Bloodcage - Teil 1 - Blutmond von DemonhounD (Vampir-Roman) ================================================================================ Kapitel 15: Blutrausch (Askian) - Ich war alleine und doch spürte ich Leben pulsierend um mich herum --->bl<--- --------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Ich war alleine und doch spürte ich Leben pulsierend um mich herum. Ich hörte das Wasser an der Fassade des Hauses herunter rinnen und roch das Moos, das auf den Steinen wuchs. Ich hörte Regen an die Fensterscheibe aus buntem Glas schlagen, während ein leiser, kaum vorhandener Lufthauch durch das Zimmer fuhr. Ich bemerkte auch Insekten, die um mich herum ihr geheimes Leben führten, als ein einzelner Regentropfen durch ein geöffnetes Fenster drang und klirrend auf dem Marmorfußboden zerschellte. Ich kannte den Raum nicht, in dem ich mich befand und richtete mich unschlüssig auf. Alles war sauber und die Wände wirkten strahlend weiß vor rotem Brokat, der sich als Himmel über das Bett spann, in dem ich offenbar sehr lange Zeit geschlafen hatte. Auf einem kleinen Tisch standen Weingläser aus Kristall. So perfekt angeordnet, als seien sie niemals benutzt worden und obwohl ich schrecklichen Durst hatte, konnte ich nirgends die dazugehörige Flasche oder ein Getränk finden. Für eine Weile erschien mir alles so verschwenderisch märchenhaft, dass ich beinahe den dumpfen Schock vergaß und nichts als Bewunderung empfand. Langsam erhob ich mich und machte unsicher meine ersten Schritte in diese neue Welt, als könne eine einzelne, hastige Bewegung die Illusion vor meinen Augen zerstören. Verwirrung wich einem Gefühl von Bedrohung. Meine Beine zitterten leicht. Obwohl ich mich auch ansonsten schwach und zerbrechlich fühlte, war etwas in mir, dass mich vollkommen belebte. Jeder meiner Schritte schien seltsam laut nach zu hallen, was einerseits an den hohen Decken des Raumes liegen mochte, andererseits aber auch durch unmenschlich feine Sinne zu erklären war. Die Ereignisse der vorherigen Nacht steiften meinen Geist und ich hatte sofort den starken Drang mich zu schütteln, als ob ich dadurch alles abwerfen könne. Ich hatte das Sterben vieler Menschen gesehen. Irgendetwas war auch mit mir geschehen. Ich erschauderte bei der Erkenntnis, dass mich der Gedanke an das Blut und die verstümmelten Leiber meiner Angreifer in Erregung versetzte. Gedankenverloren strich ich mit meinen Fingerspitzen die feinen Gläser entlang und hörte ihrem glockenartigen Klingen zu, als ich langsam an ihnen vorbei ging und dabei feststellen musste, dass meine Gangart sich kaum von der Sirens unterschied, denn sie war unbewusst lautlos geworden, um meine feinen Sinne nicht unnötig zu beanspruchen. Meine Schritte führten mich zu einem hohen, offen stehenden Fenster. Die kalte Nachtluft in meinem Gesicht tat gut, spendete aber keinen Trost. Hoffnung zu fliehen hatte ich kaum. Unter mir lagen mindestens zwei Stockwerke mit identischen Fenstern und darunter lag ein dicht bewachsener Garten mit Rosenbüschen, dessen glatte, gezackte Blätter und Dornen im Mondlicht glänzten, als seien sie nur für diesen Anblick inmitten des Schnees geboren. Ich blickte über den hohen Eisenzaun hinter diesem kleinen Park hinweg auf die Straßen der Stadt. Von meiner Warte aus sah sie fern und riesig aus, doch es gab nur wenig Licht. Instinktiv vermutete ich, dass es noch lange dauern würde, bis die Sonne wieder auf ging und Leben in die Häuser brachte. Nur wenige Menschen waren auf den Straßen unterwegs. Dann sah ich eine Straße aus groben, regennassen Pflastersteinen auf denen einige Kutschen in der Nacht daher glitten. In der Nähe bemerkte ich ein etwas auffälligeres Gefährt aus schwarzem Ebenholz. Eine Kutsche, die ohne Eile auf das Anwesen zukam. Ich spürte, dass er dort war und ich wusste, dass er hier her kommen würde. Plötzlich wurde ich von einer Welle aus Panik ergriffen. Ich wollte dieses Wesen nicht noch einmal sehen. Ich wollte ihm nicht gegenüber treten um womöglich dieselben Schmerzen der vergangenen Nacht noch einmal zu erdulden. Er mochte ein Dämon sein oder die Strafe Gottes, oder auch wahnsinnig, aber das bedeutete nicht, dass ich mich dem beugen musste. Suchend schaute ich mich nach einer Fluchtmöglichkeit um und stürzte auf die massive Eichentür, die den Eingang zu diesem Raum darstellte zu. Mit einem wütenden Schrei warf ich mich dagegen. Sie war abgeschlossen. Schmerz durchtobte mein Handgelenk. Trotzdem war ich versucht mich ein zweites Mal gegen die Tür zu werfen, als ich mich bemühte einen klaren Gedanken zu fassen. Ich hätte den Weg hinter diesem Raum ohnehin nicht benutzen können, ohne, dass Siren mich abgefangen hätte. Abgesehen davon erkannte ich auch, dass ich mich in einem derart großen Anwesen eher verlaufen würde, als einen Ausweg zu finden. „Verdammt.“, flüsterte ich und wandte mich dem Raum zu. Vielleicht gab es hier zumindest eine Waffe oder etwas Ähnliches. Doch auch in dieser Hinsicht wurde ich enttäuscht. Erneut wandte ich mich dem offenen Fenster zu und maß die Hausfassade mit einem skeptischen Blick. Hier konnte man nicht herunter klettern, ohne an den nassen Steinen abzurutschen, doch etwas weiter an einem Fenster auf der rechten Seite befand sich eine große Rosengirlande, die es vielleicht ermöglichen würde. Ich hörte ein leises, mit meinen Sinnen fast unvernehmliches Knarren, als sich ein Schlüssel im Türschloss drehte und Siren die Tür mit beiden Händen aufschob. Er trat grußlos und beinahe lautlos ein. Er wirkte belebt, berauscht und ich fragte mich, wo er gewesen sein mochte. Der Geruch der von ihm aus ging erweckte in mir den unwahrscheinlichen Drang mich ihm zu nähern. Mit leichtem Schrecken erkannte ich, dass dieser Duft aus Rosenöl und Blut bestand. „Ich habe nicht geglaubt, dass du schon aufstehen würdest. Wie fühlst du dich?“, fragte er halb abwesend und doch auf eine Art ehrlich interessiert, während er mit niedergeschlagenen Augen ein paar Spinnweben von einem der Kronleuchter neben der Tür entfernte. Ich lehnte mich unwillkürlich gegen das Fensterbrett des geöffneten Fensters. Die Angst war zurückgekehrt und ich biss meine Zähne aufeinander und versuchte vergeblich mein rasendes Herz im Zaum zu halten. Ich konnte ihm nicht antworten, denn wenn ich meine Stimme erhoben hätte, hätten all diese Gefühle mich verraten. „Du hast dich verändert.“, sagte Siren und kurze Zeit unterdrückte ich den Impuls ihn anzufahren und zu fragen, wieso er mir nicht etwas Erklärendes zu sagen wusste. Etwas, dass ich nicht selbst bereits erkannt hätte. Er sah mir in die Augen und wirkte niedergeschlagen, als er das kurze Aufflackern des Zornes bemerkte. Dann wandte er seine Aufmerksamkeit dem geöffneten Fenster zu und er zog offenbar den richtigen Schluss. „Ich kann verstehen, dass du Angst vor mir hast. Aber eine Flucht würde es nur schlimmer machen. Es wird einige Jahre brauchen bis du gelernt hast das zu erkennen, was du nun bist, also bleibe an meiner Seite. - Zumindest für diese Zeit.“ Ein paar Augenblicke waren für mich in diesem Moment bereits vollkommen inakzeptabel. Kurz erwog ich das Spiel einstweilen mit zu spielen, bis sich eine bessere Möglichkeit zur Flucht bot. Dann machte er einen Schritt auf mich zu. „Bleib wo du bist!“, schrie ich, als sei ich in der Lage mich zu wehren. Siren wich angesichts meiner hilflosen Panik brüskiert zurück. Obwohl er nicht mehr näher kam, fühlte ich mich ausgeliefert. „Lass mich in Ruhe! Du bist kein Mensch!“, flüsterte ich beinahe mit überschlagender Stimme. Das Grauen war stärker, als mein Verstand. Ich war mit Schmerzen aufgewacht, die ich nicht verstehen konnte und trug einen Durst in mir, den ich vormals nicht kannte. Ich hatte Gedanken, die zu brutal waren, um meiner Natur zu entspringen. Vielleicht fürchtete ich mich in diesem Moment mehr vor mir selbst, als vor Siren, denn dieser hatte sich mit seinen unmenschlichen Trieben bereits so lange abgefunden, dass man sie äußerlich kaum noch an ihm wahrnahm. Er war nun einmal kein Mensch. Das ist für einen Vampir damals wie heute eigentlich kein Verbrechen. Ich allerdings war innerlich ein Mensch und ich wollte einer bleiben. Verwirrt fuhr ich mir durchs Gesicht und mein Blick ging automatisch zu den Blutflecken auf Sirens Kleidung. Ich wusste nicht, ob sie mich schrecken sollten. Siren schüttelte den Kopf und lächelte, sodass ich das Gefühl bekam ein kleines, unwissendes Kind zu sein. Immerhin kam er keinen Schritt mehr auf mich zu. „Weder bin ich ein Mensch noch du.“, begann er beinahe väterlich. „Wir ernähren uns von dem Blut der Sünder. Wir sind Werkzeuge einer höheren Macht. Deswegen gibt es nichts wovor wir Angst haben müssten.“ Er sagte es mit einer Leidenschaft, die mich nicht daran zweifeln ließen, dass er glaubte, was er sagte. „Dann sind wir Kreaturen des Teufels?“ Ich wusste nicht, ob ich lachen sollte – nicht einmal, ob ich ihm glauben sollte. Siren sah mich septisch an. „Nein. Wir entspringen der Schöpfung Gottes.“, erklärte er. „Wie kannst du das glauben und gleichzeitig ein Mörder sein?“ Meine Augen hatten sich vor Angst mit Tränen gefüllt. Ich wusste, es würde mir nicht mehr lange gelingen Siren von mir fern zu halten, während ich mich an das Fensterbrett drückte und den Regen kalt auf meinem Rücken spürte. Der Vampir vor mir sah mich durchdringend an, als suche er Verständnis in meinem Blick. Seine Stimme war ruhig, als wolle er ein schreckhaftes Tier zähmen und auf eine gewisse Art besänftigte mich seine Gegenwart, wenn auch nur sehr langsam. Ich konnte mir nicht eingestehen, wie sehr ich mir seine Nähe in diesem Moment wünschte. „Wenn man von Gott dazu auserwählt ist zu zerstören, sollte man sich nicht gegen diese Bestimmung wehren. Dämonen sind der Schöpfung Gottes entsprungen, wie auch die Menschen und der Teufel.“ Er dachte kurz nach und setzte leise, fast flüsternd hinzu: „Ich kann nicht glauben, dass meine Existenz nicht seinem Willen entspricht, denn ich leben schon zu lange, um sein Fehler zu sein.“ Es war eine so plumpe Art die vielen Morde zu rechtfertigen, die er begangen hatte, um sich selbst am Blut und Besitz der Lebenden zu bereichern, dass ich beinahe zu einer Entgegnung angesetzt hätte. Dennoch war es kaum der Inhalt der Worte, der zählte, sondern die Art und Weise, wie sie gesprochen wurden und meine Sinne erfüllten. Ich war für einen Moment geneigt, ihm vollends zu glauben. Nun löste Siren sich langsam aus dem Schatten der Tür und ging auf mich zu. Die Art, wie er geschmeidig und schleichend in meine Richtung strebte machte mir innerhalb weniger Sekundenbruchteile bewusst, dass er dieses Mal keinen Abstand mehr wahren würde und nicht auf mich hören würde, egal, wie ich versuchen würde ihn von mir fern zu halten. Es war genug gesagt worden. Ein unendlich starker Teil in mir schreckte vor ihm zurück und heute weiß ich, dass dieser Teil nur etwas mit meinem Verstand zu tun hatte, denn ein Teil in mir, den ich in diesem Moment verleugnete, sehnte sich nach ihm und seinem Trost. Er breitete seine Arme wie Flügel halb um meinen Körper und grub sein Gesicht an meine Schulter. Ich wollte zurück weichen, konnte aber nicht und obwohl ich in diesem Moment erneut den Schmerz seines Bisses erwartete, schien er dieses Mal nicht gekommen zu sein, um mir weh zu tun. Schreckliche Gedanken durchfuhren meinen Körper. Ich bewegte meine Lippen kaum merklich in Richtung seines Halses und öffnete den Mund. Sirens Hände entspannten sich etwas, als ein letzter verzweifelter Fluchtinstinkt in mir im Bruchteil weniger Sekunden erstarkte. Es war eigentlich mehr ein Reflex und heute weiß ich nicht mehr, ob ich mich einfach nur umbringen wollte, oder ob mir schon damals innerlich bewusst war, dass mich der Sprung aus dem Fenster des erhöhten Stockwerkes nicht ernsthaft verletzen würde. Ich sah noch Sirens überraschtes Gesicht und die Hand, die nach mir greifen wollte und mich nur um ein paar Zentimeter verfehlte, dann landete ich bereits wie eine Katze auf meinen Fuß und einem meiner Schienbeine, die sofort von einem schrecklichen Schmerz tobten. Um nicht umzufallen stütze ich meine Hände auf die Steine und in das feuchte Gras unter mir und atmete einige Male hörbar aus, während frischer Regen meinen Nacken herab rann. Eine Weile paralysierte mich der Gedanke an Sirens Berührungen und ich warf einen fahrigen Blick zurück zum Fenster, aus dem ich gesprungen war. Nun war niemand mehr dort. Bevor ich mich richtig orientieren konnte, sah ich durch den Regen etwas Schweres heran nahen und sprang zur Seite um einem Paar kräftiger Hände aus zu weichen, die bereits nach mir griffen. Ich erkannte Priest und keine Gemütsregung in seinem Gesicht, als er ein weiteres Mal nach mir schlug und ich mich gerade noch rechtzeitig wegducken konnte, bevor seine Pranke ungebremst durch meine fliegenden Haare schlug und auf eine Ecke der Hauswand prallte. Er schrie fluchend auf. Ich rannte weiter, durch die Rosenhecken und ich spürte dabei kaum die Dornen, die durch meine Haut stachen. Urplötzlich griff eine schneeweiße Hand nach mir und Sirens Arme umfingen meinen Oberkörper. Seine glitzernden Augen schienen in der Dunkelheit auf zu leuchten, während er mich mit einem wütenden Schrei zurück an einen schwarzen Eisenzaun schleuderte. Ich hatte das Gefühl mein Rückrat zerbreche und dachte einen kurzen flackernden Moment an den Anführer der Wegelagerer. Als ich wimmernd vor Siren kniete war ich zu schmerzerfüllt, um mich zu bewegen, doch nicht ernsthaft verletzt. „Wage es nicht!“, schrie Siren und packte mich am Hals, während er mich an die Wand gedrückt zum aufstehen zwang. „Du gehörst mir! Du bist mein Eigentum!“ Etwas Blut aus einer Wunde an meiner Lippe rann mein Kinn entlang. Die Angst hatte nun einem Gefühl der inneren Leere Platz gemacht. Es gab keine Hoffnung zu entkommen. Vielleicht war es genau das, was mich binnen Sekunden so vollkommen beruhigte. Langsam wurden Sirens Bewegungen sanfter, er trat einige Zentimeter zurück, ohne mich los zu lassen. „Versteh doch!“, bat er und senkte dann den Kopf, als erwache er aus einem Traum. Schier endlose Zeit verging, bevor er wieder etwas sagen konnte und schwer atmend konnte ich seine Gedanken nicht erraten. Als er wieder sprach, war seine Stimme verändert. „Verabscheust du mich für das was ich dir angetan habe?“, wisperte er so leise, dass ich erst nicht wusste, ob er überhaupt gesprochen hatte. „Nein.“, sagte ich einfach, weil es die Wahrheit war. Ich konnte ihn nicht wirklich hassen. Es war etwas an ihm und in seinen Augen, dass mich davon ab hielt. Er ließ mich los und eine meiner Hände fuhr zu dem Blut an meiner Lippe, um es ab zu wischen, aber Siren fasste sie und zog mich an sich. Er fuhr mit den Lippen über das frische Blut an meinem Kinn und verharrte eine Weile nahe der Wunde an meiner Unterlippe ohne mich zu küssen. Ich konnte mich nicht bewegen, oder klar denken. Alles, was ich spürte, war ein unbeschreiblicher Drang ihn zu berühren und jedes andere Gefühl wurde von diesem fort gerissen, sodass ich nichts weiter tun konnte, als zuzulassen, was auch immer er mit mir vorhatte, während er leise flüsternd versprach: „Alles wird gut.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)