Kiiryolsah von Ayame-chan ================================================================================ Kapitel 16: Brüchige Bündnisse ------------------------------ Blätter raschelten in der hereingebrochenen Dunkelheit. Ihr Rhythmus war unregelmäßig, nicht so, wie die Natur es vorsah. Das verräterische Knacken eines Zweiges gab Tjorben die letzte Gewissheit darüber, dass sich ihm kein Tier, sondern ein Mensch näherte. So lautlos, wie sich die Bosmer führ gewöhnlich durch ihre Umgebung bewegten, erschienen ihm die Bewegungen der sich nähernden Person unnatürlich laut. Als Schritte verrieten, dass jene Person auf die Lichtung trat, hob Tjorben seinen Kopf und blickte in die kalten Augen von Hlofgar Blutfang. „Wie ich sehe seid ihr tatsächlich gekommen.“, bemerkte der Rothaarige und erhob sich von dem Baumstumpf, auf welchem er gesessen hatte. „Hatte ich denn eine andere Wahl?“, fragte Hlofgar eisig. Er traute Tjorben keinen Meter mehr weit und sein Misstrauen stieg noch weiter, als er einen der Bosmer hinter einem Baum hervortreten sah, drei Pferde mit sich führend. „Ah, wie ich sehe, habt ihr gleich eure Verräterfreunde mit befreit.“ „Freunde ja, Verräter nein.“, korrigierte Tjorben ihn und nahm Fimmion eines der Pferde ab. „Um unsere Treue zu beweisen hat sich allerdings nur Fimmion befreit und er wiederum mich. Wenn ihr mir nicht glauben wollt, geht zurück zum Lager und schaut nach.“ „Dafür haben wir keine Zeit.“, winkte Hlofgar ab und trat mit ein paar schnellen Schritten an Tjorben heran, um ihn am Kragen zu packen. „Und ich warne euch, solltet ihr irgendeinen Trick versuchen, lehre ich euch den Zorn eines Nords, den ihr scheinbar vergessen habt.“ „So sehr um das Drachenblut besorgt?“ Für einen Moment geriet der Blonde aus dem Konzept. Unsicher, wie genau Tjorben seine Worte gemeint hatte, wehrte er sich nicht, als dieser seine Hand vom Kragen löste und sich in den Sattel schwang. „Dem Drachenblut wird es gut gehen. Wenn die Thalmor es hätten töten wollen, hätten sie es längst getan. Wie es ihm allerdings ergeht, wenn sie ihr Ziel erreichen weiß ich nicht. Also beeilt euch besser.“ Im Stillen stimmte Hlofgar dem zu, doch er würde den Teufel tun, dies auch laut kundzutun. Er nahm Fimmion das zweite Pferd ab und stieg ebenfalls auf. Er würde das Drachenblut retten, um die verfluchten Hochelfen aus seiner Heimat zu vertreiben. Und nicht, weil er vielleicht begann so etwas wie Sympathie für die schöne Halbdunmer zu empfinden. Der Krieg zwischen Thalmor und Sturmmänteln, welcher mit einer gewaltigen Schlacht begonnen hatte, war in eine merkwürdige Leere geraten. Man könnte fast meinen, dass ein Waffenstillstand für die Ruhe auf beiden Seiten gesorgt hatte. Stattdessen jedoch waren es die Unruhen in den eigenen Reihen, welche für die momentan ausbleibenden Angriffe verantwortlich waren. Die Hauptarmee der Thalmor war abgezogen worden, ohne irgendjemanden einen Grund dafür zu nennen. Was auf der einen Seite, wie von der Großinquisitorin gewünscht, dafür sorgte, dass möglichst Wenige in ihre Pläne eingeweiht waren, sorgte auf der anderen Seite für Unverständnis und Zweifel. Dazu kam das plötzliche Verschwinden des Feldherrn. Trotz der Tatsache, dass er zuvor mit seinen Befehlshabern über die weiteren Angriffsstrategien gesprochen hatte, sorgte dessen Abwesenheit für mehr als Verwirrung. Unter anderem schien sich keine Einigung darüber erzielen zu lassen, wer Caracalmos Platz einnehmen sollte. Bei den Sturmmänteln sah es nicht viel besser aus. Noch immer herrschte Uneinigkeit darüber, wie man mit dem mageren Rest an Soldaten gegen die Thalmorübermacht bestehen konnte. Ulfric Sturmmantel war während der letzten Schlacht verletzt worden, sodass selbst sein Thuum kein Garant für den Sieg mehr darstellte. Und dann kam die Sache mit der Jarl von Einsamkeit, welche das Chaos endgültig perfekt machte. Ulfric und die Jarl von Himmelsrand hatten sich mit ihren Thanen im großen Hauptzelt eingefunden. Der große Tisch in der Mitte war zur Seite geschoben worden. Stattdessen standen an den Längsseiten kleinere Tische, an welchen die Herrscher saßen, sodass in der Mitte platz blieb und sich somit alle Augen auf die dort stehende dunkelblonde Frau richten konnten. Elisif die Liebreizende war nicht gefesselt worden, doch der geschwollenen Wange und dem Dreck an ihrer Kleidung nach, waren die Soldaten nicht sonderlich zimperlich mit der Jarl umgegangen, welche die Hände Halt suchend in ihren Rock gekrallt hatte. Sie wusste nur zu genau, dass auf ihre versuchte Tat kein sanfter Tadel folgen würde. Doch vor allen Strafen, welche sie würde ihn Kauf nehmen müssen, hatte sie vor allem um ihre Schutzbefohlenen Angst. Unbemerkt von Ulfrics Augen, lebten sie im Keller von Schloss Einsamkeit. Nur um ihretwillen hatte sich Elisif den Sturmmänteln gegenüber ergeben. Dieses Opfer durfte nicht umsonst gewesen sein. „Ich habe nie viel von euch gehalten, Elisif.“, begann Ulfric schließlich zu Sprechen und brachte die Dunkelblonde somit dazu den gesenkten Kopf zu heben und den Jarl von Windhelm anzusehen. „aber sagt mir nicht, dass ihr so dumm wart Fahnenflucht zu begehen.“ „Ich habe keine Fahnenflucht begangen.“, erwiderte Elisif und ihre Stimme zitterte leicht vor unterdrückter Nervosität. „Ich wollte lediglich das tun, was mir für mich und mein Fürstentum die beste Entscheidung gewesen wäre.“ „Ihr wolltet uns im Stich lassen!“, rief Vignar Graumähne wütend und schlug mit der Faust auf den Tisch. „Ihr lasst uns an der Front sterben und verkriecht euch in euer Schloss. Denkt ihr alleine hättet ihr eine Chance gegen die Thalmorbastarde?“ „Wir haben auch an der Front keine Chance!“, widersprach Elisif ihm sofort. „Wann begreift ihr das endlich? Wir sind verloren, wenn wir weiter kämpfen. Wir haben keine Chance gegen ihre Armee. Wenn ihr euch zumindest mal einigen könntet, ob wir nun kämpfen oder nicht aber selbst das gelingt euch nicht. Daher habe ich mich für das einzig richtige entschieden und zwar in mein Fürstentum zurückzukehren, es von dort aus zu beschützen und gegebenenfalls eine Einigung mit den Thalmor zu erzielen.“ „Verräterin!“, rief jemand laut, doch durch das einsetzende Stimmengewirr wurde nicht erkenntlich, wer gesagt hatte, was ein jeder dachte. „Ruhe!“, herrschte Ulfric sie an, doch in seinen Augen war deutlich zu lesen, dass er ihre Wut teilte. „Elisif, wie kommt ihr nur darauf eine Einigung mit den Thalmor erzielen zu wollen? Glaubt ihr, sie würden euch jetzt noch zuhören?“ „Besser so, als wenn ich zulasse, dass sie meine Bürger abschlachten. Habt ihr ihnen denn überhaupt nicht zugehört? Die Thalmor haben nicht länger vor ehrlich zu kämpfen. Sie nehmen sich die einfachen Bürger vor, die unschuldigen Frauen und Kinder. Habt ihr schon mal daran gedacht, wo der Hauptteil ihrer Armee wirklich hin verschwunden ist? Sie greifen sich unsere Familien, während wir hier wie stumpfe Idioten darauf warten, dass sie wieder angreifen. Aber soll ich euch was sagen? Sie werden nicht angreifen. Sie werden uns festhalten, bis irgendein Bote es schafft uns von der Tragödie zu berichten!“ „Wenn ihr das wirklich denkt, warum habt ihr das nicht schon früher in den Besprechungen eingebracht?“, meldete sich nun Laila Rechtsprecher zu Wort. „Weil mir nie jemand zuhört.“, rief Elisif verzweifelt. „Ich hatte mich euch angeschlossen, nachdem Ulfric vor den Toren meines Schlosses stand. Ich habe mich auf eure Seite geschlagen! Ich bin mit euch und sämtlicher meiner kampfesfähigen Männern und Frauen in den Krieg gezogen. Gegen Drachen und eine verdammte Überzahl. Und dennoch bin ich für euch noch immer eine kaiserliche Sympathisantin, die nur geduldet und belächelt wird. Wann habt ihr jemals auch nur eines meiner Worte angehört?“ „Vielleicht hätten wir das, wenn ihr nicht von vornherein ständig von Verhandlungen und Kompromissen gesprochen hättet.“, wies Thongvor Silberblut sie zurecht. „Kein echter Nord denkt von vornherein ans Aufgeben. Kein echter Nord verrät auf diese erbärmliche Weise seinen Gott Talos!“ Von allen Seiten erfolgte zustimmendes Gemurmel, doch in Elisifs Augen blitzte es kampfbereit auf. Einen Trumpf hatte sie noch und den würde sie ausspielen. „Ihr seid ein Narr und damit ebenso wenig ein echter Nord, wie ich es sein soll. Ein Nord kämpft, ja. Aber er wirft sich nicht in das Maul des Säbelzahntigers, nur bewaffnet mit einer Feder.“ Schon wollte Thongvor zu einer Erwiderung ansetzen, doch Elisif gab ihm keine Gelegenheit dazu. Sie richtete sich zu ihrer vollen Größe auf und warf den Kopf zurück, ehe sie weiter sprach. „Demnach gibt es nur einen wahren Nord, welcher schlau genug war das sinkende Schiff rechtzeitig zu verlassen, um seinen Kampf an anderer Stelle fortzusetzen, Hlofgar Blutfang.“ Für einen Moment herrschte Stille, dann begann Ulfric zu Lachen und die anderen fielen mit ein. „Hlofgar Blutfang ist einer unserer größten Helden.“, sagte der Jarl von Windhelm. „Wieso sollte er uns im Stich lassen?“ „Warum sagt ihr mir nicht stattdessen, wo er jetzt ist?“, fragte Elisif mit falscher Lieblichkeit in der Stimme. „Wo ist er, der große ‚Held’, der uns die ganze Sache erst eingebrockt hat, indem er Tullius tötete? Ich sage euch, wo er ist. Geflohen ist er. Im Stich gelassen hat er euch!“ „Das ist völliger Unsinn.“, widersprach Ulfric sofort, der an die Aufrichtigkeit von Hlofgar glaubte. „Er ist hier und kämpft mit uns bis zum Tod.“ „Na dann holt ihn doch her.“, verlangte Elisif siegessicher und verschränkte die Arme vor dem Oberkörper. „Aber wenn ihr ihn nicht bis zur Mittagsstunde gefunden habt, müsst ihr mich und jene die mir folgen wollen ziehen lassen. Ich werde mit ihnen nach Einsamkeit zurückkehren, um zu retten, was noch zu retten ist.“ „Wie ihr wollt.“, gab sich Ulfric sofort einverstanden, auch wenn ihn die Selbstsicherheit von Elisif verunsicherte. Doch die Schwäche zu Zögern, konnte und würde er sich nicht leisten. Das Lagerfeuer war nicht wirklich als solches zu bezeichnen. Es bestand aus wenigen dünnen Ästen, die schwach vor sich hin glimmten. Dennoch reichte ihre ausstrahlende Wärme soweit aus, dass Lirielle einen stechenden Schmerz in ihrer Hand verspürte, wenn sie dem rotem Leuchten zu nahe kam. Wegziehen tat sie ihre Finger jedoch trotzdem nicht, war der Schmerz doch das Einzige, was sie daran erinnerte, dass sie irgendwie noch lebte. Und vor allen Dingen lenkte es sie davon ab, dass sie die Fährte ihres Ziels erneut verloren hatte. Erst war ihr Susarion durch eine List entkommen, dann hatte eine vorbeiziehende Armee seine Spuren verwischt. Lirielle hatte sich bereits selbst dabei erwischt, wie sie hoffte auf einen blutleeren Körper zu treffen, damit sie Sicherheit darüber hatte wieder auf der richtigen Fährte zu sein. Ein Grund mehr für sie ihre Hand zur Strafe den Flammen noch näher hinzuhalten. Als sie ihren Arm schließlich doch noch wieder zurückzog, waren ihre Fingerspitzen von Brandblasen gezeichnet und die Haut spannte bei jeder Bewegung. Es brauchte nur eine kleine Bewegung und ihre Hand wurde in orangefarbenes Licht getaucht. Das Leuchten legte sich wie ein Schutzfilm um ihre geschundene Haut und als es schließlich verblasste, war von den Verbrennungen nichts mehr zu sehen. Langsam ließ Lirielle sich nach hinten in den kalten Schnee sinken, rollte sich dann auf die Seite, die Hand griffbereit an ihren Dolch gelegt. Bis zum Sonnenuntergang blieben ihr noch ein paar Stunden Schlaf, dann würde sie ihre Suche wieder aufnehmen. Wäre der Knebel nicht gewesen, man hätte das Zähneklappern der wärmeliebenden Dunmer sicherlich in ganz Himmelsrand gehört. Obwohl sie sich zusehends Falkenring näherten und das Klima damit noch einmal etwas milder wurde, waren die Nächte noch immer kalt genug, um Kiiryolsah wie Espenlaub zittern zu lassen. Die dünne Decke, welche man der Gefangenen gegeben hatte, half ihr nicht wirklich, gegen die Kälte. Schon allein deshalb nicht, weil es mit gefesselten Händen ein Ding der Unmöglichkeit war, den groben Stoff so schützend wie möglich um sich zu legen. Doch zum Glück würde Kiiryolsah es nicht mehr lange aushalten müssen. Bei der nächsten günstigen Gelegenheit würde sie die Flucht ergreifen. Sie hatte Aldmerisch genug verstanden um zu wissen, dass die Hochelfen noch lange nicht am Ende waren und es wurde für sie höchste Zeit, dagegen etwas zu unternehmen. Als die Thalmor bei Nacht eine Rast einlegten, wartete die Schwarzhaarige, bis der wachhabende Thalmor zum Austreten zwischen den Bäumen verschwand, dann konzentrierte sie sich darauf, Luciens Seele herbeizurufen. Irgendwo hinter ihr raschelte es plötzlich im Geäst, zu laut und zu hastig, als dass es der Wind oder ein Tier hätte gewesen sein können. Doch noch ehe sich Kiiryolsah umdrehen konnte, legte sich von hinten ein Arm um ihre Schultern und riss sie so ruckartig gegen die Gitterstäbe, dass sie die Konzentration für die Beschwörung verlor. Warmer Atem streifte ihr Ohr und der Geruch von Pferden und exotischen Blumen stieg in ihre Nase. „Wie auch immer ihr vorhattet einen Untoten zu beschwören, an eurer Stelle würde ich das unterlassen.“, sagte der Fremde zu ihr in der allgemeinen Sprache Tamriels, doch sein Zungenschlag verriet ihn als einen der Hochelfen. Wütend über sich selbst ballte Kiiryolsah die Hände zu Fäusten. Sie war sich sicher gewesen, dass bis auf den einen Wachposten alle Thalmor schliefen. Und nun schien sie wegen ihrer Unaufmerksamkeit ihre einzige Fluchtmöglichkeit vertan zu haben. „Ich werde euch nun den Knebel abnehmen. Aber wagt es nicht zu schreien, sonst töte ich euch doch noch.“ Verwirrt über diese Aussage drehte Kiiryolsah leicht ihren Oberkörper nach hinten, um den Fremden sehen zu können, doch erklärlicher machte es ihr die Situation trotzdem nicht. Vor ihrem Käfig stand tatsächlich ein Hochelf, der jedoch nicht zu der Gruppe gehörte, mit welcher sie nach Falkenring reisen sollte. Die weißblonden Haare waren zerzaust und in seinen gelben Augen stand eine merkwürdige Mischung aus Wachsamkeit und Machtgier. Sein Umhang war schlicht und stand im starken Gegensatz zu seiner prunkvollen Robe, welche er darunter trug. Kiiryolsah glaubte ihm schon mal begegnet zu sein, war sich jedoch nicht sicher wo. „Woher wisst ihr von dem Untoten?“, war die erste Frage der Dunmer, nachdem der Knebel aus ihrem Mund entfernt worden war. „Ich kenne mein Volk eben besser, als ihr.“, erwiderte der Weißblonde und wies mit dem Finger in Richtung der Käfigdecke. Kiiryolsahs Augen wurden groß, als sie sah, was sich dort befand. Jetzt nur schwach zu erkennen, da seine Farbe fast den gleichen Ton besaß, wie das Holz, befand sich dort ein Bannsiegel gegen Untote. Als sie versucht hatte Lucien zu beschwören, hatte es sicherlich begonnen darauf zu reagieren. „Schnell, mein Verwirrungszauber hält nicht mehr allzu lange an, bis dahin müsst ihr euch entschieden haben, Drachenblut.“ „Wofür entschieden?“, fragte Kiiryolsah sofort und wandte sich wieder dem Hochelfen zu. „Ob ihr mit mir einen Pakt eingeht und damit eure Freiheit erhaltet.“ Nun war sie nicht mehr zu übersehen: die Machtgier in den Augen des Fremden. Sie leuchteten wie die eines Besessenen und ihr Besitzer trat dichter an das Gitter heran. Dadurch konnte die Dunmer nun auch etwas anderes wahrnehmen. Ein gleichmäßiges, fast schon vertraut gewordenes Pulsieren. „Ihr besitzt mächtige Geheimnisse, Drachenblut und damit meine ich nicht euer Thuum. Sondern die Rüstung und das Schwert, welches jeden außer seinem rechtmäßigen Träger tötet. Lehrt mich diese Mächte und ich werde euch aus eurem Käfig lassen.“ /Er trägt das Daedraschwert bei sich./, dachte Kiiryolsah stumm und versuchte zu erahnen, wo genau an seinem Körper er die Klinge versteckte, um sie ihm entwenden zu können. „Ihr seid ein Thalmor.“, sagte sie, „eurer Volk sprüht nur vor Hinterlistigkeit. Warum also sollte ich euch trauen?“ Den Fremden ließ das leise auflachen. „Euch bleibt gar keine andere Wahl. Nur ich kann euch aus eurem Käfig befreien, damit ihr den kläglichen Rest der Nords vor ihrer endgültigen Vernichtung bewahren könnt.“ „Ihr nahmt mir den Knebel.“, erinnerte Kiiryolsah ihn. „Ich könnte euch niederschreien und dabei den Käfig gleich mit zerstören.“ „Und warum tut ihr es dann nicht?“ „Zu viel Aufmerksamkeit, die ich gerne vermeiden würde. Außerdem tragt ihr mein Schwert bei euch und das hätte ich gerne unversehrt wieder.“ Die Augen des Weißblonden blitzten nun nur noch begieriger. „Ihr spürt sogar seine Anwesenheit?“ der Elf griff unter seinen Umhang und holte das Schwert daraus hervor, fuhr fasziniert mit den Fingern die Schwertscheide entlang. „Das ist wirklich unglaublich.“ /Jetzt!/ Kiiryolsah stieß ihre Arme nach vorne, um nach dem Schwert zu greifen, doch der Hochelf war schneller. Geschickt sprang er einen Schritt zurück, ließ dann aber das Schwert so hastig fallen, als hätte er sich daran verbrannt und griff sich stattdessen an die scheinbar schmerzende Brust. „Bis zum Ende deiner Herrin treu.“, murmelte er und musterte die Waffe mit einer Mischung aus Faszination und respektvoller Vorsicht. Unweit von ihnen hörte man es im Unterholz knacken, gefolgt von verwirrtem Gemurmel. Es sah ganz so aus, als ob der Wachposten langsam wieder zur Besinnung fand. Kiiryolsah begriff, dass ihnen nicht mehr viel Zeit blieb und so traf sie die einzige Entscheidung, welche sie im Moment wählen konnte. „Also schön, ich bin einverstanden.“, sagte sie und lenkte damit die Aufmerksamkeit des Fremden wieder auf sich. „Holt mich hier raus, dann weise ich euch in meine Geheimnisse ein.“ Der Fremde lächelte zufrieden, auch wenn Kiiryolsah nicht verstand, wie die sonst so misstrauischen Thalmor auf ihr Wort vertrauen konnten, doch sie schob es einfach auf seine Besessenheit nach Macht. „Was anderes, wäre euch auch nicht möglich gewesen.“, sagte der Blonde und wob mit einer kurzen Handbewegung einen Zauber, welcher mit einem Klacken das Schloss aufspringen ließ. Unweit der rastenden Thalmor Gruppe, ritten drei Männer durch das Unterholz. Selbst ohne Fimmions Kunst noch aus dem kleinsten Staubkorn eine Fährte finden zu können, war es ein Leichtes, den Hochelfen zu folgen. Auch wenn sie nur aus wenigen Leuten bestanden, so hatten sie doch deutliche Spuren auf dem unbefestigten Weg hinterlassen. Hlofgar war mehr als froh über diese Tatsache, konnte er dadurch doch ausschließen, dass ihn Tjorben reinlegen wollte. Sowieso fragte er sich, warum er sich eigentlich auf diese Erpressung eingelassen hatte. War es wirklich nur, weil er ohne das Drachenblut nicht an einen Sieg glaubte? Oder steckte da noch mehr mit hinter, warum er nicht wollte, dass dieser seltsamen Elfe etwas geschah? Dabei war das doch vollkommen albern. Er kannte die Dunmer gerade mal ein paar Wochen und hatte, bis auf die letzten Tage, kaum ein Wort mit ihr gewechselt. Und sehr viel gehalten, hatte er von ihr auch nicht. Bis auf ihr furchtloses Verhalten während der Schlacht, welches einem Drachenblut wahrlich gerecht wurde. Doch vielleicht war es ja genau diese Tatsache, dass jemand, der sich selbst verachtete für was auch immer er einst getan hatte und sich in der Nähe anderer fühlte wie auf der Anklagebank und sich deshalb unter einer Rüstung verbarg. Dass so jemand in einem Kampf für die rechte Sache über sich selbst hinauswachsen konnte, um das Richtige zu tun. Doch nein, das war noch nicht alles gewesen. Wirklich erst überzeugt von ihr, war Hlofgar gewesen, als ihm Kiiryolsah gesagt hatte, dass sie sich ändern wollte. Erst das hatte den Umschwung in seinem Kopf bewirkt und das war der Grund, warum er die Schwarzhaarige beschützen wollte. Sie sollte nicht jetzt, wo sie beschlossen hatte, jemand anderes zu werden, sofort wieder scheitern. Es war demnach also die Verantwortung, die ihn trieb. „Zwei Reiter kommen.“, sagte Fimmion plötzlich und hielt sein Pferd an. Auch die beiden Nord stoppten daraufhin ihre Tiere und sahen aufmerksam in die Richtung, in welche Fimmion blickte. „Wir sollten vom Weg runter.“, schlug Hlofgar vor. „Wenn es die Spitzohren sind, schlagen sie wohlmöglich noch Alarm.“ „Fimmion ist auch ein Spitzohr.“, wies Tjorben den Blonden mit aggressivem Unterton hin, welcher jedoch nur abwinkte. Für ihn gab es im Moment Wichtigeres, als sich wegen eines Wortes zu streiten. „Los jetzt, runter vom Weg.“, wiederholte Hlofgar seinen Vorschlag noch einmal und lenkte sein Pferd zwischen die Bäume. Tjorben und Fimmion folgten ihm kurz darauf schließlich, auch wenn es so schien, als würde Fimmion es eher widerwillig tun. Nervös kaute er auf seiner Unterlippe, doch auf Tjorbens Frage hin, was los wäre, erwiderte er nur, dass er sich Sorgen machte, warum einige der Thalmor umkehrten. Sie mussten nicht lange warten, ehe die beiden Reiter auftauchten. Wer sie waren ließ sich nicht erkennen, da sie die Kapuzen ihrer Reiseumhänge tief ins Gesicht gezogen hatten, doch ein pechschwarzes Pferd, dessen Augen rot glühten, gab es Hlfogars Meinung nach, nur einmal in Himmelsrand. Und jenes war zeitgleich mit seiner Herrin verschwunden. Ohne sein Vorhaben den anderen beiden zu erklären, sprang Hlfogar aus der Deckung hervor und auf den Weg. „Kiiryolsah!“, rief er laut. Sofort stoppten die Reiter ihre Tiere, beziehungsweise, das schwarze Höllentier stieg auf die Hinterhand, auf welcher es sich umwandte, um den vermeintlichen Feind im Blick zu haben. Kiiryolsah hatte die Zügel losgelassen, um in ihren Händen helle Flammen heraufbeschwören zu können. Gerade wollte sie den Zauber entfesseln, als sie erkannte, wen sie da vor sich hatte. „Hlofgar Blutfang?“, fragte sie überrascht und ließ die Flammen verlöschen. „Wie habt ihr euch befreien können?“, fragte der Blonde und näherte sich der Dunmer. Auch Tjorben und Fimmion kamen nun aus dem Dickicht, nicht minder überrascht wie Hlfogar. „Ich hatte unerwartete Hilfe.“, erwiderte Kiiryolsah und wies auf ihren Begleiter. Jener starrte unter seiner Kapuze missmutig zu Fimmion hinüber. Zwar kannte er ihn nicht persönlich, jedoch wusste er noch, dass eine Einheit der Bosmer zu den Sturmmänteln übergelaufen war. Mit einem leisen Seufzen zog er sich schließlich die Kapuze vom Kopf, da es so oder so nichts bringen würde, seine Identität weiterhin zu verheimlichen. „Bei den Neun!“, rief Tjorben aus, welcher den Hochelfen sofort erkannte. „Das ist Caracalmo, der Feldherr der Thalmor.“ „Was?“, hakte Hlofgar sofort ungläubig nach und Kiiryolsah wandte dem Weißblonden überrascht ihr Gesicht zu. Nun wusste sie auch wieder, warum ihr der Elf so bekannt vorgekommen war. Sie hatte ihn bereits aus der Ferne auf dem Schlachtfeld gesehen. „Wie wäre es mit etwas Dankbarkeit? Ohne mich säße das Drachenblut noch immer in seinem Käfig.“, sagte Caracalmo hochmütig und richtete sich in seinem Sattel weiter auf. Doch wie er feststellen musste, war das keine Möglichkeit, einen Nord zu besänftigen. Hlfogars Augen verengten sich und er spie auf den Boden. „Ich spucke auf euch ihr verfluchter Bastard!“, rief er und wollte nach seiner Axt greifen. „Nicht!“, rief Kiiryolsah sofort und stieg aus dem Sattel, lief ein paar Schritte auf den Blonden zu. „Es stimmt, was er gesagt hat. Er hat mich wirklich befreit.“ „Das ist doch nur wieder ein Trick.“, wandte Hlfogar sofort ein, den Thalmor dabei nicht aus den Augen lassend. „Dieses hinterliste Dreckspack plant nur wieder eine weitere Schandtat.“ Kiiryolsah schwieg zunächst und drehte sich halb in Richtung Caracalmo, welcher das Geschehen abwartend beobachtete. Als sich ihre Blicke trafen, blitzte in den gelben Seelenspiegeln wieder die Gier auf. Das gab der Elfe Gewissheit. „Wir können ihm vertrauen.“, versicherte sie Hlofgar. Jenem hier zu begegnen, hatte sie mehr als überrascht. Nicht weil, man scheinbar einen Suchtrupp nach ihr losgeschickt hatte, sondern weil es Hlofgar selbst war, der sie hatte retten wollen. „Wie könnt ihr euch da sicher sein?“, verlangte Hlofgar nach wie vor misstrauisch zu wissen.“ „Er brachte mir mein Schwert.“, erwiderte die Dunmer und deutete auf die Waffe an ihrem Gürtel. Ihre Rüstung hatten sie bei dem Trupp lassen müssen, da die Zeit zu knapp geworden war. „Und ich bezweifle, dass die Thalmor ihren Feldherrn entbehren, nur um uns eine neue Falle zu stellen. Mal ganz davon abgesehen, dass sie mich bereits in ihrer Gewalt hatten, was sollten sie also noch mehr wollen? Außerdem…besitze ich etwas, was er um jeden Preis haben will. Und um es zu bekommen wird er uns bei meinem Plan helfen.“ Leise lachte Caracalmo und stützte die Unterarme auf dem Sattel ab, um sich bequem nach vorne beugen zu können. „Ich habe meine Abmachung bereits erfüllt.“, erwiderte er. „Ich habe euch aus eurem Käfig befreit.“ „Stimmt.“, sagte Kiiryolsah. „Und ihr werdet dafür ein Geheimnis von mir erfahren. Allerdings besitze ich mehr, als nur dieses eine. Wenn ihr die anderen wollt, müsst ihr dafür gegen euer eigenes Volk kämpfen.“ Wieder lachte Caracalmo, doch diesmal anerkennend. „Ihr seid verschlagen, für einen Bastard.“, bemerkte er und gab damit zugleich seine Zustimmung. Es machte ihm nichts die Thalmor zu verraten. Für Caracalmo zählte nur die Macht. Der Aldmeri-Bund war für ihn nur ein Mittel zum Zweck gewesen und wenn sein Schicksal nun von ihm verlangte, gegen ihn vorzugehen, so würde er dies ohne zu zögern tun. „Ihr habt euch verändert.“, bemerkte Hlofgar, überrascht von der plötzlichen Selbstsicherheit des Drachenblutes. „Ich…sage mir einfach immer wieder, dass ich gerade das tue, was ich am Besten kann.“, erwiderte Kiiryolsah und nun flackerte doch wieder etwas von ihrer alten Unsicherheit auf, die jedoch nach Hlofgars nächsten Worten sofort wieder verschwand und stattdessen von einem Lächeln ersetzt wurde. „Ihr kämpft.“ „Weil alles ein Kampf ist.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)