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A Life before...

Cherik AU
von

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Eine unvorhergesehene Einladung

Ein Zeichen von Sympathie - Charles Francis Xavier
 

Irgendwie war ich bei sehr guter Laune und das zeigte sich deutlich, dass ich ihm widersprach. Ich hatte meine Arbeit erledigt und war eigentlich fix und fertig und doch kam ich nicht drum herum ihn zu ärger. Er hatte es vielleicht nicht verdient, doch Jonas wollte ich nicht in den Rücken fallen, indem ich bei diesem Wortgefecht nachgab.

Als er mich an der Schläfe berührt hatte, wäre ich am liebsten zusammen gezuckt, doch das konnte ich jetzt nicht. Ich hatte ihn nur weiter angeschaut... und ihm auf seine Worte geantwortet.

Hatte er schon immer diese durchdringenden Bilck gehabt? Verwundert über meine eigenen Gedanken legte ich meinen Kopf schleicht schräg und betrachtete ihn jetzt etwas genauer.

Er sah müde aus, dachte ich mir und doch stand er hier und spielte mit mir dieses Machtspiel. Ich würde verlieren das wusste ich, doch es brachte auch meinen Herren zum grinsen und mir gefiel sein Lächeln.

Aufmüpfig grinste ich zurück. Ich sollte als Strafe heute Abend mit ihm essen? Ich legte meine Stirn abermals in Falten und musterte ihn weiter, wenn ich jetzt seine Gedanken lesen könnte, wüsste ich was er damit bezweckte, doch das konnte ich nicht; durfte ich nicht. Es war ein Wunder, dass er nicht einmal ein Verhältnis zu einer Bediensteten hatte. Wenn man ein Mädchen mal auf ihn ansprach, hörten diese gar nicht mehr auf zu plappern. Sie erzählten alles was ich wissen musste und daher brachte ich, Gott sei Dank, wirklich nicht seine Gedanken lesen.

Stur schaute ich ihn weiter an. Das Spiel konnte ich auch. Schon damals meinte Hennrics ich hätte was an mir was er nicht mochte... genauso wenig mochte er meine Augen. Es waren nicht einmal die Farbe die sie trugen, sondern eher der Ausdruck der darin lag. Ich hatte nie gewusst was er meinte... Das Gedankenlesen erlernte ich erst später. Ich hatte auch nie wirklich in dessen Kopf geschaut, zu viele grausame Dinge waren darin zu finden...

Ich hatte meinen Platz nicht verlassen, als er wieder zurück zu seinem Klavier humpelte. Besorgt schaute ich auf seinen Fuß. Waren die Schmerzen wieder da? Ich sollte ihn für heute Abend nochmals solch einen Tee kochen. Die Nacht sollte er ruhig verbringen und nicht mit pochendem Fuß.

Ich wusste nicht ob ich ihm das auch wirklich glauben sollte, dass er gerne mit seinen Bediensteten Speiste. Wer sollte das denn tun? Keiner von uns war mit seiner Intelligenz gleich zu stellen. Gestern konnte ich mich nur mit unterhalten, weil ich einige Dinge in den Gedanken der Personen gelesen hatte. Sonst hätte ich mich niemals so geben können. Ich hatte mein Benehmen der Edelleute abgeschaut, aber sonst hatte ich mit ihnen nichts gemeinsam.

Ich behielt meine Äußerungen bei mir, wollte ich ihn jetzt nicht noch mehr verstimmen. Obwohl ich mir denken konnte, das ich bei ihm noch einiges mehr machen könnte, um ihn wirklich auf die Palme zu bringen.

Ich grinste traurig... Solch ein Leben wie er es führte konnte sehr einsam sein und daher rührte wahrscheinlich sein Bedürfnis an Gästen an seinem Tisch. Ich schüttelte meinen Kopf auf seiner Frage hin und trat näher heran.

"Sie Stimmen ihr Klavier selbst?", fragte ich beeindruckt und schaute es mir genauer an. Es war ein wundervolles Stück. Ich selbst konnte leider nicht spielen, doch es hörte sich wundervoll an, wenn es jemand tat. Beeindruckt sah ich mir die Verzierungen an und wusste sofort, dass es ein älteres Stück war. Es musste bald auch restauriert werden sonst würde es gänzlich kaputt gehen.

"Sie sollten es bald restaurieren lassen Sir. Und sie können ruhig sagen, dass sie einfach jemanden bei Tisch haben wollen, der sie beim Essen unterhält. Was soll ich tun? Ihr Pferd habe ich schon gebürstet.... Ich habe gehört das haben sie sonst auch immer machen müssen. ", sagte ich noch beiläufig und schaute ihn an. Ich kam seiner Aufforderung nach und setzte mich auf die kleine Bank, die sich passend vor dem Klavier befand. Die gleichen Verzierungen schmückten diesen, nur der Sitz war leicht gepolstert, was das sitzen sehr angenehm machte.

„Ja, das Stück hat mal meinem Vater gehört. Ich lasse niemand jeh darauf spielen. Außer ich selbst natürlich.“, sprach er.

„Drücken sie mal da drauf.“, ich nickte als er mir die Taste zeigte und drückte auf diese. Erst sehr sachte, wusste ja nicht, wie man solch ein Instrument bestimmte. Als er dann meinte, dass ich die Taste fester drücken sollte, tat ich es. Ein fast schon angenehmer Ton gab das Klavier an und ich schaute hinunter auf die Tasten.

Er müsste in die Stadt, nur um das Klavier restaurieren zu lassen? Wieso ließ er niemanden einfach kommen, der sich dieser bemächtigte? Sein sanfter Blick, auf diesem Schmuckstück verriet mir, dass es ihm am Herzen lag. Es war schließlich ein Erbstück. Mein Blick wanderte wieder nach oben wobei ich erst nur seine Haare erkennen konnte, dann fixierte er mich.

Ich schluckte kurz.

Wieder stimmte ich die Taste an und diesmal erklang er schon eindeutig besser. Faszinierend... Interessiert schaute ich leicht in den Innenraum des Klaviers. Beobachtete was mein Herr dort machte, bis er mich wieder anschaute.

„Da gebe ich ihnen Recht. Dazu müsste ich in die Stadt. In London gibt es die besten „Klavierärzte“ weit und breit. Doch leider sind sie genau deshalb sehr beschäftigt. Schlagen sie die Taste bitte nochmal an.“, sprach er und ich nickte.

„Ich gestehe meine Einsamkeit nicht gern ein, Charles. Würden sie das denn tun?“, fragte er mich und blickte mich ungeniert an.

„Und was mein edles Ross betrifft…..“ Nun richtete er sich vollends auf, diesmal aber darauf bedacht, den Kopf nicht schon wieder an der gleichen Stelle anzuhauen.

„Es ist kein Müssen. Ich tu es gern, wenn ich denn die Zeit dazu finde. Es überrascht mich doch sehr, dass Tornado sich nicht lautstark darüber beschwert hat, heute von jemand anderen gesäubert zu werden. Doch anscheinend hat auch er sie in sein Herz geschlossen.“ Es lenkte ihn wahrscheinlich sichtlich von seiner ganzen Arbeit ab, daher legte ich meinen Kopf leicht schräg.

"Ich bin und war schon immer einsam, Mister Lehnsherr.", sagte ich dann ruhig und antwortete genauso unverstohlen. Denn es war so... und daran konnte ich nichts ändern... oder war es gerade dabei sich zu verändern?

Bei seiner Aussage zu seinem Pferd, grinste ich verspielt. Hatte er gerade gesagt, dass er mich in sein Herz geschlossen hatte?

Ohne es zu ahnen, wurde ich leicht rot und schaute wieder auf die Tasten. Hatte ich mich gerade verhört? Wie war das denn überhaupt gemeint?

Ich tat wie er es mir sagte und Stimmte die Taste daneben an. Mister Lehnsherr redete unverfroren weiter. Hatte er gerade nicht mit bekommen, wie er sich ausgedrückt hatte?

"Man muss nur wissen wie man ihr Pferd behandeln muss, dann wird es ganz sanft... ", so wie sie, dachte ich mir und hätte mich gleich wieder ohrfeigen können für meine dummen Gedanken.

„Wenn sie wollen, kann ich ihnen auch diese Fertigkeit beibringen.“, kam es nun wieder aus dem Inneren des Hohlraumes.

„Wissen sie…..“, sprach er weiter ohne sich aufzurichten.

„…ich habe gleich erkannt, dass sie einige Talente besitzen, auch wenn sie sie vielleicht noch nicht erlernt haben, bin ich mir sicher dass sie diese vorzüglich beherrschen würden, wenn sie nur jemand ließe.“

"Ihre Angebote ehren mich Sir, doch habe ich weder Geld, noch Reichtümer um ihnen, das gelehrte zu bezahlen...", sprach ich abermals schnell hinter her.
 

~
 

Reparaturen - Erik Magnus Lehnsherr
 

Immer wieder ließ ich ihn die letzten Tasten anschlagen, damit ich diese Stimme konnte. Seine Worte waren traurig. Doch den meinen so ähnlich. Als ich dann fertig war, richtete ich mich wieder auf und schloss den Deckel. Zärtlich strich ich diesem entlang, während ich um das Instrument herumging und mich dann neben ihn auf den Hocker setzte.

„Wenn das so ist, so scheint das Essen heute Abend auch in ihrem Interesse zu liegen. Dann wären wir beide schon mal nicht mehr ganz so einsam.“, meinte ich herzlich, während ich meine Finger auf die Tasten legte. Meine Finger waren lang und drahtig, die eines Klavierspielers eben.

"Sie haben Recht ... das wären wir beide nicht...", sagte er beklommen.

Mein Vater hatte mir das Spielen schon früh beigebracht. Schon damals hatte ich es geliebt meine Gefühle mit Musik ausdrücken zu können. Doch mit den Jahren wurde die Melodie meines Herzens immer trauriger. Anfangs fröhlich und voller Leben, doch dann immer stumpfer und lebloser.

Leicht legte ich meine Finger also in Position und begann die ersten Akkorde zu spielen. Sofort füllte sich der Raum mit sanften wenn auch starken Klängen. Harmonisch und lieblich.

„Charles, haben sie jemals ein Geschenk bekommen?“, wollte ich wissen während ich spielte.

„Ja von meiner Mutter hatte ich ein Kinderbuch bekommen...", sagte er reumütig.

Ich spielte sanft genug, damit wir uns noch über die Töne hinweg unterhalten konnten. Die Bank auf der wir saßen, bot Platz genug für zwei Leute, daher herrschte auch nicht ganz so eine Gedränge. Nähe schien ihm nicht viel auszumachen, da er sich bisher im Sattel auch nicht beschwert hatte. Sollte es ihm jedoch unangenehm sein, würde ich das natürlich respektieren. Ich wartete also seine Antwort ab und sprach dann weiter:

„Ich weiß es fällt ihnen schwer zu glauben, aber ist der Gedanke so abwegig, dass sie glücklich werden könnten? Ich biete ihnen hier einige Gelegenheiten an, damit sie sich diese Fertigkeiten zu Nutze machen können. Auch wenn sie ihr Weg noch wo anders hinführen wird. Diese Dinge können sie immer gebrauchen.“ Mein Blick auf die Tasten gerichtet, sprach ich meine Beweggründe aus.

„Ich biete ihnen an, sich zu formen, etwas aus sich zu machen. Das Geld spielt dabei keine Rolle. Auch Menschen aus schlechteren Verhältnissen haben Talent. Man muss ihnen nur eine Chance geben sich zu beweisen.“

Ich war mir sicher, wenn Charles nur lange genug mit mir in Gesellschaften unterwegs wäre und seine Talente vorführte, würde er schnell an Bekanntheit gewinnen und auch ohne Geld einen Platz in der guten Gesellschaft finden. Das Geld würde mit der Zeit schon kommen. Von alleine.

Meine Finger flogen nur so über die Tasten und endlich begann ich mich wieder wohl zu fühlen. Ganz in meinem Element. Spielen hatte mich stets erheitert; mich an einen anderen Ort gebracht, wo ich einfach ganz ich sein konnte, ohne auf irgendwelche Floskeln achten zu müssen die unschicklich wären oder ich den Blicken anderer ausgesetzt war.

Hier war ich nur ich.

Erik.

Nur Erik.

Es kam daher auch selten vor, dass ich jemand in meiner Nähe duldete wenn ich spielte. Außer ich wollte mein Können auf einer Gesellschaft unter Beweis stellen. Doch hier, in meinen eigenen vier Wänden, pflegte ich stets alleine zu spielen. Diesmal hatte ich aber Gesellschaft.

"Wieso ich?", fragte er mich dann offen.

"Ich verstehe sie nicht... was bezwecken sie damit? Ich würde ihr Angebot gerne annehmen, doch möchte ich ihnen dafür etwas wiedergeben, denn kein Mann auf der Welt macht etwas umsonst. ", sprach er dann ohne daran zu denken, was er eigentlich gerade gegen mich richtete.

Ich lauschte seinen Worten und musste betrübt feststellen, dass er genau so antwortete wie ich es mir gedacht hatte. Jemand wie er hatte noch nie ein richtiges Geschenk bekommen. Abgesehen von seiner Mutter, aber das was ich mit der Frage bezwecken wollte, hatte ich erreicht. Mein Blick war weiterhin auf die Tasten gerichtet, während ich seiner Frage lauschte, die durchaus berechtigt war.

„Nennen sie es Hochmut oder Güte.“, sagte ich leise. Blickte noch immer stur auf meine Hände. Ich machte eine kleine Pause, eh ich dann aber weitersprach.

„Ich fühle zu fest mit meinem Herzen. Ich empfinde zu schnell so etwas wie Zugehörigkeit oder Verwandtschaft mit dem Pöbel. Auch wenn es nicht gestattet und gern gesehen ist, kann ich es nicht kontrollieren. Ähnlich wie mit ihrer Gabe.“, versuchte ich zu erklären.

„Ich bin stets der Meinung, dass jeder Mensch das Recht auf ein wohles Leben hat. Egal welcher Klasse er angehört. Daher bringe ich genau den Klassen alles bei was ich kann, die nicht die Mittel dazu selbst verfügen.“

Ich beendete mein Klavierspiel und blickte ihn nun das erste Mal wieder an.

„Ich bringe ihnen alles bei was sie wissen möchten. Sie brauchen mich nur zu fragen.“

„Nein... bitte spielen sie weiter.", brachte Charles schnell heraus.

Er ergriff abrupt meine Hände, was mich ihn überrascht anblicken ließ. Ich dachte erst ich hätte etwas Falsches Gesagt, etwas was sein sonst so sanftes Gemüt erzürnt hätte, doch es waren bloß die Klänge die verschwanden, was ihn in Aufruhr brachte. Die fehlenden Klänge, die eben noch locker und leicht in der Luft hingen. Seine Entschuldigung überhörte ich einfach, denn es gab nichts wofür er sich hätte entschuldigen müssen. Es war kein Verbrechen jemanden zu bitten weiterzuspielen. Seinem Wunsch gemäß schlug ich nun weitere Tasten an und stimmte ein sanftes Lied an.

"Wenn sie es aus Herzensgüte tun, wieso sind sie dann so... Sie verstellen sich viel und doch zeigen sie mir, eine ganz andere Seite von ihnen.", sprach er dann ehrlich weiter. Seine nächsten Worte überraschten mich nicht minder, doch ich wollte aufrichtig bleiben und ihm antworten. Er kannte doch so wie so schon so viel von mir, ob ich da nun auch meine Beweggründe nannte oder nicht, machte den Braten nicht fetter.

„Auch ich habe meinen Stolz.“, meinte ich leicht schmunzelnd.

„Ich halte es für Unrecht Menschen anhand ihres Ranges zu behandeln. Vielleicht lehne ich mich deshalb auch extrem dagegen auf.“ Nun zuckte ich mit den Schultern. Eh ich dann zu ihm sah.

„Irgendwie muss ich doch auch meinen Bediensteten meine Rangordnung klar machen. Auch wenn ich es nicht möchte. Einen gewissen Schutz muss ich mir dennoch aufrecht erhalten. Glauben sie mir, fast alle hier kennen mich. Ganz besonders Miss Fairfax. Sie ist nach ihnen wohl diejenige, die mich am besten kennt.“ Ich wusste dass ich ihm keine konkrete Antwort gegeben hatte, nur so daher gefaselt. Aber ich hoffte er verstand so einigermaßen was ich damit meinte. Denn genauer konnte ich es zu meiner Selbstwillen nicht einmal erklären. Vielleicht weil ich bei ihm das Gefühl der Zugehörigkeit gefunden hatte? Weil er wie ich anders war, trotz unserer Rangordnungen? Oder hatte ich einfach Mitleid mit ihm? Ich stieß ihn ganz sanft mit der Schulter an.

„Glauben sie jetzt nicht ich bin nur zu ihnen so, Charles. Mag sein dass ich kalt und egoistisch gegenüber meiner Tante bin und dem Rest der Gesellschaft, aber zu meinen Angestellten vermag ich es nicht mich so zu gegen.“ Plötzlich klopfte es an der Tür und ich unterbrach mein Klavierspiel um mich aufzurichten. Erst als ich dann stand, gewährte ich der Person Einlass. Es war Miss Fairfax die den Kopf durch den Türspalt streckte.

„Entschuldigen sie die Störung, aber das Essen ist serviert.“, informierte sie mich. Daher rief ich aus.

„Wunderbar. Dann können sie mich mit Mister Xavier auch gleich zu Tisch begleiten.“ Mit den Worten verließ ich dann den Raum und ließ die ältere Dame, die reichlich verwirrt war bei Charles zurück.
 

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Die Macht der Musik - Charles Francis Xavier
 

Ich freute mich darüber, dass er weiter spielte und so entspannte ich mich auch wieder. Es war eine wundervolle Melodie und doch auf einer bestimmten Weise belebend. Erfrischend. Beruhigend. Ich hatte meine Augen geschlossen, wobei mein ganzer Körper sich entspannte. Ich liebte solche Musik, damals hatte ich mich heimlich in das Foyer geschlichen und den Männern zugehört die diese Lieder spielten. Hennrics hatte mich zum Glück nie erwischt.

Es war ein herrliches Spiel... so sanft und doch drückte es so viel von Gefühlen aus. Ich hatte seine Finger beobachtete wie sie über die Tasten geglitten waren. Seine Finger waren so schmal, perfekt für dieses Instrument, wie ich fand. Ich könnte es niemals spielen. Ich hatte auch zum ersten Mal mitbekommen, wie es sich anfühlte, jemanden wirklich bewusst neben sich zu haben. Das Gefühl hatte ich auch bei Jonas.

Er hatte mich angeschaut...

MICH und nicht was er für einen Vorteil aus mir heraus bekam, denn so war unser altes Verhältnis zwischen den Dienstboten. Jeder verpfiff jeden, jeder wollte den Schlägen aus dem Weg gehen... Verständlich.... Wer wollte das denn auch nicht.

Ja, er hatte seinen Stolz und behandelte seine Angestellten gut und doch war er anders. Lag es daran, dass ich mit ihm meine Fähigkeit teilte? Waren das seine Gründe warum er mich anders behandelte? Denn auf meine Frage hin hatte er nicht konkret geantwortet. Es war eher ein drum herum reden... Nichts Besonderes.... Es wäre für mich so einfach jetzt in seinen Kopf zu schauen und doch tat ich es nicht. Hatte ich es ihm doch versprochen. Ich war irgendwie glücklich, zu ihm gekommen zu sein, denn er war wirklich herzensgut. Er hatte seinem Personal alle möglichen Dinge beigebracht und das war nur noch beeindruckender. Die Gesellschaft musste ihn dafür hassen... ihn verabscheuen... Ließ daher sein Ansehen nach? Weil er sich um seine Untertanen kümmert? Wahrscheinlich... Es war traurig, dass solch ein Mensch in der Gesellschaft kaum akzeptiert wurde. Wieso auch, das Personal war für die meisten Abschaum. Landstreicher die Arbeit suchten, oder Familien die nichts anderes kennengelernt hatten...

Erschrocken öffnete ich meine Augen, als es an der Tür klopfte. Mister Lehnsherr stand auch schon auf und bat die Person dann hinein. Miss Fairfax‘ Schopf schaute durch die Tür und sagte, dass das Essen bereit war. Erstaunt riss ich meine Augenbrauen hoch, als ich seine Stimme hörte und schaute zu Miss Fairfax. Klang er gerade freudig...?

Immer noch staunend stand ich auf, als mein Herr das Zimmer verließ und lief zu der alten Dame. Ich sollte mich waschen bevor ich mich an den Tisch setzte, denn ich roch nach Dreck, Pferd und Heu, denn Schweiß gar nicht zu erwähnen.

"Ich werde mich noch waschen gehen.", sagte ich schnell und verschwand. Vermisste jetzt schon die sanften Klänge, die das Klavier von sich gegeben hatte, als mein Herr auf diesem gespielt hatte. Geschickt rutschte ich das Geländer der Treppe hinunter und lief in die Waschküche, wo ich mich schnell wusch und danach in mein Zimmer stapfte.

Ohne es bemerkt zu haben, war dieses gesäubert worden, sowie lagen frische Sachen auf meinem Bett. Ein normales blaues Baumwollhemd und eine schlichte braune Hose. Anscheinend hatten sie bemerkt, dass blau meine Lieblingsfarbe war. Grinsend streifte ich es mir über und machte mich auf den Weg zum Speisesaal. Diesmal brauchte ich mich wenigstens nicht zu beeilen, verstellen oder herausputzen, denn schließlich war es nur mein Herr.

Ich grinste über den Gedanken und trat in den Speisesaal. Damals hätte ich mir sowas nur erträumen können ordentlich zu essen. Brot war mein Ernährungsmittel gewesen und als mir die vielen Gerüche entgegen schwappten, begann abermals mein Magen zu knurren....
 

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Überraschung - Miss Fairfax
 

Ich war doch reichlich verwirrt Mister Lehnsherr bei solch guter Laune anzutreffen, als ich den Kopf durch den Spalt zwischen Tür und Türrahmen steckte. Es war lange her gewesen seit ich ihn zuletzt lächeln gesehen hatte, wenn nicht aus Schadenfreude oder Hohn. Doch dieses Mal war es anders. Es war ein erfreutes Lächeln. Wäre nicht das Lächeln schon genug gewesen um mich zu überraschen, dann war es seine Einladung ihm zu Tisch zu folgen.

Ich hätte gern nachgefragt, doch dann verschwand er auch schon. Wollte sich wohl gar nicht erst auf eine Erklärung einlassen. Sicher ich durfte ab und an mit ihm speisen, wenn er alleine war, doch noch nie hatte er seinen Wunsch dermaßen gut gelaunt geäußert. Ich blickte daher fragend zu Charles, der auf dem Klavierhocker saß. Hatten sie zusammen gespielt?

Jedenfalls erhob er sich dann auch, auf den Wunsch hin sich waschen zu dürfen und ließ mich dann etwas bedröpelt zurück. Ich schmunzelte allerdings nur und schloss dann die Tür, um mich ebenfalls umzuziehen, wie ich es immer zu tun gedachte. Ich hatte mir zur Gewohnheit gemacht mich auf den Abend hin nochmal umzuziehen. Bei Mister Lehnsherr wusste man ja nie genau ob er nicht doch noch spontan Besuch erwartete.

Nachdem auch ich in frischeren Kleider steckte, ging ich in die Küche und wollte Anna helfen die Speisen reinzubringen, als ich Mister Lehnsherr‘s Stimme hörte.

„Miss Fairfax?!“ Ich trat also dann ohne Speisen in den Speisesaal.

„Unterstehen sie sich helfen zu wollen.“, meinte er zu mir und deutete auf einen der freien Plätze, wo auch schon gedeckt war.

„Wie sie wünschen.“, meinte ich und setzte mich dann hin. Die Tür flog nur einige Sekunden später auf und Charles gesellte sich zu uns.
 

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Eine unvorhergesehene Einladung - Erik Magnus Lehnsherr
 

Ich hatte mich auch noch schnell etwas frisch gemacht, eh ich mich dann in den Saal begeben hatte. Um mich zu beschäftigen zündete ich die Kerzen an und schickte das Dienstmädchen, das dafür eigentlich zuständig gewesen wäre, in die Küche zurück. Als nach einer Weile die beiden noch immer nicht da waren, hatte ich die Vermutung, dass Miss Fairfax noch in der Küche steckte und helfen wollte. Daher brüllte ich auch gleich nach ihr. Und wie ich geahnt hatte, kam sie tatsächlich aus der Küche. Ich machte ihr dann auch gleich klar, dass sie dies heute nicht zu machen brauchte, da sie so zu sagen heute mein Gast war. Als sich die ältere Dame dann zaghaft hingesetzt hatte, kam Charles auch dazu.

„Da sind sie ja.“, meinte ich nun wieder etwas ernster und zeigte auch auf seinen freien Platz. Eh auch ich mich dann hinsetzte.

„Es ist schwer einem Angestellten die festgefahrenen Gewohnheiten auszutreiben, wie mir scheint.“, sagte ich während ich meine Serviette über mein Knie schmiss.

„Nun das ist es in der Tat.“, kam es von Miss Fairfax.

„Ja da bin ich... Wieso? Haben sie mich vermisst?“, grinste mich Charles dann aber frech an.

Eine meiner Augenbrauen schnellte nach oben, als er mir eine solch zügellose Antwort gab. Anscheinend animierte ich ihn nun dazu weiterhin frech zu sein. Allerdings fand ich es durchgehend nicht angebracht. Ab und an sicherlich. Aber da ich hier die Stimmung nicht vermiesen wollte, sagte ich dazu nichts. Zumal ich nicht einmal etwas dagegen zu sagen gewusst hätte.

Als dann alle bei Tisch saßen hob ich mein Weinglas und prostete.

Ich blieb erst mal etwas stumm und lauschte dem Gespräch der beiden, die mir auch erst seit Kurzem, zu den wichtigsten Personen dieses Hauses geworden waren. Miss Fairfax war es schon immer gewesen, aber bisher hatte ich nichts Vergleichbares in einer männlichen Form gesehen. Charles füllte die fehlende Position aber perfekt. Nur dass ich in ihm nicht einen Vater sah, wie ich Miss Fairfax als eine Art Mutter erkennen konnte. Charles war viel mehr. Er war anders. Ein Freund, ein Bruder…was auch immer. Ich konnte es nicht genau definieren.

Darüber grübelnd hob ich mein Glas an meine Lippen. Ich hatte ja eigentlich auch noch eine Mitteilung zu machen, weshalb ich Charles auch unbedingt heute bei Tisch haben wollte. Aber auch um mir Gesellschaft zu leisten.

Als er dann geendet hatte, brachten die Dienstboten auch schon den ersten Gang weg und verwöhnten uns mit weiteren kulinarischen Köstlichkeiten.

„Nun ich wollte euch beiden noch etwas mitteilen und da wir hier so zusammensitzen, bietet sich die Gelegenheit auch gleich an.“, begann ich nun wieder ernster.

„Ich habe heute Morgen ein Schreiben bekommen, dass für mich und meine Arbeit ziemlich wichtig ist. Mister Shaw und seine Verlobte Miss Frost geben in zwei Tagen einen Ball, zu welchem ich eingeladen wurde.“

Miss Fairfax sah mich interessiert an, da sie meistens über alles im Bilde sein wollte. Denn jemand musste den anderen hier im Haus doch Klatsch und Tratsch bieten.

„Und ich habe keine Begleitung. Da ich aber immer aus der Reihe tanze und dies nichts Neues für die gehobene Gesellschaft zu sein scheint, kann ich auch meinen Freund mitnehmen.“ Mein Blick fiel auf Charles, den ich nun genauestens fixierte.

„Immerhin müssen wir doch das Gerücht, dass meine Tante mit einem Bediensteten gespeist hat weiter verbreiten und bewahrheiten.“

"Was?!", brachte Charles hervor, nachdem er sich nach meiner Ankündigung am Wein verschluckt hatte.

„Sind sie sich da ganz sicher?“, fragte er weiter und stellte sein Glas wieder auf den Tisch ab.

„Ich besitze keine ordnungsgemäße Kleidung... Ich kann ja noch nicht einmal tanzen!“, sprach er schnell weiter.

Ich hatte mit einer so ähnlichen Reaktion gerechnet. Daher erfreute ich mich, wenn auch gemeiner Weise, etwas daran, wie sich Charles versuchte zu beruhigen. All seine Farbe war wieder aus seinem Gesicht gewichen. Auch Miss Fairfax starrte mich unverständlich an. Ich hob eine Hand, bevor sie den Mund aufmachen konnte. Denn würden nur wieder Warnungen aus ihrem Munde sprudeln, die mich davon abhalten sollten, mein Vorhaben in die Tat umzusetzen.

„Ja ich weiß was sie sagen wollen, Miss Fairfax, aber lassen sie mich das Ganze erst einmal erklären, damit der Gute auch wieder zu Luft kommt.“, meinte ich nun hämisch und blickte zu Charles hinüber, der sich versuchte von seinem Hustenanfall zu erholen. Hier war meine Rache für seine Aufmüpfigkeit.

„Es ist so…“, begann ich also, stemmte meine Ellenbogen auf der Tischkante ab und verschränkte meine Finger ineinander.

„….ich habe mich schon lange auf keiner Veranstaltung mehr blicken lassen. Mister Shaw leitet ein Unternehmen das dem meinem ziemlich gute Dienste leisten könnte. Was der erste Grund ist, wieso ich seiner Einladung nachkommen werde. Zum anderen ist meine Tante ebenfalls eingeladen und sie wird alles daran setzen die Gerüchte die im Umlauf sind abzustreiten. Dagegen möchte ich ankommen. Und ich möchte Charles einen Einblick gewähren, wie es ist in einer Gesellschaft zu sein. Was ich daran ermüdend finde. Außerdem….“, ich hob einen Finger und nahm mir erst einen Schluck Wein um meine Kehle zu befeuchten.

„….möchte ich Lady Raven damit überraschen. Schien sie mir doch sehr von unserem Neuzugang angetan.“

Charles nicht aus den Augen lassend, lauschte ich nun Miss Fairfax Einschreiten.

„Aber Sir….bei allem Respekt. Was haben sie vor? Mister Xavier ist keiner vom Hofe. Wie gedenken sie das zu erklären?“ Nun lachte ich doch etwas.

„Auf der Einladung stand, ich solle mit Begleitung erscheinen. Was glauben sie wie viele Frauen auf solchen Veranstaltungen nicht vom Hofe kommen? Da macht es keinen Unterschied, ob ich jemanden aus der höheren Gesellschaft mitbringe oder nicht. Genau so unwichtig ist das Geschlecht oder die Verwandtschaft oder was weiß ich.“, erklärte ich.

Doch auch das schien sie nicht zufrieden zu stellen. Was ich jedoch auch wieder verständlich fand. Aber ich konnte schlecht meine wahren Absichten raus posaunen. Ich wollte ihn in meiner Nähe haben. Er gab mir Kraft und erinnerte mich immer wieder daran wie wichtig es war auch mein berufliches Ziel zu erreichen. Ja, dieser Mann hatte es geschafft mich in ein zwei Tagen zu stärken. Und diesen Umstand wollte ich nicht mehr missen.

„Sir, aber….das ist riskant. Was ist mit eurem Ruf? Eurem Ansehen? Und was wird aus Mister Xavier? Wollen sie ihn wie ein Stück Frischfleisch unter die Wölfe werfen?“

Ich schüttelte den Kopf.

„Glauben sie mir, mein Ruf ist das letzte was mich interessiert. Es geht mir hierbei nur darum zu zeigen, dass auch niedrig gestellte Leute, Menschen sind wie sie und ich.“ Ich blickte zu ihm und sah in diese wunderbar blauen Augen, die wegen seiner Blässe nur noch stärker zu leuchten schienen.

„Ich habe nicht vor ihn bloßzustellen, keineswegs. Außerdem….denke ich das Mister Xavier gut im Stande ist sich unter den Wölfen zu bewegen.“

Da war ich mir sicher. Er war Manns genug. Er würde sich zu behaupten wissen, auch ohne schauspielern zu müssen.

"Sie wissen, dass die geschäftlichen Beziehungen vielleicht meinetwegen nicht gefördert werden können?", fragte er mich offen und lehnte sich etwas zu mir herüber.

"Wollen sie dieses Risiko wirklich eingehen...?"

Natürlich wusste ich welche Auswirkungen dies auf meinen Ruf und mein Ansehen hatte. Doch war ich schon bei vielen für meine unschicklichen Taten bekannt. Andere machten Skandale in dem sie sich vielleicht mit vielen Frauen einließen oder zu tief ins Glas sahen. Ich schürte Skandale weil ich mich anders verhielt als alle anderen. Weil ich mir eben nichts gefallen ließ und mein Schicksal selbst in die Hand nahm. Und davor scheuchte ich auch nicht zurück.

Mir war egal was andere von mir hielten. Auch wenn ich durch dieses Auftreten nun vielleicht einen Auftrag verlieren würde, so stünde mir dennoch nichts im Weg. Ich bekam täglich irgendwelche Angebote, Stellenbitten und Reiseangebote. Ob ich nun den einen Auftrag bekam oder nicht, war mir also völlig gleichgültig. Natürlich wäre es von großem Nutzen, wenn sich der Abend geschäftlich zum Guten wenden würde. Aber wenn nicht, wäre das auch nicht weiter schlimm. Ich wollte da nur nicht alleine hin.

Lange Zeit war ich nicht mehr auf einem Ball gewesen. Jeder würde mich nach meinem Befinden fragen oder nach meinem Vater. Wie ich seinen Tot verkraftete oder wie ich seine Fußstapfen ausfüllte. Ob ich sein Erbe schon zum Fenster hinausgeworfen hätte. All das war prägend und mit der Zeit deprimierend. Ich wollte jemanden bei mir haben, der mir Kraft gab und mich unterstützte.

Seit Charles hier war, hatte ich das Gefühl dass alles endlich wieder einen Sinn machte und ich neue Energie schöpfen konnte. Das bewies bereits die kleine Neckerei eben im Salon. Noch vor einigen Tagen hätte ich ihn sicher angeschrien oder gar nicht darauf geantwortet. Und jetzt ließ ich mich schon auf seine Späße ein.

Als er sich zu mir rüber beugte und genauer nachfragte, sah ich ihn an. Fest entschlossen da hin zu gehen. Und zwar mit Stolz erhobenem Haupte.

Denn ich war stolz auf mich. Auf das was ich geschaffen hatte und ich noch erreichen wollte. Ich war stolz darauf dass ich anders war. Dass ich meine Arbeiter nicht wie Vieh behandelte, sondern wie jeden anderen auch, der mir etwas bedeutete.

„Was habe ich denn schon zu verlieren?“, meinte ich. Miss Fairfax schaltete sich allerdings erneut ein.

„Ihren Ruf, den ihres Vaters und ihr Vermögen, Mister Lehnsherr!“, erinnerte sie mich. Ich seufzte.

„Ich habe mich vielleicht etwas falsch ausgedrückt…..natürlich gebe ich ihnen Recht, Miss Fairfax. Aber ich werde nun ganz sicher nicht den Schwanz einziehen. Zumal ihr es wart die heute meine Antwort zur Post gebracht habt. Ich habe mich entschieden. Nun liegt es an Mister Xavier, ob er sich meiner Entscheidung anschließt.“ Sofort glitten die wachen, besorgten Augen der älteren Dame zu dem Mann zu meiner Linken. Ich wusste sie meinte es nicht böse, sondern war stets besorgt. Nicht um ihre Anstellung oder gar wegen des Vermögens, sondern weil sie fürchtete, dass ich mich in meinen Dummheiten verlor und keinen Sinn mehr dafür entwickelte, was richtig und was falsch war.



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