Kiiryolsah von Ayame-chan ================================================================================ Kapitel 10: Zwischen den Kämpfen -------------------------------- Mit einem schmatzenden Geräusch glitt der Dolch aus dem Körper seines Opfers, als dieses nach hinten kippte und dabei begann sich in Asche aufzulösen. Blut tropfte von der Klinge, Vampirblut, welches seine Trägerin an dem teuren Tischläufer reinigte. Eine bedrückende Stille lag über Burg Volkihar, nun wo seine Bewohner ausgelöscht waren. Für einen Moment ließ sich Lirielle auf einen Stuhl sinken um Atem zu schöpfen, dabei schweifte ihr Blick über die zahlreichen Aschehaufen, welche in der gesamten Halle verteilt lagen. Es war kein leichter Kampf gewesen und hätte Lirielle den Bogen nicht gehabt, wäre sie es wohl gewesen, die man ausgelöscht hätte. Als der Durst sie zu sehr quälte griff sie nach einer der Flaschen, die auf dem Tisch standen, zog den Korken und goss sich einen Becher voll, ehe sie trank. Bald schon kehrte ihre alte Stärke zurück und die Erschöpfung durch den Kampf verschwand. Lirielle schob den bis eben noch umklammerten Dolch in den Gürtel ihrer Magierrobe zurück und schritt hinüber zum Kerkertrakt der Burg. Ohne Gefühlsregung stieg sie über die Überreste des einstigen Kerkermeisters hinweg und nahm die Zellenschlüssel mit. Wie Vieh hockten die Menschen in ihren stinkenden Zellen. Schmutzig, in Lumpen gekleidet. Lirielle nahm deutlich den Geruch von Angst wahr bei denen, die noch nicht allzu lange in den Zellen saßen. Die meisten von ihnen schienen kaum noch mehr als leblose Hüllen zu sein, denn sie hatten sich längst aufgegeben. Wütend biss die Jägerin sich auf die Unterlippe. Hatte sie eben noch ihre Wut mit der Auslöschung des Clans befriedigt gehabt, ließ der Anblick der als Frischfutter gehaltenen Menschen ihren Zorn wieder neu aufsteigen. Laut schabte das Metall, als Lirielle den Schlüssel in das erste Schloss schob und die Tür aufschwang. Ängstlichen Tieren gleich drückten sich die Insassen an die gegenüberliegende Wand, wagten es nicht die Frau anzusehen. „Bitte“, flehte eine ausgemergelte Frau, deren Haut noch blass vom Blutverlust war. „bitte nicht, bitte Herrin.“ „Sht.“, machte Lirielle und näherte sich den drei Gefangen vorsichtig. „Habt keine Angst, ihr seid jetzt frei, die Vampire sind ausgelöscht, niemand kann euch mehr etwas antun.“ Langsam holte sie einen kleineren Beutel mit Septimen sowie einen größeren mit Nahrung hervor und stellte ihn vor sich ab. „Damit solltet ihr es bis zur nächsten Stadt schaffen. Vor dem Burgtor liegt ein Boot, das euch ans Festland bringen wird.“ Niemand der Gefangen rührte sich, doch das verwunderte Lirielle nicht. Auch wenn der Kampfeslärm sicherlich bis hier her gedrungen war, die Männer und Frauen waren zu verängstigt. Lirielle wandte sich von den dreien ab und machte sich daran auch die übrigen Zellen zu öffnen, wo tatsächliche noch einige Mutige saßen, die sich zögerlich auf den Weg nach oben machten. Als sie auf die ersten Aschehaufen trafen wurden Freudenschreie laut. „Tot!“, hörte sie die vor Unglauben überdrehte Stimme zu sich hinunter hallen. „Sie sind alle tot!“ Nackte Füße klatschten über die Steinstufen in den Kerker zurück, dann warf sich ein Mann vor Lirielles Füßen auf den Boden und umklammerte ihre Knöchel. „Habt Dank, Herrin, habt Dank. Ihr habt uns gerettet…ihr habt uns gerettet.“ Langsam ging die Jägerin in die Hocke, löste die Hände von ihren Beinen und brachte den Mann dann dazu sich aufzusetzen. „Du musst nicht vor mir niederknien und mich auch nicht Herrin nennen. Ihr gehört niemanden mehr, nur noch euch selbst. Mir reicht es zu wissen, dass ihr nun endlich wieder frei werdet leben können.“ Sie lächelte, doch es war ein trauriges Lächeln. Viele der Gefangenen würden sicherlich nie wieder richtig in ihr Leben zurückfinden, doch es war allemal besser, als hier in diesem Loch zu sterben. Der Mann erhob sich wieder und gemeinsam mit den anderen, die nun auch ihre Zellen verließen, half er denen, deren Seelen nicht mehr wirklich lebten, aus der Burg zu entfliehen. Lirielle wartete, bis der Kerker leer war, dann kehrte sie in den Festsaal zurück und nahm eine Fackel aus ihrer Halterung. Mit ihr ging sie ein letztes Mal durch die Räume der Burg und begann alles in Brand zu setzen, was in der Lage war Feuer zu fangen. Niemals mehr wieder sollte diese Burg eine Heimat für einen Blutsauger bieten. Außerdem barg das Gemäuer ein Geheimnis, welches besser niemals an die Außenwelt gelangte. Ein Großteil der Festung brannte bereits und Lirielle beeilte sich, um die Mauern zu verlassen, stockte dann jedoch mitten in der Bewegung. Forschend glitten ihre grünen Augen über die Aschehaufen in ihrer Nähe. Lediglich Kleidungsreste und Waffen gaben Aufschluss darüber, zu welchem einstigen Vampir sie gehört hatten. Die Jägerin hatte jeden Vampir bekämpft, doch er war nicht unter ihnen gewesen. Der schweigsame Vampir in seiner stets schwarzen Kleidung, mit der Kapuze und der Maske vor dem Gesicht, welche einen stilisierten Elfen zeigte. Wütend verfluchte Lirielle sich selbst, ließ die Fackel achtlos fallen und stürmte aus der Burg. Wie hatte ihr nur ein so dummer Fehler unterlaufen können? Ausgerechnet ihn hatte sie entkommen lassen, dabei hätte es ihr sofort auffallen müssen, dass sich der Maskierte nicht am Kampf beteiligt hatte. Noch mitten auf der Brücke verlangsamten sich Lirielles Schritte und geschockt sank sie auf die Knie. Hinter ihr schlugen die Flammen hoch in den nächtlichen Himmel und verzerrten die vor ihr so grausame Szene mit rötlichen Licht und zuckenden Schatten. Die befreiten Gefangenen waren tot. Einige blutleer gesaugt, die anderen zerfetzt, als wäre eine Bestie über sie hergefallen. „Meine Schuld…,“ murmelte Lirielle und schlang die Arme um sich selbst. Sie hatte diesen Menschen die Freiheit versprochen und was tat sie stattdessen? Sie in den Tod treiben. „…Mörderin…du bist eine verdammte Mörderin, Lirielle.“ Am liebsten hätte sie weggesehen, um den Anblick nicht länger zu ertragen, doch sie verbat es sich. Zu sehen was sie angerichtet hatte, war ihre gerechte Strafe. Schmerzhaft krallte sie ihre Finger fester in ihr Fleisch und als sie schließlich doch den Blick von den Toten ab und den Sternen zuwandte, verließ ihre Kehle ein fast schon unmenschlicher schriller Schrei. Genährt von Verzweiflung und dem Wunsch nach Rache. Finsternis war über das Schlachtfeld hereingebrochen. Lediglich die Totensammler erhellten mit ihren Fackeln die Ebene. Sowohl auf der Seite der Sturmmäntel als auch auf der der Thalmor, machten sich Männer und Frauen daran ihre Toten wegzuschaffen, stets in der Hoffnung noch Überlebende zu finden. Sorcalin wandte sich von der Szenerie ab und ging ins Lager zurück. Eine Weile führten seine Schritte dabei über blutigen Boden, bis er am Lazarett vorbeikam, aus dessen Zeltwänden schmerzhafte Schreie herüber klangen. Es hatte auf beiden Seiten starke Verluste gegeben, dennoch waren die Thalmor zahlenmäßig noch immer überlegen. Doch wenn er an die Macht des Thuums dachte, dann hatte Sorcalin so seine Sorgen, ob ihnen diese Überlegenheit weiterhin etwas nutzte. Die Hochelfen waren eigentlich nicht unvorbereitet gewesen. Sie dürften gewusst haben, dass sowohl Ulfric als auch das Drachenblut ihre Kräfte demonstrieren würden. Die einzige Überraschung dürfte gewesen sein, dass sich Ulfric von anderer Seite dem Feind genähert hatte. Dennoch, der Grauhaarige war sich sicher, dass das nicht das einzige war, was falsch gelaufen war. Doch die Details des Plans kannten nur das Ratsmitglied und der Feldherr. Und genau zu Letzterem war Sorcalin nun unterwegs. Doch dabei konnte er nicht sagen, ob er nur als Freund zu ihm ging, oder nicht auch um die Caracalmo widerfahrene Demütigung durch den Verlust des ersten Kampfes zu genießen. Der weißblonde Hochelf wandte sich nicht um, als Sorcalin das Zelt betrat. Er saß unverändert auf seinem Stuhl, die Füße auf dem Tisch abgelegt und starrte an die Decke, als wäre dort ein äußerst faszinierendes Muster zu sehen. „Wenn ich wieder gehen soll, dann sag es, anstatt mich zu ignorieren.“, verlangte Sorcalin mit seiner krächzenden Stimme. „Wieso sollte ich? Dann würdest du dich vor Spott doch gerade überschlagen.“, erwiderte Caracalmo teilnahmslos, den Blick noch immer zur Decke gerichtet. Sorcalin schnaubte. „Ja ich spotte. Ich spotte, weil du dich gerade aufführst wie ein kleines trotziges Kind, dem man verboten hat noch mehr Süßes in sich zu stopfen!“ Ungeachtet ihres Rangunterschiedes trat der Grauhaarige an den Jüngeren heran, packte ihn am Kragen und riss ihn nach vorne, sodass Caracalmo gezwungen war ihn endlich anzusehen. „Du hast eine Niederlage erlitten, schön, aber das gibt dir nicht das Recht hier Löcher in die Luft zu starren. Wo bleibt dein Stolz? Seit wann bist du so ein Weichei, dass beim kleinsten Rückschlag den Schwanz einzieht?“ „Wie sprichst du mit deinem Feldherrn?“ „Ich spreche mit einem Freund, wie ich es für angebracht halte, um ihn wieder zur Vernunft zu bringen!“, herrschte Sorcalin und hätte noch etwas hinzugefügt, hätten die Stimmbänder auf Grund der Überanstrengung nicht ihren Dienst verweigert. Daher beschränkte er sich nur noch auf ein Schnauben, ließ Caracalmo los und griff stattdessen nach seiner Feldflasche, um sich einen Schluck zu gönnen. Caracalmo beobachtete ihn dabei, nahm schließlich mit einem Seufzen die Stiefel vom Tisch und wischte imaginären Staub von der Platte. „Welch Ironie…“, murmelte er. „Anstatt dich beim Ratsmitglied beliebt zu machen um nun selbst den begehrten Titel des Feldherrn zu erhalten, gibst du widerwillig der Freundschaft nach und versuchst mich nach meiner Niederlage wieder aufzubauen.“ Abwehrend hob er die Hand, als Sorcalin zu einer Erwiderung ansetzte. „Lass gut sein. Vielleicht hab ich im Gedenken an unsere Freundschaft die Schlacht ja absichtlich verloren, damit du eine zweite Chance bekommst…“ Sorcalin stierte seinen Gegenüber einfach nur an, nicht wissend, was er sagen sollte. Der Elf hatte keine Ahnung, ob Caracalmo diese Worte nun ernst oder im Scherz meinte. Der Feldherr lächelte zweideutig, dann wurden seine Augen schlagartig finster. „Um dich zu beruhigen, es war nicht nur die Niederlage, die mich angekratzt hat, sondern auch die zweifelhafte Treue unserer Verbündeten.“ „Von welchen Verbündeten redest du?“, fragte Sorcalin, in Gedanken noch halb bei Caracalmos vorherigen Worten. „Die Drachen. Das die Biester uns genauso wenig trauen wie wir ihnen war mir zwar klar, aber das sie dafür in Kauf nehmen, zwei ihrer Artgenossen sterben zu lassen.“ Langsam schüttelte Caracalmo den Kopf, ehe er fortfuhr. „Wir haben nur Feuerdrachen eingesetzt, weil Eis gegen die Nord nichts nützt. Aber dem Drachenblut machte es rein gar nichts aus. Nun, als wir nach der Schlacht ihren Anführer fragten, wieso das Drachenblut so stark sei…sie sagten, dass das Drachenblut gar kein Nord, sondern eine Dunmerfrau ist. Darum machte ihr auch das Feuer nichts aus.“ „Was?“ Ungläubig weiteten sich Sorcalins Augen, räusperte sich dann um das Kratzen aus seiner Stimme zu vertreiben. „Warum haben sie uns das nicht gesagt? Sie werden das doch wohl kaum erst in der Schlacht herausgefunden haben.“ „Sie sagten es sei abgesprochen gewesen, dass sie sich ganz den Befehlen der Thalmor unterordnen. Darauf hinzuweisen, dass Feuer der Dunmer nicht schadet, hielten sie für eine Zuwiderhandlung gegen diese Anordnung.“ „Und gehen dafür in den Tod? Das kann doch nicht mit rechten Dingen zugehen!“ „Eben.“, stimmte Caracalmo ihm zu und richtete seinen Blick wieder leicht in die nicht vorhandene Ferne. „Und das ist es, was mich so beschäftigt. Dass die Drachen uns nicht trauen war klar, aber dass sie ihr eigenes Süppchen kochen, damit hätte ich nicht gerechnet. Vielleicht war ihr Hass auf das Drachenblut nur vorgetäuscht und wollten uns stattdessen vernichten.“ „Weiß Ratsmitglied Elrion davon?“ „Ja.“ Zum ersten Mal seit langem schwang etwas wie Sorge in der Stimme des sonst eher gleichgültig bis fröhlich gesonnenen Thalmors. „Er hat mir mit den Dirigenten gedroht, sollte ich wieder verlieren.“ Schlagartig wurde Sorcalin blass. „Jetzt verstehe ich, warum du so in dich gekehrt warst.“ „Tja…“, kam es nun wieder tonlos über Caracalmos Lippen. „…so ist das scheinbar, wenn man nach der Macht greift. Die Macht steigt, ebenso wie die Strafen, sollte man versagen.“ Trotz der großen Verluste, war die Stimmung im Lager der Sturmmäntel mehr als gut. Angesichts der Übermacht, welche die Thalmor aufgeboten hatten, hatte niemand wirklich an einen solchen ersten Sieg geglaubt. Die Zuversicht den Rest der verhassten Hochelfen und ihrer Verbündeten zu zerschlagen war deutlich gestiegen und das Misstrauen gegenüber Kiiryolsah schien sich in Nichts aufgelöst zu haben. Doch mit der plötzlichen Aufmerksamkeit, den freudigen Gesichtern und der Hochrufe, sobald sie auftauchte, konnte die Elfe nicht umgehen. Vor allem aber machte es ihr Angst, sich darauf einzulassen, denn es ein falscher Schritt und die Stimmung würde umschlagen, da war sie sich sicher. Sobald sich die Gelegenheit ergab zog sich Kiiryolsah von den Feiernden zurück, lief durch die Reihen der Zelte, an den Wachposten vorbei und ein Stück weit in die Dunkelheit, bis die schiefen Gesänge von ‚das Drachenblut naht’ nicht mehr zu verstehen waren. Erleichtert über die Einsamkeit atmete die Dunmer auf und lehnte sich an den Stamm eines Baumes. Dabei war sie gar nicht so einsam, denn Lucien war wie immer allgegenwärtig. Stumm stand er neben seiner Herrin und ließ seinen Blick aufmerksam durch die Nacht wandern. Mit einem Mal runzelte der Geist die Stirn und zog seinen Dolch, ehe er durch die Bäume schlich. Sogleich spannte Kiiryolsah sich an und folgte Lucien, gänzlich auf die geschärften Sinne des Untoten vertrauend. Die Elfe wollte ihr Schwert ziehen, um für den Fall eines Angriffes schnell reagieren zu können, ließ es dann aber in seiner Haltung stecken. Ihre Schwerthand, die während der Schlacht einen Schlag abbekommen hatte, pochte schmerzhaft. Kiiryolsah hatte noch keinen Heiler aufgesucht um die Verletzung behandeln zu lassen und würde es auch nicht tun. Es gab schlimmere Verletzungen, mit denen die Heiler mehr als genug zu tun hatten. Bis zum morgigen Tag würde es ihrer Hand schon besser gehen und bis dahin konnte sie noch immer auf ihre Magie und das Thuum vertrauen. Ein schleifendes Geräusch war zu hören, als Kiiryolsah dem Geist folgte. Davon musste Lucien alarmiert worden sein, nun war er stehen geblieben und nach einem kurzen Moment steckte er den Dolch zurück in seinen Gürtel. Die Dunmer gesellte sich neben ihn und sah überrascht auf die Szenerie, die sich ihr bot. Holfgar saß auf einem umgestürzten Baum und bearbeitete mit einem Schleifstein das Axtblatt seiner Waffe. „Hlofgar Blutfang?“, vergewisserte sich Kiiryolsah irritiert, doch erhielt keine Antwort. Der Nord stockte nicht mal in seiner Arbeit, ganz so, als hätte er die Elfe noch gar nicht registriert. Unsicher was sie tun sollte, blieb Kiiryolsah zunächst neben Lucien stehen, warf ihm dann einen fragenden Blick zu, doch dieser starrte ohne Regung auf den Nord. /Warum auch immer er hier sitzt, ich bin sicherlich die Letzte, mit der er wird reden wollen./, dachte Kiiryolsah und machte dennoch einen ersten Schritt auf Holfgar zu. Lucien rührte sich nicht, löste seine Augen jedoch wieder von dem Blonden und ließ sie stattdessen erneut aufmerksam durch die Dunkelheit wandern. Kiiryolsah begab sich in das Sichtfeld des Sturmmantels, um sicherzugehen, dass er sie bemerkt hatte, auch wenn er noch immer ungestört seine Axt bearbeitete. Schließlich nahm sie neben Holfgar auf dem Baumstamm platz. Wie langte mochte der Nord hier wohl schon sitzen? War er direkt nach der Schlacht hierhergekommen? Kiiryolsah konnte sich nicht daran erinnern ihn anschließend noch gesehen zu haben, aber vielleicht täuschte sie sich auch. „Wenn…wenn ihr das Blatt noch weiter schleift, wird es zerbrechen, sobald es seinen nächsten Gegner trifft.“, murmelte Kiiryolsah nach einer Weile, in der sie stumm neben einander gesessen hatten. „Das ist Stahl aus der Himmelsschmiede, der zerbricht nicht, Dunmer.“, erwiderte Hlofgar harsch und brachte Kiiryolsah dadurch zum Zusammenzucken. „Davon abgesehen wüsste ich nicht, dass ich um eure Gesellschaft gebeten hätte.“ „Natürlich nicht.“, stimmte die Elfe dem zu, die Hände fest um das Holz geklammert. „denn andernfalls würde ich hier nun alleine sitzen und ihr würdet verzweifelt im Lager auf meine Rückkehr warten. Und ich hätte meine Ruhe, ich habe nämlich auch nicht um eure Gesellschaft gebeten.“, fügte sie mit Trotz hinzu, von dem sie nicht wusste, woher er auf einmal kam. Ihre Rüstung jedenfalls, konnte diesmal nicht der Grund dafür gewesen sein. Denn seit der Schlacht waren die Daedra erstaunlich ruhig. Das Töten schien ihre Mordlust so weit gestillt zu haben, dass sie sich von den Worten des Nord nicht provoziert fühlten. „Niemand hat euch gezwungen euch neben mich zu setzen.“, konterte Hlofgar, der den Schleifstein nun umso kräftiger über das Axtblatt fahren ließ. „Der Wald ist groß genug, sucht euch einen anderen Ort.“ Es kam, wie es kommen musste, Hlofgar rutschte mit dem Stein ab und schnitt sich mit der Klinge tief ins Fleisch. Fluchend ließ der Blonde den Stein fallen und griff nach einem Tuch, um die Blutung zu stoppen. „Ihr habt recht.“, sagte Kiiryolsah leise, als wäre nichts geschehen. „Niemand hat mich gezwungen zu euch zu gehen. Und ich weiß auch, dass ich sicherlich die Letzte bin, die ihr würdet sehen wollen, aber…vielleicht wollte ich einfach nur wissen, warum ihr hier mutterseelenallein in der Finsternis sitzt, anstatt mit allen anderen den Sieg zu feiern.“ Von Hlofgar war ein abfälliges Schnauben zu hören, während er umständlich einen Knoten in den Stoff machte, damit es nicht von der Wunde rutschen konnte. „Und was sollte ich bitteschön feiern? Dass wir den Thalmor einen Kratzer in ihre Rüstung gebracht haben?“, fragte er aufgebracht, doch seine Stimme wurde zusehends leiser, als sein Blick auf das Armband aus falschen Zähnen fiel. „Jeden Feind der heute fiel, tötete ich für meine Frau, meinen Sohn und für alle anderen, die wegen dieses Packs ihre Familien verloren. Und als Lohn wurden noch mehr Frauen zu Witwen, noch mehr Kinder zu Waisen. Was also hätte ich zu feiern? Die Thalmor sind noch lange nicht geschlagen und bis es soweit ist werden wir immer mehr Schaden in unseren eigenen Reihen anrichten.“ „Ein einstiger Freund von mir hätte gesagt, um einen Wolf zu fangen, muss man zunächst das unschuldige Schaf hinrichten.“, sagte die Dunmer und biss sich fest auf die Unterlippe. Der alte Paartuhrnax fehlte ihr. „Und wenn keine Schafherde mehr existiert?“, griff Hlofgar das Beispiel auf und wandte sich nun erstmals der Dunmer zu. „Dann stirbt der Wolf, weil er keine Nahrung mehr findet.“ Der Nord runzelte die Stirn. „Und was soll mir das Beispiel dann jetzt sagen?“ Zunächst öffnete Kiiryolsah den Mund für eine Antwort, schloss ihn dann aber wieder und zuckte schließlich ratlos mit den Schultern. Hlofgar schüttelte nur den Kopf. „Mit dem simplen Satz ‚manchmal muss man Opfer bringen’ hättet ihr mehr erreicht, als mir diese scheinbar so weise Gedankenkonstrukt aufzutischen.“ Wieder zuckte die Elfe angesichts der Kritik zusammen. „Ich könnte auch behaupten euer Verstand würde nicht ausreichen, um den tieferen Sinn meiner Worte zu begreifen.“, erwiderte sie und zuckte erneut zusammen, als Holfgar im nächsten Moment in Gelächter ausbrach. Es brauchte eine ganze Weile, ehe sich Hlofgar wieder soweit beruhigt hatte, dass sein Lachen verebbt war. Er wischte sich die Lachtränen aus den Augenwinkeln und sah die Elfe wieder an, welche seinem Blick unsicher auswich. „Warum seid ihr so?“, verlangte Hlofgar zu wissen, doch diesmal mit ruhiger, fast schon interessierter Stimme. „W-warum bin ich wie?“, hakte Kiiryolsah nach, die roten Augen weiterhin auf den Boden gerichtet. „Nun, um ehrlich mit euch zu sein, ich hielt nicht von euch, ebenso wie die anderen meines Volkes. Kaum jemand ist gut auf die Dunmer zu sprechen, seid sie sich in Himmelsrand eingenistet haben. Und dann spielt sich einer von ihnen auch noch als Drachenblut auf und hat dabei nichts mit dem Held gemein, dem man sich unter diesem Titel vorstellt. Und ihr tut nichts, um irgendetwas daran zu ändern. Ihr zuckt zusammen, sobald man euch anspricht, haltet ständig den Blick gesenkt. Die Momente in denen ihr mal ein wenig stolz zeigtet kann man an einer Hand abzählen.“ Der Nord machte eine kurze Pause, ehe er fortfuhr. „Bei unserem ersten Treffen wart ihr vollkommen anders. Sicherlich auch damals nicht der Held, von denen die Legenden erzählten, aber ihr hattet genügend Selbstbewusstsein mir eure Meinung zu sagen. Ihr habt mich sogar tiefgefroren und ward bereit mich dem Tod zu überlassen.“ Zunächst gab Kiiyolsah ihm keine Antwort. Im Grunde wollte sie nicht mit ihm darüber sprechen. Nein – sie wollte mit niemanden darüber sprechen. Und dennoch bat eine leise Stimme in ihr darum sich ihm doch anzuvertrauen. Außerdem, Hlfogar hatte auch ihre Frage danach beantwortet, warum er hier saß, anstatt mit den anderen zu feiern. War es da nicht fair, wenn auch sie ihm antwortete? Etwas schuldig bleiben wollte sie ihm jedenfalls nicht. „Bei unserem ersten Treffen war es etwas anderes.“, begann sie schließlich. „Es ist etwas anderes, jemanden im Schutz einer Rüstung zu begegnen, welche die wirkliche Identität versteckt. Dass ich kein würdiger Held und ein Bastard bin. Ich bin ein Monster, äußerlich, wie auch innerlich und darum verdiene ich es auch, dass man auf mich herabsieht, mich dagegen zu wehren steht mir nicht zu. Man könnte sagen, ich versuchte das bei unserer ersten Begegnung zu verstecken.“ „Ihr bezeichnet euch als Monster, aber dennoch habt ihr gekämpft.“, wandte Hlofgar ein, der mit Kiiyolsahs knapper Schilderung nicht viel anfangen konnte, aber bezweifelte, dass ihm die Dunmer mehr erzählen würde. Leise lachte Kiiyolsah auf. „Natürlich habe ich gekämpft. Es ist das einzige was ich kann.“ „Ihr missversteht mich.“ Der blonde Kopf schüttelte sich und da die Elfe weiterhin auf den Boden sah, richtete er seine Augen wieder auf die Lichtung. „Für einen Nord ist Kampf nicht gleich Kampf. Ich sagte bereits, dass ich zunächst nur Verachtung für euch übrig hatte. Aber in der heutigen Schlacht habt ihr mir und allen anderen bewiesen, dass ihr euren Heldentitel scheinbar nicht zu unrecht tragt. Ihr standet mit an vorderster Front, obwohl es niemand verlangte. Ihr hättet im Schutz der hinteren Reihen aushaaren können, auf den Einsatz eures Thuums wartend. Man hätte es mit der Begründung, dass euer Leben zu wertvoll ist um es zu riskieren, akzeptiert. Stattdessen warft ihr euch mit in den Brennpunkt der Schlacht, habt gekämpft, wie ein Nord es nicht hätte besser machen können. Ihr habt die Moral der Leute gestärkt, habt sie dazu gebracht euch bereitwillig gegen die Drachen zu folgen. Ich weiß nicht was eurer Problem ist und was ihr getan habt, dass ihr euch für ein Monster haltet und eure Vergangenheit ist auch irrelevant, wenn ihr weiterhin im Hier und Jetzt beweist, dass ihr zurecht das Drachenblut seid.“ ….zurecht das Drachenblut…es waren diese Worte, welche die Schwarzhaarige dazu veranlassten den Blick wieder in Hlofgars Richtung zu wenden. Erstaunte rote Augen trafen auf ehrliche blaue. Die sich langsam ausbreitende Gewissheit, dass Hlofogar seine Worte ernst gemeint hatte, löste einen Hauch von Wärme aus, der sich um die verkümmerte Pflanze der Seele der Halbelfe legte. Es reichte noch lange nicht aus, um sie dazu zu bringen sich wieder zu entfalten, doch vorsichtig wagten sich einige Wurzeln hervor, versuchten scheu etwas Boden für sich zu gewinnen. „Glaubt ihr ernsthaft dass ihre Stimmen das Lied über das Drachenblut nur deshalb schmettern, weil ihr mit eurem Schrei die Drachen vom Himmel geholt habt? Das ist vollkommen nebensächlich. Sie singen, weil ihr mit ihnen kämpftet. Seite an Seite, weil ihr euer Leben gegeben hättet. Vielleicht nicht für die Freiheit Himmelsrands, aber ihr hättet es gegeben.“ Kiiryolsah wusste zunächst nicht, was sie erwidern sollte. Es war seit Ewigkeiten das erste Mal, dass sie für etwas, was sie von sich aus getan hatte, Anerkennung erhielt. Sicherlich war man dankbar dafür gewesen, dass sie die Welt vor Alduin bewahrt hatte, doch es war ihre Pflicht als Drachenblut gewesen. Ebenso wie es als Zuhörerin ihre Pflicht war die Morde lautlos zu begehen. Hlofgar hatte recht, sie hätte sich nicht an vorderster Front in den Kampf stürzen müssen. Aber sie hatte es getan, weil es für sie selbst selbstverständlich gewesen war. Und es schien, als wäre es gut gewesen, dass sie so gedacht hatte. Ein scheues Lächeln huschte über die Lippen der Elfe. „Danke.“, sagte sie leise und wurde dann wieder ernst. „Aber Aufwiegen kann es nicht, was ich getan habe.“ „Natürlich kann es das nicht.“, erwiderte der Nord prompt. „Was getan ist, ist getan und nichts kann das wieder rückgängig machen. Was zählt ist, dass man aus dem Geschehenen lernt und die Fehler nicht noch einmal begeht.“ Langsam schüttelte Kiiryolsah den Kopf. „So kann man das nicht sagen…“, widersprach sie ihm leise und löste ihren Blick von ihm, richtete ihn stattdessen auf die Stelle, wo Lucien zwischen den Bäumen stand. Fast statuengleich schien er nach wie vor die Umgebung im Auge zu behalten. Ob er ihre Unterhaltung dabei mitbekam konnte die Dunmer nicht beurteilen. „…denn das kommt ganz auf den Fehler an.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)