A Life before... von -Heartless- (Cherik AU) ================================================================================ Kapitel 11: Erste Lehrstunden ----------------------------- In der Ruhe des Waldes - Erik Magnus Lehnsherr Ich mochte den Wald am Morgen genau so sehr wie Abends. Er war weit, düster und hatte wie auch mein Anwesen so einige Geheimnisse. Verborgenes schien mich sehr anzuziehen, wie ich feststellte. Ich ritt nun etwas langsamer, da ich keine Lust hatte erneut den Boden zu küssen oder Tornado sich noch in den dichten Wurzeln verkeilte und hinfiel. Schnaufend wurde der schwarze Wallach also langsamer. Liebevoll tätschelte ich seinen Hals. „Braver Junge.“, lobte ich ihn. Heute war er wirklich sehr artig. Ob das an der Pflege lag die er nun täglich und einige Momente länger erleben durfte? Ich atmete die kalte Luft ein, betrachtete die Atemwölkchen die von mir und meinem Tier ausgingen, bis ich dann an der Zügel zog und mein Pferd dann weiter durch den Wald führte. Kein Geräusch mochte die wunderbare Stille dieses Waldes zu trüben. Hier konnte ich meinen Gedanken nachhängen. Über diesen Mann nachdenken, der mich aus meinem Konzept brachte. Bei ihm war es bedeutsam schwerer meine Mauern, meine Maske aufrecht zu erhalten. Wie könnte ich auch, bei diesen Augen? Ich hatte jedes Mal das Gefühl, wenn er mich ansah, dass er tief in mein Innerstes blicken konnte, auch ohne seine Gabe einzusetzen. Tief in mein Herz. Und begann da einen Faden an meine Rippe zu knüpfen, der sich bis zu ihm schlängelte. Einen Verbindungsfaden, der zwar noch sehr dünn schien, aber eine Verbindung dennoch aufgebaut hatte. Ich führte Tornado durch dieses herrliche Waldstück, welches ich eigentlich viel zu selten aufsuchte und genauer betrachtete. Auch wenn ich oft hier durch kam, da der Weg zur Stadt genau dieses Waldstück beherbergte, aber nie hatte ich es mir genauer angesehen. Ich fragte mich ins Geheim ob sich Charles der Schönheit dieser Welt bewusst war. Bestimmt. Sonst wäre er nicht Gärtner und hätte solch eine innige Beziehung zur Natur. Wenn es jemanden gab, der die Erde, diese wundervolle Natur zu schätzen wusste, dann war es er. Eingesperrt bei einem tyrannischen Unhold, fern jeder Natur, die so vieles zu bieten hatte, fern von Liebe und Zuneigung. Mich nun darüber ärgernd, dass meine Gedanken schon wieder bei diesem Burschen hingen, biss ich mir auf die Unterlippe. Was hatte er an sich, dass er mir nicht mehr aus dem Kopf ging? Sicher, nun würde ich ihn nie mehr da raus bekommen, nicht nachdem was ich gesehen hatte. Nicht nach den Bildern die er mir gesandt hatte. Doch….war ich gerührt dass er mir so viel Vertrauen entgegenbrachte und sie mir gezeigt hatte. Meine Aufforderung war nicht zu forsch und herrisch gewesen, als dass ich unbedingt darauf bestanden hätte, mir alles erzählen zu müssen. Aber er hatte es mir gezeigt. Von sich aus. Hatte mir sogar mehr gezeigt, als ich wissen wollte. Wieso also fühlte ich dann mein Interesse noch immer nicht befriedigt? Meine Neugierde. Ich wollte mehr wissen. Mehr von seinen Fähigkeiten, seinen Talenten. Wollte sie fördern und zeigen, dass er mehr kann, als nur im Garten arbeiten. Dass auch er Fertigkeiten besaß wie ein Mann in höherer Gesellschaft. Und dass er es locker mit solchen aufnehmen konnte. Ich schmunzelte über diesen Gedanken. Ja, Charles würde es schaffen, da gab es keinen Zweifel. Ich würde ihm nur etwas dabei helfen müssen. Schließlich riss ich die Zügel herum und führte Tornado den Weg zurück. Es war schon bedeutend heller geworden und mein Magen begann nun auch anzugeben, dass es Zeit war umzukehren. Als wir aus dem Wald kamen, gönnte ich meinem schwarzen Wallach nochmal den Ritt über die Felder. Bis hinauf zum Anwesen. Mit scheppernden Hufen, kamen wir auf dem Hof an, der nun um einiges belebter war, als heute früh. „Guten Morgen.“, verkündete ich den Angestellten denen ich begegnete. Dann stieg ich vom Pferd und übergab die Zügel Jonas. Und direkt hinter ihm stand Charles. Dem ich ebenfalls nickend einen guten Morgen wünschte. Von der Kälte und der Anstrengung des Reitens waren meine Wangen ganz leicht gerötet. Meine Nase und meine Ohren waren eiskalt. Daher war ich doch ganz froh wieder ins Warme laufen zu können. Ich würde Charles nicht mehr viel im Garten zumuten können. Es war wirklich schon zu kalt. „Guten Morgen, Mister Lehnsherr.“, begrüßte mich Miss Fairfax. „Guten Morgen.“, kam es doch ziemlich gut gelaunt zurück. „Das Frühstück ist bereit, mein Herr.“, meinte sie dann und geleitete mich in den Esssaal. „Irgendwelche Neuigkeiten?“ „Nein, Sir. Jedenfalls nichts Dringendes. Die Post liegt neben ihrem Teller.“ ~ Morgenarbeit - Charles Francis Xavier Jonas hatte mich breit angegrinst als er mich gesehen hatte und kam auf mich zu. Es war klar, dass er neugierig war, denn schließlich wurde er aus dem Zimmer geschickt als ich mich mit unseren Herren angelegt hatte. Aber was sollte ich jetzt sagen? Denn das Gesicht des Herren musste bewahrt werden. Für mich war es lächerlich, doch für meinen Herren war es sehr wichtig seine Maske aufrecht zu erhalten. Daher erzählte ich Jonas, dass er mich noch ziemlich angefahren hatte, aber es mir eigentlich egal war. "Niemand hat sich je getraut, sich mit ihm anzulegen.", sagte er und lief in eine der Ställe um Futter in eine Tränke, die jetzt kein Wasser spendete sondern Futter, zu füllen. "Na ja ... ich musste einige Strafarbeiten machten...", sagte ich leicht gequält um es echt wirken zu lassen. Ich wusste, dass Herr Lehnsherr nur selten Strafarbeiten auferlegte, aber dass die anderen sich nicht das gleiche erlaubten so wie ich, musste ich es so darstellen. Jonas nickte und schaute durch die Gitter zu meiner Box herüber, wo ich gerade dabei war eine braune Stute zu füttern. Es fiel mir wirklich nicht schwer mit Tieren schnell Freundschaft zu schließen, denn ich wusste nur durch eine Berührung was sie wollten. Wenn es nicht so wäre, wüsste ich nicht ob ich die gleiche Wirkung auf diese hatte. Da ich sie aber schon immer hatte, wusste ich es nun einmal nicht genau. Lächelnd trat ich wieder nach draußen und spitzte meine Ohre, als sich Hufgeklapper über den Hof bemerkbar machte. Unser Herr war von seinem Ausritt zurück, dachte ich mir und schaute zum Eingang des Stalls. Im nächsten Moment kam der Herr auch schon herein gelaufen. Mein Blick fiel auf seinen Fuß, dem es anscheinend schon viel besser ging. Ich lächelte, senkte aber meinen Kopf als er näher kam. Sollte es doch nicht so aussehen als würde ich ihn anstarren. Seinem Gesicht nach hatte man gesehen, dass es kalt war. Seine Wangen waren leicht gerötet gewesen, sowie seine Ohren. "Guten Morgen Sir.", sagte ich, ließ meinen Blick aber gesenkt. Sollte Jonas nicht denken, das alles in Ordnung war. Jonas wurde die Zügel von Tornado in die Hand gedrückt und ich hörte nur die Schritte von unseren Herren, die sich in Richtung Haus bewegten. Ich schaute wieder auf und sah Jonas mitleidigen Blick. Er glaubte mir. Ich wusste es würde nicht für lange sein, denn Dinge sprachen sich in diesem Haus sehr schnell herum. Für den Anfang war es erst einmal ganz gut. Ohne zu zögern drückte er mir die Zügel in die Hand und lächelte schräg. "Was musst du für Strafen machen.", fragte er dann, als wir den schwarzen Wallach zu seiner Box führten. Sachte berührte ich ihn am Hals und sah seine wundervollen Empfindungen, als sie im Wald ausgeritten waren. Ein herrliches Gefühl, als wäre ich direkt dabei gewesen. Ich atmete kurz tief ein, als ob ich genauso wie Tornado die kalte frische Luft genießen wollte. Ich schreckte jedoch aus den Erinnerungen, als ich die Frage von Jonas hörte. Wieder lächelte ich. "Ich musste mit ihm essen...", sagte ich gequält und lenkte das Tier in die Box. Jonas starrte mich im ersten Moment einfach nur an. Ich sagte schließlich die Wahrheit und belog ihn nicht. Grinsend begann ich den Sattel abzunehmen und legte ihn erst einmal nach draußen über einen der Böcke. Das Halfter wechselte ich mit einem normalen aus und legte Tornado eine Decke üben den Leib, sodass er nicht auskühlte. Langsam strich ich ihm über den Hals. Er ist noch viel zu warm, dachte ich mir. Ich nahm mir eine der Seile, band es an das Halfter und führte den Jungen wieder nach draußen. "Schau mich nicht so an Jonas...", lachte ich, weil er mich immer noch ganz betölpelt musterte. Es war eine ungewöhnlich Bestrafung gewesen, doch für den Stallbuschen noch ungewohnter. Dieser zuckte schließlich nur kurz mit den Schultern. "Also irgendwie hat er einen Narren an dir gefressen...", sagte er schmunzeln und folgte mir nach draußen. Die Hufgeräusche ertönten wieder, nur das diese auch blieben, denn langsam fühlte ich den Wallach in einen großen Kreis umher. Er sollte sich runter kühlen. Die Gefahr war sonst zu groß, dass er erkrankte. Es war bestimmt nicht Mister Lehnsherr Absicht gewesen, doch wusste ich nicht ob es Jonas gemacht hätte. In Gedanken versunken führte ich den Wallach immer wieder im Kreis herum und schaute kurz zu Jonas herüber. Der sich sofort um die andere Pferde kümmerte, die schon nach draußen geführt wurden. Er war wirklich ein guter Stalljunge, denn er war mit seinem Herzen dabei ... Sowie mein Herr, der für seine Meinungen gerade stand... und schon wieder dachte ich an ihn...! Warum nur? Ich verstand mein Verhalten nicht ganz. Meine Gedanken fielen immer wieder auf ihn zurück. Natürlich, zum einen da er mein Herr war und doch zum anderen durch das was uns verband. Unsere Fähigkeiten... War da aber noch etwas anderes? Das konnte ich innerlich bei mir noch nicht einschätzen, daher nahm ich es einfach so hin und versuchte meine eigenen Gedanken etwas zu entknoten und zu lösen. Er war so anders. Man konnte sagen er war ein gütiger und herzensguter Mensch, auch wenn er versuchte es nach außen hin nicht zu zeigen. Völlig in Gedanken versunken drehte ich noch einige Runden mit dem Pferd und brachte es dann zurück in seine Box. Später sollte ich ihn dann noch bürsten, denn durch das lange schwitzen, hatte er leichte Salzkristalle in seinem Fell, die entfernt werden müssten. Ich lächelte schließlich als ich mich dem Sattel widmete. Dieser musste auch wieder sauber gemacht werden. Er brauchte Politur für das Leder. Ich hievte mir den Sattel in die Sattelkammer genauso auf einem Bock, schnappte mir einen der Lappen und begann ihn zu säubern, sowohl nur mit dem Lappen aber auch mit der Politur. Wieder leicht vor mir her summend erschreckte ich mich, als ich die Stimme von Miss Fairfax hinter mir hörte. Leicht erschrocken drehte ich mich um und schaute sie fragend an. "Mister Lehnsherr erwartet sie gleich im Speisesaal.", sagte sie lächelnd. Das hatte ich schon fast wieder vergessen, dachte ich mir und nickte dann. So schnell wie sie gekommen war, war sie auch schon wieder verschwunden. Diese Frau hatte wirklich das ganze Haus unter ihrer Fittiche. Grinsend beendete ich erst meine Aufgabe, als ich dann in die Waschkammer lief um mich etwas frisch zu machen, denn durch die Politur waren meine Hände geschwärzt. Schnell wusch ich sie und wischte mir über die Stirn. Ich hatte nicht mitbekommen, das ich jedoch an der Wange noch etwas dran hatte... Ich trocknete meine Hände ab und roch an ihnen. Es roch immer noch danach. Seufzend rollte ich mit den Augen und lief schließlich in den Speisesaal. Meine Sachen konnte ich anbehalten. Ich hatte ja auch keine anderen und für nur üben waren sie in Ordnung. Automatisch hob ich mein Arm und schnupperte auch an meinem Hemd. Es roch leicht nach den Pferden, aber auch nicht wieder so schlimm das es stören würde. Hoffte ich zumindest... Schulterzuckend trat ich ein und blieb neben dem Tisch stehen, der schon reichlich gedeckt wurde. Nicht mit Essen, sonder mit allen möglichen Essensinstrumenten. Wofür zum Teufel war das denn? Verwundert und misstrauisch, nahm ich ein anders geformtes Messer in die Hand. Aßen die Leute überhaupt? Wahrscheinlich pickten sie nur und versuchten irgendwas in ihren Mund zu bekommen. ~ Erste Lehrstunden - Erik Magnus Lehnsherr Ich war ganz froh keine schlechten Neuigkeiten zu bekommen, als ich hereinkam. Dabei streifte ich mir meine Handschuhe ab und begann mich aus meiner Jacke zu schälen. „Gut, das würde diesen wundervollen Tag nur zu Nichte machen.“, meinte ich und gab Anna, die her geeilt kam meine Sachen. Ich ließ mich von Miss Fairfax in den Esssaal geleiten, da sie meistens Morgens Bericht erstattete, was gemacht werden musste, oder welche wichtigen Papiere mich heute erwarteten. Während ich mich dann zu Tisch setzte, stand Miss Fairfax in ziemlichen Abstand zu mir und begann zu erzählen, was heute anstand. Es wurde dann auch gleich das Frühstück hereingebracht, dass meiner Meinung nach immer viel zu viel war. Ich mochte es nur ein Stück Brot und Marmelade zu haben, aber der Koch zauberte jeden Tag eine weitere kulinarische Köstlichkeit. Da traute ich mich kaum ihn zu beschämen und aß es schließlich doch. Natürlich sehr zur Zufriedenheit von Miss Fairfax. Bestimmt hatte sie sich gar mit dem Koch abgesprochen. Denn sie war immer in Sorge, wenn ich nicht aß. Was manchmal doch ziemlich oft vorkam. „Ich habe ihnen zwei weitere Verträge auf ihren Schreibtisch gelegt…“, erzählte sie also, während ich mich meinem Mahl zu wand. „Die müssen heute noch unterzeichnet werden, damit ich sie zur Post bringen kann. Des weiteren ist eine Einladung von Herrn Wickham gekommen, der sie ebenfalls wünscht zu sehen und sie auf ein Fest eingeladen hat. Und die Erklärung ihrer bevorstehenden Reise ist da, Sir.“ Ich nickte also und war froh zu hören, dass nicht ganz so viel Arbeit auf mich wartete. Da konnte ich ja getrost die ältere Dame über mein Vorhaben informieren. „Sehr schön. Wenn ich dann keine anderweitigen Verpflichtungen habe heute, würde ich mich gerne mit Mister Xavier zusammensetzen. Wären sie daher so freundlich nach dem Frühstück den Tisch für zwei zu decken, als würden wir eine Gesellschaft erwarten? Damit ich mit dem Unterricht beginnen kann.“, bat ich sie. Wobei sie mich dann doch etwas überrascht ansah. „Sir, wenn…..ich könnte das doch auch für sie erledigen.“, schlug sie vor. Schmunzelnd tupfte ich meinen Mund mit der Serviette sauber. „Mam‘, Sie haben gewiss sehr viel zu tun heute und mein Aufgabenbereich ist heute nicht sehr ausgelastet, daher bedanke ich mich für ihr Angebot, aber ich werde schon damit zurechtkommen. Seien sie also informiert, Herrn Xavier heute und auch Morgen von seinen Pflichten zu entschuldigen.“ Miss Fairfax nickte und machte einen kurzen Knicks. „Sehr wohl, Sir.“ „Bringen sie ihn mir also gleich nach dem Frühstück hier her und bitte sehen sie zu, dass für morgen der Tanzsaal vorbereitet ist.“ Nun weitere Aufgaben zugeordnet bekommen, entschuldigte sich Miss Fairfax und ging dann auch an ihre Arbeit. Ich blieb schmunzelnd am Tisch zurück. Diese Frau würde sich noch den Tod holen, wenn sie weiterhin so emsich arbeitete. Das Frühstück beendete ich mit ziemlich vollem Magen, aber mit guter Laune und nun eindeutig mehr Wärme in den Gliedern. Während die Dienstboten begannen den Tisch abzuräumen und sogleich für den Unterricht vorzubereiten, ging ich nach oben um die beiden Verträge, die Erklärung und den Brief an Mister Wickham zu unterzeichnen. Danach ließ ich einen Dienstboten kommen, der mir aus dem nahegelegenen Dorf ein leeres Buch mitgebracht hatte, welches ich verlangt hatte. Das wäre für meinen eifrigen Schüler. Das würde er auch brauchen. Wenn er denn Schreiben gelernt hatte. Aber erst einmal mussten wir das für den bevorstehenden Abend lernen. Das war um einiges wichtiger. Sowohl die Manieren, den Tanz als auch die Umgangsformen. Ich war mir jedoch sicher, dass Charles damit fertig werden würde. Mit Sicherheit. Nachdem ich also meine Pflichten erfüllt hatte, ging ich nach unten in den Esssaal wo ich meinen Schüler dann auch sogleich erwartete. Ich war etwas spät dran, denn als ich reinkam, saß Charles schon am gedeckten Tisch. „Wunderbar. Entschuldigen sie die Verspätung.“, meinte ich gleich und schloss die Tür hinter mir. Eh ich mich dann zu ihm gesellte. Als ich so neben ihm stand, kam mir eine leichte Note der Pferde entgegen, aber nicht so stark, dass es mich stören würde. Hätte ich mich nicht umgezogen, würde ich wohl nicht anders riechen. „Also, ich hoffe ich habe sie nicht ihrer geliebten Arbeit entrissen, aber wie ich ihnen gestern mitgeteilt habe, werden wir eben etwas üben müssen.“ Ich schenkte ihm ein leichtes Lächeln. Auch wenn ich immer noch an gestern Abend dachte, so wollte ich dies vergessen oder anders ausgedrückt abtun und mich nicht anders verhalten als ich eh schon zu ihm gewesen war. Ich sah da keinen Grund. "Nein das haben sie nicht Sir... ", sagte er schnell und schüttelte seinen Kopf. „Nun denn….wir….oh.“, begann ich, hielt aber inne, als ich mir sein Gesicht genauer ansah. Schmunzelnd setzte ich mich neben ihn und nahm meine Serviette vom Tisch. „Sie haben da noch….“, flüsterte ich und begann mit einer Ecke meiner Serviette seine Wange von dem Schwarzen Politurmittel zu säubern. „Verzeihen sie.“, entschuldigte ich mich allerdings gleich, da ich ihm nicht zu nahe treten wollte oder gar seine Privatsphäre durchdringen. Es entstand ein etwas peinlich stiller Moment, den ich jedoch mit meinem Räuspern durchbrach. Er hatte mich nur verwundert angeschaut, doch dazu gesagt hatte er nichts. „Also beginnen wir.“, meinte ich und setzte mich wieder grade hin. „Ein Gentleman legt wie auch die Dame, seine Serviette auf den Schoss. Allerdings reicht es wenn sie sie nur über Knie legen und nicht so ordentlich entfalten wie es Madame macht.“, erklärte ich ihm. „Ich denke sie wissen dass man das gute Stoffstück nicht in den Kragen stopft oder sich gar damit die Nase putzt.“ Ich konnte mir nicht vorstellen, dass er das nicht wusste, auch wenn er einer der Dienstboten war, so hatte er sicherlich von einigen Umgangsformen bereits was aufgeschnappt. „Was genau wissen sie denn schon von dem manierlichen Essen einer Gesellschaft?“, fragte ich daher nach, während ich ihm etwas Wasser eingoss. Er musste durstig sein, so nach der Arbeit. "Ich weiß, dass das ein Löffel, ein Messer und eine Gabel ist... und ich sollte vielleicht nicht mit meinen Händen essen.", scherzte er leicht und zeigte auf das jeweilige Besteck. "Doch so viel Besteck wie hier liegt, wird man doch nie satt...", nörgelte er dann doch tatsächlich. Ich musste etwas schmunzeln, als er mir sagte was er bereits wusste. Aber immerhin wusste er schon mal das Wichtigste. „Anfangs ist es sicher alles noch etwas verwirrend, aber sie werden sehen, so schwer ist das gar nicht.“, wollte ich ihn schon mal vornweg beruhigen. „Sie können es sich ganz einfach merken. Arbeiten sie sich einfach von außen nach innen.“, versuchte ich es ihm so einfach wie möglich einzutrichtern. Dabei zeigte ich auf die jeweiligen Gabeln und Messer. In genauerer Ausführung erzählte ich ihm welches Messer für Fisch und welches für Fleisch vorgesehen war. Wie man das Besteck richtig hielt, wie man sich den Mund abwischte, wie man anstieß oder wann man aufstand, wenn jemand den Tisch betrat oder verließ. Es waren vielleicht etwas viele Dinge auf einmal, aber ich wusste er würde damit zurecht kommen und sich meisterhaft schlagen. „Sie haben sich doch auch ganz gut gemacht, als meine Tante hier war. Sie sollten also keine Furcht verspüren, etwas falsch zu machen. Und wenn dann doch etwas passiert, können sie immer noch versuchen es mit einem witzigen Spruch abzutun.“, meinte ich und versuchte ihm etwas die Nervosität zu nehmen. „Machen sie sich wegen übermorgen keine Sorgen. Wir werden so wieso im Stehen essen müssen. Es wird keine Tischgesellschaft geben, da es ein öffentlicher Ball ist und es wohl zu viele Leute haben wird um sie alle einzeln zu bedienen.“, meinte ich. Aber ich fand es dennoch wichtig ihm diese Regeln einmal beizubringen. „Sie können mich heute Abend erneut beim Essen Gesellschaft leisten, dann können wir das Ganze auch gleich mal noch üben.“, schlug ich vor und war froh auch heute nicht alleine speisen zu müssen. „Kommen wir nun am besten zu den Gesellschaftlichen Regeln. Dazu muss ich ihnen auch etwas von den Gastgebern erzählen, damit sie bei Gesprächen darauf eingehen können. So oder so müssen wir uns eine Geschichte ausdenken, weshalb sie mich begleiten. Meine Tante wird sicherlich auch anwesend sein und versuchen sie bloßzustellen, in dem sie allen weiß machen will, dass sie der besagte Dienstbote wären. Allerdings würde sie sich so lächerlich und unbeliebt beim Gastgeber machen, da sie ihn dadurch beleidigen würde. So gesehen wäre es ja dann seine Schuld gewesen dass er sie eingeladen hat.“, begann ich nun das Thema zu wechseln und legte meine Hände aufeinander, während ich ihn anblickte. „Haben sie diesbezüglich eine Idee, oder beharren wir lieber auf der Wahrheit?“ natürlich wäre mir die Wahrheit ebenso Recht, aber ich wusste nicht, ob dies nicht nur meiner sondern auch Charles Ruf zerstören würde. Außerdem wollte ich unter allen Umständen Hennrics begegnen und er sollte sehen, was aus seinem Dienstboten geworden war. Wie er sich in den Tagen gemacht hatte. Ich brannte darauf ihn zu treffen und ihm das auszuteilen was er verdient hatte. "Die Wahrheit ist immer noch am beste, der Skandal der später kommen würde, wenn wir schweigen, wäre größer... und für sie vielleicht sogar gefährlicher. Über ihre Tante mache ich mir keine Sorgen...", sagte er ehrlich und schaute mich eine Weile offen an. Ich schätzte es sehr, dass er ein solch geduldiger Zuhörer war und sich scheinbar auch einiges beibehalten konnte, von dem ganzen Überfluss an Informationen die ich ihm zu Teil werden ließ. Was dann das Schauspielern anging, war ich ziemlich beeindruckt von dem was er mir dann antwortete. „Hört hört.“, gab ich ihm dann Recht und hob mein Glas um mir einen Schluck Wasser zu genehmigen. „Das haben sie allerdings Recht. Es wäre auch beträchtlich schwierig geworden, falls wir jemanden der Hennrics auf dem Ball antreffen würden und der ihre Identität hätte bekannt werden lassen. Ich bin so wie so ein wandelnder Skandal, da macht es nichts weiter aus, wenn ich schon von Anfang an bekannt gebe, wer mich begleitet. Schon wegen des Respekts ihnen gegenüber.“, meinte ich und nickte dann zustimmend. Er hatte Recht. Es wäre sehr viel fataler, wenn man es im Nachhinein herausfinden würde, als wenn ich meinen Mann stand und von Anfang an nichts zu verbergen habe. Das hätte mein Vater sicherlich genau so gesehen. „Nun denn, dann erzähle ich ihnen wohl lieber etwas über unsere Gastgeber. Sir Shaw ist ein hohes Tier in der Industriewelt. Wenn nicht gar das Leitende. Er besitzt so einiges und scheut sich nicht das auch zu zeigen und damit zu prahlen. Seine Verlobte, Lady Emma umgibt ein ebenfalls ziemlich skandalöses Gerücht. Wie auch bei meiner Wenigkeit.“ Ich wusste bis heute nicht ob es wahr war, aber das würden wir in zwei Tagen sicherlich entscheiden können. „Man munkelt, dass sie früher eine der Mätressen des Königs gewesen war und sie Sir Shaw nur durch ihre Reize gewinnen konnte.“ Ich kam mir beinahe schon so vor wie Miss Fairfax, von der ich den ganzen Klatsch und Tratsch mitbekommen hatte. In der Hinsicht war sie äußerst nützlich. So konnte ich mich auf die Gastgeber und auf die üblen Lästereien, die es in den Gesellschaften zu Hauf gab, vorbereiten. „Da meine Familie ein großes Ansehen hat oder hatte, erweist uns der Brauch, dass wir die Menschen ansprechen. Jemand niedrigeres darf uns nicht ansprechen oder in ein Gespräch verwickeln. Das schickt sich nicht und wird als unhöflich empfunden. Die meisten Gesellschaftlichen Männer pflegen jedoch gute Umgangsformen, was heißt, dass man meistens schnell in ein Gespräch hinzugezogen wird, ohne dass man etwas dafür tun bräuchte.“, erklärte ich ihm wie es unter Reichen so zu und her ging. Allerdings sollte er sich darüber keine Sorgen machen, da er nicht von meiner Seite weichen würde und ich all die ganzen Floskeln übernehmen würde. Ich würde ihn jedoch herzlichst hinzuziehen und anderen vorstellen. „Ich werde versuchen sie so vielen wie möglich vorzustellen, damit sie sich einen Namen machen können.“, warnte ich ihn vor. „Auf Gesellschaften wird viel getanzt. Meistens herrscht es an großem Mangel an Herren, was dazu führt, dass jeder Mann eine Frau zum Tanze auffordern muss. Bei solch großem Mangel gilt es ebenfalls als sehr unhöflich wenn man da nicht pflegt zu tanzen. Bedenken sie aber, nicht mehr als einmal mit derselben Frau zu tanzen, denn ansonsten hieße es, dass sie sich für sie interessieren. Zwei Mal zeigt schon eine offenkundige Zuneigung aus. Beim dritten Mal wäre es bereits skandalös oder eine öffentliche Liebeserklärung.“ Ja der Adel hatte so einige Regeln, von denen ich ehrlich gesagt nicht immer begeistert war. So verging der ganze Tag und ich hoffe, dass er sich das alles einigermaßen im Kopf behalten konnte. Aber bei Fragen, hatte ich ihm gesagt, könnte er immer zu mir kommen. Ich würde auch aufpassen, dass er keine Dummheiten anstellte, was ich mir jedoch nicht vorstellen konnte. ~ Nächtliche Wanderungen - Charles Francis Xavier In Ruhe lauschte ich seiner Stimme und nickte ab und zu mal, um ihm zu zeigen das ich ihn verstanden hatte. Im ersten Moment schwirrte mir wirklich der Kopf, denn diese ganzen Informationen die er mir vermittelte waren nicht gerade einfach. Den wieso benutzte man ein Fischmesser und dann wieder ein ganz anderes für das Fleisch? Ich verstand es einfach nicht... Wieso mussten diese Leute so viel Besteck verschwenden und den Dienern noch mehr arbeiten aufhalsen? Man hatte ein Messer und das würde reichen oder etwa nicht? Immer wieder schaute ich ihn verständnislos an und doch unterbrach ich ihn nicht in seinen Ausführungen. Es war unhöflich... Als er fertig war mit seinen Ausführungen und mir vorschlug heute Abend bei dem Abendessen wieder dabei zu sein, um weiter zu üben nickte ich. Es war wichtig, dass ich es immer wieder durchspielte, so konnte ich es mir besser merken. Er meinte dort würde es fast nur Essen im stehen geben, also bräuchte ich mir darüber nicht ganz so viele Gedanken machen. Es war dennoch nicht schlecht das alles zu wissen. Weiter erklärte er mir, wer denn unser Gastgeber war, denn das war genauso wichtig. Ich musste wissen wen ich vor mir hatte und wer nicht. Es würde ein schwieriger Brocken werden, wenn Lady Emma wirklich so eine Person war... Definitiv würde ich die ganze Zeit an diesem Abend bei ihm bleiben. So konnte ich wenigstens nichts Falsches machen. Es war immerhin doch ein Unterschied, ob ich nur wenigen Personen etwas vorspielte oder um einiges mehr. Es machte mich nervös und doch hatte mich der Abend mit seiner Tante genauso nervös gemacht. Ich hatte diesen Gott sei Dank gemeistert, doch würde ich diesen Ball auch meistern? Seufzend lehnte ich mich leicht zurück, bis Mister Lehnsherr zum tanzen kam und ich lächeln musste. Waren die Leute wirklich so steif? Wieso konnte man mit einer Person nicht öfters tanzen? Was ist wenn die anderen nicht so gut sind? Ich verdreht leicht die Augen. Es war wirklich komisch, doch ich nahm es so hin, denn ich hatte die Anstandsregeln nicht gemacht und würde sie jetzt auch nicht wieder brechen... Zumindest einige nicht... Am Ende des Tages ging es mir nicht gerade besser. Mein Kopf glühte und ich hatte auch meinen Herren immer noch keine Antwort gegeben , bezüglich meiner Fähigkeiten. Es nagte immer noch an mir und das wollte ich auch nicht so einfach ablegen. Ich wusste das ich sie trainieren musste, so hatte ich es heute früh auch heimlich mit Jonas gemacht. Mich in seinen Geist eingeschlichen und diesen studiert. Auch er hatte seine Geheimnisse, doch ich würde sie nie jemanden verraten. Schließlich wollte ich Anna und ihm nicht im Wege stehen, dachte ich mir grinsend als ich den dunklen Flur entlang ging. Mein Weg führte mich nicht in mein Zimmer sondern sofort hoch auf den Dachboden. Ich hatte mir diesmal einen Kerzenständer genommen, der drei Kerzen beinhaltete, sodass ich auch mehr sehen konnte ohne wieder etwas umzuwerfen. Als ich die Treppen nach oben lief, fielen mir schon beinahe dort meine Augen zu. Ich musste aufpassen das ich nicht stolperte. Es war anstrengend sich nicht nur körperlich zu betätigen sondern auch geistlich. Es war eine ungewohnte Arbeit und daher ermüdete sie mich auch. Automatisch wich ich den Büchern aus, stellte den Kerzenständer auf den kleinen Tisch, zog mein Hemd aus und kuschelte mich in den Sessel. Beim Essen war ich immer wieder das Besteck durch gegangen, sodass wir es üben konnten. Es war die Absicht meines Herren oder er wollte einfach nicht alleine essen. Ich wusste es nicht genau. Ich nahm es aber hin und nutze eben gar die Chance weiter zu üben. Man bemerkte jedoch aber dann, wie jetzt, dass es wirklich viel an einem Tag gewesen war... Sehr viel sogar... Ich war es einfach nicht gewohnt... Ich atmete tief ein und aus und schon im nächsten Moment war ich auch schon eingeschlafen. Die Füße berührten den Boden des Dachbodens und liefen leise über diesen. Das Licht der Kerzen zeigte ihm den Weg, den er gehen musste. Doch wohin wollte er? Langsam schlich er die Treppen hinunter und strich sich öfters über die Augen, um den Schlaf aus diesen zu bekommen. Wo war er? Er hatte diesen Flur auf dem er trat schon mal gesehen... kam ihn doch vertraut vor. Seine nackten Füße führten ihn weiter den Flur entlang. War er diesen Weg heute nicht schon mal gelaufen? Leise blieb er vor einer Tür stehen... Auch diese war ihm bekannt und doch traute er sie sich am Anfang nicht zu öffnen. Was war nochmal dahinter? Es fiel ihm erst nicht ein, doch als er einfach die Tür aufstieß erblickte er einen Mann der vor einem Kamin saß und las. Saß er schon lange da...? Ohne zu zögern Schritt er auf ihn zu... und schaute ihn an... "Wer sind sie und was mache ich hier?", fragte er ihn offen. Hatte er doch auch Angst... Angst davor verlassen zu werden... Angst davor geschlagen zu werden... Angst zu sterben... Er wusste nicht warum... aber dieser Mann, gab ihn etwas, damit er wusste nicht mehr allein zu sein. Er zitterte, denn ihm war kalt und doch blieb er einfach stehen und schaute den Mann an. „Charles?“, kam es verwirrt von dem Mann. „Geht es ihnen gut? Kann ich ihnen irgendwie helfen?“,fragte er besorgt. Warum? Verwirrt schaute er den Mann an, der seinen Namen nannte. Kannte er ihn etwa? Aber woher? Er stand auf und legte mir seine Jacke über den Oberkörper und führte mich zu einen der Sessel. Wieso tat er das? Er kannte ihn doch gar nicht? Oder doch. Der Geruch... Der Geruch, der von dieser Jacke ausging hatte er schon einmal irgendwo vernommen. Ja oben an dem Sessel aus dem er erwacht war. Der Mann schaute ihn besorgt an... Sah er denn so anders aus...? Sah er denn überhaupt so anders aus. Ohne auf den Mann zu achten, legte er die Jacke ab und schaute seine Arme und seinen Oberkörper an... So weit ging es ihm gut... Er wurde schon lange nicht mehr geschlagen. „Charles, geht es ….ihnen gut?“, fragte er ihn nochmals. "Ja Sir ... mir geht es gut, doch sagen sie mir bitte wo ich bin... Ich muss morgen bei meinem Herren sein. Wenn die Pflichten nicht erfüllt sind, gibt es sicherlich wieder Ärger. ", sprach er weiter und schaute den Mann wieder an. Die Angst gegenüber seinen Herren blieb, doch er wusste nicht warum, aber er fühlte sich bei diesem fremden Mann sicher... und doch war da etwas... Hatte sein Herr ihn für die Nacht wieder verkauft? Würde er ihn morgen Früh wieder abholen und diesen Mann fragen ob er seine Pflichten erfüllt habe? Ängstlich schaute er zu ihm herüber, stand wieder auf und setzte sich ohne Umschweife breitbeinig auf seinen Schoß. "Mein Herr hat mich wieder verkauft... ", sagte er ruhig und legte seine Hände auf die Wangen des Mannes. Er sah nicht aus, wie jemand der sich Männer anwarb und doch hatte er mich gekauft für eine Nacht. Aber wieso...? Seine Augen waren so sanft und doch drückten sie eine gewisse Kälte aus die ihn erschreckte. Unschlüssig was er jetzt machen sollte beugte er sich zu den Mann herunter... Der Mann packte ihn an seinen Oberarmen und drückte ihn von sich fort. Er verstand es einfach nicht... „Charles.“ „Mäßigen sie sich. Wachen sie auf.“, bat er ihn und blickte ihn an. „Wachen sie auf, hören sie!“, sprach er weiter und begann ihn sanft zu schütteln. Was meinte der Mann damit, dass er wach werden solle? Er nahm ihn nicht, wie jeder andere der ihn bis jetzt gekauft hatte, sondern drückte ihn stattdessen weg, forderte ihn auf wach zu werden... Er verstand es nicht. Hatte er etwas falsches gemacht? Hatte er sich nicht gut benommen? Verwirrt blickt er zu den Mann herunter. "Wollen sie mich nicht? Wieso haben sie mich dann gekauft?", fragte er ihn offen und legt seinen Kopf schräg. "Mein Herr wird sie morgen fragen, ob ich ein guter Liebhaber war... wenn ich das nicht war, wird er mich einsperren... das möchte ich nicht... Ich möchte nicht eingesperrt werden.", sagte er. Er begann zu weinen und legte seine Hände in sein Gesicht, noch immer auf dem Schoss dieses Mannes sitzend. Was machte er hier? Wenn der Herr heraus bekam, das er vor seinen Kunden geheult hatte, würde das genauso schlimm enden... Er wollte das nicht... Der Mann vor ihm sagte er solle auf wachen. Es wäre schön wenn das alles nur ein Traum wäre und er einfach wieder aufwachen würde und ein Leben wie einer der Edelmänner führte. Nicht wie sein Herr... nein er würde sich für die schwächeren und ärmeren Menschen einsetzten ihnen ein besseres zu Hause geben... Doch all das würde niemals in Erfüllung gehen... Er zuckte kurz zusammen, als er eine Stimme in seinem Kopf vernahm, doch es war nicht seine, eher die des Mannes vor sich. Verwundert legte er seinen Kopf schräg und schaute ihn einfach nur an. Was war das gerade? Waren das seine Gedanken oder doch meine? Was suchten sie in seinen Kopf? Die Gedanken spiegelten auch das wieder, was der Mann schon gesagt hatte das er wach werden solle....wach werden ... ~ Folgende Vergangenheit - Erik Magnus Lehnsherr Ziemlich überfordert - musste ich gestehen - blickte ich ihn an. Er fragte mich doch allen Ernstes, ob ich ihn nicht haben wollte. Ich musste bei dieser Frage doch hart schlucken. Sollte ich darauf antworten? Nein. Gütiger Gott nein! Als er weiter erzählte, konnte ich nicht umhin festzustellen, dass er mir auch jetzt in diesem Zustand noch die Wahrheit sagte. Mir erzählte was er durchmachen musste, mir offen darlegte, was geschehen war. Wieder verspürte ich diese Wut, diesen Zorn auf Hennrics. Und vergönnte ihm den Umstand, dass er kaum noch gehen konnte. Als schließlich die ersten Tränen flossen, setzte ich mich weiter auf und legte meine Arme um ihn. Wie letzte Nacht, als er mir gezeigt hatte, was geschehen war. Und jetzt verstand ich auch erst was ich tun musste. Ich musste ihn nicht wach bekommen, sondern nur wieder zum einschlafen bringen. „Shhhhh~ Alles ist gut, Charles. Es wird ihnen niemand wehtun.“, versicherte ich ihm. Mein Gott sein Oberkörper war so kalt. Langsam begann ich seinen Oberarmen rauf und runter zu reiben, damit ihm wenigstens etwas wärmer wurde. „Beruhigen sie sich und schließen sie die Augen.“, flüsterte ich beruhigend. Ich konnte ja schlecht einfach aufstehen. Noch immer saß er doch ziemlich aufreizend auf meinem Schoss. Doch ich machte es mir nun erst einmal zur Aufgabe ihn zu beruhigen und wieder einschlafen zu lassen. Ob ich ihm Morgen früh davon erzählen sollte? Wohl besser nicht. Hoffentlich konnte er sich nicht daran erinnern. Ich legte seinen Kopf an meine Schulter und wiegte ihn etwas hin und her. Aus mir wäre vielleicht gar ein guter Vater geworden, aber hegte ich nicht den Wunsch einer zu werden. Lieber begann ich eben meine väterlichen Eigenschaften an meine Dienstboten zu gebrauchen. „Schlafen sie Charles. Alles ist gut.“, flüsterte ich weiter auf ihn ein. Der Tag verging schon wie im Fluge, auch wenn wir vieles zu bereden hatten, so schien er doch einfach an uns vorbeizufliegen. Auch ich war an diesem Abends etwas geschlaucht, denn es war ziemlich ungewohnt so viel zu sprechen. Ich war meistens ein zurückhaltender Mann und verfiel lieber ins Schweigen. Doch wenn ich unterrichtete, musste ich einfach sprechen, ich konnte ja kaum schweigend jemandem etwas beibringen. Wäre ich doch nur nicht hier in die Bibliothek gekommen... zu meinen Freunden. Den Büchern. Ich hatte keine Kosten und Mühen gescheut um weitere der fantastischsten Werke zu mir kommen zu lassen. Der beachtlichste Teil der Bibliothek gehörte allerdings meinem Vater. Doch hatte ich mir ihn zum Vorbild genommen. Immer wieder bestellte ich die neuesten Exemplare oder ließ ältere beim Buchbinder neu gestalten um sie vor dem schändlichen Tod zu bewahren. Ich hatte mich also in einer der weichen Sessel am Kamin zurückgezogen. Ich wusste bis eben erst nicht von was er da redete. Es hatte Wirkung gezeigt. Ich schloss die Augen, als sich dieser seelisch wie auch körperlich geschundene Mann an meiner Schulter ausweinte. Bis ihn die Erschöpfung doch noch einholte und ihn leise werden ließ. Ich wartete noch etwas ab, bis er sich wirklich beruhigt hatte, eh ich dann vorsichtig aufstand, Charles in meinen Armen und darauf bedacht ihn nun nicht mehr aus seinem Schlummer zu wecken. Ich nahm die Jacke mit die ich ihm schon mal umgelegt hatte. Leise brachte ich ihn in seine Räumlichkeiten, deckte ihn zu und hoffte, dass dies nicht allzu oft vorkommen mochte. Sicher ich war nicht grade erfreut darüber, doch konnte er schließlich auch nichts dafür. Für ihn war es wohl sehr viel unangenehmer als für mich. Ich zog mich dann auch langsam zurück, nun doch reichlich erschöpft von den Ereignissen des Tages. Auch wenn die Nacht sehr viel mehr Überraschungen zu bieten gehabt hatte, als der vergangene Tag. Am nächsten Morgen wachte ich doch etwas verspätet auf. Nicht ganz so früh als sonst. Und doch noch immer vor den Dienstboten. Etwas in Eile geraten, wusch ich mich, zog mich an und holte wie so üblich mein treuen Freund Tornado aus seiner beengenden Box. Der heutige Tag versprach ebenfalls ereignisreich zu werden, weshalb ich diesen Ritt nun mehr brauchte als gestern früh. Ich musste den Durchblick behalten, mein Gesicht wahren und das gestrig erlebte verarbeiten. So wollte ich nicht, dass mein Freund von der Sache gestern erfuhr, da es ihn sicherlich zu tiefst beschämen würde. Also würden wir heute unsere Unterrichtsstunden ausschließlich auf den Tanz richten. Denn auch dieser war sehr wichtig. Morgen war bereits der Ball und die Gesellschaft maß gut und gerne das Ansehen wie auch Können eines Mannes, an der Art des Tanzes. Daher würde ich mir besonders Mühe geben und ihm alles beibringen was er für den morgigen Abend benötigte. Die Gesellschaft würde sehr förmlich sein und äußerst kultiviert. Selbst für einen Gentleman wie mich, etwas zu kultiviert. Daher wusste ich welche Tänze getanzt werden würden und konnte mich dem entsprechend auch mit Charles darauf vorbereiten. Ich trieb also Tornado über das Feld, in den Wald und wieder zurück. Als ich zurückkehrte, war wie so üblich, bereits alles im vollen Gange. Ich brannte darauf zu wissen, ob sich Charles noch daran erinnern konnte und doch schämte ich mich dessen, es zugelassen zu haben, dass er mir so bedeutsam nahe getreten war. Ich hatte gestern Abend große Mühe meinen Schlaf zu finden, hatte er mich doch in ziemliche Aufruhr gebracht. Meinen Morgengruß auf den Lippen, brachte ich nun Tornado wieder an seinen Platz. Doch sah ich mich nicht ganz so offensichtlich wie gestern nach Charles um. Kaum hatte ich den Stall betreten kam mir auch schon der besagte Mann entgegen. Ich senkte meinen Blick, doch musste mich dann doch zwingen ihn anzusehen, da es sonst zu viel Aufsehen erregen würde. Wenn jemand den Blick senkte dann war es ein Dienstbote vor dem Herren und nicht umgekehrt. "Guten Morgen Sir. Wann soll ich heute zu ihnen kommen?", fragte er mich dann höflich und schaute mich offen an. Bei seiner Frage sah ich ihn dann an und überlegte kurz. Ich musste das Bild von dem Erlebten gestern Abend aus meinem Kopf bekommen! Denn jedes Mal wenn ich ihn nun ansah, kam mir in den Sinn wie er auf mir gesessen hatte. Mit nacktem Oberkörper und verklärtem Blick. Meine Fassung bewahrend schluckte ich kurz, eh ich ihm mit fester Stimme antwortete. „Nach dem Frühstück. Der Saal wird vorbereitet, damit wir gleich anfangen können.“, meinte ich und hievte den Sattel von Tornado auf einen der Blöcke. Wenn ich jetzt schon Schwierigkeiten hatte ihn anzusehen, wie sollte ich es denn schaffen ihn zu unterrichten? Da beim Tanzen doch eine gewisse Körpernähe erforderlich war. Aber was mich viel mehr beunruhigte war, dass ich mir solche Gedanken darum machte. Er war geschlafwandelt. Er hatte es nicht ernst gemeint. Es war eher sehr traurig. Wie er sich mir bereitwillig angeboten hatte, ohne wenn und aber. Darauf gefasst Schläge zu bekommen, sollte er mich nicht beglückt haben. „Bis später.“, meinte ich daher etwas abwesend und verließ dann den Stall. Ja, es war wirklich traurig. Wie konnte ich ihm diese Momente bloß vergessen lassen? Hatte es vielleicht auch mit seinen Fähigkeiten zu tun? Vermutlich würde sich das auch eher legen, wenn er sich kontrollieren konnte. Tief in meinen Gedanken verborgen ging ich ins Haus zurück und wurde wie jeden Morgen von Miss Fairfax darüber unterrichtet was anstand. Doch meine Arbeit würde ich nun für die nächsten zwei Tage liegen lassen, da ich Wichtigeres zu tun hatte. Morgen war der Ball und ich musste Charles in die Gesellschaft einführen. Dann gab es kein Zurück mehr und er würde einer von uns sein. Ein besseres Verhältnis haben, ein besseres Leben. Und dafür ließ ich gern meine Arbeit ein paar Tage länger liegen. Das Frühstück war schnell gegessen und ich nahm mir währenddessen Zeit meine Briefe zu öffnen. Damit ich gleich wenn ich das Frühstück beendet hatte, mit Charles beginnen konnte zu üben. Es waren vielleicht zwei bis drei Tänze, aber die Schwierigkeit war, dass wir sie ohne Musik tanzen mussten. Schließlich hatte ich kein Orchester hier. Aber vielleicht würden sich einige der Dienstboten anbieten auf dem Flügel zu spielen, sobald wir die Schritte durchgegangen waren, damit Charles auch das Taktgefühl mit einbauen konnte. Ja, so würde es gehen. Ich ließ nun nach Miss Fairfax rufen und unterrichtete sie auch sogleich über diesen Wunsch. Sie schien damit einverstanden und meinte sie könnte ein zwei Leute dafür entbehren. Ich beendete nun mein Frühstück und betrat dann auch sogleich den Tanzsaal. In der hinteren Ecke befand sich der Flügel, den ich nur zu gesellschaftlichen Anlässen benutzte. Sonst spielte ich lieber auf dem Klavier meines Vaters. Aber da sonst niemand dazu Zugang hatte, musste ich mir ja wohl oder übel noch einen zweiten anschaffen. Die Dienstboten hatten ganze Arbeit geleistet wie ich sah. Der Kronleuchter an der Decke glänzte im Sonnenlicht wundervoll, der Boden war so sauber, dass man sich hätte darin spiegeln können, die schweren roten Samtvorhänge waren zur Seite gezogen und schmuckvoll trapiert, der Flügel glänzte ebenfalls einladend, als würde er wollen dass man auf ihm spiele. Schmunzelnd betrat ich also den schönen Raum, den ich so gut wie nie benutzte und trat an den Flügel. Da würde ich auch mit Charles üben, aus demselben Grund wie auch schon erwähnt. Außerdem musste ich erst jemanden herbestellen, wenn ich wollte, dass das Klavier meines Vaters nicht auseinanderfiel. Ich klappte den Deckel des Flügels hoch und berührte zärtlich eine der Tasten. Sofort erklang ein wundervoller Ton, der diesen großen Saal mit seinem Echo füllte. Als dann Charles eintrat blickte ich auf und winkte ihn herein. „Pünktlich. Komm herein.“, begrüßte ich ihn und versuchte das von gestern Abend einfach zu vergessen. Denn Ablenkung konnte ich mir jetzt nicht leisten. Schließlich musste ich ihm das Tanzen beibringen. Ich trat nun in die Mitte des Raumes und blickte auf ihn nieder. Musterte ihn vorsichtig. „Sind sie in Ordnung?“, wollte ich wissen. Denn mir war nicht entgangen wie gerötet seine Augen waren. War das noch von letzter Nacht? Vermutlich. „Falls sie sich nicht wohl fühlen, können wir es auch sein lassen.“, meinte ich, auch wenn wir morgen schon den Ball aufsuchen mussten. Aber er fand ja erst gegen Abend statt. Da hätten wir schlimmsten Falls noch den Morgen zum proben. Doch ob er in einigen Stunden mindestens drei Tänze beherrschen würde? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)