Bloodcage - Teil 1 - Blutmond von DemonhounD (Vampir-Roman) ================================================================================ Kapitel 16: Blutrausch (Siren) - Kein Vampir kann jemals frei sein ------------------------------------------------------------------ Kein Vampir kann jemals frei sein - und keiner sollte es. Die Macht und der Rausch der Freiheit sind zu überwältigend und treiben uns unweigerlich in die Nacht und den lauernden Wahnsinn. In einer Welt, die so voller Verzweiflung ist, brauchen wir einen Meister, der unsere Sünden trägt. Ich wusste, dass ich genau dies nun für Askian sein würde und dennoch gingen meine Gefühle vollkommen über den reinen väterlichen Instinkt hinaus. Ich vergötterte ihn für alles, was er war. Sogar für die Schwäche, als der Schock ihm jede Bewegung raubte und er vielleicht nur deswegen erlaubte, dass meine Lippen die seinen berührten, weil er nicht mehr in der Lage war mich daran zu hindern. Sein beschleunigter Herzschlag, den ich unter meiner Hand spürte und der frierende Körper, der sich an den meinen schmiegte, sein heiserer Atem an meinem Hals. Mir war bewusst, dass meine Art von Liebe nicht mehr schuldlos sein konnte und doch sprachen seine Bewegungen, sein Äußeres, ja, seine bloße Anwesenheit die niedersten meiner animalischen Triebe an. Ich zog ihn näher an mich, bis seine Schenkel die meinen berührten, und drehte den Kopf zur Seite, um meinen ungeschützten Hals zu entblößen. Verlangen und eine uralte Furcht erfüllten mich. Ich ließ ihm die Zeit, die er brauchte, um in dem Chaos seiner neu erwachenden Gefühle jene zu finden, die nun von Bedeutung waren. Es war nicht an mir ihm zu sagen, dass er Blut trinken wollte. Er würde es selbst spüren. Als er beinahe schüchtern die Lippen öffnete und seine Zähne gegen meine Haut drückten, wusste ich, dass wir beide weder den Regen, noch den frischen Schnee auf uns spürten. Ich griff in seine Haare, drückte seinen Kopf weiter an mich, als sei dies eine stumme Aufforderung und spürte den Schmerz seines Bisses eine kurze Weile so direkt, dass ich stöhnend beinahe zusammen gesackt wäre, wenn ich mich nicht an den Stangen des Eisenzaunes hätte halten können. Es dauerte nicht lange, bis dem direkteren Teil seines Verstandes bewusst wurde, was er soeben tat. Ich spürte es zunächst durch die Art, wie sich seine Hände verkrampften. Schließlich riss er sich selbst mit aller Willensanstrengung los. Man konnte ihm deutlich den inneren Konflikt ansehen. Schock über das eigene gottlose Verhalten und Befriedigung gaben sich die Hand. Er stieß mich von sich und taumelte in den tauenden Schnee. Ich glaubte nicht, dass er in diesem Moment einen weiteren Fluchtversuch starten würde und so blieb ich eine Weile einfach untätig. Er griff sich an den Hals, würgte und keuchte, als wolle er das soeben gewonnene Blut erbrechen, doch nur ein paar wenige Blutstropfen fielen von seinen Lippen in den Schnee. Ich wusste, dass er eigentlich zu wenig getrunken hatte, entschloss mich aber ihn nicht zu mehr zu zwingen. „Was hast du aus mir gemacht?“, flüsterte er. Da es keine echte Frage, sondern viel mehr ein Begreifen war, ersparte ich mir eine Erklärung und kniete mich lediglich neben ihn, um ihm eine Hand auf die Schulter zu legen. „Alles wird gut.“, flüsterte ich und strich zärtlich ein paar schwarze Haare aus seinem Nacken, um ihn dort zu küssen. Die Kälte auf seiner Haut machte mir bewusst, dass wir vielleicht schon zu lange im Schneeregen gestanden hatten. Ich half ihm auf und er fügte sich. Einstweilen schien der Widerstand gebrochen. Das Schweigen zwischen uns war mir nicht unangenehm. Ich wusste, dass Askian so sehr mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt war, dass er mich vielleicht kaum wahrnahm. Ich brachte ihn in eines der Schlafzimmer und erst hier erhob ich wieder das Wort, wenn auch nur kurz, um ihm zu bedeuten, dass er sich auf das Bett setzen sollte, während ich frische Kleider für ihn holen würde. Als ich zurück kehrte war lag er bereits unter den Laken. Die Anstrengungen und seine eigene Psyche mussten ihn ausgelaugt haben. Die nassen Kleider hatte er beinahe achtlos auf den Boden geworfen. Er schlief so tief, wie es ein junger Vampir für gewöhnlich tut – totengleich, als habe sein Körper noch nicht vollends akzeptiert, dass das Leben in ihm weitergehen muss. Er lag mir abgewandt auf der Seite, sodass ich nur seinen schwarzen Haarschopf unter der Decke sehen konnte. – Und plötzlich musste ich an Amen denken und an sein Gesicht als er mich fortschickte und mir sagte, dass er mich nie wieder sehen würde. Jeder Vampir muss sich einem Meister unterwerfen, oder er wird an seiner eigenen Stärke zu Grunde gehen. Wir sind nicht dazu erschaffen worden die Welt zu beherrschen und können nicht auf Dauer einsam sein. Natürlich gab es auch seit jeher Wesen meiner Art, die zu mehr bestimmt waren. Wie die Herrscher eines Bienenvolkes scharrten sie die niederen Vampire um sie. Die ältesten Vampire wurden geboren und nicht geschaffen. Sie waren von Beginn an Wesen, die nie eine menschliche Seele besessen haben. Dies sind die Götter unserer Art. Doch welcher der alten Geister und Dämonen lebt noch? Das Schicksal trennte mich von Amen und ich hörte erst mehr als ein Jahrzehnt nach seinem Tod durch Zufall davon, dass er von einer Reihe wütender Bauern verbrannt wurde. Meine Trauer war so maßlos, dass ich fast drei Jahre lang ziellos durch die Welt driftete. Meine letzte Hoffnung einen Platz zu finden war mit Amen gestorben und mit ihm der letzte herrschaftsfähige Vampir, den ich kannte. Ich war überzeugt davon kein Schicksal mehr zu haben. Warum musste es mich zum unmöglichsten Zeitpunkt einholen? Als ich am Fußende des Bettes saß, in dem mein wunderschöner Geliebter ruhte, und seinen unruhigen Schlaf beobachtete, wurde mir bewusst, dass über viele Jahre hinweg Priest für mich diese Rolle des Beraters und Beschützers eingenommen hatte, obwohl er weder Vampir, noch mein Meister war. Das hatte mir vielleicht mehr Freiheiten erlaubt, als den meisten meiner Art. Priest hielt Amen immer für dumm. Das war er aber nicht. Er war nur naiv und treu – und verliebt in eine Frau, die die leibliche Tochter der Vampirkönigin Aoife war und deswegen sowohl mächtig, als auch verwöhnt. – Lavorea. Amen machte mich ihr zum Untertan und obwohl ich ihm in jeder Hinsicht gefolgt wäre, habe ich diesen Entschluss lange verurteilt und erst sehr viel später verstanden. Amen wusste, dass sie eifersüchtig war. Die einzige Hoffnung zu verhindern, dass sie mich aus dem Weg räumen würde war, mich ihr auszuliefern als sei ich für ihn nicht mehr als ein kurzfristiges Spielzeug. Ich hasste sie für viele Dinge, vor Allem aber für die Tatsache, dass sie mich als das ungeliebte Geschenk behandelte, das ich war. Wir waren dermaßen stolz, dass uns der herannahende Krieg einfach übermannt hat, bevor wir ihn bewusst wahrnahmen. Wir wurden getrennt und jeder kämpfte auf einer Seite, die für ihn bestimmt war. Lavorea stand gegen den Blutkaiser. Amen hatte kein Interesse an Krieg und Macht, doch er blieb an ihrer Seite, um sie zu beschützen solange er konnte. - Gott wollte, dass meine Seite die ihrer Feinde war. Für mich gab es keine andere Wahl. Ich denke ich muss kaum betonen, dass ein zum Sklaven geborener Vampir sich nach Wochen ohne Halt auch an einen fremden Meister binden würde, solange er nur dessen Präsenz spüren darf. Ich war von Amen getrennt worden und für Lavorea empfand ich Abscheu. Solange Amens Schwert zwischen ihr und mir stand konnte ich nichts tun. – Als sich die Gelegenheit jedoch bot hatte ich meine Rache. Die politischen Ziele des „Blutkaisers“ interessierten mich damals wie heute nicht. Er war einfach nur ein Ersatz für die Familie, von der er selbst mich getrennt hatte. Ich bin selbst überrascht, wie leicht es mir später fiel meine ehemalige Herrin auf seine Weisung hin zu richten. Es war das erste Mal, das ich wirkliches Vergnügen beim Töten empfand. Ich denke, es ist klar, dass durch mich noch sehr viel mehr Blut unserer Rasse vergossen wurde. Ich habe dafür die Verantwortung und die Strafe übernommen. Der Blutkaiser wurde vernichtet und ich erwartete keine Gnade. Einsamkeit und Verbannung lautete der Richtspruch. Jeder, der meiner Rasse angehört und mich erkennt, würde mich umbringen. Selbst die Jüngeren, für die der Krieg nur noch Legende ist. Sicherlich hätte ich mir ein Heer fähiger Diener schaffen können, um mich für diese Behandlung zu rächen. Vielleicht wäre ich mächtig genug geworden, um mich gegen jede Nachstellung zu wehren. Doch wozu? Unsere Herrschaft als Götter über diese Welt war zu Fall gebracht worden. Seit die vielleicht letzten Anführer vernichtet wurden sind die Vampire dem Untergang geweiht. Ein Volk, vollständig aus Sklaven, kann nicht dauerhaft bestehen und ich wollte selbst im Schatten weiter leben, um den glorreichen Untergang meiner Brüder zu betrauern und zu bejubeln. Ich beobachtete, wie Askian sich unwissend all dieser Tatsachen leicht im Schlaf bewegte und mir wurde bewusst, dass sein Erscheinen mir eine neue Richtung gegeben hatte. Ich wollte nicht mehr nur trauern. Mit seinen menschlichen Schwächen war er vielleicht in der Lage, ein Stück weit die Leere zu Füllen, die das Fehlen eines Meisters in mir hervorgerufen hatte. Dass das nicht vollständig gelingen würde, war mir durchaus bewusst. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)