte es dass die anderen noch nie mit ihren richtigen Namen angesprochen wurden bzw. ich ihre nicht kannte. „Das fällt mir ehrlich gesagt jetzt erst auf!“, kratzte ich mir den Kopf verlegen. Dann fing Trash an zu erzählen. „Mein Namen habe ich damals schon vom ersten Tag an bekommen als ich Gregory kennen lernte!“, grinste er. „Ich bin ein Weise und habe mir schon immer selber zu helfen gewusst! Er spürte mich bei einem Brand auf! Er erkannte mein Potenzial!“, lachte er laut. Ich lächelte nur erleichtert als er sein Feuerzeug wieder einsteckte. „Malakay! Von dir hab ich deine Herkunft auch noch nicht erfahren! Erzähl sie mir bitte!“ Er verschränkte seine Arme und fing an vorsichtig und bedacht sich am Kinn zu kratzen. „Es gibt kaum was Spannendes zu erzählen! Gregory ist wie ich ein Russe und das war es auch!“ Gregory versuchte zu vervollständigen: „Wir legen uns gern mal mit den heimischen Nazis an! Er half mir damals!“ Ich staunte. „Ihr legt euch mit Nazis an? Damit will ich nichts zu tun haben!“ Alle verstanden dass nicht wie ich das meinte. „Wieso? Das macht Spaß!“, meinte Trash grinsend wie ein Honigkuchenpferd. „Du wirst dich jetzt auch mit denen rumschlagen müssen! Sie denken wir seien Kommunisten und da mehr als die Hälfte Russen sind in unserer Gruppe ist das kein Wunder!“ Plötzlich schreckte Gregory neben mir auf: „Ach, ich hab hier was für dich! Ich möchte dass du es behältst! Nimm es als ein Geschenk von deinem Führer an!“ Lächelnd übergab er mir einen roten Stern mit dem kommunistischen Symbol Hammer und Sichel in die Hand. Da meldete sich Malakay zu Wort: „Ha! Da hat sich jemand verliebt!“, lachte er drauf los. „Gregory wich nicht dem Blick zwischen uns beiden aus, bis ich dankend den Stern annahm und ihn sicher verstaute. Vielleicht wurde ich rot im Gesicht weil die anderen mich grinsend anschauten oder sie spielten ein schlechtes Spiel mit mir. „Glaub mir Kleines! Wenn der Führer dir das Wertvollste gibt was er hat, dann kannst auch du uns trauen, egal was passiert!“ Malakay gab mir seine Hand und in dieser Nacht wurde ich ein volles Mitglied der Organisation bloß ohne Namen. Viele sagten es gab diese nicht, aber ich war eine Dieser. Wir waren eine kleine Truppe, aber wir hatten ein starkes Ziel und einen starken Führer mit einem Herz aus Gold. Wir redeten und feierten in die Nacht hinein. Erzählten uns so einiges was die anderen schon erlebt hatten. Bis Malakay aufschreckte. „Verdammt!“, flüsterte er erschrocken und schweißgebadet. „Ich hab was gehört!“ Trash wollte ihn beruhigen. „Das sind meine Freunde die Ratten! Setz dich wieder!“ Malakay wurde nicht ruhiger sondern schlich vorsichtig ans Fenster. „Verdammt ich hab es gewusst! Nazis!!“, rief er leise damit diese ihn nicht hörten. „Was!! Wir müssen hier raus!“, rief ich doch Gregory griff mich an meinen Arm und befahl Malakay und Trash diese zu verscheuchen. „Aber die Beiden haben keine Chance gegen 3 Nazis!“, flehte ich Gregory an und versuchte mich loszureißen. „Du bleibst hier!“, knurrte Gregory. „Ich lass dich nicht gegen diese Kerle kämpfen!“ Ich schaffte es aus seinen Fängen. „Willst du damit sagen ich bin zu schwach oder was?!“ Plötzlich knallte es. „Verdammt komm her!“, rief Gregory zu mir. Ich spürte nur noch einen starken Schmerz im Nacken. Die Nazis hatten es geschafft hier einzudringen und einer davon zerrte mich am Kragen zu sich. „Was habt ihr scheiß Kommunistenschweine hier in einer deutschen Fabrik zu suchen? Ich bring euch verdammtes Pack um!“ Der Skinhead war verdammt stark. Er erwürgte mich beinahe. „Lass die Kleine laufen du verdammter Arsch!“, knurrte Gregory ihn an, doch ein weiterer schlug ihn auf dem Kopf mit einem Holzbrett. „Gregory!“, schrie ich wutentbrannt. „Nur noch ein wenig und ich rasste aus!“ Der Nazi lachte über meine verzweifelte Drohung: „Ich hab kein Problem ein Mädchen zu schlagen!“ Dann grinste ich ihn nur wiederwertig an: „Ich auch nicht!“ Er schlug mich auf den Boden und stellte einen Fuß auf meinem Bauch. „Verdammte Kommunistenhure! Du wagst es mich zu beleidigen! Leck meine Stiefel!!!“ Der Andere, der Gregory niedergeschlagen hatte, hielt ihn mit einem Harkengriff fest. Ich konnte nicht mit ansehen dass er Blut spuckte. Es ließ in mir etwas rasen. Wut und Zorn brodelten in mir auf. „Was ist Kleine?! Kannst deine Freunde nicht retten?“, lachte er und ein dritter gab ihn ein Eisenschläger. Er ließ von mir ab und ging langsam hinüber zu Gregory der noch kriechend auf der Erde lag. Plötzlich schlug er mit seinen Stiefeln gegen seinen Bauch und er spuckte nur noch keuchend weiter Blut aus. „Gregory!!“ Ich versuchte aufzustehen. „Ey die Kleine macht immer noch Ärger! Haltet sie fest!“ 2 Nazis kamen mir näher. Dann schlug ich aus und traf genau ins Schwarze. Ich wurde wie ein wildes Tier das alles zerfetzen musste. Einer hielt sich sein Unterleib fest und fluchte irgendwas. Der zweite Nazi wollte auf mich eindreschen, doch sie haben mich total unterschätzt. Ich wich aus und boxte ihn einmal in den Bauch und dann mit einem Kinnharken k.o. „Was zum? Ihr lasst euch von ‘nem Mädel schlagen?“, knurrte der wahrscheinliche Boss der Truppe der gerade Gregory zu erschlagen drohte. „Du verfickter Nazi hast hier nichts zu sagen!“ Ich stieß ihn an und gab ihn einen fetten Arschtritt zwischen seine Beine. Schnell nahm ich Gregory und stützte ihn über meine Schulter. Wir beide versuchten so schnell wie möglich zu flüchten und sahen Malakay und Trash draußen neben einen alten Lader stehen. Malakay hatte auch ziemlich viel abbekommen. Wir 4 verkrochen uns in einen Keller, einer Abstellkammer für Geräte und Fahrzeuge. Ich hörte die Nazis noch schreien und fluchen. Sie suchten uns überall. Mein Adrenalinpegal war noch nicht ganz unten. Gregory spürte es und hielt mich fest. „Psst! Du gehst da nicht raus! Dein Führer befiehlt es dir!“ Ich hörte aufs Wort und knurrte nur was vor mich hin. Plötzlich sah ich vom Kellerfenster aus genau vor mir die Stiefel eines Nazis. Gregory hielt mir reflexartig den Mund zu. Dabei erschrak ich etwas, doch der Nazi hörte uns nicht und ging weiter. Wir atmeten auf und Gregory drückte mich stark an sich. „Hätte nicht gedacht das in dir eine Kämpferin schlummert! Ich hab einen Namen für dich gefunden!“, flüsterte er stolz und ein wenig noch benommen von der Attacke. Ich wischte ihm das Blut behutsam aus dem Gesicht und war ziemlich nervös. Heute würde ich meinen Namen bekommen. Meinen eigenen. Malakay und Trash schauten mich stolz an und freuten sich ein weiteres Mitglied begrüßen zu können. Gregory räusperte sich und ließ sich die Schmerzen kaum anmerken, doch ich machte mir Sorgen. „Ich taufe dich auf den Namen Deviant!“, keuchte er. „Es bedeutet Wildheit, ewige Treue und Mut! Passt doch wie angegossen!“, lächelte er freundlich. „Wir feiern Deviant!“, rief Trash freudig und Malakay gab ihn eine freundlich gemeinte aber strenge Ohrfeige. „Aua! Verdammt! Was sollte das Malakay!!??“ Schmerzentbrand streichelte Trash seinen Kopf um die Schmerzen los zu werden. „Psst!! Wer weiß ob die noch hier sind! Du hättest uns verraten mit deinem Geschrei!“ „Ach Malakay! Unser alter Freund!“, meinte Gregory lächelnd und klappte leicht zusammen. „Gregory!“, erschrak ich. „Was ist mit dir?“ Ich machte mir Zusehens noch mehr Sorgen. Wer weiß ob er innere Verletzungen hatte. Wir machten uns auf den Weg zu den Garagen und merkten das Nemesis, Jack und Saitàn auf uns warteten. Nemesis nahm mir wutentbrannt Gregory ab und brachte unseren Führer in eine abgelegene Ecke des Raumes wo Decken lagen. Ich wollte zu Gregory, aber Saitàn hielt mich leicht an der Schulter fest und schüttelte seinen Kopf. „Du solltest ihn in Ruhe ausruhen lassen! Unser Führer ist stark, das schafft er schon! Er hatte schon schwerere Brocken zu schlucken!“ Ich ließ ab und setzte mich vor der Garage hin. Es war immer noch vor Mitternacht und es war eine sternenklare Nacht. Saitàn kümmerte sich um Gregorys Verpflegung während Jack Brennholz mit Trash besorgte. Ich schaute mir verzweifelt die Sterne an und genoss die Ruhe. Ich leckte mir die Wunden und kuschelte mich in meine warme Stalkerjacke als der Wind plötzlich aufwehte. Auf einmal kam Malakay zu mir und setzte sich neben mich. „Keine Sorge, Gregory geht es gut! Ich habe den anderen erzählt dass du jetzt einen Namen trägst! Nur Nemesis hat es gegrault! Du solltest ihm besser aus dem Weg gehen!“ Malakay klopfte mir leicht auf die Schulter und stand auf. „Ach ich muss mich nochmals bedanken für die Rettung unseres Führers! Falls du irgendwas brauchst! Wir stehen dir gerne zur Tat!“, lächelte er und ging ein paar Schritte nach Norden um den Eulen und Fledermäusen zuzuschauen wie sie Jagden. „Deviant!“ hörte ich es leise rufen. Saitàn kam zu mir und bat mich zu Gregory zu gehen. Er war warm eingemummelt und sein Gesicht voller Narben. „Woher hat er die Narben Saitàn?“, fragte ich ihn verwundert. „Er hatte Haufen Splitter von Scherben und Holz im Gesicht!“ Ich ahnte schlimmes. Die Nazis hatten ihn ziemlich übel zugerichtet. Eine Narbe verlief über seinen Nasenrücken, eine über sein linkes Auge und zwei folgten seiner rechten Wange. Aber auch sein Oberkörper hatte etwas abbekommen. Er schaute mich fast schon verliebt an, aber ich konnte meinen mit Sorgen erfüllten Blick nicht ablegen. Ich kniete vor ihm und wischte mit einem feuchten Tuch über sein Gesicht. „Geht es euch besser?“, fragte ich und er schaute verblüfft zu mir hoch als ob er nicht richtig verstand. „Warum euch? Du bist hier unter Gleichgesinnten! Nur weil ich dein Führer bin, heißt das nicht das du mich siezen brauchst Deviant!“, lächelte er. Kurze Stille erfüllte den Raum. Gregory bat Saitàn aus dem Raum zu gehen. „Deviant, zwar hast du heute deinen Namen bekommen, aber das heißt nicht das du uns begleiten musst! Ich lege dir deine Freiheit wieder vor Füßen! Ich hab dir dein Leben gerettet und du hast meins gerettet! Wir sind theoretisch Quitt!“ Ich schaute ihn verblüfft und nichtgläubig an. „Was willst du damit sagen? Jetzt hab ich mir den Arsch aufgerissen und jetzt willst du mich freilassen? Ich geh nicht!“, sagte ich stolz und er verstand. „Mir gefällt deine Welt und dein Projekt! Ich will dich begleiten und dich schützen!“ Gregory freute sich über meine Entscheidung. Er setzte sich vorsichtig auf und gab mir einen Kuss auf die Stirn. „Das müssen wir mit Wodka feiern!“ Es wurde Winter. Wohl der schrecklichste den ich je erlebt hatte. Ich musste wohl neben Gregory eingeschlafen sein. Wir hatten eine Feier in der Fabrik mit allen anderen. Ich gähnte und streckte mich. „Schon wach?“, lächelte Gregory verschlafen. Er schaute auf die Uhr. „Verdammt! Schon 5Uhr früh! Ich muss nach Hause!“ Ich schaute ihn verträumt an, als er seine Sachen zusammen suchte. Malakay, Trash, Jack und Saitàn schliefen noch, doch Nemesis war schon längst gegangen. „Warte Gregory! Ich begleite dich!“ Er lächelte: „Warum nicht? Du musst sicherlich auch nach Hause!“ 28 Stunden später. Es schneite und alles war weiß. Selbst der Himmel war hellgrau bewölkt und es wehte ein leichter Wind. Der Schnee war bis zu 30 Zentimeter hoch. Ich ging glücklich zu Gregorys Block. Er wartete schon sehnsüchtig auf mich, aber irgendwas war anders. Er schaute mich verunsichert an. „Was ist? Irgendwas bedrückt dich?! Sag es mir!“ Ich schaute erwartungsvoll in seine Augen, doch er wendete seinen Blick frustriert ab. „Ich… wir!“ Er holte tief Luft. „Wir werden uns vielleicht nie wieder sehen!“ Kalte Stille. „Wieso das nicht Gregory?!“ Ich zerrte verzweifelt an seiner Jacke aber er schenkte mir keinen Blick. „Ich und meine Mutter ziehen wieder zurück nach Moskau! Ich möchte dir noch was sagen bevor ich wieder hoch gehe!“ Verzweifelt und mit nassen Augen wartete ich bis er weiter redete. „Sowas Treues wie dich habe ich noch nie erlebt! Bitte halte mich weiterhin so in deinem Herzen!“ Ich schaute nach unten und schluchzte. Plötzlich umarmte mich Gregory. „Du kannst doch jetzt nicht gehen! Verdammte Scheiße!! Du bist doch unser Führer! Bitte tu es mir nicht an!! Was ist mit den Anderen? Willst du sie im Stich lassen?“, sniffte ich. Er packte meine Arme und kniete sich auf meine Augenhöhe hinunter. „Denkst du ich will das?!“ Ich merkte, dass er auch zu tiefst verzweifelt war. „Ich hasse meine religiösen Eltern! Sollen sie doch in der Hölle schmorren! Verspreche mir! Vergess mich nie und halte mich in Ehren! Hast du verstanden? Dein Führer befiehlt es dir!!“ Ich wollte ihn gar nicht mehr loslassen. Es war die schönste Zeit in meinem Leben aber diese endete so plötzlich wie sie begann. Ich sah Gregory viele Jahre nicht wieder. Ich hockte noch Tage, nein Monate vor seinem leeren Block und wartete auf seine Rückkehr. Bis ich begriff das ich ihn nie wieder sehen würde. Leider verschwanden auch Trash, Malakay, Jack und Nemesis von der Bildfläche. Was mit Saitàn passierte weiß ich bis heute nicht. Wahrscheinlich ist er schon an seinem Krebs gestorben. Später bekam ich die Nachricht von Wladimir, dass Gregory in Moskau an einer schweren Grippe am 11.04.2005 verstarb. Zwischen der Zeit von Anfang und Abschied möchte ich noch die schönsten Zeiten aufschreiben, um endlich mit diesem Kapitel meines elenden Lebens ein Ende zu setzen. Spätsommer 2002: Die Sonne brannte vom Himmel und zwei Falken kreisten über unsere Köpfe, um nach Nahrung Ausschau zu halten. Wir hatten uns an den Bahnübergängen südlich Vetschau’s, neben dem Kraftwerk niedergelassen. Nemesis lehnte sich an einen alten morschen Baum während Jack in den langen gelben Sträuchern lag und mit einem Halm im Mund zum klaren Himmel sah. Malakay und Trash sammelten so einiges Zeugs im düsteren und verseuchten Tunnel, aber ich und Gregory saßen zusammen auf einer alten Betonplatte und Saitàn lehnte sich an das verfallene und mit Graffitis besprühte Mauerwerk des Tunnels an. Gregory meinte immer, dass die Ruhe und die Freiheit das einzig Kostbarste auf der Welt wären. Seine Mitglieder und Freunde folgten jedem seiner Ratschläge und genossen die abkühlenden Winde, die leicht mal mehr mal weniger aufbrachen und die Wiesen der Steppe im Takt bewegten. Als es mir doch etwas zu ruhig wurde, tapste ich Gregory leicht an seinem Ärmel. „Was ist meine kleine Deviant?“, lächelte er sanft. „Wollen wir nicht weiter ziehen und etwas Neues erleben?“, schaute ich verspielt und wild zu ihm auf. Nemesis knurrte wütend von der Seite: „Und den Führer einer Gefahr aussetzen?! Vergiss es Kleine!“ Jack meldete sich spontan zu Wort: „Warum nicht? Nach der Ruhe kommt der Sturm! So heißt es doch Gregory, oder?“ Gregory grinste bejahend. Nemesis machte das innerlich wütend. „Das du diesem Mädchen vertraust!“ Gregory zog eine Augenbraue hoch und klopfte dreimal auf die Betonoberfläche. „Was ist bloß los mit dir Nemesis? Hast du etwa angst, das sie dir deinen Rang nimmt?“ Dieser verzog sein Gesicht spöttisch und drehte sich um. Saitàn bekam plötzlich einen Hustenanfall. Ich klopfte ihn vorsichtig mehrmals auf die Schulter. „Danke...es geht schon wieder!“, keuchte er und winkte mich ab. „Was hast du bloß? Ich mach mir Sorgen um dich Saitàn!“ Er wurde verlegen und setzte sich mit zu Gregory. „Gregory, erzähl du es ihr!“ Sein Blick wurde von einer traurigen Aura umschlossen. Gregory und die anderen sahen auch niedergeschlagen aus. „Saitàn war das erste Mitglied unserer kleinen Organisation! Leider ist er krebskrank! Wir können für ihn nichts tun außer ihm so gut wie möglich beizustehen!“ Ich schluckte verzweifelt und setzte mich zu den Zweien dazwischen. Dann begann Saitàn von seinen Träumen zu berichten. Der arme Irre wünschte sich, dass er seine Krankheit irgendwann selber heilen könnte und ein Mittel gegen Krebs finden könnte. Mir tat er leid. Schon allein, weil er mir in den Monaten so viel über wissenschaftliche Themen beigebracht hatte und ich dieses Wissen super mit Trash`s Feuerkunst verbinden konnte. Aber nicht nur das. Er ist wie die Anderen mein großer Stalkerbruder. Spontan fragte Jack: „Weißt du, wie lange du noch ca. zu leben hast?“ Saitàn holte tief Luft und putzte seine Brille: „Da ich keine Chemotherapie haben will und ich mich dagegen sträube Tabletten zu nehmen, die eh nicht helfen werden, werde ich wohl nur noch dieses Jahr erleben können!“ Gregory klopfte ihm vorsichtig auf die Schulter: „Unser Freund hier ist aber zäh wie ein Adlerfuß! Er kämpft für sich und gibt uns Mitgliedern einen bestimmten Halt!“ Trash und Malakay, zurück von der kleinen Suche, tapsten erschöpft die Treppen herauf. „Nichts Gregory! Einfach nichts! Nur alte Zeitungen, Soft Air Kugeln und Müll!“ Er nickte und winkte uns zusammen. „Lasst uns weiter ziehen!“ Ich folgte ihn auf Schritt und Tritt. Eine unsichtbare Leine umwog mich. Ich wollte freiwillig und mit Treue ihn begleiten. Mein Leben war mir nicht mehr so viel wert, wie sein Leben. Trash kam zu mir und Gregory vorgerannt. „Na meine kleine Feuerblutsschwester?“ Grinsend zu mir hinunter schauend, er war der Größte von uns allen, legte er einen Arm um meine Schulter. Ich grinste zu ihm auf und er knuffte mich auf meinen Kopf. „Ey lass das!“, neckte ich ihn. „Kleine Schwestern necken macht am meisten Spaß!“, lachte er verspielt. Wir rauften uns wie kleine Kinder. Wir waren schon fast in Kolkwitz. Alles war so menschenleer. Wälder und Wiesen erstreckten sich. Wir machten bei einer alten Holzbank Rast. Wir suchten nach nichts, wir kämpften noch um nichts, doch wir wussten was wir wollten. Gregory Beschützen und unsere Wünsche ausleben von Freiheit. Malakay, Trash, Jack und Ich spielten Karten. „Hat jemand eine Pick Dame?“, fragte Malakay. „Njet! Hat jemand einen Karo Bube?“, meinte ich zerstreut. Gregory dagegen genoss eine Flasche kühlen Quellwassers. „Yeah! Ich zock euch ab!“ Ich zog die paar Flocken Geld, die auf dem Tisch lagen, zu mir und grinste breit. „Deviant zockt uns noch das letzte Hemd weg!“, meinte Malakay verzweifelt und zündete sich die zweite Zigarette an. „Das war mein letztes Geld Leute! Ich setze aus!“, meinte Jack mit den Armen über seinen Kopf geschlagen und stand auf. „Und was ist mit dir Bruder!?“, grinste ich teuflisch. „Ähhh! Ich glaub ich hör auch auf! Du bist besser!“ Trash wuschelte mir die Haare und stand lächelnd auch auf. „Alle feige!“, feigste ich und zählte das Geld. Plötzlich schlug eine Hand vor mir auf. Ich schaute auf: „Gregory?“ „Merk dir eins! Geld ist Kapitalismus! Und dieser ist des Kommunisten ärgster Feind!! Behüte dein wenig Geld und geb es nicht so leicht aus!“ Er strich über meine Schulter und ging wieder. Ich konnte nichts sagen. Ich war oder wollte auch eine Kommunistin werden und deren Gebote ernst nehmen. Seine Aura war so monströs. Da blieb mir die Spucke weg. Gregory lehrte mich viel. Er zeigte mir wie man detailiert zeichnet, wie man sich körperlich verteidigt und lehrte mich streng aber gütig die Weisheiten Biohazards und dem des Leninismus. Saitàn und Gregory waren meine bisher strengsten Lehrer die ich je hatte. Im Sinne von Zuckerbrot und Peitsche machten sie mich zu einer Kommunistin. Sie formten meinen Geist und ich wollte es auch. Anfang Herbst 2002. Nach dem Nazianschlag: Man merkte, dass die Tage immer kühler und nässer wurden. Ich kuschelte mich neben Gregory. Wärme zog mich an solchen Jahreszeiten magisch an. Er begrüßte es. Wir saßen in unserer neu gewonnen Fabrik vor einem Lagerfeuer, die in einem alten Kanister brotzelte. Trash kümmerte sich fast väterlich um das Feuer und holte steht’s Brennholz und alte Papiere im Lager der Fabrik. Malakay spielte ein Lied auf seiner Mundharmonika und Jack hörte freudig aufmerksam zu. Ich holte aus meiner Jackentasche den Stern heraus, den mir Gregory geschenkt hatte. Er war strenger und leidenschaftlicher Kommunist. Auch ich merkte ab und an seine Strenge und seine Führungsqualitäten. Ich folgte diesen immer treu mit erhobenem Kopf. Er schaute mich freudestrahlend an. Er gehört dir jetzt! Gib auf ihn acht, als ob es dein Kind wäre!“ Meine Wangen wurden rot vor Charme. „Gregory! Vor dir war ich eine Freiläuferin! Ohne eine führende Hand unterwegs und misstrauisch zu allen Lebewesen! Aber wie zum Teufel hast du mich so zahm bekommen?!“ Ich schaute in seine grün-gelben Augen. Ich verstand dies als Antwort und strich vorsichtig über den Stern. „Kann ich dich bitte unter 4 Augen sprechen Gregory?“, flüsterte ich verlegen. Er erhob sich und gab mir seine Hand. Er wusste, wie man alles symbolisch offenbarte. Das faszinierte mich immer wieder an ihm. Als ich mit Gregory den Raum verließ, stieß Trash grinsend mit dem Ellenbogen gegen Malakays Schulter. „Au! Verdammt Trash! Was ist?!“ Er zeigte auf uns beide kichernd. „Ah! Ich weiß was du meinst! Glaubst du etwa…?“, flüsterte Malakay freudig und Trash bejahte mit einem fröhlichen Nicken. In einem kleinen schmalen Raum, wo ein alter Schreibtisch mit einer Schreibmaschine und ein Regal standen, setzte sich Gregory auf den Stuhl und schaute zu mir auf. „Gregory!“, begann ich, „Ich mag dich sehr, aber…“ „Aber was?“, Er war verwirrt. Ich gab ihm seinen Stern. Er schaute etwas bedrückt auf Diesen in seiner Hand. „Aber noch mehr als erwartet!“, lächelte ich verlegen, „Gib mir den Stern wieder, wenn du das selbe denkst!“ Vor lauter Verunsicherung ging ich schnell aus dem Zimmer, aber er hielt mich am Arm fest. „Hier hast du ihn! Du bist es würdig oder denkst du, ich hätte dich in diese Organisation gelassen ohne dabei um die Ecke zu denken?“, grinste er. Ich umarmte ihn freudig. „Du bist einzigartig! Dich wird es ewig nur einmal geben! Du lebst deinen Stil und du akzeptierst unsere Brüder! Du bist es würdig!“ „Gregory!“, knuffte ich ihn freudig. Wenige Tage später machte ich wohl die schönste Entdeckung im meinen Leben. Gregory lud mich zu sich nach Hause ein. Es gab wie erwartet seine selbstgekochte Soljanka. Seine Mutter war misstrauisch zu mir gegenüber. Man merkte das sie mich nicht leiden konnte: „Bist du eigentlich christlich mein Kind?“, fragte sie mich andauernd und obwohl das nicht genug war, erzählte sie mir die ganze Zeit von Thesen in der Bibel. Mir war das Essen schon vergangen, aber ich wollte Gregory eine Freude bereiten und blieb eisern. Ich antwortete auf alle Fragen höflich und streng korrekt. Wladimir, Gregorys Vater, hatte mich gleich ins Herz geschlossen. Er und sein Sohn erzählten mir viel über ihre Familie und wie sie hier her kamen und wie Russland ist. Mich faszinierten diese Geschichten: „Solches Gefühl von Freiheit wirst du hier nicht finden Gregory! Hier ist alles streng geordnet und der Staat hat ein Auge auf dich!“, meinte ich auf der Couch gelehnt. Alles in den Zimmern wirkte alt und war in den Haupttönen braun- gelb gehalten. Wladimir lachte laut. Sein stolzer weiß-grauer Vollbart zeigte richtig, dass er ein waschechter Russe war. „Mein Kind! Hier ist es auch schön! Das schönste im Leben ist doch noch die Heimat! Russland brachte uns nichts! Wir lebten dort wie arme Bauern!“ Gregory zeigte auf die Schrankwand über der Bar. „Wow! Ein echtes Gewehr!“, bemerkte ich mit funkelnden Augen. Wladimir merkte dies und holte lächelnd und schwerfällig, wie alte Männer nun mal sind, das Gewehr von dem Tresen runter, was an der Wand hing. „Das ist kein gewöhnliches Gewehr! Das ist ein echtes handgefertigtes Remington Gewehr! Perfektioniert von meinem Urgroßvater! Sie ist nicht geladen, du kannst sie ruhig mal nehmen!“ Er überreichte mir die Waffe. Sie war ziemlich schwer für mein Alter, aber ihr hellbraun hölzerner Kolben glänzte so wunderschön. Der Schaft und alles was aus Metall bestand, hielt ein mattes schwarz. Sie war vom Stil her wie eine normale Pumpgun, aber viel schöner und einmalig. „93cm lang, 6kg schwer und eine gewaltige Kraft dahinter!“ Wladimir sah sehr stolz aus, als ich anlegte. Gregory grinste als er mich mit der Waffe sah. „Das ist ein Erbstück unserer Familie! Es bekommen diejenigen, die Ehre unserer Familie gebracht hatten! Ich bekam sie, als ich einen riesigen Bären mit einem Schuss erlegt und somit meine Familie gerettet hatte!“ „Wow! Einfach eine wunderschöne Schrot!“ Ich übergab ihm die schwere Pumpgun vorsichtig. „Ich hoffe Gregory verdient sie sich!“, lächelte er zufrieden. Gregory nahm mich mit einem Arm um die Schulter und meinte: „Wir gehen noch ein wenig raus! Wir sind bald wieder da!“ Als wir die Tür hinter uns schlossen, hörte ich nur das Gemecker von Gregorys Mutter…dieser alten Schachtel. Als wir beide in einem alten Gärtnerhäuschen hinter seinem Block saßen, fing er an zu erzählen. Seine gedrückte Stimmung zeigte mir was er davon hielt. „Es dauert nicht mehr lange und meine Eltern trennen sich! Mein Vater ist nicht so streng orthodox wie meine Mutter! Sie ist schon fanatisch! Selbst dich lässt sie nicht in Ruhe!“ Er wischte sich mit seinen Händen verzweifelt über sein Gesicht. „Weißt du zu wem du dann ziehen wirst? Es tut mir leid Gregory, dass ich so etwas fragen tu!“ Ich senkte meinen Kopf vor Scheue etwas Falsches zu sagen. „Schon gut! Es sieht so aus, als ob meine Mutter diesen Kampf gewinnt!“ Vorsichtig fragte ich weiter: „Und was heißt das?“ Sein Gesicht in Falten gelegt antwortete er mir rau: „Sie will zurück nach Russland, weil es hier in Deutschland nicht so streng religiös zugeht! Zumindest ihre Kirche!“ Ich tröstete ihn. Ich ahnte ja noch nichts Schlimmes dabei. Ich hatte halt noch Hoffnungen. Es wurde schon kühler. Die kalten letzten Herbsttage zogen ein. Wir alle saßen wieder in der Fabrik und redeten so Dies und Das. Unsere Familie hatte Zuwachs bekommen. Jack brachte seinen zugelaufenden Hund mit. Er nannte ihn Ivan. Er war ein Mischling mit spitzen Ohren. Eine Art aus deutschem Schäferhund und schwarzen russischen Schäferhund. Ein verspielter Hund mit freundlichen und sehr intelligenten Zügen. Er hörte aufs Wort, was Jack ihm befahl. Ich spielte mit ihm unter Jacks Aufsicht. Er saß auf einem kahlen Stein gehockt und lächelte uns zweien zufrieden zu. Ich liebe Hunde. Das sind die treusten Menschenbegleiter, die man sich vorstellen kann. Malakay nahm sich einen Stock und warf ihn so weit es ging weg. Ivan, der raue Rüde rannte diesem hechelnd hinter her. „So, ich soll dich zu Gregory bringen!“, meinte er und zeigte mit seinem Daumen über seine Schulter den Weg. „Was will er jetzt gerade von mir?“, fragte ich mich und ging mit. Angekommen, am verfallenen Fenster, streckte Trash sein Gesicht nach draußen: „Ah! Da seid ihr ja! Wartet, ich öffne die Tür!“ Es knallte kurz und ich hörte ihn fluchen. „Die scheiß Tür klemmt manchmal!“, grinste er verlegen und ließ uns ein. Gregory saß auf einem Stuhl mitten im Raum. Nemesis neben ihn stehend, knurrte nur irgendwas, als ich herein kam. Gregory machte eine Handbewegung und beide gingen aus dem Raum. Nur ich und Gregory blieben. „Weißt du, Deviant!“, fing er an und kraulte sich am Kinn. Ich wartete ab. „Es wird langsam etwas langweilig hier in Vetschau! Nichts zu tun und die Nazis sind auch ruhiger geworden!“ „Und darum willst du mich sprechen?“ Er schaute zu mir lächelnd rüber, weiter an seinem Kinn festhaltend. „Rrr! Ich mag deinen charmanten Blick!“, schnurrte ich entgegen, machte aber keinen Schritt zu ihm. Er hob lächelnd eine Augenbraue. „Nein, darum eigentlich nicht!“ Er stand schwerfällig auf und ging mit strammem Schritt auf das Fenster zu und schaute hinaus. „Ich weiß nur nicht, ob unsere kleine Organisation noch bestand hat!“ Er lehnte sich auf das Fensterbrett. „Wie meinst du das, Gregory?“ Misstrauisch musterte ich ihn. „Ich möchte nicht, dass du dich zu sehr wie die anderen in diese Sache verbeißt, das ist alles! Wer weiß wie lange ich noch hier bin!“ Meine Blicke senkten sich: „Oh! Ja, stimmt!“ Ich faste mir verlegen an den Kopf und redete mit sanfter Stimmlage weiter: „Aber was sollten wir ohne dich schon groß machen? Du bist unser Anführer und hey! Wenn ich dir schon folge, dann musst du ein verdammt guter sein!“, lächelte ich aufmunternd, doch es half nicht viel. „Ach...“, stöhnte ich. „Ich traue nicht Jedem Gregory! Ich bin stolze Kommunistin und diene dem grünen Tod Biohazard! Niemand wird mich je umlenken können, auch wenn jemand es versucht!“ Ich drehte mich um und wollte gehen, doch Gregory rief mich zurück. Grinsend drehte ich mich schnurstracks zurück: „Ja? Was ist noch mein Führer!?“ Zufrieden sah er aus. Mein Gregory. „Danke!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)